TE Dok 2019/9/9 42114-DK/2019

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Veröffentlicht am 09.09.2019
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Norm

BDG 1979 §43 Abs2

Schlagworte

KV außer Dienst

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat in der durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

N.N. ist schuldig,

er hat in Wien, in einem dort etablierten Lokal, in zivil und außer Dienst nach einer Rangelei mit unbekannten Personen dem Geschädigten ein Glas an den Kopf geworfen, wodurch dieser eine Rissquetschwunde am Hinterkopf erlitt,

 

er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen,

Über den Beschuldigten wird gemäß § 92 Abs. 1 Zi 2 BDG eine Geldbuße in der Höhe von € 1.500,- (in Worten eintausendfünfhundert) verhängt.

Dem Beschuldigten erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.

Seitens des Beschuldigten wurde gemäß § 127 BDG eine Ratenzahlung im Ausmaß von 5 Monatsraten à € 300,- beantragt und seitens des Senates bewilligt.

BEGRÜNDUNG

Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinarverfügung der Dienstbehörde sowie des Einspruches der Disziplinaranwaltschaft sowie den Erhebungen der LPD.

Sachverhalt:

Der Beschuldigte war im Zuge eines außerdienstlichen Vorfalles an einer körperlichen Auseinandersetzung mit unbekannten Personen beteiligt. Nachdem die Personen getrennt werden konnten, hat der Beschuldigte ein Glas geworfen, welches den Geschädigten am Hinterkopf traf und eine Rissquetschwunde verursachte.

Seitens der Securitys wurde der Beschuldigte aus dem Lokal gewiesen und die Polizei verständigt.

Durch das Referat für Besondere Ermittlungen wurde ein Abschlussbericht an die StA übermittelt und Anzeige wegen des Verdachtes der Körperverletzung erstattet.

Die StA ist nach der Bezahlung eines Geldbetrages in der Höhe von € 1.650,- gem. § 200 (5) StPO von der Verfolgung zurückgetreten.

Seitens der Dienstbehörde wurde gemäß § 131 BDG eine Disziplinarverfügung mit einer Geldbuße in der Höhe von € 500,- erlassen.

Gegen diese Disziplinarverfügung wurde seitens der Disziplinaranwaltschaft fristgerecht ein Rechtsmittel eingebracht und durch die Disziplinarkommission das ordentliche Verfahren eingeleitet.

Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:

Rechtsgrundlagen:

§ 43 Abs. 2 BDG: Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

§ 2 der Dienstordnung vom 23.01.2013, GZ: P4/444849/1/2012, „Verhalten der Polizeibediensteten“ „………. innerhalb und außerhalb des Dienstes haben sich Polizeibedienstete so zu verhalten, dass sie die Achtung und das Vertrauen der Bevölkerung erwerben und wahren…..“ verstoßen.

Zur Schuldfrage:

Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens einstimmig zum Erkenntnis gelangt, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Dienstpflichtverletzung schuldhaft begangen hat. Der Senat hat die Schuld des Beschuldigten aus folgenden Gründen angenommen:

Aus den in der mündlichen Verhandlung aufgenommenen Beweisen, sowie der bestehenden Aktenlage ergibt sich zweifelsfrei, dass es zu einer Körperverletzung an dem Geschädigten durch den Beschuldigten gekommen ist. Wie es letztlich zur verbalen Auseinandersetzung und späteren Körperverletzung gekommen ist, konnte der Beschuldigte nicht angeben, führte dies aber auf den übermäßigen Alkoholgenuss zurück.

 

Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG ist der Beamte verpflichtet, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch des Dienstgebers in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Diese Pflicht verletzt der Beamte immer dann, wenn er durch ein inner- oder außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung immer rechtmäßig vorgehen werde und damit seine Glaubwürdigkeit einbüßt. Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (VwGH 24.11.1997, 95/09/0348; 15.12.1999, 98/09/0212; 18.4.2002, 2000/09/0176); insofern stellt § 43 Abs. 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (VwGH 28.7.2000, 97/09/0324; 16.10.2001, 2000/09/0012) und wird von keinem anderen Tatbestand des Dienstrechts abgedeckt. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 43 Abs. 2 BDG 1979 bereits wiederholt ausgesprochen hat, lassen die Worte „in seinem gesamten Verhalten“ den Schluss zu, dass hierdurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 29.6.1989, Zl. 86/09/0164, sowie vom 31.5.1990, Zl. 86/09/0200 = Slg. N.F. Nr. 13.213/A).

Dieser sogenannte Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen (vgl. dazu z.B. Schwabel/Chilf, Disziplinarrecht der Bundesbeamten, Landeslehrer und Soldaten, zweite Auflage, Fußnote 17 zu § 43 BDG, Seite 7 f). Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen.

Ob das dienstliche oder außerdienstliche Verhalten des Beamten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine rechtserhebliche Rolle.

Das Verhalten des Beschuldigten entspricht – wie schon oben ausgeführt - nicht dem, was man sich von einem Beamten der Exekutive erwartet. Es ist nicht tolerierbar, dass sich ein Polizist in seiner Freizeit herumprügelt und als Folge einen anderen am Körper verletzt.

Die vorsätzliche Körperverletzung widerstreitet dieser Verhaltenspflicht grundsätzlich, denn der Schutz der körperlichen Unversehrtheit gehört zu den Kernpflichten eines Polizisten, weshalb der besondere Funktionsbezug bejaht wird. Dieses Verhalten hat nicht nur negative Folgen für die Akzeptanz des Beschuldigten als Kollege, sondern wirft vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung ein bedenkliches Bild auf den Beamten und letztlich auch den Zustand der Polizei selbst.

In der Öffentlichkeit kann durch das vom Beschuldigten gezeigte Verhalten der generelle Eindruck entstehen, dass der Beschuldigte nur eine geringe Reizschwelle im privaten Bereich aufweist, auf der anderen Seite Konflikte womöglich sogar sucht, was vor dem Hintergrund der wichtigen Aufgaben der Polizei, nämlich für Ordnung, Ruhe und Sicherheit zu sorgen, Bedenken im Hinblick auf deren geringe Aggressionsschwelle und der sachlichen Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben entstehen lässt. Die Bevölkerung kann sich durch solches Verhalten zu Recht die Frage stellen, ob Polizeibeamte in Konfliktsituationen nicht generell zu schnell aggressiv und überzogen reagieren, wenn sie schon bei nichtigen Verhaltensweisen mit überzogener Aggressivität reagieren und andere Personen niederschlagen.

In diesem Zusammenhang hat die Disziplinaroberkommission in einem Judikat festgehalten, dass sich die Dienstbehörde gerade bei einem Exekutivbeamten unter besonderer Beachtung der psychologischen Ausbildungsinhalte darauf verlassen können muss, dass die Reiz- und Hemmschwelle viel höher anzusetzen ist als bei einem Durchschnittsbürger, zumal die Vielfalt des Exekutivdienstes bedingt, dass Exekutivbeamten oftmals Betroffene von verbalen, manchmal auch beleidigenden Äußerungen oder auch physischen Handgreiflichkeiten sind und eine solche Situation niemals soweit eskalieren darf, dass auf Angriffe mit Gewalt seitens des Beamten reagiert wird.

Bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst erfolgen, ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob der Schutz des betreffenden Rechtsgutes zu den Berufspflichten des Beamten gehört.

Dies liegt im gegenständlichen Fall vor, da gerade ein Exekutivbeamter die Normen des StGB zu schützen und für deren Einhaltung zu sorgen hat. Diese Bereiche gehören zweifelsohne zu den Kernaufgaben eines Polizisten.

Der Beschuldigte hat sohin in zivil und außer Dienst eine Körperverletzung begangen und liegt somit eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG vor.

 

Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der jüngsten Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild des Beschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaße eine Bestrafung notwendig ist.

Der Beamte wird von seinem Vorgesetzten als sehr engagiert und kollegial beschrieben, der nicht nur jederzeit für seine Kollegen bereit ist, Dienste zu übernehmen, sondern auch als dienstbeflissen gilt und an dienstlicher Weiterbildung interessiert ist.

Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung weiters grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 78 ff und ihr folgend das Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 14.11.2007, 2005/09/0115). Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Wie schon oben ausgeführt ist dem Disziplinarbeschuldigten Vorsatz anzulasten. Vom Verschuldensgrad liegt – unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Beweisverfahrens in der mündlichen Verhandlung - nach Meinung des erkennenden Senates eine mittelgradige Verletzung von Dienstpflichten vor, welche sowohl in spezialpräventiver Hinsicht, als auch nach generalpräventiven Aspekten eine angemessene Sanktion nach sich ziehen musste.

Der erkennende Senat vermeint, dass das Fehlverhalten mit einer Geldbuße in der Höhe von € 1.500,- ausreichend gesühnt ist und die Strafe auch generalpräventiven Erwägungen (Abschreckung) gerecht wird, zumal den Mitarbeitern, insbesondere Kollegen unmissverständlich signalisiert werden muss, dass ihnen aufgrund ihres Berufes eine hohe Verantwortung innerhalb der Polizei zukommt und sie alles daran setzen müssen, Beeinträchtigungen des Ansehens und der Glaubwürdigkeit der Polizei zu vermeiden. Von ihnen muss erwartet werden, dass sie in der Lage sind zwischenmenschliche Konflikte in angemessener und sachlicher Weise zu lösen.

Der erkennende Senat hatte auch einige Milderungsgründe zu berücksichtigen, so etwa die Schuldeinsicht und das Geständnis, sowie die bisher entstandenen Kosten, wenngleich diese vom Beschuldigten selbst verursacht worden sind. Erschwerend war kein Umstand zu werten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2019
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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