TE Vwgh Beschluss 2019/12/16 Ra 2019/01/0473

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Veröffentlicht am 16.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/01/0474

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, über die Revision 1. des I S, und 2. der Y S, beide in V, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juli 2019, Zlen. 1. W212 2204670- 1/2E, 2. W212 2204672-1/2E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber, jeweils ukrainische Staatsangehörige, sind verheiratet und stellten am 17. August 2015 jeweils für sich und ihre zwei minderjährigen Söhne einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 3. Juli 2017 stellte die Zweitrevisionswerberin für die am 18. April 2017 geborene gemeinsame Tochter ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - in der Sache sämtliche Anträge auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ jeweils eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung der Revisionswerber in die Ukraine fest, setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

3 Dagegen erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 23. September 2019, E 3010-3014/2019-8, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen und begründet dies pauschal damit, die Revisionswerber hätten bereits in ihrer Beschwerde gerügt, dass sie nicht die Möglichkeit gehabt hätten, ihre "sehr komplexen und vielschichtigen" Fluchtgründe vor der belangten Behörde eingehend und ausführlich zu schildern, und deshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hätten.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018, grundlegend dargelegt, unter welchen Voraussetzungen das BVwG in einer Asylangelegenheit nach § 21 Abs. 7 BFA-VG von einer mündlichen Verhandlung absehen kann:

9 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa auch VwGH 6.11.2018, Ra 2017/01/0086). Dass das BVwG von diesen Leitlinien abgewichen wäre, zeigt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht auf.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019010473.L00

Im RIS seit

21.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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