TE Vwgh Beschluss 1998/9/22 97/17/0469

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Veröffentlicht am 22.09.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
34 Monopole;

Norm

GSpG 1989 §12a idF 1997/I/069;
GSpG 1989 §12b idF 1997/I/069;
GSpG 1989 §14 idF 1997/I/069;
GSpGNov 1997;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, in der Beschwerdesache der C-GmbH, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 2. Oktober 1997 und der Erledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom 8. Oktober 1997, im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, vertreten durch die Finanzprokuratur (mitbeteiligte Partei: Österreichische Lotterien Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in R), betreffend Glücksspielgesetz, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat an Aufwendungen dem Bund S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Aufwandersatzmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin richtete nachstehendes Schreiben vom 29. September 1997 an den Bundesminister für Finanzen:

"Mit 01.10.1997 tritt die Novelle zum Glücksspielgesetz (BGBl. Nr. 69/1997) in Kraft, wonach das Recht zur Durchführung von elektronischen Lotterien, Bingo und Keno gemäß §§ 12a und 12b an einen Konzessionär durch den Bundesminister für Finanzen übertragen werden kann.

Die im Alleineigentum des ... stehende (Beschwerdeführerin) bekundet ihr Interesse an der Durchführung der genannten Ausspielungen und ersucht um Bekanntgabe, ob ein Vergabeverfahren bereits eingeleitet wurde bzw. wird, sowie gegebenenfalls um Übermittlung der bezughabenden Ausschreibungsunterlagen sowie allenfalls um Bekanntgabe, wo diese eingesehen werden können.

Ich danke für Ihre geschätzte Mitteilung bzw. Veranlassung durch Ihr Bundesministerium und ... "

Vom Bundesministerium für Finanzen erging die der Beschwerdeführerin am 16. Oktober 1997 zugestellte Erledigung vom 8. Oktober 1997 mit folgendem Inhalt:

"Bezugnehmend auf Ihre an den Bundesminister für Finanzen gerichtete Interessensbekundung vom 29. September 1997, bezüglich der Übertragung des Rechtes zur Durchführung von elektronischen Lotterien, Bingo und Keno (§§ 12a und 12b GSpG) wird nachstehendes mitgeteilt:

Die Konzessionstatbestände der §§ 12a und 12b GSpG wurden (mit) der Glücksspielgesetznovelle BGBl. Nr. 69/1997 neu eingeführt. Diese Novelle wurde am 11. Juli 1997 verlautbart und ist am 1. Oktober 1997 in Kraft getreten. Der Inhalt der Novelle war auf Grund des durchgeführten Begutachtungsverfahrens sowie auf Grund der umfangreichen Medienberichterstattung zumindest im Kreise der Marktteilnehmer allgemein bekannt.

Gemäß § 14 Abs. 2 GSpG darf das Recht zur Durchführung von Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12b GSpG nur einem solchen Konzessionswerber durch Konzession erteilt werden, der nachstehende Konzessionsvoraussetzungen erfüllt: ...

Aufgrund ihrer Interessensbekundung wurde ein Firmenbuchauszug Ihres Unternehmens eingeholt. Aus diesem war ersichtlich, daß Ihr Unternehmen lediglich über ein Stammkapital von 500.000,-- S verfügt und daher die zwingende Konzessionsvoraussetzung des § 14 Abs. 2 Z. 3 GSpG (1,5 Mrd S Kapital) bei weitem nicht erfüllt. Lediglich der guten Ordnung halber darf darauf hingewiesen werden, daß ein formelles Ausschreibungsverfahren im Gesetz nicht vorgesehen ist und daß die Konzession zur Durchführung von elektronischen Lotterien, Bingo und Keno (§§ 12a und 12b GSpG) zwischenzeitig vergeben wurde."

Mit Bescheid vom 2. Oktober 1997 wurde der Österreichischen Lotteriengesellschaft m.b.H. in Wien über Antrag vom 30. Juli 1997 gemäß § 14 Abs. 1 GSpG die Konzession zur Durchführung der im Bescheid näher angeführten Glücksspiele, darunter für Elektronische Lotterien nach § 12a sowie des Bingo und Keno nach § 12b GSpG idF BGBl. I Nr. 69/1997 für den Zeitraum vom 1. Oktober 1997 bis 30. September 2012 erteilt. Dieser Bescheid wurde nicht an die Beschwerdeführerin gerichtet, ihr nicht zugestellt, gelangte ihr aber nach dem 16. Oktober 1997 zur Kenntnis.

Gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 2. Oktober 1997 in eventu gegen den "Bescheid des BMF" vom 8. Oktober 1997 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Sie erachtet sich durch den Konzessionsbescheid in ihrem subjektiv öffentlichen Recht, daß über ihren Antrag auf Erteilung einer Konzession zur Durchführung der elektronischen Lotterien sowie Bingos und Kenos in einem den Kriterien des Glücksspielgesetzes entsprechenden Vergabeverfahren entschieden wird und in ihrem subjektiv öffentlichen Recht auf Erteilung einer Konzession zur Durchführung der elektronischen Lotterien sowie des Bingos und Kenos verletzt.

Mit dem Schreiben vom 29. September 1997 "bekundete" die Beschwerdeführerin ihr Interesse an der Durchführung bestimmter Ausspielungen und "ersuchte um Bekanntgabe" bestimmter Umstände und Übermittlung von Unterlagen. Dieses Schreiben enthält jedoch keinen Antrag auf Erteilung einer bzw. keine Bewerbung um eine Konzession zur Durchführung der elektronischen Lotterien sowie des Bingos und des Kenos auf Grund der §§ 12a, 12b GSpG idF BGBl. I Nr. 69/1997. Die belangte Behörde hat einen solchen Parteiwillen dem Inhalt dieses Schreibens daher zu Recht nicht entnommen. Mit einer - wie die Beschwerdeführerin in der Beschwerde offenbar meint - Umdeutung dieses Schreibens in einen Antrag auf Erteilung einer Konzession hätte die belangte Behörde das im genannten Schreiben enthaltene Begehren der Beschwerdeführerin unzulässigerweise verändert und diesem Schreiben einen Inhalt unterstellt, den es nicht hatte. Mangels Bewerbung der Beschwerdeführerin um die in Rede stehende Konzession war sie auch nicht Partei - somit auch nicht Partei einer allfälligen Verfahrensgemeinschaft hinsichtlich derselben (einzigen) Konzession - des Konzessionserteilungsverfahrens und hatte deswegen auch keinen Anspruch auf Erlassung eines Bescheides über einen solchen Antrag. Der von der Beschwerdeführerin im März 1997 noch nach der alten Rechtslage gestellte Konzessionsantrag war bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. April 1997 (Zustellung 9. April 1997) rechtskräftig abgewiesen worden. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid ist beim Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 97/17/0175 anhängig.

Da die Konzession ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt ist, kann die Beschwerdeführerin in dem von ihr als Beschwerdepunkt bezeichneten Recht auf Konzessionserteilung an sie nicht verletzt sein.

Unabhängig von einem eigenen Antrag um Konzessionserteilung bietet die Rechtslage aber auch keinen Anhaltspunkt für ein subjektives Recht der Beschwerdeführerin auf Nichterteilung einer Konzession an die Mitbeteiligte. Im übrigen läge ein solcher Anspruch auch außerhalb des ausdrücklich in der Beschwerde bezeichneten Beschwerdepunktes.

Die gegen den Bescheid vom 2. Oktober 1995 erhobene Beschwerde war mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführerin erhob auch Beschwerde gegen den "Bescheid des BMF "vom 8. Oktober 1997.

Die Erledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom 8. Oktober 1997 ist nicht als Bescheid bezeichnet.

Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dgl. können nicht als verbindliche Erledigung gewertet werden (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, VwSlg. 9458/A).

Die Erledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom 8. Oktober 1997 ist die Beantwortung der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 29. September 1997, mit der ein bestimmtes Interesse bekundet und mit der um Bekanntgabe bestimmter Umstände und die Übermittlung bestimmter Unterlagen ersucht wurde. Ein Antrag auf Erteilung von Konzessionen nach dem GSpG idF BGBl. I Nr. 69/1997, über den normativ zu entscheiden gewesen wäre, ist nicht Inhalt dieser Eingabe. Die Erledigung vom 8. Oktober 1997 sprach daher auch mit Recht nicht normativ über einen Antrag ab, sondern gab die erbetene Auskunft in Form einer Mitteilung. Diese Erledigung ist der Form und dem Inhalt nach kein Bescheid.

Da die Erledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom 8. Oktober 1997 kein Bescheid ist, war die dagegen erhobene "Bescheidbeschwerde" an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zur Erhebung als unzulässig zurückzuweisen.

Der vom Verwaltungsgerichtshof im eingeleiteten Vorverfahren als Mitbeteiligte beigezogene Österreichischen Lotterien GmbH kam in diesem Verfahren die Stellung einer Mitbeteiligten zu, weil diese durch den Erfolg der Anfechtung des Verwaltungsaktes in ihren rechtlichen Interessen hätte berührt werden können.

Die Aufwandersatzentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Infolge Unzulässigkeit der Beschwerde erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Wien, am 22. September 1998

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997170469.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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