TE Lvwg Erkenntnis 2019/11/22 405-2/182/1/14-2019

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Veröffentlicht am 22.11.2019
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Entscheidungsdatum

22.11.2019

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §360 Abs1
GewO 1994 §367 Z25

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Richterin Mag. Manuela Flir über die Beschwerde von AB AA, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Dr. CC AG, AH-Straße, LL, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft RR vom 3.6.2019, Zahl XXX/QQQ-2019, betreffend eine einstweilige Zwangsmaßnahme gemäß § 360 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO),

zu Recht:

I.   Gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG wird festgestellt, dass die verfügte Zwangsmaßnahme bis zum 3.7.2019 rechtmäßig war. Für den darüber hinausgehenden Zeitraum wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den

     Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft RR (belangte Behörde) folgende Zwangsmaßnahme gemäß § 360 Abs 1 GewO verfügt:

"Die Bezirkshauptmannschaft RR verfügt als Gewerbebehörde gegenüber Herrn AB AA, als Betreiber der Betriebsanlage "JJ und KK-Haus FF", mit sofortiger Wirkung, dass der Betrieb der gesamten gastgewerblichen Betriebsanlage "JJ und KK-Haus FF" in AE, AF-Straße, unverzüglich nach Zustellung dieses Bescheides dauerhaft (bis zum Widerruf nach § 360 Abs. 6 GewO) unterlassen wird.

Rechtsgrundlage: § 360 Abs 1 und § 333 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idgF;"

Begründend wurde ausgeführt, dass zwischenzeitlich die im Inspektionsbericht vom 17.9.2018, ausgestellt vom Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (UU MM), unter 15.2 bis 15.5 angeführten Mängel der Brandmeldeanlage behoben worden seien und auch die funktionstüchtige Herstellung der Brandfallsteuerung der Aufzugsanlage nachgewiesen worden sei, jedoch hinsichtlich der Mängelpunkte 15.9 bis 15.11 noch keine Erledigungsnachweise vorgelegt worden seien. Darüber hinaus sei kein Nachweis über die Herstellung der direkten Alarmweiterleitung vorgelegt worden. Im Brandfall bzw bei Auslösen der Brandmeldeanlage werde neben dem Alarm im Haus nur eine Person intern alarmiert, wobei laut dem noch nicht erfüllten Mangelpunkt 15.9 das Alarmsignal der Brandmeldeanlage in einzelnen Bereichen des Objektes nur unzureichend wahrgenommen werde. Die Herstellung einer mängelfreien Brandmeldeanlage mit automatischer Rufweiterleitung gemäß TRVB 123 sei mit Bescheid vom 25.4.2005 als Auflage vorgeschrieben worden. Die Brandmeldeanlage weise noch immer wesentliche, den Zweck der Anlage beeinträchtigende Mängel auf. Eine direkte Rufweiterleitung des Alarms bestehe entgegen der Auflage nicht. Da somit der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 GewO vorliege, der Verfahrensanordnung vom 20.2.2019 nicht fristgerecht entsprochen worden sei und der Mangel die gesamte Betriebsanlage betreffe, sei die Schließung der gesamten Betriebsanlage zu verfügen gewesen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Begründend wurde dargelegt, dass der Bescheid rechtswidrig sei, die Sachverhaltsdarstellung der Behörde ergänzungswürdig sei und unzweckmäßig Ermessen ausgeübt worden sei. Im Bescheid werde als Grundlage für die Sperrung der Betriebsanlage der Inspektionsbericht der UU MM vom 17.9.2018 angeführt. Die Behörde gehe von wesentlichen Mängeln an der Brandmeldeanlage aus, im Inspektionsbericht der UU MM werden hingegen lediglich Mängel angeführt. Zudem werde im Inspektionsbericht unter Punkt 17 die Funktionsfähigkeit der Brandmeldeanlage wie folgt bestätigt:

"Soweit aus den vorgelegten Unterlagen erkennbar und bei der Überprüfung gemäß TRVB 123 S feststellbar, war die Brandmeldeanlage zum Zeitpunkt der Abschlussüberprüfung funktionsfähig. Es wurden jedoch Mängel festgestellt. Die durchgeführten Probealarme verliefen mit Ausnahme der Alarmweiterleitung zur NN LL positiv." Zwischenzeitlich seien alle geringfügigen Mängel an der Anlage behoben. Lediglich die Bestätigungen der ausführenden Firmen seien noch nicht zur Gänze an die belangte Behörde weitergeleitet worden. Das Fehlen der Bestätigung stelle jedenfalls keinen wesentlichen Mangel an der Betriebsstätte dar.

Von der belangten Behörde wurde die Beschwerde zusammen mit dem Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Salzburg zur Entscheidung vorgelegt.

Am 8.10.2019 wurde vor dem Landesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers teilgenommen hat. Die belangte Behörde hat im Vorfeld der Verhandlung ihr Fernbleiben bekanntgegeben und sich zum Verhandlungsgegenstand schriftlich geäußert.

Nach der Verhandlung wurden vom Beschwerdeführer in Bezug auf die Brandmeldeanlage ein Schreiben des Feuerwehrverbandes LL vom 19.6.2019 sowie ein nicht zuordenbares Schreiben vom 4.7.2019 in Vorlage gebracht. Zu diesen Eingaben hat der bautechnische Amtssachverständige der belangten Behörde am 7.11.2019 eine schriftliche Stellungnahme abgegeben.

Das Landesverwaltungsgericht hat folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.4.2005, Zahl XXX/YYY-2015, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung für die Erweiterung und den Betrieb des KK-Hauses "AA" in EE erteilt. Mit Auflagenpunkt 17 wurde vorgeschrieben, dass der Betrieb mit einer Brandmeldeanlage in Vollschutzausführung mit automatischer Rufweiterleitung entsprechend der TRVB 123 auszustatten ist.

Im Zuge eines im Jahr 2017 durchgeführten Überprüfungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde aufgefordert einen aktuellen, mängelfreien Überwachungs- bzw Revisionsbericht für die Brandmeldeanlage von einer akkreditierten Prüfstelle vorzulegen.

Im September 2018 hat der Beschwerdeführer einen Inspektionsbericht ausgestellt vom UU MM übermittelt. Dem Inspektionsbericht ist zu entnehmen, dass die Brandmeldeanlage am 30.7.2018 überprüft worden ist und diese nach Behebung der unter Punkt 15 aufgelisteten Mängel den Erfordernissen näher angeführter Prüfungsgrundlagen entspreche und die durchgeführten Probealarme mit Ausnahme der Alarmweiterleitung zum Landesfeuerverband Salzburg positiv verlaufen seien.

Mit Verfahrensanordnung vom 20.2.2019 hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Betreiber der Betriebsanlage aufgefordert unverzüglich den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand der Betriebsanlage herzustellen, indem folgende Maßnahmen erledigt werden: "Sämtliche Mängel der Brandmeldeanlage, aufgelistet unter Punkt 15.1, 15.2, 15.4, 15.5 sowie 15.8 bis 15.11 des Inspektionsberichtes vom 17.09.2018, ausgestellt von der UU MM GmbH, sind unverzüglich zu beheben. Insbesondere ist die automatische Rufweiterleitung des Alarms der Brandmeldeanlage an eine öffentliche rufannehmende Stelle herzustellen.

Die Mängelbehebung ist unverzüglich in die Wege zu leiten und bis spätestens 30.04.2019 fertigzustellen. Über die Mängelbehebung ist der Bezirkshauptmannschaft RR bis spätestens 15.05.2019 eine ausführliche schriftliche Bestätigung einer befugten Fachperson vorzulegen. Über die Herstellung der automatischen Rufweiterleitung ist der Behörde bis spätestens 15.05.2019 eine Bestätigung der rufannehmenden Stelle vorzulegen."

In weiterer Folge wurde die Behebung der Mängelpunkte 15.2 bis 15.5 sowie des Mangelpunktes 15.8 mitgeteilt.

 

Mit Schreiben vom 19.3.2019 hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die Mängelpunkte 15.1 (fehlende automatische Rufweiterleitung), 15.8 (mangelhafte Brandfallsteuerung der Aufzugsanlage), 15.9 (teils unzureichende Lautstärke des Alarmierungssignales der Brandmeldeanlage), 15.10 (fehlende Unterlagen beim Feuerwehrbedienfeld) und 15.11 (mangelhaftes Führen eines Kontrollbuches über die Brandmeldeanlage) bisher noch nicht gemeldet wurden bzw die diesbezüglichen Nachweise noch nicht vorgelegt wurden.

Mit Eingabe vom 21.2.2019 wurde die funktionstüchtige Herstellung der Brandfallsteuerung der Aufzugsanlage durch die ausführende Firma bestätigt. Zu den sonstigen Mängelpunkten erfolgte keine Reaktion des Beschwerdeführers.

Sodann hat die belangte Behörde den nun angefochtenen Bescheid erlassen und mit sofortiger Wirkung verfügt, dass der Betrieb der gastgewerblichen Betriebsanlage "JJ und KK-Haus FF" dauerhaft unterlassen wird.

Seit 4.7.2019 verfügt die Brandmeldeanlage über eine direkte Rufweiterleitung zur NN LL.

Die im Inspektionsbericht unter 15.9 bis 15.11 angeführten Mängel wurden zwischenzeitlich behoben.

Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen geben im Wesentlichen den Verlauf des verwaltungsbehördlichen Verfahrens wieder und beruhen auf den angeführten Bescheiden, behördlichen Schreiben sowie den Eingaben des Beschwerdeführers. Die vom Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Schreiben betreffend die Brandmeldeanlage wurden dem bautechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde, mit der Fragestellung, ob damit das Erfordernis einer automatischen Rufweiterleitung als erfüllt anzusehen ist, übermittelt. Mit Schreiben vom 7.11.2019 wurde seitens des Amtssachverständigen folgendes mitgeteilt:

"Dazu ist auszuführen, dass der Feuerwehrverband LL mit Schreiben vom 19.06.2019 mitteilte, dass die erforderlichen Anschlussbedingungen der Brandmeldeanlage des JJ- und KK-Hauses FF erfüllt sind und von Seiten des Feuerwehrverbandes LL eine Anschaltung jederzeit durchgeführt werden könnte. Aus diesem Schreiben geht jedoch noch nicht hervor, dass eine Aufschaltung tatsächlich bereits erfolgte. Des Weiteren liegt ein Schreiben vom 04.07.2019 vor, welches als "Anschlussdaten Brandmeldeanlage" bezeichnet ist. Aus diesem Schreiben ist ersichtlich, dass die Aufschaltung derzeit über GPRS-Weg erfolgt, da keine Kupferleitungen vorhanden sind. Des Weiteren ist in diesem Dokument eine Teilnehmernummer (Nummer ZZZ) angeführt. Mit Hilfe dieser Nummer konnte am 05.11.2019 bei der NN nochmals nachgefragt werden, ob nunmehr eine Rufweiterleitung gegeben ist. Eine Aufschaltung der Brandmeldeauflage zur NN wurde von Seiten des Landesfeuerwehrverbandes bestätigt. Das Erfordernis einer automatischen Rufweiterleitung gemäß TRVB ist daher als erfüllt anzusehen."

Auf Grundlage dieser Ausführungen und der telefonischen Auskunft der NN LL, wonach die Brandmeldeanlage seit 4.7.2019 über eine direkte Alarmweiterleitung verfügt, ist das erkennende Gericht zu den obigen Sachverhaltsfeststellungen gelangt.

Insoweit von der Behebung der im Inspektionsbericht unter 15.9 bis 15.11 angeführten Mängel ausgegangen wurde, beruht dies auf den diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführervertreters in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht.

Rechtliche Grundlagen:

§ 360 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO) - Einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen

Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stillegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

§ 367 Z 25 Gewerbeordnung 1994 (GewO)

Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 € zu bestrafen ist, begeht, wer

(..)

25.

Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 oder § 84m erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält;

Erwägungen und Ergebnis:

Die Gewerbebehörde ist bei Verdacht auf bestimmte Verwaltungsübertretungen mit (überwiegend) hohem Unrechtsgehalt verpflichtet, das inkriminierte Verhalten - unabhängig von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens - durch einstweilige Zwangsmaßnahmen gemäß § 360 Abs 1 GewO zu beenden. Einer der vier in § 360 Abs 1 GewO taxativ aufgezählten Verdachtsfälle ist die Nichtbefolgung von in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen gemäß § 367 Z 25 GewO.

Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 GewO und ist nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c GewO zur Aufhebung oder Abänderung der Auflage anhängig, dann ist gemäß § 360 Abs 1 GewO ein zweistufiges Vorgehen vorgesehen. Zunächst ist der Gewerbeausführende bzw der Anlageninhaber zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist, aufzufordern. Das Wesen dieser Verfahrensanordnung erschöpft sich in der Bekanntgabe der Rechtsansicht der Behörde über das rechtswidrige Verhalten, verbunden mit der nicht weiter sanktionierten Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Tut er dies nicht innerhalb der festgesetzten Frist, so hat die Behörde die zur Erreichung des Sollzustandes notwendigen Maßnahmen bescheidmäßig zu verfügen (VwGH 16.7.1996, 96/04/0062).

Gegenständlich wurde dem Beschwerdeführer mit Auflagenpunkt 17 im gewerberechtlichem Bescheid vom 25.4.2005 die Ausstattung der Betriebsanlage mit einer Brandmeldeanlage in Vollschutzausführung mit automatischer Rufweiterleitung entsprechend der TRVB 123 vorgeschrieben. Die gastgewerbliche Betriebsanlage ist zwar mit einer Brandmeldeanlage ausgestattet worden, der einschlägige Auflagenpunkt ist jedoch bis zum 3.7.2019 nicht vollständig erfüllt worden, da letztlich erst am 4.7.2019 die automatische Rufweiterleitung an die NN LL hergestellt worden ist.

Die belangte Behörde hat auf Grund der Nichtherstellung der direkten Rufweiterleitung des Alarms der Brandmeldeanlage zunächst eine Verfahrensanordnung erlassen und in weiterer Folge den angefochtenen Bescheid erlassen, mit welchem die Schließung des Betriebes verfügt worden ist. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich entnehmen, dass diese Maßnahme als nicht rechtens empfunden wird, da nach dem Dafürhalten des Beschwerdeführers die nicht vorhandene Rufweiterleitung keinen wesentlichen Mangel darstellt.

Bei den gesetzlich angeführten Maßnahmen der Stilllegung von Maschinen, Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des Betriebes handelt es sich um eine demonstrative Aufzählung, sodass grundsätzlich auch noch andere Zwangsmaßnahmen in Betracht kommen. Der Gewerbebehörde steht bei der Bestimmung der Zwangsmaßnahmen grundsätzlich ein gewisses (Auswahl-)Ermessen zu. Eine Grenze findet der Ermessensspielraum aber in der konkreten Notwendigkeit der einstweiligen Zwangsmaßnahmen. Davon kann - als contrarius actus (VwGH 29.1.1991, 90/04/0325; VwGH 5.11.1991, 91/04/0182) - nur ausgegangen werden, wenn die einstweilige Zwangsmaßnahme im konkreten Einzelfall erforderlich und geeignet ist, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten (wirtschaftliche Zumutbarkeit) kommt es dagegen nicht an. Die Schließung des Betriebs als härteste Zwangsmaßnahme darf nur dann verfügt werden, wenn mit anderen Maßnahmen der gebotene Erfolg nicht erreicht wird (VwGH 29.9.1971, 1173/70) (Giese, Einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen, in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler, Die gewerbliche Betriebsanlage4 (2016) Rz 378).

Ob die jeweilige Zwangsmaßnahme notwendig ist, ist somit im Einzelfall zu prüfen. Im konkreten Fall ist die belangte Behörde mit der Schließung des Betriebes vorgegangen und hat dies im Wesentlichen mit der fehlenden direkten Rufweiterleitung der Brandmeldeanlage begründet. Mit Auflagenpunkt 17 im Bescheid vom 25.4.2005 wurde die Ausführung der Brandmeldeanlage mit direkter Rufweiterleitung vorgeschrieben. Diese Auflage ist in Rechtskraft erwachsen und wurde weder zu einem späteren Zeitpunkt gemäß § 79c GewO aufgehoben noch abgeändert.

Durch die Nichterfüllung dieses Auflagenpunktes wurde dem Personen- und Objektschutz nicht in dem behördlich vorgeschriebenen Umfang Genüge getan. Im Inspektionsbericht der UU MM vom 17.9.2018 wird dazu unter Mangelpunkt 15.1 Folgendes festgehalten:

"Zum Zeitpunkt der Abschlussprüfung war die geforderte Alarmweiterleitung zur öffentlichen Alarmannahmestelle der NN LL noch nicht in Betrieb. Die Alarme der Brandmeldeanlage werden daher derzeit durch eine Person über Notruf der Feuerwehr gemeldet.

Um den vollen Schutzwert der Anlage zu erlangen, sind Alarme ehest möglich über ein Übertragungssystem an die öffentliche Alarmannahmestelle weiterzuleiten."

Mit der direkten Rufweiterleitung soll im Brandfall gewährleistet sein, dass es - unabhängig von der Anwesenheit von Personen - zu einer umgehenden Alarmierung der Feuerwehr kommt und damit rasch und effizient Lösch- und Rettungsmaßnahmen ergriffen werden können. Diesem Zweck wurde durch das Unterlassen der Herstellung einer direkten Rufweiterleitung zuwidergehandelt. Hinzukommt, dass laut Mangelpunkt 15.9 des Inspektionsberichtes der UU MM das Alarmierungssignal der Brandmeldeanlage in einzelnen Bereichen des Objektes nur unzureichend wahrnehmbar war. Im Lichte dieser Ausführungen und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die bescheidmäßig auferlegte Verpflichtung letztendlich erst nach 14 Jahren umgesetzt worden ist, erscheint die im konkreten Fall verhängte Zwangsmaßnahme der Betriebsschließung alternativlos und gerechtfertigt.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen. Im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung müssen ebenso wie im Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung die Voraussetzungen für die (Zwangs-, Sicherungs-) Maßnahme gegeben sein. Fällt während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine dieser Voraussetzungen weg, so ist eine vergangenheitsbezogene Feststellung in Form eines Erkenntnisses zu erlassen (Giese, Einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen, in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler, Die gewerbliche Betriebsanlage4 (2016) Rz 377).

In Anbetracht dessen, dass die Brandmeldeanlage nunmehr seit 4.7.2019 über eine direkte Rufweiterleitung verfügt und damit Auflagenpunkt 17 des Bescheides vom 25.4.2005 erfüllt ist, war die verfügten Zwangsmaßnahme bis zum 3.7.2019 rechtmäßig. Eine über diesen Zeitraum hinausgehende Aufrechterhaltung der Zwangsmaßnahme war nicht notwendig, es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 360 Abs 1 GewO ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung oder ist diese als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.

Schlagworte

Gewerbeordnung, Mängelbehebung Brandmeldeanlage, Zwangsmaßnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2019:405.2.182.1.14.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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