TE Vfgh Erkenntnis 2019/11/28 E3478/2019 ua

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Veröffentlicht am 28.11.2019
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §34 Abs4, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten und Erlassung von Rückkehrentscheidungen betreffend eine afghanische Familie; keine ausreichende Auseinandersetzung mit einer konkreten Unterstützungsmöglichkeit für die Familie durch Angehörige

Spruch

I. 1. Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit ihre Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 4.840,80 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.       Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige, gehören der tadschikischen Volksgruppe an und bekennen sich zum schiitischen Islam. Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin. Beide sind die Eltern der am 23. März 2010 geborenen Drittbeschwerdeführerin, des am 3. März 2011 geborenen Vierbeschwerdeführers, der am 23. August 2012 geborenen Fünftbeschwerdeführerin und des am 26. November 2018 in Österreich geborenen Sechstbeschwerdeführers.

2.       Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer stellten am 22. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu den Fluchtgründen gab der Erstbeschwerdeführer an, er sei Computertechniker und habe Drucker- und Computerreperaturen für NGOs durchgeführt. Eines Tages seien zwei unbekannte Männer in sein Geschäft gekommen und hätten angeboten, ihm USD 50.000,– zu zahlen, wenn er dafür eine Kopiermaschine, die sie ihm geben würden, anstelle einer Maschine, die er für eine NGO repariert habe, zu dem Gebäude der NGO tragen würde. Auf Nachfrage, was dies bezwecken würde, habe er keine Antwort erhalten. Nach diesem Vorfall sei er nicht mehr in die Arbeit zurückgekehrt. Eine Woche später sei er daheim von unbekannten Personen aufgesucht und bedroht worden. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, keine eigenen Fluchtgründe zu haben, sondern auf Grund der Bedrohung des Erstbeschwerdeführers durch die Taliban geflohen zu sein. Die minderjährigen Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer brachten ebenfalls keine eigenen Fluchtgründe vor.

3.       Mit Bescheiden vom 7. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) die Anträge der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 Asylgesetz 2005 (in der Folge: AsylG 2005) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Afghanistan gemäß §8 Abs1 Z1 AsylG 2005 ab. Das BFA erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005. Gemäß §10 Abs1 Z3 AsylG 2005 iVm §9 BFA-Verfahrensgesetz wurden gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß §52 Abs2 Z2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge: FPG 2005) erlassen und weiters gemäß §52 Abs9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer gemäß §46 FPG 2005 nach Afghanistan zulässig sei. Zudem entschied das BFA, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer gemäß §55 Abs1 bis 3 FPG 2005 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

4.       Gegen diese Bescheide erhoben die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

5.       Die Zweitbeschwerdeführerin stellte am 27. Dezember 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz für den Sechstbeschwerdeführer.

6.       Mit Bescheid vom 15. Jänner 2019 wies das BFA den Antrag des Sechstbeschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 AsylG 2005 als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß §8 Abs1 Z1 AsylG 2005 ab. Das BFA erteilte ihm keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005. Gemäß §10 Abs1 Z3 AsylG 2005 iVm §9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs2 Z2 FPG 2005 erlassen und weiters gemäß §52 Abs9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des Sechstbeschwerdeführers gemäß §46 FPG 2005 nach Afghanistan zulässig sei. Zudem entschied das BFA, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß §55 Abs1 bis 3 FPG 2005 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

7.       Gegen diesen Bescheid erhob der Sechstbeschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

8.       Die gegen alle Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung mündlicher Verhandlungen mit Erkenntnis vom 29. August 2019 als unbegründet ab.

8.1.    Das Bundesverwaltungsgericht führt im Rahmen der Beweiswürdigung zunächst an, dass es den Beschwerdeführern nicht gelungen sei, ihre Angaben zum Fluchtgrund glaubhaft zu machen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, in Österreich eine westliche Lebensweise angenommen zu haben, sei nicht ersichtlich, dass diese sich im Vergleich zu ihren früheren Freiheiten in Kabul so stark verändert habe, dass die Beibehaltung ihres Lebensstiles zu maßgeblichen, integritätsgefährdenden Problemen führen könnte. Nachdem die minderjährigen Beschwerdeführer über eine Familie verfügten, könnten sie sich im Falle einer Rückkehr in deren Schutz begeben, weshalb keine gesteigerte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer kinderspezifischen Gefährdungen ausgesetzt wären, die integritätsbedrohende Intensität aufweisen würden. In Kabul gebe es laut den herangezogenen Länderberichten auch für Mädchen ein großes Angebot an Schulen, weshalb keine systematische Verhinderung von Bildung gegenüber Kindern im Allgemeinen und Mädchen im Besonderen erkennbar sei. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass den minderjährigen Beschwerdeführern Belästigung, Entführung, Zwangsarbeit oder Zwangsrekrutierung drohten.

8.2.    Die Beschwerdeführer stammten aus Kabul, weshalb die Stadt nicht als innerstaatliche Fluchtalternative, sondern als Herkunftsort behandelt werde. Beim Erstbeschwerdeführer handle es sich um einen gesunden, arbeitsfähigen, jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Insbesondere auf Grund seiner langjährigen Berufserfahrung sei es ihm möglich, in Kabul erneut eine berufliche Tätigkeit zu finden, um – wie schon bisher – ein für den Lebensunterhalt seiner Familie ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Der Erstbeschwerdeführer sei mit der Stadt vertraut und könne seine sozialen Kontakte und sein familiäres Netz zur Suche einer Arbeitsstelle nutzen. Die Zweitbeschwerdeführerin könne überdies eine ihrem Bildungsstand entsprechende Tätigkeit ausüben, um zum Lebensunterhalt ihrer Familie beizutragen, während etwa die Familie tagsüber die Kinder beaufsichtigte. In Kabul stünden den Beschwerdeführern vor dem Hintergrund ihres familiären Netzwerkes zudem verschiedene – in der Vergangenheit genutzte – Wohnmöglichkeiten zur Verfügung. Insbesondere könne das Haus des Vaters des Erstbeschwerdeführers oder jenes der Familie der Zweitbeschwerdeführerin vorübergehend genutzt werden, bis die Beschwerdeführer eine Bleibe fänden. Schließlich könnten die Beschwerdeführer auch finanzielle Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

9.       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der insbesondere die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) behauptet sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung samt Kostenzuspruch, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

10.      Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt. Das BFA und das Bundesverwaltungsgericht haben von der Erstattung einer Gegenschrift bzw Äußerung abgesehen.

II.      Erwägungen

1.       Die – zulässige – Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht gegen die Nichtzuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln sowie gegen die erlassenen Rückkehrentscheidungen und gegen die Aussprüche der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise richtet, begründet.

2.       Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg. cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3.       Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

3.1.    In den in den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 beschriebenen Anforderungen geht der UNHCR davon aus, dass "angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist" (vgl zur Indizwirkung der UNHCR-Richtlinien zB VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103; 22.9.2017, Ra 2017/18/0166; 13.12.2018, Ra 2018/18/0533).

3.2.    Zwar werden die Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht im Rahmen einer innerstaatlichen Fluchtalternative in die Stadt Kabul verwiesen, sondern stammen von dort. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Entscheidung jedoch maßgeblich auf die Annahme, dass die Beschwerdeführer – eine Familie mit vier Kleinkindern – von den jeweiligen Familien unterstützt würden. Sowohl das Wohnhaus des Vaters des Erstbeschwerdeführers als auch das Familienhaus der Zweitbeschwerdeführerin würden als Wohnmöglichkeit zur Verfügung stehen. Es gäbe zudem finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten, da die Schwester der Zweitbeschwerdeführerin in Kanada lebe, ein Bruder des Erstbeschwerdeführers gut situiert sei und auch der Vater des Erstbeschwerdeführers eine Arbeit ausübe. Letztlich bestehe auch die Möglichkeit, die Unterstützung jenes Freundes in Anspruch zu nehmen, der der Familie bei der Ausreise geholfen habe.

3.3.    Wenngleich das Bundesverwaltungsgericht zwei mündliche Verhandlungen durchgeführt und seine Entscheidung ansonsten sorgfältig begründet hat, ist nicht nachvollziehbar, wie es trotz des in der mündlichen Verhandlung von den Beschwerdeführern behaupteten Fehlens einer familiären Unterstützungsfähigkeit davon ausgeht, dass die im Erkenntnis genannten Familienangehörigen ein Netzwerk, das den in den Richtlinien des UNHCR beschriebenen Anforderungen entspricht, darstellen würden, das bereit und trotz der prekären Lage in Afghanistan auch in der Lage ist, eine sechsköpfige Familie wirksam zu unterstützen. Das Bundesverwaltungsgericht unterlässt es sohin, zu ermitteln, ob die Familienangehörigen der Beschwerdeführer willens und in der Lage sind, diese tatsächlich zu unterstützen. Da das Bundesverwaltungsgericht damit die Ermittlung in einem entscheidenden Punkt unterlassen hat, hat es seine Entscheidung mit Willkür belastet (vgl zB VfGH 12.12.2018, E667/2018 ua; 12.3.2019, E2314/2018 ua; 26.6.2019, E472/2019; ua).

3.4.    Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erweist sich daher im Hinblick auf die Beurteilung einer den Beschwerdeführern im Falle der Rückkehr drohenden Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art2 und 3 EMRK schon aus diesen Gründen als verfassungswidrig. Soweit sich die Entscheidung auf die Nichtzuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführer und – daran anknüpfend – auf die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie auf die erlassenen Rückkehrentscheidungen und die Aussprüche der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise bezieht, ist sie somit mit Willkür behaftet und insoweit aufzuheben.

4.       Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung der Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht gegen die Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten richtet – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

4.1.    Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

4.2.    Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

4.3.    Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde – soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht gegen die Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten richtet – abzusehen und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

III.    Ergebnis

1.       Die Beschwerdeführer sind somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit ihre Beschwerden gegen die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen werden und – daran anknüpfend – die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie die erlassenen Rückkehrentscheidungen und die Aussprüche der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise zu Recht erkannt bzw bestätigt werden, in dem durch ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2.       Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

3.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4.       Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 654,–, Umsatzsteuer in Höhe von € 566,80 sowie der Ersatz der Eingabengebühr in Höhe von € 1.440,– enthalten.

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E3478.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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