TE Vwgh Erkenntnis 1984/9/19 84/03/0051

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Veröffentlicht am 19.09.1984
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Index

StVO

Norm

StVO 1960 §4 Abs5
StVO 1960 §99 Abs3 litb
VStG §44a lita
VStG §44a Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde des FT in V, vertreten durch Dr. Siegfried Rack, Rechtsanwalt in Völkermarkt, Klagenfurter Straße 9, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 9. Jänner 1984, Zl. 11-75 Te 3-83, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.330,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Gleisdorf vom 24. März 1981 zeigte HS am 27. Februar 1981 um 11,30 Uhr an, er habe gegen 11,20 Uhr seinen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw Marke Golf am Parkplatz gegenüber einem bestimmten Cafe in Gleisdorf am rechten Fahrbahnrand abgestellt. Er sei am Fahrersitz gesessen, sein Begleiter habe Koffer verstaut. Während dieses Vorganges habe der Beschwerdeführer als Lenker des hinter ihm parkenden, dem Kennzeichen nach bestimmten Lkws Marke Chevrolet Blazer aus der Parklücke herausfahren wollen. Dabei sei er mit der vorderen Stoßstange des Lkws gegen das Heck seines Fahrzeuges gefahren und habe dieses, obwohl es eingebremst und der Retourgang eingelegt gewesen sei, um ca. einen halben Meter nach vor verschoben. Dabei sei das Heck des Pkws beschädigt worden. Obwohl er den Beschwerdeführer zur Rede stellen habe wollen, sei dieser davongefahren.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 9. März 1983 wurde der Beschwerdeführer - nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens - schuldig erkannt, er sei zur genannten Zeit am genannten Ort mit seinem dem Kennzeichen nach bestimmten Lkw gegen den genannten parkenden Pkw gefahren und habe diesen dabei beschädigt; in weiterer Folge habe er es unterlassen, seine Identität dem geschädigten Pkw-Besitzer bekanntzugeben oder ohne unnötigen Aufschub den nächsten Gendarmerieposten vom Verkehrsunfall zu verständigen; er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO wurde über ihn eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzarreststrafe von fünf Tagen) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei der Sachverhalt auf Grund der Anzeige und des Ermittlungsverfahrens erwiesen. Der Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe beim Ausparken den Pkw nicht beschädigt und auch nicht angenommen, daß er den Pkw beschädigt haben könne, könne nicht gefolgt werden.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Jänner 1984 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG (§ 24 VStG) als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde unter Hinweis auf das (ergänzende) Ermittlungsverfahren vor allem dargelegt, es sei laut Zeugenaussage des am Tatort einschreitenden Gendarmeriebeamten eine frische, aus einer Entfernung von mehreren Metern erkennbare Beschädigung des Hecks des Pkws vorgelegen. Da der Beschwerdeführer bei der erfolgten und von ihm selbst zugegebenen Kontaktierung der beiden Fahrzeuge nicht habe ausschließen dürfen, daß am gegnerischen Fahrzeug ein Schaden entstanden sei, habe er zumindest fahrlässig die Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO zu verantworten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Anwendung des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO in der anzuwendenden Fassung vor der 10. StVO-Novelle haben die im Abs. 1 genannten Personen, das sind alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, wenn nur Sachschaden entstanden ist. Eine solche Meldung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihre Identität nachgewiesen haben. Gemäß § 99 Abs. 6 lit. a StVO liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn durch die Tat lediglich Sachschaden entstanden ist und die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden (§ 4 Abs. 5) eingehalten worden sind.

Die belangte Behörde hat den Bescheidspruch der ersten Instanz unverändert übernommen. Sie hat demnach dem Beschwerdeführer (alternativ) zur Last gelegt, es unterlassen zu haben, "seine Identität dem geschädigten Pkw-Lenker bekanntzugeben oder ohne unnötigen Aufschub den nächsten Gendarmerieposten vom Verkehrsunfall zu verständigen". Dieser Abspruch steht jedoch mit dem Gesetz nicht im Einklang. Es bestand nämlich keine Verpflichtung zum Nachweis der Identität (§ 1 Abs. 1 VStG), weshalb dem Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs. 5 StVO allenfalls nur zum Vorwurf hätte gemacht werden dürfen (§ 44 a lit. a VStG), es unterlassen zu haben, die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein Identitätsnachweis dem Geschädigten gegenüber unterblieben ist. Da der Spruch eine untrennbare Einheit bildet, kann er auch nicht teilweise (hinsichtlich der Unterlassung der Meldung) für sich bestehen. (Vgl. die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, so z. B. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1981, Zl. 81/02/0131.)

Die belangte Behörde hat somit, da sie den Bescheidspruch der ersten Instanz vollinhaltlich aufrechterhielt, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodaß dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das über den Ersatz von Stempelgebühren für die nur in zweifacher Ausfertigung erforderliche Beschwerde (je Ausfertigung S 120,--) und den nur in einfacher Abschrift vorzulegenden angefochtenen Bescheid (je Bogen S 30,--) hinausgehende Mehrbegehren war gemäß § 58 VwGG 1965 abzuweisen.

Wien, am 19. September 1984

Schlagworte

IdentitätsnachweisMeldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1984:1984030051.X00

Im RIS seit

13.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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