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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Quasianlaßfälle; Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Tir GVG-Nov 1991, LGBl 74, (deren Z4 die litf bis j des §3 Abs1 Tir GVG 1983 und deren Z44 den §19 des Tir GVG 1983 zur Gänze neu faßte) mit E v 28.09.96, G50/96 ua. Da die Fälle zu Beginn der nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren am 13.06.96 bereits anhängig waren, sind sie einem Anlaßfall gleichzuhalten. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide ua. die lith des §3 Abs1 und den §19 des Tir GVG 1983 in der Fassung der als verfassungswidrig befundenen GVG-Novelle 1991 an. Es ist nach Lage der Fälle nicht von vornherein ausgeschlossen, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien nachteilig war.Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit jeweils S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol wurden die Beschwerdeführer wegen der Begehung von Verwaltungsübertretungen nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom 18. Oktober 1983 über die Wiederverlautbarung des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. für Tirol 69/1983, idF der Kundmachungen LGBl. für Tirol 44/1984 und 45/1988 sowie des Landesgesetzes LGBl. für Tirol 74/1991, gemäß §19 Abs1 lita leg.cit. bestraft.
2. In ihren gegen diese Bescheide gerichteten, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten bzw. wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt und begehren die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
3. Die belangte Behörde hat jeweils die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch lediglich zu B2273/95 eine Gegenschrift erstattet, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluß vom 4. Dezember 1995, B266/94, von Amts wegen das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Z28 und 32 bis 34 des ArtI der GVG-Novelle 1991, LGBl. für Tirol 74/1991, eingeleitet. Mit Erkenntnis vom 28. September 1996, G 50/96 ua., hat er festgestellt, daß die GVG-Novelle 1991 zur Gänze - deren Z4 die litf bis j des §3 Abs1 TGVG 1983 und deren Z44 den §19 des TGVG 1983 zur Gänze neu faßte - verfassungswidrig war.
III. 1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG
wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Fälle gleichzuhalten, die zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10616/1985, 10736/1985, 10954/1986, 11711/1988).
2. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G50/96 ua. begann am 13. Juni 1996. Die vorliegenden Beschwerden sind bereits zuvor beim Verfassungsgerichtshof eingelangt.
Nach dem Gesagten sind die Fälle daher einem Anlaßfall gleichzuhalten.
3. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide ua. die lith des §3 Abs1 und den §19 des TGVG 1983 in der Fassung der als verfassungswidrig befundenen GVG-Novelle 1991 an. Es ist nach Lage der Fälle nicht von vornherein ausgeschlossen, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien nachteilig war.
Es ist daher auszusprechen, daß die Beschwerdeführer durch die bekämpften Bescheide wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in ihren Rechten verletzt wurden (vgl. etwa VfSlg. 10736/1985, VfGH 27. November 1995, B314/95).
IV. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer von je S 3.000,- enthalten.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B201.1995Dokumentnummer
JFT_10038992_95B00201_00