TE Vwgh Beschluss 2019/10/17 Ra 2019/18/0333

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Veröffentlicht am 17.10.2019
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §45 Abs2
AVG §68 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des S M, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Promenade 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juli 2019, Zl. G303 2138153- 2/6E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Albaniens, stellte am 21. März 2005 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er als Mitglied der Demokratischen Partei Albaniens (PDSH) an Versammlungen und Protestmärschen teilgenommen habe und daher von der Polizei verhört, geschlagen und festgehalten worden sei. Seine Familie habe Drohungen von der albanischen Mafia erhalten und sei von dieser angegriffen worden. Dieser Antrag wurde am 31. Jänner 2008 in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen. 2 Am 29. März 2018 stellte der Revisionswerber, der in der Zwischenzeit Österreich jeweils nach Entlassung aus der Strafhaft verlassen hatte und unter Umgehung der Grenzkontrollen wieder eingereist war, aus dem Stande der Strafhaft einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, gab an, den Fluchtgrund des ersten Antrages aufrecht erhalten zu wollen, und führte ergänzend an, dass er im Jahr 2016 in einem Strafverfahren gegen verdeckte Ermittler und Vertrauenspersonen ausgesagt und dadurch Probleme mit seinen Landsleuten bekommen habe, infolgedessen er an seiner Arbeitsstelle bedroht worden sei.

3 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 6. Juni 2018 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Es wurde dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Albanien zulässig sei. Weiters hielt die Behörde fest, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, und erließ ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab, setzte die Dauer des Einreiseverbotes auf sechs Jahre herab und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Begründend führte das BVwG aus, dass hinsichtlich des aufrechterhaltenen Fluchtgrundes einer neuerlichen Sachentscheidung das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegenstünde und hinsichtlich des neuen Vorbringens kein glaubhafter Kern sowie keine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage vorlägen. Zudem fehle dem Vorbringen die Relevanz, da kein zeitlicher Konnex zwischen der Bedrohungssituation im Jahr 2016 und der Antragstellung im Jahr 2018 bestehe und eine asylrelevante Verfolgung nicht nachvollziehbar und glaubhaft vorgebracht worden sei. Albanien gelte als sicherer Herkunftsstaat. Auch habe sich die Lage hinsichtlich subsidiären Schutzes nicht entscheidungswesentlich geändert. Im Rahmen der Rückkehrentscheidung führte das BVwG eine gewichtende Interessenabwägung durch und erachtete die Rückkehrentscheidung als zulässig. Das Einreiseverbot sei herabzusetzen, weil die letzte Tat 2015 begangen worden sei, der Revisionswerber familiäre und private Bindungen im Bundesgebiet aufweise.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen gegen die Beweiswürdigung und die Annahme, das Vorbringen weise keinen glaubhaften Kern auf, wendet. 7 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG war die Frage, ob die Zurückweisung der verfahrenseinleitenden Anträge durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das BVwG hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen -

berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 5.6.2019, Ra 2018/18/0507-0509, mwN).

12 In Bezug auf die Zurückweisung des Folgeantrages nach § 68 Abs. 1 AVG führte das BVwG aus, dass der Revisionswerber keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt vorgebracht habe. Dem neu erstatteten Vorbringen, wonach der Revisionswerber nach Abschluss des ersten Verfahrens gegen verdeckte Ermittler und Vertrauenspersonen im Rahmen eines Strafverfahrens ausgesagt und dadurch Probleme mit in Österreich aufhältigen Albanern bekommen habe, sprach es die Glaubwürdigkeit ab und stützte sich dabei auf das vage und unsubstantiierte Vorbringen sowie auf den fehlenden zeitlichen Konnex zwischen der Bedrohungssituation im Jahr 2016 und der gegenständlichen Antragstellung im Jahr 2018. Es lägen weiters keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhaltes im Hinblick auf allgemein bekannte, berücksichtigungswürdige Tatsachen vor, da sich weder die allgemeine Situation noch die Rechtslage entscheidungswesentlich geändert habe.

13 Die Beurteilung, ob die behauptete Sachverhaltsänderung einen "glaubhaften Kern" aufweist, erfolgt stets im Rahmen der Beweiswürdigung. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 6.6.2019, Ra 2018/20/0432, mwN). 14 Dass dies vorliegend der Fall wäre, vermag die Revision, die sich lediglich allgemein gegen die Beweiswürdigung wendet ohne deren Unvertretbarkeit darzustellen, nicht aufzuzeigen. Auch liegt die behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor.

15 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Oktober 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180333.L01

Im RIS seit

17.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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