TE Vwgh Beschluss 2019/11/20 Fr 2019/03/0005

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Veröffentlicht am 20.11.2019
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
30/01 Finanzverfassung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §73
AVG §73 Abs2
B-VG Art133 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs7
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012
VwGG §34 Abs1
VwGG §38

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Devolutionsantrag des T W in I, vertreten durch Dr. Hannes Paulweber, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 3, gegen das Landesverwaltungsgericht Tirol wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend eine Angelegenheit nach dem EisbEG, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach dem Vorbringen des Antragstellers habe dieser am 27. Februar 2019 Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 30. Jänner 2019 erhoben, mit dem ein Antrag auf Rückübereignung näher genannter Grundstücksflächen zurückgewiesen wurde. Über diese Beschwerde habe das Verwaltungsgericht bis dato keine Entscheidung gefällt. Die Säumnis sei mangels ersichtlicher nachvollziehbarer Gründe auf das überwiegende Verschulden des Verwaltungsgerichts zurückzuführen. Dieses habe sohin gegen die Entscheidungsfrist des § 73 AVG verstoßen. Aufgrund dieses Säumnisses sei die Zuständigkeitsübertragung auf die Oberbehörde geboten. Es werde deshalb beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge die Angelegenheit zur Entscheidung an sich ziehen und über die in der Beschwerde gestellten Anträge entscheiden.

2 Der Antrag ist unzulässig.

3 Gemäß Art. 133 Abs. 1 B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über

"1. Revisionen gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit;

2. Anträge auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungsgericht;

3. Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten oder zwischen einem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof."

4 Gemäß Art. 133 Abs. 7 B-VG kann wegen Verletzung der Entscheidungspflicht einen Antrag auf Fristsetzung stellen, wer im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet. 5 Der vom Antragsteller angesprochene § 73 AVG lautet:

"§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2b) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

(2) Wird ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben werden kann, nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Berufungsbehörde über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Berufungsbehörde einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(3) Für die Berufungsbehörde beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."

6 § 38 VwGG lautet (auszugsweise):

"§ 38. (1) Ein Fristsetzungsantrag kann erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes- oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist, nicht binnen dieser entschieden hat.

...

(3) Der Fristsetzungsantrag hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des Verwaltungsgerichtes, dessen Entscheidung in der Rechtssache begehrt wird,

2.

den Sachverhalt,

3.

das Begehren, dem Verwaltungsgericht für die Entscheidung

eine Frist zu setzen,

         4.       die Angaben, die erforderlich sind, um glaubhaft zu machen, dass die Antragsfrist gemäß Abs. 1 abgelaufen ist.

(4) Auf Fristsetzungsanträge sind die §§ 33 Abs. 1 und 34 Abs. 1, 2 und 3 sinngemäß anzuwenden. In allen sonstigen Fällen ist dem Verwaltungsgericht aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten das Erkenntnis oder den Beschluss zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie desselben dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn das Verwaltungsgericht das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses unmöglich machen. Wird das Erkenntnis oder der Beschluss erlassen, so ist das Verfahren über den Fristsetzungsantrag einzustellen."

7 Auf dieser gesetzlichen Grundlage ist der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über einen Devolutionsantrag nach § 73 AVG nicht zuständig. Im Übrigen kommt seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, ein Devolutionsantrag (auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf eine administrative Berufungsbehörde) nur mehr in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde, wo für ein administratives Berufungsverfahren noch Platz ist, zum Tragen (vgl. VwGH 2.12.2015, Fr 2015/03/0010).

8 Eine "Umdeutung" des vom Antragsteller so bezeichneten "Devolutionsantrags" in einen Fristsetzungsantrag nach § 38 VwGG verbietet sich deshalb, weil der Antrag auch ausgehend von seinem Inhalt - ausdrücklich - auf eine Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof abzielt, eine Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, anstelle des Verwaltungsgerichts (so wie vor der genannten Novelle bei Säumnisbeschwerden anstelle von Verwaltungsbehörden im Fall deren Säumnis) zu entscheiden, nicht (mehr) besteht.

9 Der Antrag war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs zurückzuweisen.

Wien, am 20. November 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:FR2019030005.F00

Im RIS seit

16.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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