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L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten WienNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des A in W, vertreten durch Mag. Dr. Georg Haunschmidt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 6-8, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 4. September 2019, Zl. VGW- 002/082/9575/2019-16, betreffend Beschlagnahme nach dem Wr. Wettengesetz (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Am 24. Mai 2019 führten Organe des Magistrats der Stadt Wien in einem vom Revisionswerber betriebenen Lokal eine Überprüfung nach dem Wr. Wettengesetz durch. In dem Lokal befanden sich u. a. fünf Tablets sowie sechs Flachbildschirme.
2 Mit Bescheid vom 11. Juni 2019 ordnete die belangte Behörde gemäß § 23 Abs. 2 iVm. Abs. 4 Wr. Wettengesetz die Beschlagnahme dieser jeweils näher bezeichneten Tablets und Flachbildschirme an. 3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wurde vom Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis mit Spruchpunkt I. mit der Maßgabe bestätigt, dass an einer näher bezeichneten Stelle die Worte "zweifelsfrei erkennbar" eingefügt wurden sowie die Fassung der angewendeten Rechtsgrundlage mit LBGl. für Wien Nr. 40/2018 präzisiert wurde. Die Revision wurde mit Spruchpunkt II. für nicht zulässig erklärt.
4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass es den begründeten Verdacht gebe, eine derzeit unbekannte, auf dem Wettticket nicht ersichtliche Person habe in dem näher genannten Lokal die Tätigkeit als Wettunternehmer in der Art der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen wie z.B. Fußballspiele in Form näher angeführter Wetttickets an einen auf dem Wettticket nicht ersichtlichen Buchmacher ausgeübt, ohne über die erforderliche landesrechtliche Bewilligung zu verfügen. Das Lokal habe aufgrund der vorhandenen Tablets, die dem Wettbetrieb dienten, und der großen Flachbildschirme, an denen Fußballspiele sowie andere Sportveranstaltungen übertragen worden seien, den äußeren Anschein eines Wettlokals. Es entspreche insbesondere auf Grund seines äußeren Anscheins, seiner Innenausstattung sowie der überwiegenden Übertragung von Sportveranstaltungen auf einer größeren Anzahl an großen Flachbildschirmen dem Erscheinungsbild eines Wettlokals. Internetzugriff sowie Tablets gehörten zur Lokalausstattung. Mit der internetfähigen Hardware könne eine Wettoberfläche aufgerufen werden, die "Livewetten" oder "Sportwetten" als Auswahl anzeige. Ein betriebsbereiter Bondrucker sei im Lokal, der für den Ausdruck von Wettscheinen im Allgemeinen häufig gebräuchlich sei. Zahlreiche Wettscheine trügen das Datum und die Uhrzeit vom Abend der Kontrolle und seien beim Eingang des Lokals auf einem Tisch nebeneinander platziert gewesen. Sie hätten optisch den gleichen Aufbau und eine idente Gestaltung gehabt und sichtlich nicht von verschiedenen Buchmachern mit dementsprechend jeweils unterschiedlichem Design des Wettscheins gestammt. Die Dimensionen der Wettscheine hätten zur Papierausgabe des Bondruckers gepasst. Es seien in erster Linie Fußballwetten in verschiedenen Wettvarianten und Kombinationen gespielt worden. Zu Beginn der Kontrolle hätten sich Gäste im Lokal aufgehalten, zwei Personen hätten ein Tablet bei sich gehabt, auf dem die genannte Oberfläche für die Abgabe der Wetten angezeigt worden sei. Dann sei das Internet abgeschaltet worden; der Aufforderung zur Wiederherstellung der Internetverbindung im Lokal sei nicht entsprochen worden; der Zugriff sei von der Behörde wieder hergestellt worden. Ein Abschließen einer Probewette auf der ebenso wieder hergestellten Oberfläche am Tablet sei nicht gelungen. Der Revisionswerber habe jede Unterstützung und Information verweigert. Im Beschwerdeverfahren habe er angegeben, Eigentümer der beschlagnahmten Gegenstände zu sein. 5 Das Verwaltungsgericht erläuterte seine Beweiswürdigung und nach Wiedergabe der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen die rechtlichen Erwägungen: Es sei aus dem Sachverhalt zweifelsfrei erkennbar und offenkundig, dass in der Betriebsstätte eine gewerbsmäßige Vermittlungstätigkeit oder allenfalls unmittelbar eine Tätigkeit als Buchmacher ausgeübt worden sei. Das zunächst abgestrittene und erst nachträglich zugestandene Eigentum an den beschlagnahmten Gegenständen erhärte den Verdacht. Es bestehe auch der Verdacht, dass sich der Revisionswerber als Vermittler im Sinne des § 2 Z 3 Wr. Wettengesetz ohne Bewilligung betätigt habe oder diese bewilligungspflichtige Tätigkeit unternehmerisch zugänglich gemacht habe (§ 24 Abs. 1 Z 1 Wr. Wettengesetz) oder als Inhaber einer Betriebsstätte die Ausübung einer Tätigkeit als Wettunternehmer zumindest geduldet habe (§ 24 Abs. 1 Z 17 Wr. Wettengesetz). Zusammenfassend kam das Verwaltungsgericht nach näherer Prüfung zu dem Ergebnis, die Beschlagnahme der fünf Tablets und sechs Flachbildschirme sei rechtmäßig und auch nicht unverhältnismäßig.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 10 § 23 Abs. 2 Wr. Wettengesetz, LGBl. Nr. 26/2016 idF LGBl. Nr. 40/2018, lautet:
"(2) Besteht der begründete Verdacht, dass die Tätigkeit der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers ohne oder entgegen einer Bewilligung oder einer Anzeige ausgeübt wird, und mit Wettterminals oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen gegen dieses Landesgesetz verstoßen wird, offenkundig gegen eine in § 24 Abs. 1 Z 1 bis 18 genannten Vorschriften verstoßen wird, so kann die Behörde die Beschlagnahme der Wettterminals, der an diesen angeschlossenen technischen Geräte, Wettscheine, elektronische Wettbücher, der sonstigen Eingriffsgegenstände, der technischen Hilfsmittel sowie des dem Wettbetrieb zuzurechnenden Geldes anordnen. Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in diesem Absatz genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 24 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber der Eigentümerin oder dem Eigentümer sofort eine Bescheinigung auszustellen, oder, wenn eine solche oder ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten."
11 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, die beschlagnahmten Tablets seien weder Wettterminals noch beschlagnahmefähige Eingriffsgegenstände, es sei nicht festgestellt worden, dass sich eine vorinstallierte Software auf den Geräten befinde; der Begriff des "sonstigen Eingriffsgegenstands" sei ansonsten zu ausufernd. Die Tablets hätten nur dem Zweck der Unterhaltung der Kunden zur Förderung des Umsatzes, nicht aber zum Abschluss von Wetten gedient. Auch Fernsehgeräte seien keine beschlagnahmefähigen Eingriffsgegenstände, das Zeigen von Sportveranstaltungen sei ein üblicher Umstand, an den Geräten könnten keine Wetten abgeschlossen werden, weshalb sie unter keinen Begriff des Wr. Wettengesetzes subsumierbar seien. Das Tatbestandsmerkmal der "Offenkundigkeit" sei nicht erfüllt, es werde nicht ausgeführt, wie der Revisionswerber gegen eine Bestimmung des § 24 Abs. 1 Z 1 bis 18 Wr. Wettengesetz verstoßen haben solle.
12 Ob eine technische Einrichtung - wie ein Tablet oder ein Bildschirm - als "sonstiger Eingriffsgegenstand" oder als "technisches Hilfsmittel" im Sinne der klaren gesetzlichen Bestimmung des § 23 Abs. 2 Wr. Wettengesetz zu qualifizieren ist, unterliegt der Beurteilung im Einzelfall; diese ist als solche grundsätzlich nicht revisibel (vgl. etwa zur Beurteilung eines Tablets als Wettterminal VwGH 1.10.2019, Ra 2019/02/0030, mwN). 13 Wie der Verwaltungsgerichtshof darüber hinaus bereits entschieden hat, können unter technischen Hilfsmitteln im Sinne des § 23 Abs. 2 Wr. Wettengesetz solche Einrichtungen verstanden werden, die zumindest mittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglichen, wie etwa Infoterminals, Computer, Bildschirme sowie Drucker und etwa auch dazugehörige Kabel (vgl. VwGH 19.6.2019, Ro 2018/02/0024).
14 Die Beschlagnahme nach § 23 Abs. 2 Wr. Wettengesetz setzt weiters einen begründeten Verdacht voraus (vgl. zum "begründeten Verdacht" nach § 53 Abs. 1 GSpG: VwGH 30.6.2017, Ra 2016/17/0271) sowie, dass "offenkundig" gegen eine in § 24 Abs. 1 Z 1 bis 18 Wr. Wettengesetz genannte Vorschrift verstoßen wird. 15 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung wird angesichts der vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht führt entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen auch aus, welche Übertretungen des § 24 Abs. 1 Wr. Wettengesetz dem Revisionswerber anzulasten sind.
16 Weiters - so das Zulässigkeitsvorbringen der Revision - lägen grob fehlerhafte und unschlüssige Tatsachenfeststellungen vor: Die Ausführungen zum festgestellten Sachverhalt könnten keinen Verdacht begründen. Der vorgefundene Drucker diene der Erfüllung der Belegerteilungspflicht nach § 132a BAO. Der Drucker sei ein Standardgerät, es könne aus der passenden Dimension der Wettscheine daher nicht darauf geschlossen werden, dass diese von dem Bondrucker stammten, was auch gar nicht festgestellt worden sei. Diese könnten auch aus einem in der Nähe gelegenen Wettlokal stammen und böten keinen Anhaltspunkt für einen begründeten Verdacht. Es habe kein Zusammenhang zwischen Bondrucker, Wettscheinen und Tablets festgestellt werden können, weshalb ein wesentlicher Punkt fehle. Das Verwaltungsgericht habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. 17 Das Verwaltungsgericht hat nähere und das rechtliche Ergebnis ausreichend tragende Feststellungen zum Vorliegen eines begründeten Verdachts im Sinne des § 23 Abs. 2 Wr. Wettengesetz getroffen; dabei hat es sich insbesondere auch mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, die gefundenen Wettscheine stammten aus anderen Lokalen auseinandergesetzt und dieses Vorbringen verworfen. Auch in diesem Zusammenhang wird daher eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt.
18 Darüber hinaus bringt die Revision vor, dass die Beweiswürdigung grob fehlerhaft sei: Es obliege den Kunden, wie sie die Tablets nutzten. Der Aufruf von "Glücksspielen" sei nicht auf die verfahrensgegenständlichen Tablets beschränkt; der Revisionswerber habe keine Kenntnis davon gehabt, dass in seinem Lokal Wetten abgeschlossen worden seien. Das Vorhandensein der Internetverbindung lasse keinen Rückschluss darauf zu. Das Verwaltungsgericht habe zur Kenntnis des Revisionswerbers keine Feststellungen getroffen. Die bloße Verweigerung von Angaben könne keinen Verdacht auf Kenntnis oder Duldung von Wettspielen in seinem Lokal begründen. Der Revisionswerber sei nicht als Vermittler von Wettkunden tätig geworden und habe eine solche Tätigkeit auch nicht wissentlich geduldet, weshalb die Beweiswürdigung grob fehlerhaft vorgenommen worden sei. 19 Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt wäre (vgl. VwGH 7.3.2016, Ra 2016/02/0020). Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (siehe VwGH 11.9.2017, Ra 2017/02/0091, mwH).
20 Dass dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Einzelfall bei der Beurteilung, ob ein begründeter Verdacht im Sinne des § 23 Abs. 2 Wr. Wettengesetz vorliegt, eine derartige unvertretbare Vorgangweise vorzuwerfen sei, wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen angesichts der getroffenen Feststellung, wonach das Lokal aus näheren Gründen den äußeren Anschein eines Wettlokals erweckt habe, jedoch nicht aufgezeigt.
21 Überdies - so die Revision weiters - sei die angewendete Bestimmung aus näheren Gründen "gesetzwidrig", weshalb die Revision nach Ansicht des Revisionswerbers zulässig sei; der Revisionswerber rege einen Antrag auf Überprüfung des § 23 sowie des § 24 Wr. Wettengesetz durch den Verfassungsgerichtshof an. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Bedenken gegen generelle Rechtsvorschriften keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen können (vgl. etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0198, mwN).
22 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
23 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 3. Dezember 2019
Schlagworte
Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020209.L00Im RIS seit
10.01.2020Zuletzt aktualisiert am
10.01.2020