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Stempel- und RechtsgebührenNorm
GebG 1957 §33 TP9Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Grossmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Brauhart über die Beschwerde der Ö Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien VI, Windmühlgasse 30, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Jänner 1984, GZ. GA 11-2126/2/83, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 21. Juni 1979 haben die Beschwerdeführerin und die Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) einen Vertrag abgeschlossen und unterfertigt, mit welchem der Beschwerdeführerin gegen Entgelt das Recht eingeräumt wurde, auf einem näher bezeichneten 10 m breiten, im Eigentum der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) stehenden Grundstreifen eine Erdgasleitung, ein Fernmeldekabel sowie eine Stromleitung zu verlegen, diese Anlagen zu betreiben, zu überprüfen, instandzuhalten und alle Vorkehrungen treffen zu können, die für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlagen notwendig erscheinen.
Dieser Vertrag enthält unter anderem folgende Vereinbarungen:
"I.
..... Gegenstand dieses Vertrages ist die Regelung dieser
Grundbenützung, wobei die betroffenen Grundflächen weiterhin im Eigentum der ÖBF bleiben und durch diesen Vertrag auch keine dinglichen Rechte begründet werden.
III.
Dieser Vertrag wird mit Wirksamkeit vom 1979 01 01 auf die Dauer des Bestandes und Betriebes der Gasleitung abgeschlossen.
......
(2) Die ÖBF verpflichten sich jedoch, im Falle der Veräußerung des die Gasleitung samt Zubehör betreffenden Grundstreifens die durch diesen Vertrag der Ö eingeräumten Benützungsrechte auf den jeweiligen Rechtsnachfolger als zugunsten der Ö zu verbüchernde Dienstbarkeit zu überbinden.
IV
(1) Als einmaliges Entgelt für die im Punkt II. gestatteten Grundbenützungen werden von der Ö nachstehende Beträge gezahlt:
a) .....
und für 28250 m2 ein Servitutsentgelt
von S 5,--/m2, d.s. S 141.250,--
....."
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien setzte für diesen Vertrag - ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1,499.470,-- - gegenüber der Beschwerdeführerin gemäß § 33 TP. 9 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267, in der geltenden Fassung, eine Rechtsgebühr von 2 v. H. mit einem Betrag von S 29.984,-- zuzüglich einer Bogengebühr gemäß § 14 TP. 6 Abs. 2 Gebührengesetz in Höhe von S 770,-- sowie zuzüglich einer Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 Gebührengesetz im Ausmaß von S 385,-- fest.
In ihrer gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, Art. I des zugrunde liegenden Vertrages bestimme ausdrücklich, daß durch ihn keine dinglichen Rechte begründet werden. Es fehle somit die Voraussetzung für die Anwendung des § 33 TP. 9 des Gebührengesetzes.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Jänner 1984 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, daß gemäß § 33 TP. 9 des Gebührengesetzes ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1,952.986,-- eine 2 %ige Rechtsgebühr in Höhe von S 39.060,-- festgesetzt wurde. Begr??ndend führte die belangte Behörde unter Wiedergabe des § 33 TP. 9 Gebührengesetz und des § 472 ABGB aus, der Ansicht der Beschwerdeführerin, daß dem zugrunde liegenden Vertrag der Charakter der Dinglichkeit abzusprechen und daher das Vorliegen einer Dienstbarkeit nicht anzunehmen sei, könne nicht gefolgt werden. Die Republik Österreich habe sich in Punkt III, zweiter Absatz, der Vertragsurkunde verpflichtet, das eingeräumte Recht auf den jeweiligen Rechtsnachfolger als zugunsten der Beschwerdeführerin zu verbüchernde Dienstbarkeit zu überbinden. Insoweit liege in dieser Vereinbarung ein Titel für eine Dienstbarkeit. Auch wenn der Modus fehle bzw. die Dienstbarkeit nicht verbüchert sei, unterliege nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Urkunde, die den Titel enthalte, der Gebührenpflicht. Darüber hinaus handle es sich bei der gegenständlichen Dienstbarkeit um ein offenkundiges Leitungsrecht, sodaß eine Einverleibung im Grundbuch gar nicht erforderlich sei. Auch bei sonstigen Servitutsbestellungen verbleibe demjenigen, der die Dienstbarkeit einräume, das Eigentum am dienenden Grundstück. Der diesbezügliche Hinweis im Vertrag nehme diesem daher nicht den Charakter einer Servitutsbestellung. Als Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr von 2 v. H. seien alle vom Dienstbarkeitsberechtigten auf Grund des Vertrages zu erbringenden Leistungen und somit auch die Wertsicherung, die Umsatzsteuer und ein weiterer Entschädigungsbetrag heranzuziehen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, "bei entgeltlicher Einräumung eines Rechtes, das keine Dienstbarkeit ist, nicht eine Rechtsgebühr von 2 v. H. gemäß § 33 TP. 9 Gebührengesetz 1957 idgF entrichten zu müssen," verletzt. Da nach dem Willen der Vertragspartner dem Vertrag Dinglichkeit nicht zukomme, könnten mit ihm dingliche Rechte auch nicht begründet werden. Der Vertrag stelle sohin keinen tauglichen Titel zum Erwerb des dinglichen Rechtes einer Dienstbarkeit bzw. keine geeignete Urkunde für eine grundbücherliche Eintragung dar. Bei der von der belangten Behörde ins Treffen geführten Verpflichtung der Republik Österreich, einem allfälligen Rechtsnachfolger das eingeräumte Recht als zu verbüchernde Dienstbarkeit zu überbinden, handle es sich lediglich um eine schuldrechtliche Verpflichtung, der dinglicher Charakter nicht zukomme. Durch die Offenkundigkeit des eingeräumten Rechtes werde die Frage der Dinglichkeit nicht berührt. Vielmehr handle es sich hiebei lediglich um eine Durchbrechung des Eintragungsprinzips.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstatte Gegenschrift vor. In dieser wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP. 9 Gebührengesetz unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr von 2 v. H. von dem Werte des bedungenen Entgeltes.
Gemäß § 472 ABGB wird durch das Recht der Dienstbarkeit ein Eigentümer verbunden, zum Vorteil eines anderen in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.
Strittig ist im Beschwerdefall, ob trotz der in Punkt I des zugrunde liegenden Vertrages enthaltenen Verneinung der Begründung dinglicher Rechte durch diesen Vertrag ein die Gebührenpflicht auslösender Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt wurde. Eine Untersuchung des Vertragstextes unter diesem Gesichtspunkt ergibt zunächst, daß zwar der Vertragswille auf Grund der diesbezüglichen Wendungen in Punkt I vordergründig darauf gerichtet war, dingliche Rechte nicht einzuräumen. Andererseits ergibt sich aus der Art des Rechtsgeschäftes und seines spezifischen Regelungsinhaltes, daß der wahre Vertragswille auf die Erzielung eines Erfolges gerichtet ist, der auch sonst typischerweise mit Verträgen über Leitungsdienstbarkeiten verbunden ist. Dies wird besonders daraus deutlich, daß die Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) als Eigentümerin der dienenden Grundstücke verpflichtet ist, im Fall eines Eigentümerwechsels an einem der dienenden Grundstücke an den neuen Grundeigentümer die Verpflichtung zur Verbücherung der der Beschwerdeführerin eingeräumten Benützungsrechte als Dienstbarkeit zu überbinden (Punkt III, Abs. 2 des zugrunde liegenden Vertrages). Dem steht auch der Umstand, daß in dem zugrunde liegenden Vertrag keine Verpflichtung der Republik Österreich selbst zur Einwilligung einer Verbücherung der eingeräumten Rechte enthalten ist, nicht entgegen, da es sich auf Grund der Art der Belastung der dienenden Grundstücke um in der Natur auf Dauer erkennbare Duldungs- und Unterlassungsverpflichtungen und somit um den Fall einer "offenkundigen" Dienstbarkeit handelt. Dies hat zur Folge, daß der Inhaber eines gültigen Titels trotz Nichtverbücherung in seinem Recht gegen jeden Dritten geschützt ist, wenn sichtbare Anlagen auf dem dienenden Grund oder sonstige Einrichtungen oder Vorgänge, die von dort aus bei einiger Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können, das Bestehen einer Dienstbarkeit vermuten lassen (vgl. Petrasch in Rummel, ABGB, Rdz. 2, zu § 481). Ausgehend von dieser Rechtslage und unter Zugrundelegung des Vertrages in seiner Gesamtheit kann dem vereinbarten Ausschluß der Begründung dinglicher Rechte nur der Sinn und die Bedeutung beigemessen werden, daß dadurch die Pflicht der Republik Österreich zur Verbücherung der eingeräumten Dienstbarkeit entfallen sollte.
Unabhängig von dieser somit zumindest de facto gegebenen dinglichen Wirkung der eingeräumten Rechte ist nach Lehre und Rechtsprechung die Begründung obligatorischer Dienstbarkeiten zulässig (vgl. Petrasch in Rummel, ABGB, Rdz. 6 zu § 472, sowie Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 31. März 1971, Zl. 50b77/71 = SZ 44/41). Auch bei der hiebei im Zweifelsfall erforderlichen Bedachtnahme auf den Vertragsinhalt ergibt sich, daß die die Republik Österreich als Eigentümerin der dienenden Grundstücke treffenden Duldungs- und Unterlassungsverpflichtungen wie etwa der Duldung der Errichtung, des Bestandes, des Betriebes und der Instandhaltung der Leitungsanlagen, des Begehens und Befahrens des dienstbar gemachten Grundstreifens, des Entfernens von Boden- und Pflanzenhindernissen, des Freihaltens von Bewuchs sowie die dafür zugestandene Art der Entschädigung als typischer Inhalt von Leitungsdienstbarkeitsverträgen anzusehen sind.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann somit der belangten Behörde nicht der Vorwurf rechtswidrigen Handelns gemacht werden, wenn sie die zugrunde liegende Vereinbarung als Dienstbarkeitsbestellungsvertrag gewertet und dementsprechend der Beschwerdeführerin die Entrichtung einer der Höhe nach im übrigen nicht weiter bekämpften Rechtsgebühr auferlegt hat. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Wien, am 17. Februar 1986
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1984150056.X00Im RIS seit
16.12.2019Zuletzt aktualisiert am
16.12.2019