TE Vwgh Erkenntnis 1985/9/12 85/07/0139

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Veröffentlicht am 12.09.1985
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Index

Grundverkehr

Norm

GVG Stmk 1983 §1 Abs3
GVG Stmk 1983 §4 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde der J in V, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger, Rechtsanwalt in Graz, Rechbauerstraße 4/II, gegen den Bescheid der Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. April 1985, GZ. 8-23 Ju/8-84, betreffend Ausländergrundverkehr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine liechtensteinische Firma, ist "eine Vermögensverwaltungsgesellschaft, die das Grundvermögen der AFES Anstalt für Europäische Schadensregulierungen besitzt". Diese Gesellschaft besitzt in nahezu allen europäischen Ländern Niederlassungen, die jeweils unter der Bezeichnung AVUS Sitz und Niederlassung in dem betreffenden Land haben. Die Beschwerdeführerin kaufte mit Kaufvertrag vom 17. August bzw. 28. August 1984 von einem liechtensteinischen Staatsbürger die Liegenschaft in EZ. 261, KG. X, bestehend aus den Grundstücken 399/22 Garten/Baufläche und 399/12 Acker im Gesamtausmaß von

1.973 m2.

Mit Eingabe vom 29. August 1984 beantragte die Beschwerdeführerin die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für diesen Kaufvertrag; gemäß § 11 Abs. 3 Steiermärkisches Grundverkehrsgesetz (StGVG 1983), LGBl. Nr. 72/1983. Die Grundverkehrsbezirkskommission legte mit Schreiben vom 10. Oktober 1984 diesen Antrag der belangten Behörde mit dem Hinweis vor, daß die Gemeinde S gegen diese Eigentumsübertragung keine Einwendungen erhebe, da keinerlei staatspolitischen oder sonstigen Interessen dagegen sprächen. Die Kommission schließe sich dieser Stellungnahme an und befürworte die Erteilung des Negativbescheides für das vorliegende Rechtsgeschäft. Die Beschwerdeführerin teilte in dem von der belangten Behörde durchgeführten Verfahren mit, daß das Objekt in S ausschließlich aus sozialen Gründen erworben werde, und zwar als Urlaubswohnstätte für Angestellte der inländischen Niederlassung

AVUS.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom 12. April 1985 wurde gemäß § 4 Abs. 3 StGVG 1983 der Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft EZ. 261, KG. X, die grundverkehrsbehördliche Zustimmung nicht erteilt. In der Begründung dieses Bescheides stellte die belangte Behörde zunächst fest, daß die Rechtserwerberin im Sinne des § 4 Abs. 3 StGVG eine in das Handelsregister Liechtenstein eingetragene liechtensteinische Firma mit Sitz in V sei, keine Ausnahmegründe nach § 4 Abs. 4 leg. cit. vorlägen und daher das nach § 1 Abs. 3 leg. cit. zu prüfende Rechtsgeschäft nebst allfällig sonst zu prüfenden Zustimmungserfordernissen den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 leg. cit. entsprechen müsse. Nach diesen Bestimmungen dürfe die zur Sachentscheidung zuständige Grundverkehrslandeskommission einem solchen Rechtserwerb nur zustimmen, wenn dadurch staatspolitische Rücksichten nicht beeinträchtigt würden und für den Rechtserwerb ein kulturelles, soziales oder volkswirtschaftliches Interesse spreche. Das Vorliegen eines kulturellen oder volkswirtschaftlichen Interesses sei von der Beschwerdeführerin nicht behauptet worden; hiefür gebe es auch keine Anhaltspunkte. Die Beschwerdeführerin habe das Vorliegen eines sozialen Interesses, das für den Rechtserwerb spreche, in ihrer Eingabe vom 18. Dezember 1984 behauptet und dafür als Begründung vorgebracht, daß das Objekt in S als Urlaubswohnstätte bzw. Urlaubsaufenthaltsort für die Angestellten sämtlicher Filialen der AVUS JS KG dienen solle. Die Grundverkehrslandeskommis sion sei zur Ansicht gelangt, daß dieser von der Beschwerdeführerin angeführte Umstand nicht als soziales Interesse im Sinne des § 4 Abs. 3 StGVG 1983 angesehen werden könne, da, um Urlaub in Österreich verbringen zu können, kein Grundbzw. Hauskauf erforderlich sei, sondern dafür die bestehenden Hotel- bzw. Gastgewerbebetriebe etc. in Anspruch genommen werden könnten. Dieser von der Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Antrages angeführte soziale Grund der Zurverfügungstellung des Kaufobjektes als Urlaubswohnstätte bzw. Urlaubsaufenthaltsort für Angestellte einer Firma, biete keinen Hinweis dafür, daß die Realisierung des gegenständlichen Rechtsgeschäftes von solch allgemeiner Bedeutung sei, daß sie über die Interessen der Käuferin und des Verkäufers hinaus dazu angetan sei, der Erfüllung eines sozialen Interesses im Sinne des § 4 Abs. 3 StGVG zu dienen. Zusammenfassend werde festgestellt, daß solche Interessen, die eine Ausnahme von den aus allgemeinen Rücksichten getroffenen Grundverkehrsbeschränkungen für Ausländer rechtfertigen würden, weder von der Beschwerdeführerin ausreichend begründet geltend gemacht worden seien, noch im Verfahren ermittelt hätte werden können. Vielmehr sprächen nach dem gesamten Sachverhalt für den Grundstückserwerb, der lediglich privaten Interessen diene, keine allgemeinen Rücksichten; auch auf Seite des Veräußerers sei keine solche zwingende Veranlassung zu ersehen, die eine Zulassung der Eigentumsübertragung entgegen den öffentlich-rechtlichen Erwerbsbeschränkungen begründen würde. Die Zustimmung dürfe nur erteilt werden, wenn sowohl die negativen als auch die positiven Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 leg. cit. erfüllt seien; da dies auf letztere nicht zutreffe, erübrige sich ein Eingehen auf weitere Fragen. Im Hinblick auf diese grundlegenden und entscheidungswesentlichen Erwägungen sei daher von einer darüber hinausgehenden Sacherörterung Abstand zu nehmen, nach gesetzmäßiger Interessensprüfung das Vorliegen von Zustimmungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 3 leg. cit. zu verneinen und der Eigentumsübertragung aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage die Zustimmung zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach dem Vorbringen in der Beschwerde durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Erteilung der Zustimmung zu dem erwähnten Kaufvertrag verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 3 StGVG 1983 ist die Übertragung oder die Einräumung eines im Abs. 1 angeführten Rechtes an einem Grundstück ferner ungeachtet seiner Widmung (§ 1 Abs. 2) sowie des Ausmaßes der Gesamtliegenschaft (§ 3 lit. f) nur mit Zusammenhang der Grundverkehrslandeskommission (§ 11 Abs. 3) zulässig, wenn Rechtserwerber im Sinne des § 4 Abs. 3 auftreten. Gemäß § 4 Abs. 3 leg. cit. ist, wenn der Rechtserwerber nicht österreichischer Staatsbürger oder eine juristische Person bzw. eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Ausland hat oder deren Vermögen bzw. Gesellschaftskapital sich überwiegend nicht in österreichischem Besitz befindet, dem Rechtsgeschäft ferner nur zuzustimmen, wenn dadurch staatspolitische Rücksichten nicht beeinträchtigt werden und für den Rechtserwerb ein kulturelles, soziales oder volkswirtschaftliches Interesse spricht.

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde vor, die vertragsgegenständliche Liegenschaft befinde sich bereits in ausländischem Besitz; als der Rechtsvorgänger des Verkäufers die Liegenschaft erworben habe, sei bereits festgestellt worden, daß die Voraussetzungen für den Eigentumserwerb durch einen Ausländer gegeben seien; die belangte Behörde hätte daher überhaupt nicht mehr überprüfen dürfen, ob diese Voraussetzungen vorlägen. Die kaufgegenständliche Liegenschaft erreiche auch nicht die gesetzlich vorgeschriebene Größe, die eine Zustimmung der belangten Behörde erforderlich mache.

Die Beschwerdeführerin übersieht, daß das Gesetz, insbesondere § 4 Abs. 3 leg. cit., nicht darauf abstellt, wer Verkäufer einer Liegenschaft ist, sondern allein darauf, wer Rechtserwerber ist. Ist dieser eine Person oder Gesellschaft im Sinne des § 4 Abs. 3 leg. cit. wie im vorliegenden Fall, dann ist die Zustimmung zum Rechtserwerb erforderlich. Auch die Größe des Kaufgegenstandes (§ 3 Abs. 1 lit. f leg. cit.) ist zufolge § 1 Abs. 3 leg. cit. für die Frage der Erforderlichkeit der Zustimmung der belangten Behörde ohne rechtliche Bedeutung, da die Rechtserwerberin eine juristische Person bzw. eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Ausland hat und deren Vermögen bzw. Gesellschaftskapital sich überwiegend nicht in österreichischem Besitz befindet.

Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde weiters vorgebracht, daß sie die gegenständliche Liegenschaft aus sozialen Gründen erwerbe, und zwar um den Angestellten ihrer Tochtergesellschaft ein Ferienheim zur Verfügung zu stellen.

Die Schaffung der Möglichkeit eines günstigen Ferienaufenthaltes für Angestellte von Tochterfirmen der Beschwerdeführerin reicht aber allein zur Begründung des im § 4 Abs. 3 leg. cit. geforderten sozialen Interesses der Beschwerdeführerin nicht aus, weil das von der Beschwerdeführerin dargestellte Interesse offensichtlich nicht über das von ihr verfolgte private Interesse einer Vermögensbildung in Österreich und einer gewissen Wohlfahrtswirkung für bestimmte Angestellte hinausgeht. Der belangten Behörde ist auch keine Verletzung von Verfahrensvorschriften unterlaufen, wenn sie weitere Ermittlungen darüber unterlassen hat, ob allfällige andere soziale und volkswirtschaftliche Interessen gegeben sein könnten, da die Beschwerdeführerin solche Interessen selbst in der Beschwerde nicht einmal andeutungsweise aufzuzeigen vermochte.

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 12. September 1985

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1985:1985070139.X00

Im RIS seit

16.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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