Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Dezember 2019 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Jäger in der Strafsache gegen Eid K***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. August 2019, GZ 31 Hv 89/19m-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Eid K***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB (A./), der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (B./), des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (C./) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (D./) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien seine Lebensgefährtin Diana H*****
A./ zu zwei nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum von Herbst 2018 bis 23. Juni 2019 mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sich in zwei Angriffen, jeweils während sie am Rücken im Bett lag, über sie kniete, ihren Kopf fixierte und sie gegen ihren Willen oral mit seinem Penis penetrierte bis er ejakulierte, wobei Diana H***** auf besondere Weise, nämlich durch Ejakulieren in den Mund, erniedrigt wurde;
B./ gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen,
1./ im Zeitraum von 1. Mai bis 23. Juni 2019, indem er in mehreren Angriffen wiederholt sinngemäß äußerte, er bringe sie um, schneide sie in Stücke und töte ihre Familie, sohin mit der Zufügung zumindest einer Körperverletzung an ihr und ihr nahestehenden Personen;
2./ am 13. Mai 2019 im Anschluss an die zu C./ angeführte Tat, indem er sinngemäß äußerte, er steche sie ab, wobei er seinen Worten Nachdruck verlieh, indem er mit erhobenem Arm eine Schere auf sie richtete, sohin mit der Zufügung zumindest einer Körperverletzung;
C./ am 13. Mai 2019 mit Gewalt zu einer Handlung zu nötigen versucht (§ 15 StGB), indem er sie an den Haaren packte und ihr eine Ohrfeige versetzte, zur Herausgabe ihres Mobiltelefons, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil es ihr gelang, sich im Badezimmer einzusperren;
D./ am 23. Juni 2019 vorsätzlich am Körper verletzt, indem er sie würgte, sodass sie Würgemale am Hals erlitt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO ergriffene, inhaltlich nur gegen den Schuldspruch zu A./ gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Die Tatrichter stützten die Urteilskonstatierungen zum objektiven Tatgeschehen (zu A./) auf die „glaubwürdigen, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien“ Aussagen des Tatopfers, welches die „Angriffe des Angeklagten“ – in Übereinstimmung mit den Angaben im Ermittlungsverfahren – „eindrücklich und detailliert“ geschildert habe (US 5).
Entgegen der Kritik der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) liegt ein erörterungsbedürftiger Widerspruch in den Aussagen des Tatopfers zur Zahl der vom Angeklagten erzwungenen dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen nicht vor. Denn die Zeugin hat – der Beschwerde zuwider – nicht davon gesprochen, dass es nur einen erzwungenen Oralverkehr gegeben habe, vielmehr zuerst den ersten Angriff geschildert und danach angegeben, dass ein zweiter „auf die gleiche Art und Weise“ stattfand (ON 24 S 13 f), woran auch der Umstand nichts ändert, dass letztere Aussage „erst nach erneuter Befragung“ erfolgte. Mit dem weiteren Vorbringen, das Tatopfer habe – wie sich aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung ergebe – „den Angriff sehr kurz, vage und umrisshaft“ beschrieben,
lässt die Beschwerde außer Acht, dass die Annahme der Tatrichter von der (in der Regel erheblichen Tatsache der) Glaubwürdigkeit einer Beweisperson als (bloß) beweiswürdigende Erwägung keinen zulässigen Bezugspunkt des hier der Sache nach erhobenen Einwands offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) darstellt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431; RIS-Justiz RS0106588).
Die Behauptung, das Erstgericht habe „bei der Befragung der Zeugin mittels Suggestivfragen 'nachgeholfen'“, spricht im Übrigen keine Anfechtungskategorie der Mängelrüge (Z 5) an (vgl zur Zulässigkeit von Suggestivfragen § 161 Abs 3 StPO, RIS-Justiz RS0097629).
Indem die Beschwerde moniert, die Aussage des Tatopfers sei keinesfalls „widerspruchsfrei, eindrücklich und detailliert“ gewesen, macht sie keine Aktenwidrigkeit im Sinn eines falschen Zitats einer Urkunde oder Aussage geltend (Z 5 fünfter Fall; vgl RIS-Justiz RS0099431), sondern zieht aus einem Beweismittel bloß andere Schlüsse als das Erstgericht.
Der Tatsachenrüge (Z 5a) gelingt es mit dem erneuten Verweis auf die schon in der Mängelrüge angesprochenen – nach Ansicht des Beschwerdeführers – „sehr widersprüchliche[n] Angaben“ des Tatopfers nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen zu wecken (RIS-Justiz RS0118780). Selbiges gilt auch für die weiteren Ausführungen, wonach sich „aus der Stellung zahlreicher Suggestivfragen“ erhebliche Bedenken gegen die „Beweiswürdigung“ ergeben würden. Ein vom Nichtigkeitswerber behauptetes Verbot der Stellung von Suggestivfragen im „konkreten Verfahren“, weil sich diese „keinesfalls auf rechtlich relevante subjektive[,] sondern auf objektive tatbestandsrelevante Merkmale“ bezogen hätten, lässt sich im Übrigen – dem Vorbringen zuwider – aus dem zitierten Rechtssatz RS0124026 gerade nicht ableiten (arg: „… vor allem mit Bezug auf rechtlich relevante subjektive Momente“).
Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil zwar uneingeschränkt anficht, inhaltlich aber zu den Schuldsprüchen B./, C./ und D./ nicht argumentiert, war auf sie keine Rücksicht zu nehmen, weil auch bei ihrer Anmeldung Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1
StPO.
Textnummer
E126865European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00119.19K.1203.000Im RIS seit
18.12.2019Zuletzt aktualisiert am
18.12.2019