Entscheidungsdatum
29.10.2019Norm
VwGVG 2014 §28 Abs1Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch seine Richterin
HR Mag. Baar über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch Herrn B, Rechtsanwalt in ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 12. April 2018, Zl. ***, den
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 50 i.V.m. § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach gegen den Beschwerdeführer wegen drei Übertretungen des ASVG drei Geldstrafen in Höhe von jeweils € 730,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 24 Stunden) verhängt und das Straferkenntnis (da die Zustellung auf dem Postweg nicht möglich war) auf dem Rechtshilfeweg durch eine ersuchte Behörde (Bezirksgericht ***) zugestellt.
In der Folge hat der Beschuldigte zunächst mit Schreiben vom 13.08.2018 mitgeteilt, er habe das gegenständliche Schreiben am Bezirksgericht in *** abgeholt; da er tschechischer Staatsbürger sei und kein Deutsch verstehe, sei er jedoch gezwungen, sämtliche übermittelten Schriftstücke ins Tschechische übersetzen zu lassen und ersuche daher um Übersendung des beigefügten Dokuments in tschechischer Sprache. Weiters ersuche er darum, dass sämtliche schriftliche Kommunikation mit der Behörde in deutscher und in tschechischer Sprache übermittelt werde.
In der Folge hat er, nunmehr vertreten durch Herrn B, Rechtsanwalt in ***, fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei er geltend macht, die drei im Straferkenntnis angeführten Personen hätten für den Beschuldigten damals unentgeltlich Tätigkeiten verrichtet, was von diesen auch bestätigt worden sei; Verwaltungsübertretungen könnten ihm daher nicht vorgeworfen werden.
Es werde beantragt, das Strafverfahren einzustellen.
Das Finanzamt *** als weitere Verfahrenspartei hat zu der ihm zur Kenntnis gebrachten Beschwerde dahingehend Stellung genommen, dass bezüglich der drei Personen zumindest eine Naturalleistung (in Form von Essen und Trinken) vorliege, womit der gegenständliche Tatbestand erfüllt sei; es werde beantragt, das Straferkenntnis zu bestätigen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer, ein in der Tschechischen Republik wohnhafter tschechischer Staatsbürger, wegen Übertretungen des ASVG bestraft, wobei ihm das Straferkenntnis von der belangten Behörde ausschließlich abgefasst in deutscher Sprache auf dem Rechtshilfeweg durch eine ersuchte Behörde (Bezirksgericht ***) zugestellt wurde.
Gemäß § 11 Abs. 1 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.
Gemäß Art. 5 Abs. 3 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (ABl. C197 vom
12. Juli 2000) ist die Urkunde – oder zumindest ihr wesentlicher Inhalt – wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zustellungsempfänger der Sprache, in welcher die Urkunde abgefasst ist, nicht kundig ist, in die Sprache oder in eine der Sprachen des Mitgliedsstaates, in dessen Hoheitsgebiet sich der Empfänger aufhält, zu übersetzen.
Zwar sind Bescheide grundsätzlich in deutscher Sprache zu erlassen, wobei aber vorliegendenfalls aufgrund des zitierten Abkommens der Bescheid und sohin das Straferkenntnis erst dann erlassen ist, wenn es auch in der Sprache des ausländischen Bescheidadressaten – zumindest in den wesentlichen Teilen, also Spruch- und Rechtsmittelbelehrung – ausgefertigt und zugestellt ist.
Die in dieser Sache vorgenommene Zustellung des Straferkenntnisses an den Beschwerdeführer im Ausland ist deshalb als unwirksam anzusehen, weshalb eine tatsächliche Zustellung des Straferkenntnisses nicht vorliegt.
Hat aber rechtlich die Zustellung eines Straferkenntnisses noch nicht stattgefunden, so ist auch der Bescheid (Straferkenntnis) nicht rechtswirksam erlassen worden, sodass dagegen auch noch keine Beschwerde erhoben werden kann; die vorliegende Beschwerde war daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Schlagworte
Arbeitsrecht; Verwaltungsstrafe; Verfahrensrecht; Unionsrecht; Zustellung; Übersetzung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.2432.001.2018Zuletzt aktualisiert am
30.12.2019