TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/22 98/05/0109

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Veröffentlicht am 22.09.1998
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Index

L82804 Gas Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
GasG OÖ 1958 §2;
GasG OÖ 1958 §5 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der Hedwig Hörschinger, 2. der Ingeborg Hörschinger, 3. des Rudolf Hörschinger, alle in Micheldorf, 4. des Mag. Rudolf Hörschinger in Salzburg, sämtliche vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl, Rechtsanwalt in Micheldorf, Hauptstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 18. März 1998, Zl. EnRo 300014/2-1998/Kap/Hl, betreffend eine Gasanlage (mitbeteiligte Parteien: Ing. Wolfram und Alexia Hörschinger in Klaus 46), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 7. März 1988 wurde den beiden Mitbeteiligten die Bewilligung erteilt, auf den Grundstücken Nr. 191/3 und 191/1, KG Klaus, Gemeinde Klaus an der Pyhrnbahn, eine Anlage zur Lagerung von 2.100 kg brennbarer Gase (Flüssiggas) gemäß den vorgelegten und als solche gekennzeichneten Projektsunterlagen bei befundgemäßer Ausführung und bei Einhaltung der im Gutachten festgelegten Vorschreibung zu errichten. Die Zweitbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer sind Miteigentümer des Grundstückes Nr. 191/1; die Erst- und der Drittbeschwerdeführer sind grundbücherlich sichergestellte Fruchtnießer und Pächter dieses Grundstückes. Der obgenannte Bewilligungsbescheid wurde am 14. März 1988 von der Erstbehörde "versendet"; ob er an die vier Beschwerdeführer "versendet" wurde, ergibt sich aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid nicht; ein Nachweis, daß auch nur an einen der Beschwerdeführer zugestellt worden wäre, liegt nicht vor. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer sei ihnen der Bescheid am 26. September 1997 zugestellt worden und sie hätten fristgerecht, nämlich am 8. Oktober 1997, Berufung erhoben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als verspätet zurück. Unter Hinweis auf die Versendung des erstinstanzlichen Bescheides am 14. März 1988 ging die belangte Behörde von einer gültigen Zustellung des Bescheides aus; am 1. April 1988 sei formelle Rechtskraft eingetreten. Eine am 8. Oktober 1997 erhobene Berufung sei daher verspätet.

Die Beschwerdeführer machen demgegenüber geltend, daß sie dem Verfahren im Jahr 1988 nicht beigezogen wurden und der Bescheid ihnen gegenüber damals nicht erlassen worden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer wollen einen Bescheid bekämpfen, mit dem eine Anlage zur Lagerung von 2.100 kg brennbarer Gase (Flüssiggas) von der Bezirksverwaltungsbehörde bewilligt wurde. Grundlage einer solchen Bewilligung ist das O.Ö. Gasgesetz, LGBl. Nr. 47/1958 (im folgenden: GasG). Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegen gemäß dessen § 1 Abs. 1 Anlagen zur Erzeugung, Lagerung, Speicherung, Leitung und Verwendung brennbarer Gase einschließlich der Abgasführung (Gasanlagen). Gemäß § 5 Abs. 2 GasG bedarf die Errichtung oder Änderung einer Anlage zur Lagerung oder Speicherung brennbarer Gase der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde, wenn mehr als 35 kg verflüssigter Gase oder mehr als 150 l bis zum zulässigen Höchstdruck verdichteter Gase gelagert oder gespeichert werden. Eine derartige Bewilligung wurde den Mitbeteiligten hier erteilt.

Das O.Ö. GasG enthält keine besonderen Verfahrensbestimmungen, insbesondere regelt es nicht, wer Partei in einem derartigen Bewilligungsverfahren ist. § 5 Abs. 4 bestimmt, daß die Bewilligung zu erteilen ist, wenn das Vorhaben den Vorschriften gemäß § 2 (Sicherheitsvorschriften) entspricht; diese Bestimmung verschafft dem Bewilligungswerber somit einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung.

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Hier haben offenbar die Bewilligungswerber die Tätigkeit der Behörde in Anspruch genommen; zufolge ihres Rechtsanspruches gemäß § 5 Abs. 4 GasG waren sie Parteien dieses Bewilligungsverfahrens. Ob einer Person ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse zusteht, ist jeweils aus der Rechtsordnung abzuleiten; § 8 AVG verweist auf alle von den Verwaltungsbehörden in der jeweiligen Verwaltungssache anzuwendenden Rechtsvorschriften und knüpft an die dort vorgesehenen (meist materiellen) Berechtigungen - unter Umständen auch durch ausdrückliche Erklärung des so Berechtigten zur Partei - ein Bündel prozessualer Rechte (Parteienrechte) (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 118). Das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Hiefür kommen in der Hauptsache Normen des materiellen Verwaltungsrechtes, aber auch Vorschriften des speziellen Verfahrensrechtes in Betracht (hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A).

Das GasG nennt nicht nur die dinglich Berechtigten der Grundstücke, auf denen eine Anlage bewilligt werden soll, überhaupt nicht; es sieht im Gegensatz zur Bauordnung auch keine Zustimmung der dinglich Berechtigten vor. Es ist daher nicht erkennbar, inwieweit sich aus den von der Verwaltungsbehörde anzuwendenden Vorschriften ein rechtliches Interesse von Grundeigentümern oder Fruchtgenußberechtigten bei der Bewilligung von Gasanlagen ergeben soll. Auch die Beschwerdeführer bringen nichts dergleichen vor.

Allein der Umstand, daß einer Person ein Bescheid zugestellt wird, macht sie noch nicht zur Partei (hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 91/05/0024). Der hier angefochtene Bescheid richtet sich jedoch an die Beschwerdeführer und behandelt deren Eingabe, sodaß insoferne Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof gegeben ist.

Die belangte Behörde hat die Berufung der Nichtpartei als verspätet zurückgewiesen, obwohl sie unzulässig war. Die Beschwerdeführer erachten sich im gesetzlich gewährleisteten Recht auf Entscheidung in der Sache selbst gemäß § 66 Abs. 4 AVG verletzt; im Rahmen dieses Beschwerdepunktes sind sie jedoch im geltend gemachten Recht nicht verletzt, weil sie als Nichtpartei keinen Anspruch auf materielle Erledigung ihrer Berufung hatten.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. September 1998

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050109.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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