TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/23 98/01/0407

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Veröffentlicht am 23.09.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §32 Abs1;
AsylG 1997 §4;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des R, geboren am 22. Juni 1972, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. April 1998, Zl. 202.672/0-IV/11/98, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein albanisch-stämmiger Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien aus dem Kosovo, ist am 10. Februar 1998 über Ungarn in das Bundesgebiet eingereist. Am 11. Februar 1998 stellte er einen Asylantrag, den das Bundesasylamt, Außenstelle Linz, mit Bescheid vom 26. März 1998 gemäß § 4 Abs. 1 Asylgesetz 1997-AsylG als unzulässig zurückwies. Gegen diesen Bescheid, der ihm am 31. März 1998 zugestellt worden war, erhob der Beschwerdeführer am 3. April 1998 Berufung.

Mit Bescheid vom 15. April 1998 wies der Unabhängige Bundesasylsenat (die belangte Behörde) im Hinblick auf die zweitägige Berufungsfrist des § 32 Abs. 1 erster Satz AsylG die Berufung des Beschwerdeführers als verspätet zurück.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 32 Abs. 1 erster Satz AsylG lautete wie folgt:

"Gegen Bescheide, mit denen Asylanträge als offensichtlich unbegründet abgewiesen oder aus den Gründen der §§ 4 und 5 wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen worden sind, kann nur binnen zwei Tagen nach Zustellung Berufung erhoben werden."

Mit Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zl. G 31/98 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof die im eben wiedergegebenen Satz enthaltene Wendung "§ 4 und" als verfassungswidrig aufgehoben. Die Kundmachung dieses Ausspruchs durch den Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt I erfolgte am 29. Juli 1998 (BGBl. I Nr. 106/1998).

Gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG ist die aufgehobene Wortfolge auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles weiterhin anzuwenden; einen Ausspruch dahingehend, daß die aufgehobene Wendung - über den Anlaßfall hinaus - auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden sei, hat der Verfassungsgerichtshof nicht vorgenommen. Für den vorliegenden Fall - weil nicht Anlaßfall - bedeutet das, daß die Rechtzeitigkeit der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gegen den ihm unstrittig am 31. März 1998 zugestellten Bescheid des Bundesasylamtes noch an der unbereinigten Fassung des § 32 Abs. 1 AsylG zu messen ist. Da diese Berufung ebenso unstrittig erst am 3. April 1998 und damit nach Ablauf der zweitägigen Berufungsfrist - eine Verlängerung derselben im Wege verfassungskonformer Interpretation ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers in Anbetracht des eindeutigen Gesetzeswortlautes ausgeschlossen - erhoben wurde, kommt eine Behebung des angefochtenen Zurückweisungsbescheides nicht in Frage, zumal die erkannte Verfassungswidrigkeit auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr zur Bescheidbehebung führen kann. Ebenso ins Leere gehen muß die Anregung des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof möge (nunmehr in seinem Fall) bezüglich § 32 Abs. 1 erster Satz AsylG ein Gesetzesprüfungsverfahren einleiten. Wohl hat diese Möglichkeit seinerzeit dazu geführt, daß dem Beschwerdeführer mit Berichterverfügung vom 2. Juni 1998 die Verfahrenshilfe zur Erhebung der Beschwerde gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde bewilligt wurde. Mit der Rechtskraft des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1998 ist die mit demselben aufgehobene Wendung in § 32 Abs. 1 erster Satz AsylG für die Vergangenheit jedoch unangreifbar geworden. Die Einleitung eines weiteren, bereits aufgehobene Gesetzesbestimmungen betreffenden Gesetzesprüfungsverfahrens kommt nicht in Betracht (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1990, Slg. Nr. 12.564 und das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1995, Zl. 95/17/0067).

Der Beschwerdeführer verkennt nicht, daß die belangte Behörde - ohne auf die Frage der "Drittstaatssicherheit" in Ungarn einzugehen - seine Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes wegen Versäumung der Berufungsfrist als verspätet zurückgewiesen hat. Dennoch bringt er unter dem Aspekt inhaltlicher Rechtswidrigkeit Argumente gegen die "Drittstaatssicherheit" in Ungarn vor, und zwar erkennbar unter dem Gesichtspunkt, daß zu Unrecht ein Bescheid nach § 4 AsylG ergangen und damit zu Unrecht die Vorschrift über das abgekürzte Berufungsverfahren nach § 32 Abs. 1 AsylG angewendet worden sei. Dieser Überlegung ist zu erwidern, daß § 32 Abs. 1 AsylG nicht auf rechtsrichtige Bescheide nach § 4 leg. cit. beschränkt war, sondern schlechthin (u.a.) alle Bescheide erfaßte, mit denen Asylanträge aus dem Grunde des § 4 wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen worden sind. Ob diese Zurückweisung zu Recht oder zu Unrecht erfolgte, war naturgemäß erst im Rechtsmittelverfahren - auf Grund einer rechtzeitigen Berufung nach § 32 Abs. 1 AsylG - zu klären.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 23. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998010407.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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