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32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §212a Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Dr. R P in T, vertreten durch die Winterheller Rechtsanwalts GmbH in 5580 Tamsweg, Zinsgasse 16, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 6. März 2018, Zl. RV/6100254/2007, betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen gemäß § 212a BAO, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber war im Jahr 1996 atypisch stiller Gesellschafter der X GmbH und erzielte im Zusammenhang mit dieser Beteiligung Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das für die X GmbH und Mitgesellschafter zuständige Finanzamt setzte die Einkünfte für das Jahr 1996 mit Bescheid vom 14. August 2001 gemäß § 188 BAO fest, woraufhin das für den Revisionswerber zuständige Finanzamt einen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 199 6 erließ, der zu einer Erhöhung der Steuer des Revisionswerbers führte (Bescheid vom 22. August 2001).
2 Mit Schriftsatz vom 19. September 2001 beantragte der Revisionswerber die Aussetzung der Einhebung des Erhöhungsbetrages und begründete diesen wie folgt:
"Die Festsetzung der Einkommensteuer vom 22. August 2001 erfolgte gem. § 295 BAO aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des (für die X GmbH und Mitgesellschafter zuständigen) Finanzamtes (...) vom 14. August 2001.
Mit einheitlichem und gesondertem Einkünftefeststellungsbesche id 1996 wurde der für 1996 erklärte Verlust der (X GmbH und Mitgesellschafter) gekürzt. Gegen diesen Einkünftefeststellungsbesc heid wurde innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Die Berufung erscheint nach Lage des Falles erfolgversprechend. (...)"
3 Das Finanzamt gab dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom 18. Oktober 2001 statt.
4 Mit Bescheid vom 23. Oktober 2006 verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 1996 und forderte den Revisionswerber auf, den dadurch entstandenen Rückstand bis 1. Dezember 2006 zu entrichten. Mit einem weiteren Bescheid vom 23. Oktober 2006 schrieb das Finanzamt dem Revisionswerber Aussetzungszinsen vor.
5 Der Revisionswerber berief mit Schriftsatz vom 21. November 2006 gegen den Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom 23. Oktober 2006. Er beantragte die Aussetzungszinsen mit 0 EUR festzusetzen und führte zur Begründung aus, gegen den Einkünftefeststellungsbescheid des für die X GmbH und Mitgesellschafter zuständigen Finanzamtes sei nie eine Berufung erhoben worden. Die Aussetzung der Einhebung hätte nicht bewilligt werden dürfen, weshalb es zu keiner Vorschreibung von Aussetzungszinsen kommen könne.
6 Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 6. März 2007 als unbegründet ab, woraufhin der Revisionswerber deren Vorlage an den unabhängigen Finanzsenat beantragte (Schriftsatz vom 5. April 2007).
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. März 2018 wies das zwischenzeitig zuständig gewordene Bundesfinanzgericht die von ihm als Beschwerde zu behandelnde Berufung als unbegründet ab. Es stellte zunächst fest, dass die Aussetzung der Einhebung über Antrag des Revisionswerbers erfolgt sei und dieser weder gegen den Aussetzungsbescheid des Finanzamtes vom 18. Oktober 2001 noch gegen den Bescheid vom 23. Oktober 2006, mit dem der Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt worden sei, ein Rechtsmittel erhoben habe. Der Revisionswerber habe auch keine Einzahlungen auf den ausgesetzten Betrag geleistet. Für den ausgesetzten Betrag habe bis zur Verfügung des Ablaufs der Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub iSd § 212a BAO bestanden.
8 In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhalts führte das Bundesfinanzgericht aus, die Aussetzungszinsen stellten ein Äquivalent für den tatsächlich in Anspruch genommenen Zahlungsaufschub dar (Hinweis auf VwGH 31.7.2002, 2002/13/0075). Ob die Aussetzung hätte erfolgen dürfen oder nicht sei für die Festsetzung von Aussetzungszinsen daher unerheblich. Die Festsetzung hänge nicht von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde iSd § 212a BAO ab. Der Einwand, wonach der vom Revisionswerber beantragte Zahlungsaufschub nicht hätte gewährt werden dürfen, gehe daher ins Leere.
9 Wie dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Jänner 1997, 95/13/0186, zu entnehmen sei, stelle die im Aussetzungsbescheid angeführte Abgabenschuld die Bemessungsgrundlage für die Aussetzungszinsen dar. Eine allfällige Unrichtigkeit des ausgesetzten Abgabenbetrages sei in einem Rechtsmittel gegen den Aussetzungsbescheid geltend zu machen. Auch daraus sei ableitbar, dass allein der durch den Aussetzungsbescheid eingetretene Zahlungsaufschub, unabhängig von seiner Richtigkeit, für die Festsetzung von Aussetzungszinsen ausschlaggebend sei.
10 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil die zu beurteilende Rechtsfrage durch Kommentarmeinungen und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als geklärt anzusehen sei.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit Folgendes vorgebracht:
"Im konkreten Fall ist die Einbringung einer (außerordentlichen) Revision jedenfalls gerechtfertigt, da die Frage der Vorschreibung von Aussetzungszinsen im Falle einer ungerechtfertigten Aussetzung der Einhebung in der höchstgerichtlichen Judikatur noch nicht behandelt worden ist.
Die Fällung einer diesbezüglichen Entscheidung ist außerdem erforderlich, um Rechtssicherheit und Rechtseinheitlichkeit zu schaffen, da die diesbezügliche Praxis der Finanzämter (bei Vorliegen eines gleichen Sachverhaltes) von Bundesland zu Bundesland divergiert (bsp wurde in Oberösterreich auf die Vorschreibung von Aussetzungszinsen verzichtet); weshalb der gegenständlichen Rechtsfrage auch eine grundsätzliche (über den Einzelfall hinausgehende) Bedeutung zukommt."
16 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.
17 Die Festsetzung von Aussetzungszinsen ist gesetzliche Folge des verfügten Ablaufes der Aussetzung der Einhebung von Abgabenschulden (VwGH 21.7.1998, 98/14/0101, mwN).
18 Aussetzungszinsen sind gemäß § 212a Abs. 9 BAO für die Dauer des durch die Aussetzung bewirkten Zahlungsaufschubes, der gemäß § 212a Abs. 5 BAO mit dem Ablauf der Aussetzung (oder ihrem Widerruf) endet, zu entrichten. Will der Abgabepflichtige Aussetzungszinsen vermeiden oder gering halten, kann er entweder von einer Antragstellung gemäß § 212a Abs. 1 BAO Abstand nehmen oder - wenn ihm über einen Antrag die Aussetzung bereits bewilligt wurde - den dadurch bewirkten Zahlungsaufschub jederzeit durch die im § 212a Abs. 8 BAO vorgesehene Tilgung beenden (VwGH 15.11.2005, 2002/14/0051, mwN).
19 Ausgehend von der Aktenlage und den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts hat der Revisionswerber am 19. September 2001 die Aussetzung der Einhebung jener Steuernachforderung beantragt, die sich aufgrund eines gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheides 1996 ergab. Das Finanzamt gab dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom 18. Oktober 2001 statt. Mit Bescheid vom 23. Oktober 2006 verfügte es den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 1996. Mit einem weiteren Bescheid vom 23. Oktober 2006 setzte das Finanzamt zudem Aussetzungszinsen gemäß § 212a Abs. 9 BAO fest. Dem angefochtenen Erkenntnis liegt eine Beschwerde zugrunde, die sich ausschließlich gegen jenen Bescheid richtet, mit dem die Aussetzungszinsen festgesetzt worden sind.
20 Die Festsetzung von Aussetzungszinsen ist - wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat - gesetzliche Folge des verfügten Ablaufes der Aussetzung der Einhebung von Abgabenschulden. Die im Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision relevierte Rechtsfrage stellt sich daher in einem die Festsetzung von Aussetzungszinsen betreffenden Verfahren von vornherein nicht.
21 Soweit in den Revisionsgründen vorgebracht wird, dem Revisionswerber wäre es nicht möglich gewesen, ein Rechtsmittel gegen den Bescheid über die Aussetzung der Einhebung einzubringen, weil er aufgrund der antragsgemäßen Erledigung nicht beschwert gewesen wäre, genügt es - abgesehen davon, dass eine Beschwerde (samt Zurückziehung des Antrages oder dem Hinweis, dass kein Rechtsmittel gegen den Feststellungsbescheid erhoben worden sei) möglich gewesen wäre - darauf zu verweisen, dass eine über Antrag bereits bewilligte Aussetzung der Einhebung jederzeit durch die im § 212a Abs. 8 BAO vorgesehene Tilgung beendet werden kann.
22 Die Revision erweist daher als unzulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen war.
Wien, am 24. Oktober 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150062.L00Im RIS seit
05.02.2020Zuletzt aktualisiert am
05.02.2020