Index
Gesundheitswesen - LMGNorm
LMG 1975 §26 Abs1 litdBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Degischer, Dr. Hnatek und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberrat Mag. Dr. Paschinger, über die Beschwerde des KP in L, vertreten durch Dr. Karl Polak, Rechtsanwalt in Linz, Ferihumerstraße 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. April 1980, Zl. SanRB- 4926/2-1980-Hau/G, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.330,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Spruch des an den Beschwerdeführer ergangenen Straferkenntnisses des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 20. März 1980 lautete wie folgt:
"Straferkenntnis
Am 7.6.1977 wurde in Ihrem Filialbetrieb in L, L-Gasse 4, eine lebensmittelpolizeiliche Kontrolle durchgeführt und dabei von dem dort zum Verkauf bereitgehaltenem 'X mit Labilin-Kinderpuder' eine Probe entnommen und zur Begutachtung an die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung in Wien weitergeleitet. Lt. amtl. Untersuchungszeugnis dieser Anstalt widerspricht die Anpreisung des Produktes 'schenkt der Haut wertvolle Aufbaukraft' dem Verbot des § 9 Abs. 1 Lebensmittelgesetz 1975 und stellt eine Irreführung des Käufers dar.
Da sohin die Probe gemäß den Begriffsbestimmungen des § 8 lit. f Lebensmittelgesetz 1975 als falsch bezeichnet zu beurteilen war, hat Herr KP, als Gewerbeinhaber und Importeur der Ware eine Verwaltungsübertretung gemäß § 26 Abs. 1 lit. d des Lebensmittelgesetzes 1975, BGBl. Nr. 86/1975 begangen.
Gemäß § 74 Abs. 1 Lebensmittelgesetz 1975 wird gegen den Beschuldigten eine Geldstrafe von S 500,-- verhängt.
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 1 Tag.
Sie haben gemäß § 45 Abs. 2 des Lebensmittelgesetzes 1975 die mit S 1.465,-- bestimmten Untersuchungskosten sowie S 300,-- für eine Stellungnahme zu diesem Strafverfahren als Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu ersetzen.
Der Bestrafte hat gem. § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 v.H. der verhängten Strafe (ein Tag ist gleich 50,--), d.s. S 50,-- zu bezahlen."
Der Beschwerdeführer erhob gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht Berufung, in der er bestritt, Importeur der Ware zu sein - er sei nur Letztverkäufer -, und behauptete, daß es ihm im übrigen "am Tatbestandsmerkmal der subjektiven Tatseite" ermangle, da er darauf vertrauen konnte, daß die vom Erzeuger oder Importeur gewählte Bezeichnung und Anpreisung den Tatsachen entspreche. Er habe auf die auf der Ware etikettierte Anpreisung und Warenbezeichnung keinen Einfluß gehabt und die schon bezeichnete Ware lediglich eingekauft und ohne Veränderung weiterverkauft.
Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 insofern Folge, als der Beschwerdeführer die gegenständliche Verwaltungsübertretung als Gewerbeinhaber begangen habe und nicht, wie im erstinstanzlichen Straferkenntnis ausgeführt, als Gewerbeinhaber und Importeur der Ware. Gemäß § 64 Abs. 2 VStG 1950 wurde der Beschwerdeführer zu einem Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren von S 50,-- verpflichtet. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, daß er die Ware im Sinne des § 1 Abs. 2 Lebensmittelgesetz 1975 in Verkehr gebracht habe. Die Rechtfertigung richte sich lediglich dahin, daß nicht er als Detailhändler, sondern der Importeur bzw. Erzeuger verantwortlich sei. Der Beschwerdeführer übersehe, daß er im gegenständlichen Fall nicht wegen einer Übertretung der Lebensmittelkennzeichnungsve rordnung 1973 belangt worden sei, sondern wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975 und "für die Verantwortlichkeit das Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens Anwendung zu finden" habe. Der Beschwerdeführer hätte erkennen müssen, daß die gegenständliche Aufschrift nicht mit den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes 1975 im Einklang stehe und hätte sicherlich die Möglichkeit gehabt, die Aufschrift dementsprechend zu ändern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet unter anderem, wie schon in der Berufung, es fehle "an der subjektiven Tatseite", sodaß er keinen Straftatbestand erfüllt habe und erachtet sich - wie seinem Vorbringen zu entnehmen ist - in seinem Recht, nicht bestraft bzw. nur nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens bestraft zu werden, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:
Gemäß § 26 Abs. 1 lit. d LMG 1975 ist es verboten, kosmetische Mittel in Verkehr zu bringen, die falsch bezeichnet sind. Nach § 26 Abs. 2 leg. cit. gelten (für kosmetische Mittel) § 8 lit. a, lit. b und lit. f sinngemäß, § 9 gilt mit der Maßgabe, daß nicht irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen sowie bildliche Darstellungen zur Erläuterung des Anwendungsbereiches zulässig sind. Werden solche Wirkungen behauptet, sind der Behörde auf Verlangen die wirksamen Komponenten bekanntzugeben. Gemäß § 8 lit. f des Gesetzes sind Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden. § 9 Abs. 1 leg. cit. verbietet, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlank machende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken; auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder auf Gutachten hinzuweisen; gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden.
Gemäß § 74 Abs. 1 LMG 1975 macht sich unter anderem derjenige, der kosmetische Mittel falsch bezeichnet oder kosmetische Mittel, die falsch bezeichnet sind, in Verkehr bringt, sofern die Tat nicht nach § 63 Abs. 2 Z. 1 einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen.
§ 1 Abs. 1 VStG 1950 bestimmt, daß als Verwaltungsübertretung eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Nach § 44 a lit. a leg. cit. hat der Spruch (des Strafbescheides), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten:
Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 3. März 1978, Zl. 1509/77, auf das unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird), gehört es zu den selbstverständlichen Grundsätzen jedes Strafverfahrens, daß die zur Last gelegte Tat (Handlung oder Unterlassung) so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist.
Dem oben wiedergegebenen Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, der mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug mit Ausnahme der Worte "und Importeur der Ware" bestätigt worden ist, kann zufolge der unklaren Formulierung nicht mit der gemäß § 44 a lit. a in Verbindung mit § 1 Abs. 1 VStG 1950 erforderlichen Deutlichkeit entnommen werden, welche Tat (Handlung oder Unterlassung) dem Beschwerdeführer als Verwaltungsübertretung zur Last gelegt worden ist. Insbesondere ist aus dem Spruch des im Instanzenzug bestätigten Straferkenntnisses nicht zu erkennen, ob dem Beschwerdeführer als Tathandlung angelastet worden ist, ein kosmetisches Mittel falsch bezeichnet oder ein kosmetisches Mittel, das falsch bezeichnet ist, in Verkehr gebracht zu haben. Weiters ist (vgl. § 1 Abs. 2 LMG 1975) unklar, worin das "Inverkehrbringen" bestanden haben soll, wann es geschehen sein soll und durch welche Vorgangsweise. Daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen ist, der Beschwerdeführer habe eine Verwaltungsübertretung durch das Inverkehrbringen eines falsch bezeichneten kosmetischen Mittels begangen, konnte diese Rechtswidrigkeit nicht beheben, denn die Umschreibung der im Spruch des Straferkenntnisses als erwiesen angenommenen Tat kann hinsichtlich der einzelnen Sachverhaltselemente nicht durch die Begründung des Bescheides ersetzt werden (siehe z. B. das bei Mannlicher, Verwaltungsverfahren, 7. Auflage, auf Seite 1020 zitierte Erkenntnis vom 4. Februar 1958, Slg. Nr. 4549/A).
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß § 26 Abs. 1 lit. d LMG 1975 für sich allein gesehen keine Verwaltungsübertretung darstellt, sondern nur im Zusammenhang mit § 74 Abs. 1 LMG 1975.
Bemerkt wird, daß die Vorschreibung von Kosten des Berufungsverfahrens - ausgehend vom Rechtsstandpunkt der belangten Behörde, welche den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides teilweise zugunsten des Beschwerdeführers abgeändert hat - ebenfalls dem Gesetz widersprochen hat (vgl. § 65 VStG 1950).
Da die belangte Behörde das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz in Verkennung der Rechtslage bestätigt hat, hat sie somit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodaß der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 542/1977. Das auf den Ersatz von Umsatzsteuer und Porto gerichtete Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers mußte abgewiesen werden, da ein derartiger Anspruch im Gesetz nicht gedeckt ist. Weiters konnte das Begehren auf Ersatz von Stempelgebühren für die Beilage nur bis zu einer Höhe von S 20,-- anerkannt werden, weil zur Rechtsverfolgung nur eine Kopie des angefochtenen Bescheides vorzulegen und für diese Beilage, unabhängig von der Zahl der Bögen, nur eine Stempelgebühr zu entrichten waren.
Wien, am 23. März 1981
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Tatvorwurf Beschreibung des in der BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1981:1980001602.X00Im RIS seit
13.12.2019Zuletzt aktualisiert am
13.12.2019