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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AWG 2002Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des M W in P, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Reisnerstraße 53, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 8. November 2016, LVwG-500196/21/KH, betreffend Übertretungen des AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Das Kostenersatzbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde dem Revisionswerber angelastet, es als abfallrechtlicher Geschäftsführer und damit gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG Verantwortlicher der V. GmbH zu verantworten zu haben, dass die im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2009 festgelegten Mindestmesshäufigkeiten der Abwasser-Eigenüberwachung, welche bei der gewerbsmäßigen Ableitung der betrieblichen Abwässer der V. GmbH aus ihrer chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage in die Kanalisation der Gemeinde P. und in weiterer Folge in die Anlage des Reinhalteverbandes T. einzuhalten seien, an näher bezeichneten Tagen hinsichtlich dreier näher bezeichneter Parameter nicht eingehalten worden seien, da an diesen Tagen trotz Ableitung von Abwässern keine Messungen im Rahmen der Eigenüberwachung vorgenommen worden seien. Der Revisionswerber habe dadurch § 79 Abs. 2 Z 11 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 in Verbindung mit der AEV Abfallbehandlung in Verbindung mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2009 sowie § 26 AWG 2002 in Verbindung mit § 9 VStG verletzt. Über den Revisionswerber wurden gemäß § 79 Abs. 2 Z 11 AWG 2002 in Verbindung mit § 20 VStG wegen drei Verwaltungsübertretungen Geldstrafen von jeweils EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 80 Stunden) verhängt und er wurde zur Leistung eines Kostenbeitrages verpflichtet. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
5 In den zur Zulässigkeit der Revision dargestellten Gründen bringt der Revisionswerber vor, es seien zwei Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Zum einen sei die Frage zu klären, ob Wässer, die aus der Behandlung in einer chemischphysikalischen Anlage zur Behandlung flüssiger Abfälle hervorgingen, unter die in § 3 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 normierte Ausnahme vom "Abfallbegriff" fielen. Der Prozess der Abfallbehandlung in der Anlage sei zum Zeitpunkt der Durchführung der Abwassermessungen bereits abgeschlossen, weshalb schon allein deshalb kein Behandlungsvorgang gefährlicher Abfälle mehr stattfinden könne. Zum anderen stelle sich die Frage, ob ein abfallrechtlicher Geschäftsführer im Sinn des § 26 Abs. 1 AWG 2002 neben der Tätigkeit für die Sammlung und Behandlung gefährlicher Abfälle auch für die Tätigkeit der Sammlung und Behandlung nicht gefährlicher Abfälle verantwortlich sei, wenn sowohl gefährliche als auch nicht gefährliche Abfälle in einer Anlage behandelt würden.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. 6 Den dem Revisionswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen liegt die Nichteinhaltung einer Auflage des auf Basis des § 37 Abs. 1 AWG 2002 - auf Grund der Konzentrationsbestimmung des § 38 Abs. 1a AWG 2002 auch unter Anwendung wasserrechtlicher Vorschriften - ergangenen Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2009 zugrunde.
7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Verantwortlichkeit für die Einhaltung von Auflagen eines im Rahmen des konzentrierten Verfahrens ergangenen abfallrechtlichen Genehmigungsbescheides die Frage zu klären, auf welche Rechtsgrundlagen die betreffenden Auflagen gestützt wurden und welchen Interessen diese dienen (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2017/05/0095, mwN).
8 Die Frage, ob die im Revisionsfall gegenständliche Auflage in Punkt III.4. des Bescheides vom 17. Juli 2009 eine ausschließlich wasserrechtliche Vorschrift darstellt oder nicht, erfordert eine Auslegung des konkreten Bescheides, welche grundsätzlich nur den Einzelfall betrifft. Diese Frage stellt nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. auch dazu VwGH 25.6.2019, Ra 2017/05/0095, mwN).
9 Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargestellt und ist auch nicht ersichtlich. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Revisionswerbers, wonach das Abwasser zum Zeitpunkt der durchzuführenden Messungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 aus dem Geltungsbereich des AWG 2002 ausgenommen sein soll, zumal der Gesetzgeber nach den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur AWG-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 9/2011, klar davon ausgegangen ist, dass das in Abfallbehandlungsanlagen anfallende Abwasser, das in der Behandlungsanlage abgeleitet oder gesammelt wird, "Teil der Abfallbehandlungsanlage z.B. Anlage zur Behandlung von Niederschlagswässern im Rahmen einer Abfallbehandlungsanlage", ist (vgl. RV 1005 BlgNR 24. GP 17).
10 Darüber hinaus bestreitet der Revisionswerber die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, wonach in der Abfallbehandlungsanlage auch gefährliche Abfälle behandelt werden, nicht, und legt somit nicht dar, dass es sich bei der gegenständlichen Auflage nicht um eine sich (zumindest auch) auf die Tätigkeit der Sammlung und Behandlung gefährlicher Abfälle beziehende abfallrechtliche Vorschrift handelt, für deren Einhaltung der Revisionswerber als abfallrechtlicher Geschäftsführer verantwortlich ist.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
11 Die Vollziehung des AWG 2002 erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung. Kostenersatzanspruch im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG hätte daher der Bund. Da daneben kein Kostenersatzanspruch eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf Zuerkennung an das Land Oberösterreich gerichtete Antrag der belangten Behöre abzuweisen (vgl. etwa VwGH 27.7.2017, Ra 2015/07/0056, und VwGH 29.9.2016, Ro 2014/07/0041, jeweils mwN).
Wien, am 27. November 2019
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017050213.L00Im RIS seit
15.01.2020Zuletzt aktualisiert am
15.01.2020