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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §8 Abs1Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/14/0104Ra 2019/14/0105Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in den Revisionssachen 1. des A B, 2. der C D und
3. der E F, alle vertreten durch Dr. Peter Kunz, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Porzellangasse 4, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes je vom 28. Jänner 2019, 1. L502 2147590- 1/8E, 2. L502 2147586-1/8E und 3. L502 2147592-1/9E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind miteinander verheiratet und die Eltern der (im Jahr 1999 geborenen) Drittrevisionswerberin. Alle stammen aus dem Irak. Sie stellten nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 2. November 2014 Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies die Anträge mit den Bescheiden vom 20. Jänner 2017 ab, erteilte den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde jeweils mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit den Erkenntnissen je vom 28. Jänner 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach jeweils aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 An den Verwaltungsgerichtshof von den revisionswerbenden Parteien gerichtete Anträge auf Gewährung der Verfahrenshilfe blieben erfolglos. Sie erhoben daraufhin keine Revisionen. 5 Mit Beschluss vom 23. September 2019, E 857-859/2019-15, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts an ihn erhobenen Beschwerden ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurden die gegenständlichen Revisionen eingebracht.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die revisionswerbenden Parteien bringen zur Zulässigkeit der von ihnen erhobenen Revisionen vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil eine Verletzung des Art. 3 EMRK auch dann, wenn der betroffene Fremde im Heimatland keine Lebensgrundlage vorfinde, zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen könne. 10 Es trifft zu, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung ausgeführt hat, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der Statusrichtlinie zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher an seiner Rechtsprechung festgehalten, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann (vgl. VwGH 21.5.2019, Ro 2019/19/0006).
11 Allerdings hat sich das Bundesverwaltungsgericht - wenngleich sich die diesbezüglichen Überlegungen an unterschiedlichen Stellen (teilweise auch disloziert im Rahmen der Feststellungen und den Erwägungen zur Beweiswürdigung) finden, so doch hinreichend nachvollziehbar - mit der Frage, ob Art. 3 EMRK der Rückführung der revisionswerbenden Parteien entgegensteht, befasst.
12 Wenn die Revision in diesem Zusammenhang zunächst rügt, es sei auch notwendig sich mit dem einer innerstaatlichen Fluchtalternative innewohnenden Zumutbarkeitskalkül auseinander zu setzen, übersieht sie, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Möglichkeit der Rückkehr der revisionswerbenden Parteien in die Herkunftsprovinz ausgegangen ist. Im Übrigen legte das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde, dass die revisionswerbenden Parteien aufgrund der langjährigen beruflichen Tätigkeit des Erstrevisionswerbers, der bisherigen beruflichen Ausbildung und Erfahrung der Zweitrevisionswerberin sowie der Unterstützung durch Verwandte in der Lage seien, ihr Auskommen zu sichern. Die revisionswerbenden Parteien zeigen mit ihren Ausführungen nicht auf, dass das Bundesverwaltungsgericht bei dieser Beurteilung die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien nicht beachtet oder in unvertretbarer Weise zur Anwendung gebracht hätte. 13 Vor diesem Hintergrund ist nicht zu sehen, dass die in Bezug auf die Frage der Zuerkennung des subsidiären Schutzes geltend gemachte Rechtsverletzung vorliegen würde.
14 In den Revisionen werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 29. November 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140103.L00Im RIS seit
30.12.2019Zuletzt aktualisiert am
30.12.2019