TE Vwgh Beschluss 2019/12/11 Ra 2019/01/0465

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Veröffentlicht am 11.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des W N in F, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Mai 2019, Zl. W161 2184670- 1/12E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 20. Mai 2019 wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache der Antrag des Revisionswerbers, eines afghanischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz vom 20. Juli 2015 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt.

2 Begründend führte das BVwG aus, dass das Fluchtvorbringen nicht glaubwürdig sei. Dem Revisionswerber drohe im Falle einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz eine Verletzung des Art. 3 EMRK, ihm stehe jedoch eine erreichbare und zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e Sharif zu Verfügung. Zudem nahm das BVwG eine näher begründete Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG vor.

3 Dagegen erhob der Revisionswerber zun??chst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 3. Oktober 2019, E 2474/2019-7, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

4 Gegen das angeführte Erkenntnis des BVwG richtet sich nunmehr die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 In der gesonderten Zulassungsbegründung einer außerordentlichen Revision ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 2.9.2019, Ra 2019/01/0324, mwN). Dem wird die vorliegende Revision nicht gerecht.

9 Im Übrigen macht Revision in ihrer alleine maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung geltend, im gegenständlichen Fall "gehe es um die Frage", welche Anforderungen an die Beweiswürdigung zur Glaubhaftmachung von Fluchtgründen zu stellen seien. 10 Dazu genügt es auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das österreichische Asylrecht lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Die Prüfung, ob ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz besteht, hat je nach individuellen Umständen des Einzelfalls zu erfolgen. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. zu allem VwGH 2.9.2019, Ro 2019/01/0009, mwN). 11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele etwa VwGH 11.10.2019, Ra 2019/01/0367, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt. 12 Zu der darüber hinaus aufgeworfenen Frage, wie mit einer vom Revisionswerber geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigung umzugehen sei, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder suizidgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. etwa VwGH 26.9.2019, Ra 2019/18/0378 bis 0379, mwN und Hinweis auf EGMR 13.12.2016, Paposhvili gegen Belgien, 41738/10). Solches wird in der Revision nicht einmal ansatzweise dargelegt. 13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019010465.L00

Im RIS seit

21.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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