Norm
BDG 1979 §43 Abs1Schlagworte
Geschenkannahme, Compliance-Verstoß, Weisungsverstoß, Geldstrafe.Text
SPRUCH
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Mag. Friedrich PAUL als Senatsvorsitzenden sowie MR Mag. Felix KOLLMANN und ADir Veronika SCHMIDT als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV nach der am 28. November 2019 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Mag. Ursula BACHMAIR, MBA und des Beschuldigten NN, vertreten durch RAe Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, diese vertreten durch Kanzlei Dr. Obereder, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
NN
Spezialverkäufer Telekom, Postprodukte, Finanzdienstleistung
in der Postfiliale XX
ist
s c h u l d i g.
Er hat
1.) am 02. August 2017 und am 10. August 2017 vom Konto 8319.4xxx der Kundin Frau A, Verfüger 62083xxx, via E-Banking insgesamt Euro 318.000,00 auf Sparkonten/-bücher seiner Gattin X (Euro 56.000,00), seiner Tochter X (Euro 150.000,00), seines Sohnes X (Euro 56.000,00) und seines zweiten Sohnes X (Euro 56.000,00) überwiesen,
2.) am 07. Juni 2018 Einzahlungen auf das Pensionskonto von Frau S und daran anschließend von diesem Konto Überweisungen in der Höhe von Euro 60.000,00 auf Sparbücher, lautend und identifiziert auf seinen Sohn X mit dem Kontowortlaut „Friederike“ durchgeführt,
3.) am 29. August 2018 vom Konto 8319.4xxx der Kundin Frau A, Verfüger 62083xxx, via E-Banking Euro 100,00 auf sein Gehaltskonto, Nr. 3.583.xxx überwiesen.
NN hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979 i.d.g.F, (BDG 1979), nämlich
seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 leg.cit),
in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt
(§ 43 Abs. 2 leg.cit.),
seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs 1. leg.cit.) sowie
es zu unterlassen, in Hinblick auf seine amtliche Stellung oder Amtsführung sich oder Dritten ein Geschenk oder einen sonstigen Vorteil zu verschaffen oder versprechen zu lassen (§ 59 Abs. 1 leg.cit.)
schuldhaft verletzt und dadurch schwere Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.
Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 die
Disziplinarstrafe der
G e l d s t r a f e
in der Höhe von € 15.000
verhängt.
Gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 wird die Abstattung der Geldstrafe in 36 Monatsraten, eine Anfangsrate von € 650 und 35 weitere Raten a´ € 410, bewilligt.
Verfahrenskosten sind keine angefallen.
B e g r ü n d u n g
NN steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Seit xx.xx.2004 ist er in der Postfiliale X tätig und wurde dort vom xx.xx.2005 bis zu seiner am xx.xx.2018 verfügten Außerdienststellung auf einem Arbeitsplatz „Spezialverkäufer Telekom, Postprodukte, Finanzdienstleistung“ mit spezieller Beratungstätigkeit für vom Kooperationspartner Bawag/P.S.K. angebotenen Finanzdienstleistungen verwendet.
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem mit NN niederschriftlich aufgenommenen Gesprächsprotokoll vom 20. Dezember 2018, dem Schriftverkehr über die Rückabwicklung der Sparbücher durch Frau S vom 21. Dezember 2018, dem Notariatsakt betreffend Frau A vom 5. April 2019, der Disziplinaranzeige vom 8. Mai 2019, dem Einleitungsbeschluss vom 5. Juni 2019, dem Suspendierungsbescheid vom 15. Juli 2019, den Stellungnahmen des Beschuldigten vom 2. Juli und 1. Oktober 2019 sowie der Verständigung der Staatsanwaltschaft X über die Einstellung des Ermittlungsverfahren vom 18. Oktober 2019.
Im Zuge der niederschriftlichen Befragung des Beschuldigten am 20. Dezember 2018 zeigte sich NN geständig, zahlreiche Bankaufträge auf Konten von Familienangehörigen eigenständig durchgeführt zu haben, obwohl er vor solchen Geschäften den sich daraus ergebenden Interessenskonflikt offenzulegen gehabt hätte und die Abteilung Compliance der Österreichischen Post AG bzw. der BAWAG-PSK zu kontaktieren gehabt hätte. Die einschlägigen Compliance-Bestimmungen wären ihm dabei bewusst gewesen.
Wie sich aus dem Schriftverkehr betreffend die Kundin S und dem nachträglich erstellten Notariatsakt betreffend „Treuhandvertrag und Schuldschein“ der Kundin A ergibt, wurden die Handlungen mit Wissen und damit nicht zum Nachteil der Kunden vorgenommen, zumindest aber nachträglich genehmigt.
Dies wurde wohl auch von der Staatsanwaltschaft X so gesehen, die das wegen § 153 StGB eingeleitete Ermittlungsverfahren xx St xxx/xxy laut Benachrichtigung vom xx. Oktober 2019
gemäß § 190 Z 2StPO eingestellt hat, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung mehr bestand.
Wie der Beschuldigte in der Verhandlung am 28. November 2019 selbst ausgeführt hat, habe er die Kundinnen S und A ausschließlich aus seiner dienstlichen Tätigkeit gekannt. Da zu Lebzeiten der Mutter der Kundin A ihre Tochter bereits die meiste Zeit im Ausland verbrachte, habe er ihrer betagten Mutter bei der Erledigung einfacher Bankgeschäfte geholfen. Laut Aktenlage wurde dem Beschuldigten auch eine Spezialvollmacht zur Abwicklung der Verlassenschaft nach der Mutter der Kundin A erteilt. Letztlich wollte Frau A ihm den Verkaufserlös aus einer Liegenschaft schenken, wobei er die Zuwendung von € 318.000 vorerst abgelehnt hat. Letztlich habe er diesen Betrag aber doch als eine Art Treuhänder, unter gröbster Verletzung der Compliance Bestimmungen, auf Konten seiner Familienangehörigen transferiert. Der im Nachhinein erstellte Notariatsakt spiegelt seine Ausführungen wider, wobei ihm bzw. seinen Familienangehörigen die transferierten Beträge nur dann endgültig zufallen sollen, wenn auch testamentarisch in dieser Weise verfügt wird.
Bei der Kundin S konnte der Beschuldigte glaubhaft das fehlende Eigeninteresse darstellen. Er selbst bzw. eines seiner Familienmitglieder wäre nie im Besitz der neuerlich unter massivsten Verstößen gegen die Compliance Bestimmungen angelegten Sparbücher gewesen.
Er habe, da Frau S völlig alleinstehend war, den Namen seines Sohnes „zur Verfügung gestellt“ damit die Kundin die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse der € 60.000 verschleiern konnte.
Die Annahme des Geldgeschenkes in Höhe von € 100 habe er jedenfalls mit Eigeninteresse neuerlich in Form eines „In-sich-Geschäftes“ abgewickelt.
Der Senat hat dazu folgendes erwogen:
Da die Staatsanwaltschaft X bei der Beurteilung des Sachverhaltes nicht die als generelle Weisung gültigen internen Compliance Bestimmungen zu berücksichtigen hatte und auch die speziellen Sorgfaltspflichten eines Schalterbediensteten zu bewerten sind, ist jedenfalls von einem disziplinären Überhang auszugehen.
Selbst bei dem kleinsten der vorgehaltenen Beträge, einer durch den Beschuldigten durchgeführten Geburtstagsüberweisung von € 100 auf sein eigenes Konto, muss jeder im Bankensektor tätigen Person bewusst sein, dass diese aufgrund des bestehenden Eigeninteresses nicht eigenständig durchgeführt werden darf. Dies gilt natürlich umso mehr, wenn es sich um einen Betrag von € 318.000 handelt.
Die als generelle Weisungen ergangenen einschlägigen internen Vorschriften sind klar und leicht nachvollziehbar, wobei der Beschuldigte selbst einräumte, dass ihm jedenfalls der Verhaltens- und Ethikkodex, hier in der Form der Richtlinie 10/2018 Business Compliance geläufig sei.
Unter Punkt 3 „Verhalten bei Interessenkonflikten“ wird ausgeführt, dass es Ziel der Vorschrift ist, jeden Eindruck zu vermeiden, dass Geschäftsentscheidungen von persönlichen Interessen beeinflusst sind. Soll dennoch eine Geschäftstätigkeit mit Personen, zu denen ein persönliches Naheverhältnis besteht, vorgenommen werden, muss der Interessenkonflikt offengelegt und die Abteilung Compliance der Österreichischen Post AG verständigt werden. Unter der Überschrift „Konsequenzen bei Nichtbefolgung“ (S. 10, Mitte) wird darauf hingewiesen, dass Verstöße zu disziplinären Konsequenzen führen können.
Inhaltlich nahezu gleichlautend regelt Punkt 4 des Verhaltenskodex für BAWAG-PSK Mitarbeiter/innen, dass es nicht gestattet ist, Aufträge jeglicher Art zum eigenen Konto (Giro- und Sparkonto und Wertpapierdepot) bzw. zum Konto von Familienangehörigen selbst zu bearbeiten.
Potenzielle Interessenskonflikte sind dem Compliance-Office zu melden. Abhängig vom jeweiligen Einzelfall ist der betroffenen Mitarbeiterin oder dem betroffenen Mitarbeiter die konkrete Aufgabe zu entziehen und einer anderen Person zu übertragen.
Punkt 1.2 „Verbot der Bestechung und Vorteilsgewährung“ der zitierten Richtlinie Business Compliance der Österreichischen Post AG weist ebenfalls darauf hin, dass die Vorteilsgewährung an Amtsträger besonders strengen Regeln unterliegt. Hier sind Vorteilszuwendungen auch für pflichtgemäße Amtshandlungen nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß zulässig.
Der gemäß Spruchpunkt 3 überwiesene Betrag in Höhe von € 100 ist nach Ansicht des Senates unabhängig von der Art und Weise der Transaktion für sich alleine betrachtet bereits als unzulässige Vorteilszuwendung zu werten.
Auch wenn demgegenüber im Spruchpunkt 1 nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein unmittelbarer „Bereicherungsvorsatz“ nachweisbar war und im Spruchpunkt 2 glaubhaft das Fehlen eines Eigeninteresses bestritten wurde, bleibt Spruchpunkt 3 und die in allen 3 Spruchpunkten gegebenen gravierenden Verstöße gegen Verrechnungsbestimmungen, die in dieser krassen Form nicht einmal unerfahrenen Schalterbediensteten passieren dürfen. Dabei musste bei der Strafbemessung berücksichtigt werden, dass sich der Beschuldigte bewusst über die ihm bekannten Compliance-Bestimmungen hinweggesetzt hat.
Wenngleich der Österreichischen Post AG kein finanzieller Schaden entstanden ist, muss von einem beträchtlichen potenziellen Imageschaden ausgegangen werden. Wie der Beschuldigte selbst zugab, ist die Optik verheerend und es handelt sich um einen reinen Zufall, dass der Sachverhalt nicht publik wurde, was aber für einen Schuldspruch nach § 43 Abs 2 BDG 1979 nicht von Bedeutung ist.
Mildernd waren die bisherige Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis und der Beitrag des Beschuldigten zur Aufklärung des Sachverhaltes heranzuziehen. Erschwerend wurde die wiederholte Tatbegehung bzw. ähnliche Tathandlungen bei zwei verschiedenen Postkundinnen
gewertet.
Im Hinblick auf die vorliegenden Milderungs- und Erschwerungsgründe ging der erkennende Senat im gegenständlichen Fall daher davon aus, dass die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von € 15.000,-- schuld- und tatangemessen ist. Dieses Strafausmaß ist aus Sicht der Disziplinarkommission gerade noch als ausreichend anzusehen, um künftig den Beschuldigten, aber auch andere Bedienstete von gleichartigen Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Bei der Strafbemessung wurde auch auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten angemessen Rücksicht genommen. NN ist verheiratet; sein ungekürzter Bruttomonatsbezug beträgt EUR 3.638,80 brutto. Es bestehen Sorgepflichten für 1 Kind, wobei auch die anderen beiden Kinder noch im gemeinsamen Haushalt leben. Von einem offenen Kredit ist noch die letzte Rate in Höhe von € 1.000 offen.
Der vom Beschuldigten und der Disziplinaranwältin abgegebene Rechtsmittelverzicht hat die Rechtskraft des Erkenntnisses zur Folge.
Gemäß § 112 Abs 5 BDG 1979 wurde mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens auch die über NN verhängte Suspendierung beendet.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
-END-
Zuletzt aktualisiert am
17.12.2019