TE Vwgh Beschluss 2019/11/6 Ra 2019/07/0101

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.11.2019
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

AVG §59 Abs1
VwRallg
WRG 1959 §11
WRG 1959 §111 Abs1
WRG 1959 §112 Abs5
WRG 1959 §112 Abs6
WRG 1959 §121
WRG 1959 §21 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der H-GmbH in F, vertreten durch die Holter-Wildfellner Rechtsanwälte GmbH in 4710 Grieskirchen, Uferstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 24. Juli 2019, Zl. LVwG-551426/9/Wim/AK, betreffend Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Freistadt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 6. Juli 2011 (berichtigt mit Bescheid vom 23. Dezember 2011) verlieh die belangte Behörde der revisionswerbenden Partei das Wasserbenutzungsrecht zur Einbindung der betrieblichen Abwässer ihres Schlachthofs in die Ortskanalisation der Gemeinde P. und in weiterer Folge in eine näher bezeichnete Kläranlage sowie für die Errichtung und den Betrieb der dazu dienenden Anlagen und Anlagenteile befristet bis 31. Dezember 2026 wieder. In Bezug auf diese Anlagen (in der Folge "Wasserbenutzungsanlage" genannt) schrieb die belangte Behörde die Einhaltung mehrerer Auflagen vor und setzte eine Frist für die schriftliche Anzeige der Fertigstellung der Wasserbenutzungsanlage bis 31. März 2012.

2 Mit Ergänzungsbescheid vom 27. Juli 2015 änderte die belangte Behörde den Spruch des Bescheides vom 23. Dezember 2011 ab, indem sie gemäß § 112 Abs. 5 WRG 1959 nachträglich eine Bauvollendungsfrist bis spätestens 31. Jänner 2016 und eine Frist für die Fertigstellungsanzeige bis 29. Februar 2016 festsetzte. 3 Mit Erkenntnis vom 25. Jänner 2017 wies das Verwaltungsgericht die gegen den Bescheid vom 27. Juli 2015 erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei unter gleichzeitiger Verlängerung der Bauvollendungsfrist bis 31. August 2017 und der Frist für die Fertigstellungsanzeige bis 30. September 2017 als unbegründet ab.

4 Die dagegen erhobene Revision der revisionswerbenden Partei wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. April 2018, Ra 2017/07/0025-7, als unzulässig zurück.

5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 24. Juli 2019 stellte das Verwaltungsgericht - im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 12. Dezember 2018 - fest, dass gemäß § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 das der revisionswerbenden Partei mit Bescheid vom 6. Juli 2011 wiederverliehene Wasserbenutzungsrecht mit 31. August 2017 erloschen sei. Es trug der revisionswerbenden Partei gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 auf, bis 31. Dezember 2019 näher genannte letztmalige Vorkehrungen zu treffen und bis spätestens 31. Jänner 2020 der belangten Behörde einen Abschlussbericht vorzulegen. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision bringt die revisionswerbende Partei an mehreren Stellen vor, die bewilligte Wasserbenutzungsanlage sei bereits seit den "1990er Jahren" und damit lange vor dem Wiederverleihungsbescheid aus dem Jahr 2011 vollendet worden.

10 Wie aber bereits das Verwaltungsgericht erkannte, stellt nach der ständigen hg. Rechtsprechung die Wiederverleihung eines Wasserbenutzungsrechtes im Sinne des § 21 Abs. 3 WRG 1959 nicht den Fall einer Verlängerung oder eines Fortlebens des alten Wasserbenutzungsrechtes, sondern die Erteilung eines neuen Rechtes an Stelle eines durch Zeitablauf untergegangenen Rechtes dar (vgl. etwa VwGH 23.2.2017, Ra 2014/07/0070, mwN).

11 Dieses neue Recht wurde der revisionswerbenden Partei unter Auflagen wieder verliehen; auf die Bauvollendung der Wasserbenutzungsanlage in Umsetzung der vorangegangenen wasserrechtlichen Bewilligung vom August 1993 kam es dabei nicht an.

12 Die revisionswerbende Partei bringt weiter vor, das Verwaltungsgericht habe im rechtskräftigen Erkenntnis vom 25. Jänner 2017 keine konkreten Maßnahmen vorgeschrieben. 13 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die zur Bauvollendung der Wasserbenutzungsanlage umzusetzenden Auflagen mit dem Wiederverleihungsbescheid vom 6. Juli 2011 (in der Fassung des Bescheides vom 23. Dezember 2011) rechtskräftig vorgeschrieben wurden. Die revisionswerbende Partei verkennt auch, dass Gegenstand des rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses vom 25. Jänner 2017 die gemäß § 112 Abs. 5 WRG 1959 zur Umsetzung dieser Auflagen nachträglich gesetzte Bauvollendungsfrist war.

14 Die revisionswerbende Partei bringt auch vor, es stelle sich die in der hg. Rechtsprechung bislang nicht beantwortete Rechtsfrage, ob "jedwede Auflagenverletzung automatisch zur Verneinung der Bauvollendung führt und ob der wasserrechtliche Konsens mithin in jedwedem Umfang zu 1000 % ausgeübt werden muss."

Vor dem Hintergrund dessen, dass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung - um zulässig zu sein -, einen Bezug zu subjektivöffentlichen Rechten der revisionswerbenden Partei aufweisen muss, kann diese Frage nur so verstanden werden, ob die Unterlassung der Inangriffnahme der hier in Rede stehenden Auflagen (wie etwa die Ausstattung der Einlaufgitter in den Schlacht- und Verarbeitungsräumen mit Grobstoffrückhaltegittern oder die Führung aller betrieblichen Abwässer vor ihrer Ableitung in die öffentliche Kanalisation über eine Vorreinigungsanlage bestehend aus einer automatisch reinigenden Siebanlage und einer Flotationsanlage) - und nicht "jedwede Auflagenverletzung" - zum Eintritt der Rechtsfolgen des § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 führt. Aber auch dieses Verständnis führt nicht zur Zulässigkeit der Revision:

15 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2019/07/0010, mwN).

16 Nach § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 erlöschen Wasserbenutzungsrechte durch Unterlassung der Inangriffnahme des Baues oder der Fertigstellung der bewilligten Anlagen binnen der im Bewilligungsbescheid hiezu bestimmten oder nachträglich verlängerten Frist.

17 Die wasserrechtliche Bewilligung eines Projekts steht mit den für seine Ausführung vorgeschriebenen Auflagen in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang. Der Konsens kann somit nicht isoliert von den mit ihm verknüpften Auflagen bestehen (vgl. VwGH 13.10.2011, 2010/07/0022, mwN).

18 Aus dem klaren Wortlaut des § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 ist für das gegenständliche Verfahren abzuleiten, dass die mangelnde Erfüllung der mit Wiederverleihungsbescheid vom 6. Juli 2011 untrennbar verbundenen Auflagen bis zum Ende der Bauvollendungsfrist zum Erlöschen des der revisionswerbenden Partei wiederverliehenen Wasserbenutzungsrechts führte. Dass die revisionswerbende Partei die Auflagen zum überwiegenden Teil nicht erfüllte, ergibt sich aus den unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses.

19 In diesem Zusammenhang führt die revisionswerbende Partei ins Treffen, es könnten nur dann Rechtsfolgen an die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Auflagen geknüpft werden, wenn diese ausreichend bestimmt formuliert worden seien. 20 Dieses Vorbringen geht bereits deshalb ins Leere, weil die revisionswerbende Partei nicht konkret darlegt, welche Auflagen des genannten Bescheides zu unbestimmt wären. Im Übrigen bemisst sich nach der hg. Rechtsprechung die Frage, ob eine einem Bescheid beigefügte Auflage im Sinn des § 59 Abs. 1 AVG ausreichend bestimmt ist, nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. etwa VwGH 16.12.2015, Ra 2015/04/0090, mwN).

21 Sofern die revisionswerbende Partei vorbringt, die Erlöschensfeststellung des Verwaltungsgerichts widerspreche der hg. Rechtsprechung zum Kollaudierungsverfahren nach § 121 WRG 1959, ist ihr zu entgegnen, dass zwischen Bewilligungsverfahren, Bauvollendungsanzeige (§ 112 Abs. 6 WRG 1959) und Überprüfungsverfahren zu unterscheiden ist, wobei die Anzeige nach § 112 Abs. 6 WRG 1959 Voraussetzung für das eigenständige Überprüfungsverfahren gemäß § 121 WRG 1959 ist (vgl. VwGH 28.6.2017, Ra 2017/07/0012).

22 Die revisionswerbende Partei behauptet in diesem Zusammenhang jedoch nicht, dass sie die Bauvollendung im gegenständlichen Verfahren angezeigt hätte, weshalb die Erlöschensfeststellung des Verwaltungsgerichts nach § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 nicht zu beanstanden ist. 23 Wenn die revisionswerbende Partei zuletzt vorbringt, die Nichteinhaltung der Auflagen könne allenfalls zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens führen, so ist ihr zu entgegnen, dass das gegen sie eingeleitete Strafverfahren nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist und im Übrigen - wie auch die revisionswerbende Partei selbst erkennt - bereits durch das Verwaltungsgericht eingestellt wurde.

24 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. Wien, am 6. November 2019

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019070101.L00

Im RIS seit

10.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten