Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §129 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. Mai 1998, Zl. UVS-04/A/41/00390/96, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Juli 1996 wurde dem Beschwerdeführer folgendes zur Last gelegt:
"Sie haben als Miteigentümer des Hauses Wien 2, N.-Straße 3, in der Zeit vom 27. 3. 1993 bis 23. 1. 1996 insoferne nicht dafür gesorgt, daß das Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechenden Zustand erhalten werden, als Sie es unterließen, die Dachkonstruktion niederschlagsdicht, instandzusetzen."
Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, gegen die Rechtsvorschrift des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930, (BO) in der geltenden Fassung verstoßen zu haben; über ihn wurde gemäß § 135 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 39.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) verhängt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. Mai 1998 wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG "insofern Folge gegeben, als im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses das Wort 'niederschlagsdicht' zu entfallen hat und die verletzte Rechtsvorschrift um die Bestimmung des § 135 Abs. 1 und 3 BauO f. Wien ergänzt wird, die Geldstrafe auf S 25.000,--, bei Uneinbringlichkeit drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird".
In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, daß aufgrund des Berufungsvorbringens ein Ortsaugenschein stattgefunden habe; hiebei sei festgestellt worden, daß im Dachboden des gegenständlichen Hauses Eisenträger eingezogen worden seien und in einem Bereich oberhalb dieser Träger vermorschtes Holz zu erkennen gewesen sei. Das Dach sei in weiten Bereichen um den dort befindlichen Innenhof mit einer Holzlattung und einer Dachpappe abgedeckt. Aktuelle Nässeschäden seien nicht zu erkennen gewesen. Wegen Gefahr im Verzug sei am 10. Februar 1993 gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien die Herstellung einer provisorischen Dachhaut sowie das Pölzen der teilweise eingestürzten Dachkonstruktion der beschwerdegegenständlichen baulichen Anlage angeordnet und sofort vollstreckt worden. Dabei sei eine Lattung auf dem alten Dach festgenagelt, darüber eine Holzschalung angebracht und darauf eine Unterlagspappe genagelt worden. Der Beschwerdeführer habe als Miteigentümer dieses Hauses in dem im Straferkenntnis angeführten Zeitraum insoferne nicht dafür gesorgt, daß das Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten worden seien, als er es unterlassen habe, die Dachkonstruktion im Einklang mit den Bauvorschriften konsensgemäß dauerhaft instandzusetzen; die Dachkonstruktion (Dachlattung, Holzschlag, Unterlagspappe) sei vielmehr im Zuge notstandspolizeilicher Maßnahmen erfolgt. Diese durchgeführte Ersatzvornahme stelle keine Dachkonstruktion von Dauer dar und sei auch in höhenmäßiger Abweichung vom aktuell gültigen Konsens ausgeführt. Hiebei handle es sich um keine Mängelbeseitigung im Sinne der Bauordnung, zumal bei derartigen Konstruktionen ein neuerliches Auftreten von Schäden absehbar sei. Da das Eindringen von Wasser im Tatzeitraum nicht erweisbar gewesen sei, habe der im Straferkenntnis dahingehende Vorwurf zu entfallen. Das der Bestrafung zugrunde liegende Verhalten schädige in hohem Maße das vom Gesetz geschützte Interesse an der Hintanhaltung von Baumängeln; der Unrechtsgehalt der inkriminierten Tat sei daher als hoch anzusehen, zumal es sich gegenständlich um die Dachhaut des Gebäudes handle, welche einen essentiellen Beitrag zur Erhaltung der Substanz des Hauses leiste. Die Tat sei vorsätzlich begangen worden. Eine weitere Herabsetzung der Strafe, welche aufgrund des Entfalls eines Teiles der Tatentlastung erfolgt sei, erscheine - unter Berücksichtigung der im § 19 Abs. 2 VStG genannten Strafbemessungsgründe - auch im Hinblick auf die günstige Vermögenslage des Beschwerdeführers als nicht gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem Vorbringen zufolge offensichtlich in dem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 300.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft.
Wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, ist gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ.
Gemäß § 129 Abs. 2 BO hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, daß die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen udgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.
Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 BO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 VStG. Schon das bloße Nichterfüllen des Gebotes, Gebäude und deren Anlagen in gutem Zustand zu erhalten, zieht also als eine Verletzung der gesetzlichen Instandhaltungspflicht eine Strafe nach sich, wenn der Eigentümer nicht aufzuzeigen vermag, daß er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen. Ein Baugebrechen liegt dann vor, wenn sich der Zustand einer Baulichkeit derart verschlechtert, daß hiedurch öffentliche Interessen berührt werden. Beeinträchtigungen öffentlicher Interessen, die ein Einschreiten der Baubehörde rechtfertigen, sind die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit und die gröbliche Störung der architektonischen Schönheit des Stadtbildes (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 96/05/0045).
Aufgrund der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen vermag es der Verwaltungsgerichtshof nicht für rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde vom Vorliegen eines die Instandhaltungspflicht des Beschwerdeführers auslösenden Baugebrechens ausgegangen ist. Der Beschwerdeführer geht selbst davon aus, daß der Tatvorwurf von der belangten Behörde zu Recht auf die Bestimmung des § 135 Abs. 1 und Abs. 3 BO gestützt worden ist. Dies schon deshalb, weil der Eigentümer eines Gebäudes trotz der Bestellung eines Verwalters gemäß § 135 Abs. 3 BO erster Satz weiterhin strafrechtlich verantwortlich bleibt, wenn der Eigentümer von der Tat Kenntnis hatte.
Der in der Beschwerde aufgezeigte Begründungsmangel bezieht sich ausschließlich auf das Straferkenntnis der Strafbehörde erster Instanz. Verfahrensmängel sind bei der Überprüfung eines im Instanzenzug ergangenen Bescheides für den Verwaltungsgerichtshof jedoch nur dann beachtlich, wenn sie im letztinstanzlichen Verfahren unterlaufen sind (vgl. hiezu Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 592). Gemäß § 24 VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Berufungsverfahren § 66 Abs. 4 AVG anzuwenden und demnach immer in der Sache selbst - unter Beachtung der Verfahrensvorschriften der §§ 51 bis 51i VStG - zu entscheiden. Ob der erstinstanzliche Bescheid mangelhaft begründet ist, ist daher auch schon deshalb nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, weil die belangte Behörde nach Durchführung eines eigenen Ermittlungsverfahrens selbst Feststellungen getroffen hat. Daß der belangten Behörde ein Verfahrensfehler unterlaufen wäre, wird in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer nicht ausgeführt.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde auch nicht die "Verantwortungsgrundlage des Beschwerdeführers" geändert. Die belangte Behörde hat den Tatvorwurf nicht auf § 135 Abs. 3 letzter Satz zweiter Halbsatz BO abgestellt, sondern - ebenso wie die Strafbehörde erster Instanz - das Fehlverhalten des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine Miteigentümerschaft in der Verletzung der Instandhaltungspflicht nach § 129 Abs. 2 BO gesehen (siehe hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 16. April 1998, Zl. 97/05/0322). Ein Verstoß gegen § 44a Z. 2 VStG (in der Beschwerde zitiert mit § 44a lit. c VStG) liegt sohin ebenso nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hegt auch gegen die Höhe der festgesetzten Strafe keine Bedenken. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausdrücklich auf die im § 19 Abs. 2 VStG angeführten Strafzumessungsgründe verwiesen. Inwiefern die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers und dessen Familienverhältnisse nicht hinreichend berücksichtigt worden sein sollen, wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt. Unter Berücksichtigung des festgestellten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und des daraus resultierenden Ausmaßes seines Verschuldens kann der belangten Behörde schon deshalb nicht mit Recht vorgeworfen werden, den Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht hinreichend berücksichtigt zu haben, weil der gesetzliche Strafrahmen nicht einmal zu einem Zehntel ausgeschöpft worden ist.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 22. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998050159.X00Im RIS seit
21.06.2001