RS Vfgh 2019/10/3 E490/2018 ua

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Veröffentlicht am 03.10.2019
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten und Erlassung von Rückkehrentscheidungen betreffend eine Familie afghanischer Staatsangehöriger; mangelnde Auseinandersetzung mit - als gegeben angenommener - konkreter Unterstützungsmöglichkeit durch Familienangehörige angesichts der UNHCR-Richtlinien zu Kabul

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) begründet nicht näher, warum es davon ausgeht, dass die Eltern bzw der Bruder der Zweitbeschwerdeführerin - zusätzlich zu den bereits bei diesen lebenden weiteren Familienangehörigen - eine dreiköpfige Familie ausreichend unterstützen könnten bzw wollten. Es verabsäumt insbesondere, die Zweitbeschwerdeführerin zur konkreten Lebenssituation ihrer Eltern bzw ihres Bruders zu befragen. Aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung ergibt sich lediglich, dass der Vater alt, krank und seither zuhause sei, und dass der Bruder, der selbst vier Kinder habe, ein kleines Geschäft besitze, in dem er Lebensmittel verkaufe. Auf die Frage nach dem Befinden ihrer Familie antwortet die Zweitbeschwerdeführerin nur: "Es geht ihnen gut, sie leben, sie sind dazu gezwungen."

Wenngleich das BVwG eine mündliche Verhandlung durchführt und seine Entscheidung ansonsten sorgfältig begründet, verabsäumt es damit, Fragen zu den konkreten Lebensumständen der Eltern bzw des Bruders der Zweitbeschwerdeführerin zu stellen. Das BVwG unterlässt es sohin, zu ermitteln, ob die Familienangehörigen der Zweitbeschwerdeführerin willens und in der Lage sind, die Beschwerdeführer - eine Familie mit einem Kleinkind - tatsächlich zu unterstützen. Da das BVwG damit Ermittlungen in einem entscheidenden Punkt unterlassen hat, hat es seine Entscheidung mit Willkür belastet.

Die Entscheidung des BVwG erweist sich im Hinblick auf die Beurteilung einer den Beschwerdeführern im Falle der Rückkehr drohenden Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art2 und Art3 EMRK schon aus diesen Gründen als verfassungswidrig.

Im Übrigen: Ablehnung der Behandlung der Beschwerde hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten.

Entscheidungstexte

  • E490/2018 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 03.10.2019 E490/2018 ua

Schlagworte

Asylrecht, Kinder, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E490.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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