TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/23 98/01/0346

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.1998
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

B-VG Art132;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Ludwig Pramer und Dr. Peter Lindinger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 32/1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 2. Juni 1998, Zl. Gem (Stb)-401353/14-1998/Gru, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 2. Juni 1998 wies die Oberösterreichische Landesregierung einen Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der

österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) ab.

In der Begründung ging die Oberösterreichische Landesregierung davon aus, der Beschwerdeführer sei ägyptischer Staatsbürger und habe am 27. Jänner 1995 seinen Hauptwohnsitz in Aschach a. d. Donau begründet. Diesen habe er bis zum 18. Oktober 1996 aufrecht erhalten und sich an diesem Tage nach Ägypten abgemeldet. Eine Neuanmeldung sei erst am 17. Februar 1998 in Aschach a. d. Donau erfolgt. Im Oktober 1995 habe der Beschwerdeführer ein Ansuchen um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG könne einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn er bei Erfüllung der übrigen Verleihungsvoraussetzungen seit mindestens 10 Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik Österreich habe. Von diesem Verleihungserfordernis könne gemäß § 10 Abs. 3 StbG nur dann abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handle oder wenn der Fremde seit mindestens 4 Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik habe und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliege.

Der Beschwerdeführer sei nach ägyptischem Personalstatut volljährig, sodaß die erste Variante für das Absehen von einem mindestens zehnjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich nicht mehr zum Tragen komme. Im übrigen habe der Beschwerdeführer keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe vorbringen können, wonach ein Absehen von einem mindestens zehnjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitz gerechtfertigt erschiene. Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens habe der Beschwerdeführer erstmals im Jänner 1995 einen Hauptwohnsitz in Österreich begründet, diesen nach ca. 18 Monaten wieder aufgelöst und in der Folge erst wieder im Jahre 1998 neu begründet. Ein ununterbrochener

zehnjähriger Hauptwohnsitz in Österreich sei somit niemals vorgelegen und liege auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht vor. Es fehle daher an der zwingenden Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 10 StbG verletzt.

Er sei ägyptischer Staatsbürger, am 23. März 1977 in Ägypten geboren und habe seinen Wohnsitz am 27. Jänner 1995 in Aschach a. d. Donau begründet. Im Oktober 1995 habe er als Minderjähriger das Ansuchen um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt. Er sei nicht nur familiär, sondern auch sozial völlig integriert. Ungeachtet dessen habe die belangte Behörde erst mit Bescheid vom 2. Juni 1998, also fast 3 Jahre nach Antragstellung, über seinen Antrag entschieden.

Die belangte Behörde habe zu Unrecht die Voraussetzung des § 10 Abs. 3 erster Fall StbG verneint. Im Zeitpunkt der Antragstellung sei der Beschwerdeführer sowohl nach ägyptischem als auch nach österreichischem Personalstatut minderjährig gewesen. Gemäß § 7 a StbG sei die Minderjährigkeit nach § 12 IPR-G zu beurteilen, kraft Verweisung daher auch im Verwaltungsverfahren. Bei Vorliegen der Minderjährigkeit entfalle jedoch sowohl das Verleihungserfordernis des mindestens vierjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich als auch jenes eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes. Er habe daher bereits aufgrund dieser Voraussetzung einen Anspruch auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, ohne daß weitere Gründe zu prüfen gewesen wären.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

§ 10 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 StbG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 30/1998) lautet:

"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn

1. er seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat;

...

(3) Von der Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 kann abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt."

Unbestritten ist im vorliegenden Fall, daß der Beschwerdeführer am 23. März 1977 geboren und ägyptischer Staatsbürger ist. Weiters ist unstrittig, daß er am 27. Jänner 1995 (erstmals) seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet begründete. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht die Feststellung der belangten Behörde, nach ägyptischem Personalstatut volljährig zu sein. Die Richtigkeit dieser Feststellung ergibt sich aus Art. 44 Abs. 2 des gemäß § 12 IPR-G maßgeblichen ägyptischen bürgerlichen Gesetzbuches von 1948 (abgedruckt in: Bergmann-Ferid, Internationales Ehe- und Kinderschaftsrecht I, Ägypten S., 13 ff), demzufolge die Volljährigkeit mit der Vollendung des 21. Lebensjahres nach dem Gregorianischen Kalender beginnt.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides die Sachlage nicht im Zeitpunkt der Antragstellung, sondern im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (im vorliegenden Fall nach dem Beschwerdevorbringen am 30. Juni 1998) maßgeblich. Da der Beschwerdeführer unbestritten im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht über einen seit mindestens zehn Jahren ununterbrochenen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik verfügte, erfüllte er, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, nicht die im § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG umschriebene Verleihungsvoraussetzung. Von dieser Voraussetzung durfte die belangte Behörde nur dann absehen, wenn der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Bescheiderlassung Minderjähriger war oder seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hatte und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorlag.

Da der Beschwerdeführer aber im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits die Volljährigkeit erreicht hatte und, wie er selbst in der Beschwerde einräumt, seinen Hauptwohnsitz erst am 27. Jänner 1995, somit weniger als 4 Jahre vor der Erlassung des

angefochtenen Bescheides in Österreich begründete, schied in seinem Fall ein Absehen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG jedenfalls aus. Es kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben, ob auch im Falle eines Minderjährigen ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegen muß.

Soweit der Beschwerdeführer hervorhebt, die belangte Behörde habe erst fast 3 Jahre nach seiner Antragstellung über seinen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft entschieden, kann damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt werden. Es wäre dem Beschwerdeführer offen gestanden, eine behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde gemäß Art. 132 B-VG iVm. § 27 VwGG geltend zu machen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. September 1998

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998010346.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten