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JagdR - TirolNorm
JagdG Tir 1969 §38 Abs1 Z5Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):83/03/0080Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde des MH in E, vertreten durch Dr. Eberhard Molling, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maximilianstraße 9/I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. Jänner 1983, Zl. IIIa2-2004/2-82, betreffend Übertretung des Tiroler Jagdgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit der Beschwerdeführer damit einer in der Nacht vom 25. zum 26. Oktober 1981 begangenen Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 1 Z. 5 TJG schuldig erkannt und bestraft wurde sowie im diesbezüglichen Ausspruch über den Kostenersatz und im Ausspruch nach § 66 Abs. 4 TJG, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Ein Beamter des Gendarmeriepostens Schwaz erstattete am 15. Dezember 1981 die Anzeige, der Beschwerdeführer, der Jagdpächter der Genossenschaftsjagd S ist, sei auf Grund der durchgeführten Erhebungen verdächtig, am 25. Oktober 1981 gegen
22.30 Uhr im Revierteil "H" unter Verwendung künstlicher Lichtquellen (Autoscheinwerfer und Handquarzlampen) ein Rotwildkalb geschossen zu haben. Am 30. Oktober 1981 habe er in den Abendstunden im selben Gebiet abermals ein Rotwildkalb beschossen, das geflüchtet sei. Diesem habe er gegen 22.30 Uhr unter Verwendung der genannten Lichtquellen den Fangschuß gegeben. Der mit JK am 29. Oktober 1981 vor der Gendarmerie aufgenommenen Niederschrift ist zu entnehmen, dieser habe am 25. Oktober 1981 gegen 22.30 Uhr vom Balkon seines Hauses beobachtet, wie der Geländewagen des Beschwerdeführers (Person habe er keine erkennen können) durch die Gegend gefahren sei, wobei mit einer starken Lampe die Felder ausgeleuchtet worden seien. Er habe das Fahrzeug dann in Richtung D zur Jagdhütte des Beschwerdeführers fahren gesehen. Auf der Höhe des K habe er angehalten. Von dort habe er um 23.18 Uhr einen Schuß gehört. Am 26. Oktober 1981 habe er, als er mit seiner Lebensgefährtin zwischen 7.00 und 8.00 Uhr von S auf dem Weg Richtung D gegangen sei, beobachten können, wie der Beschwerdeführer und sein Begleiter FH ein Stück Rotwild am Waldrand aufgebrochen hätten. Als der Hegemeister dann bei ihm vorbeigekommen sei, habe er ihn davon in Kenntnis gesetzt. Eine weitere Auskunftsperson gab an, zwar den Geländewagen ebenfalls beobachtet, aber keinen Schuß gehört zu haben.
Der Beschwerdeführer, der erklärte, mit dem Jagdwagen das Jagdgebiet abzufahren und mit Scheinwerfern wegen Wilderer auszuleuchten, verantwortete sich am 11. und 24. November 1981 zu dem für das verwaltungsgerichtliche Verfahren allein bedeutsamen Vorfall in der Nacht zum 26. Oktober 1981 zusammenfassend dahin gehend, bei der Fahrt am 25. Oktober 1981 keinen Schuß abgegeben zu haben. Von der Hütte aus seien er und FH erst am 26. Oktober 1981 gegen 5.30 bis 6.00 Uhr auf einen Ansitz gegangen. Gegen 6.30 Uhr habe er in Richtung K ein Rotwildkalb beschossen. Sodann sei er wieder zu seiner Jagdhütte gefahren und habe später mit FH und einem Hund die Nachschau nach dem Kalb begonnen, es gefunden und aufgebrochen. Gegen 10.00 Uhr sei dann der Hegemeister dazugekommen, welcher das Wild gesehen habe.
Der Hegemeister deponierte am 13. Jänner 1982 als Zeuge, er habe am 26. Oktober 1981 vormittags das erlegte Kalb besichtigt. Da es an der Bauchseite bereits grün und Gasgeruch zu verspüren gewesen sei, habe er angenommen, es sei vor 6 bis 7 Stunden erlegt worden.
Bei der Beschuldigtenvernehmung am 24. Februar 1982 wurde dem Beschwerdeführer u. a. zur Last gelegt, in seinem Jagdgebiet am 25. Oktober 1981 dem Schalenwild während der Nachtzeit nachgestellt und hiebei um 23.18 Uhr ein Wildkalb unter Verwendung eines Handscheinwerfers erlegt zu haben. Er erhob seine bei der Gendarmerie gemachten Angaben zu seiner Rechtfertigung und verwies des weiteren darauf, daß in S der Jagdneid eine große Rolle spiele, da einige Jäger keine Möglichkeiten hätten, in S zu jagen.
Der Amtssachverständige (Amtstierarzt) gab am 2. März 1982 (Gegenstand war der Wildabschuß am 25. bzw. 26. Oktober 1981) an, der Hegemeister habe am 26. Oktober 1981 um 11.00 Uhr festgestellt, daß das Kalb an der Unterseite grün gewesen sei und eine vergaste Witterung ausgeströmt habe. Derartige Erscheinungen würden meist erst 5 bis 10 Stunden nach dem Abschuß bei unaufgebrochenen Tieren auftreten, nicht aber, wenn das Wild schon nach 1 1/2 Stunden aufgebrochen werde. Dies gelte auch, wenn es, wie vorliegend, zu einem Pansendurchschuß gekommen sei.
JK wiederholte am 8. März 1982 als Zeuge im wesentlichen seine Angaben vor der Gendarmerie.
In seiner schriftlichen (durch seinen Rechtsanwalt erstatteten) Stellungnahme vom 11. Juni 1982 verantwortete sich der Beschwerdeführer wie bisher, nur gab er die Schußzeit am 26. Oktober 1981 irrtümlich mit 5.30 Uhr an, welchen Umstand er in der Folge im Schriftsatz vom 19. August 1982 unter Hinweis auf seine sonstigen Angaben berichtigte. Die Ausleuchtung der Felder am 25. Oktober 1981 sei auch erfolgt, um das Rotwild von den Feldern zur Vermeidung größerer Wildschäden abzuhalten.
FH gab am 22. Juli 1982 als Zeuge an, man habe nach dem Befahren des Reviers am 25. Oktober 1981 in der Jagdhütte übernachtet. Gegen 5.30 Uhr habe er sich mit dem Beschwerdeführer zum Revierteil H begeben. Als eindeutig Schußlicht gewesen sei, sei von dem in einiger Entfernung befindlichen Beschwerdeführer zwischen 5.30 Uhr und 6.00 Uhr ein Schuß abgegeben worden. In der Hütte hätten sie sich dann wieder getroffen und seien zwischen 8.00 und 9.00 Uhr weggefahren, um das Kalb zu suchen. Das Kalb sei, als es zur Hütte gebracht worden sei, zwar an der Unterseite grün gewesen und habe gerochen, doch sei dies darauf zurückzuführen, daß der Pansen ganz zerrissen gewesen sei. Während der Nachtzeit sei keinem Schalenwild nachgestellt worden.
Der Zeuge LW deponierte am 22. Juli 1982, er sei am 26. Oktober 1981 mit einem Gast gegen 3.00 Uhr ins Revier gekommen. Bei Schußlicht, es müsse zwischen 5.00 und 6.00 Uhr gewesen sei, habe er einen Schuß gehört. Es sei keinesfalls mehr Nachtzeit gewesen.
Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, die sich ebenfalls in der Nacht zum 26. Oktober 1981 in der Hütte befunden hatte, erklärte am 23. Juli 1982, daß der Beschwerdeführer und FH gegen 5.00 Uhr früh die Hütte verlassen hätten. Sie sei auch jagen gegangen. Als sie zu ihrem Hochstand gekommen sei, habe sie glaublich 5 bis 10 Minuten später den Schuß des Beschwerdeführers gehört. Es sei bereits Schußlicht gewesen und keineswegs mehr Nachtzeit.
Einer im Akt erliegenden Äußerung der Jagdgenossenschaft S vom 30. Juni 1982 ist weiters zu entnehmen, daß es sich bei den Anzeigern um Personen gehandelt habe, die sich sehr für die Jagd interessierten, aber in S keine Möglichkeit hiezu gefunden hätten, da sie der Beschwerdeführer abgelehnt habe.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 7. September 1982 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe a) in der Nacht vom 25. zum 26. Oktober 1981 im Revierteil H dem Schalenwild nachgestellt und hiebei ein Hirschkalb erlegt, b) am 30. Oktober 1981 in der Genossenschaftsjagd S abermals dem Schalenwild nachgestellt und hiebei c) am 30. Oktober 1981 gegen 22.00 Uhr im genannten Revierteil ein Wildkalb unter Verwendung eines Handscheinwerfers erlegt, und dadurch Verwaltungsübertretungen, nämlich zu a) und b) nach § 38 Abs. 1 Z. 5 des Tiroler Jagdgesetzes 1969 (JG) und zu c) nach § 38 Abs. 1 Z. 6 JG begangen. Gemäß § 66 JG wurden über ihn Geldstrafen, nämlich zu a), b) und c) von je S 5.000,-- (Ersatzarreststrafen von je 3 Tagen) verhängt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 JG die Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, bis 31. Mai 1985 aberkannt. Zur Begründung wurde hinsichtlich der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren allein bedeutsamen unter
a) genannten Übertretung ausgeführt, durch Zeugenaussagen sei erwiesen, der Beschwerdeführer habe am Abend des 25. Oktober 1981 die Felder ausgeleuchtet. Um 23.18 Uhr sei nach Angaben des Zeugen JK - es bestehe kein Anlaß, diesem Zeugen nicht zu glauben - ein Schuß gefallen. Im Zusammenhalt mit den Angaben des Hegemeisters und dem Gutachten des Amtssachverständigen sei daher als erwiesen anzunehmen, das Kalb sei nicht erst am Morgen des 26. Oktober 1981, sondern schon in der Nacht erlegt worden.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung und rügte die Unterlassung der Vernehmung des von ihm weiters beantragten Zeugen JM.
Die belangte Behörde holte am 6. Oktober 1982 fernmündlich eine Auskunft der Wetterwarte Innsbruck ein, wonach am 26. Oktober 1981 der Sonnenaufgang um 6.50 Uhr gewesen sei.
Hiezu gab der Beschwerdeführer am 19. Oktober 1982 die Äußerung ab, es könne daher keine Rede von einer Jagdausübung zur Nachtzeit sein, da nach dem Jagdgesetz die Jagdzeit eine Stunde vor Sonnenaufgang beginne und der Vorfall um 6.30 Uhr gewesen sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. Jänner 1983 wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 teilweise Folge gegeben und das erstinstanzliche Erkenntnis dahin abgeändert, daß es zu lauten habe, der Beschwerdeführer habe in der Nacht vom 25. zum 26. Oktober 1981 im Revierteil H dem Schalenwild nachgestellt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 1 Z. 5 JG begangen. Gemäß § 66 Abs. 1 JG wurde über ihn eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzarrestrafe von 2 Tagen) verhängt und ihm gemäß § 66 Abs. 4 JG die Fähigkeit, eine Tiroler Jagdkarte zu erlangen, auf die Dauer eines Jahres (ab Rechtskraft dieser Entscheidung) aberkannt. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe der Verantwortung des Beschwerdeführers ausgeführt, auf Grund des Ermittlungsverfahrens ergebe sich, der Beschwerdeführer sei am 26. Oktober 1981 um 5.00 Uhr nach der Aussage seiner Lebensgefährtin auf die Jagd gegangen. Nach seinen eigenen Angaben habe er schon um 5.30 Uhr ein Hirschkalb erlegt, obwohl der Sonnenaufgang erst um 6.50 Uhr gewesen sei. Als Nachtzeit gelte die Zeit bis eine Stunde vor Sonnenaufgang. Dem Schalenwild nachzustellen sei somit erst ab 5.50 Uhr erlaubt gewesen. Daß ein Nachstellen vorgelegen sei, ergebe sich eindeutig aus der unwidersprochen gebliebenen Aussage der Lebensgefährtin, wonach der Beschwerdeführer und FH gegen 5.00 Uhr zur Jagd aufgebrochen seien, und andererseits aus der Tatsache, daß nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen FH und LW gegen 5.30 Uhr ein Hirschkalb durch den Beschwerdeführer erlegt worden sei. Nachdem "Nachstellen" ein Verhalten sei, das dem Fangen oder Erlegen von Wild diene, sei eine Übertretung nach § 38 Abs. 1 Z. 5 JG erwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegenden Beschwerde, mit der wohl in erster Linie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, schließlich aber indes auch vorgebracht wird, der Beschwerdeführer sei durch die zweite Instanz einer Tat schuldig erkannt worden, die ihm von der ersten Instanz nicht zur Last gelegt worden sei, womit ein unzulässiger Entzug einer Instanz vorliege; damit macht der Beschwerdeführer auch Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 5 des Tiroler Jagdgesetzes 1969, LGBl. Nr. 19 in der anzuwendenden Fassung, ist verboten, dem Schalen- und Federwild sowie den Hasen zur Nachtzeit nachzustellen. Das Verbot trifft nicht die Jagd auf Gänse, Enten, Schnepfen sowie Auer-, Rackel- und Birkhahnen. Als Nachtzeit gilt die Zeit von einer Stunde nach Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang.
Soweit der Beschwerdeführer vermeint, es sei ihm im angefochtenen (Berufungs)Bescheid eine andere Tat zur Last gelegt worden als im erstinstanzlichen Straferkenntnis, weshalb ihm eine Instanz entzogen worden sei, kann diesem Vorbringen jedoch nicht gefolgt werden.
Es trifft zwar zu, daß die Erstbehörde als Tatzeit der Erlegung des Hirschkalbes in der Begründung ihres Bescheides
23.18 Uhr am 25. Oktober 1981 feststellte, während die belangte Behörde in ihrer Begründung als Zeitpunkt der Schußabgabe 5.30 Uhr am 26. Oktober 1981 als erwiesen annahm. Der Beschwerdeführer übersieht jedoch, daß ihm von allem Anfang an die Jagdausübung in dieser Nacht (vom 25. auf 26. Oktober 1981) durch den Abschuß dieses einen Hirschkalbes zur Last gelegt wurde, wobei nur divergierende Angaben über den genauen Zeitpunkt vorlagen und eben die belangte Behörde auf Grund der von ihr vorgenommenen Beweiswürdigung in Ansehung der Abschußzeit in dieser Nacht zu einem anderen Ergebnis als die erste Instanz gelangte, wozu sie zufolge § 66 Abs. 4 AVG 1950 berechtigt war. Es liegt somit unmißverständlich Identität der Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 vor. Daß sich der Beschwerdeführer stets bewußt war, daß Sache des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens der Abschuß dieses einen Hirschkalbes in der Nacht zum 26. Oktober 1981 war, beweist nicht nur seine Verantwortung vor der Erstbehörde und die Namhaftmachung von Zeugen über den Zeitpunkt des Abschusses, sondern auch seine Rechtfertigung vom 19. Oktober 1982 im Berufungsverfahren, in der er ausdrücklich darauf verwies, es könne von einer Jagdausübung zur Nachtzeit keine Rede sein, weil die Jagdzeit zufolge des von der belangten Behörde erhobenen Sonnenaufganges um 5.50 Uhr begonnen, er aber den Abschuß erst um 6.30 Uhr getätigt habe. Es kann somit auch von einer Verletzung des Parteiengehörs nicht gesprochen werden. Die Ansicht des Beschwerdeführers, es liege eine Verletzung des Grundsatzes "ne bis in idem" vor, geht ins Leere, zumal ein solcher Verstoß nur dann vorliegt, wenn jemand für ein und dieselbe Tat, wegen der er bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, neuerlich verurteilt wird.
Dem Beschwerdevorbringen ist weiters zu entnehmen, daß eine Verletzung des § 44 a (zu ergänzen: lit. a) VStG 1950 darin erblickt werde, weil die belangte Behörde, die den Bescheidspruch neu gefaßt habe, diesen im Gegensatz zur Erstbehörde nicht entsprechend konkretisiert habe. Dieser Rüge kann die Berechtigung nicht versagt werden. Der Spruch hat nach § 44 a lit. a VStG 1950 die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Es bedarf demgemäß der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (lit. b) erforderlich sind. Dies bedeutet, daß es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde im Bescheidspruch bloß den Gesetzeswortlaut wiedergegeben, ohne diesen entsprechend den Anforderungen des § 44 a lit. a VStG 1950 zu konkretisieren, also anzuführen, durch welches konkrete Verhalten des Beschwerdeführers das Nachstellen erfolgte. Eine nähere Umschreibung lediglich in der Begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus. (Vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. Jänner 1982, Zl. 81/03/0203.) Im übrigen läßt auch die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht eindeutig erkennen, worin die Verwirklichung des Tatbestandmerkmals des Nachstellens im gegebenen Fall erblickt wurde. Sei es allein durch den - wie es der Beschwerdeführer vermeint - nach der Begründung mit 5.30 Uhr angenommenen Abschuß des Hirschkalbes oder auch schon durch den vorher erfolgten Aufbruch zur Jagd. Unter dem Begriff des Verbotes des "Nachstellens" im Sinne des § 38 Abs. 1 Z. 5 JG ist nach dem Gesetzeszusammenhang und dem Sinngehalt dieser Bestimmung nur das Fangen und Erlegen des dort genannten Wildes zu verstehen, nicht aber schon des Hinbegeben zum Ansitz, um dort den Beginn der Schußzeit abzuwarten. Soll doch damit dem Jäger nicht verwehrt werden, sein Revier auch zur Nachtzeit zu durchstreifen, das Wild zu beobachten etc. Darüber hinaus ist ihm ja auch zur Nachtzeit das Fangen und Erlegen bestimmter Wildarten ausdrücklich gestattet, wozu es des Durchstreifens des Revieres bedarf.
Da die belangte Behörde somit der Vorschrift des § 44 a lit. a VStG 1950 zuwiderhandelte, erweist sich damit der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.
Darüber hinaus ist der angefochtene Bescheid aus folgenden Erwägungen mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Als aktenwidrig erweist sich zunächst, wie schon die Sachverhaltsdarstellung zeigt, die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe selbst zugegeben, schon um
5.30 Uhr das Hirschkalb erlegt zu haben. Hat er doch von Anfang an den Zeitpunkt des Abschusses mit ca. 6.30 Uhr angegeben und beruhte die einmalige Anführung des Zeitpunktes 5.30 Uhr in der Rechtfertigung vom 11. Juni 1982 auf einem offenkundigen Versehen, wie sich aus dem Schriftsatz vom 19. August 1982 ergibt. Auch aus den Angaben der Zeugen FH und LW läßt sich keinesfalls der sichere Schluß für einen um 5.30 Uhr erfolgten Abschuß ziehen, zumal der erstgenannte Zeuge von einem Abschuß zwischen 5.30 und 6.00 Uhr spricht und LW einen Schuß zwischen 5.00 und 6.00 Uhr gehört haben will, aber betonte, daß keinesfalls mehr Nachtzeit gewesen sei. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers hat schließlich deponiert, daß Schußlicht gewesen sei und keinesfalls mehr Nachtzeit geherrscht habe. Es hätte daher deshalb einer eingehenderen Befragung der Zeugen bedurft, insbesondere auch darüber, was sie mit den Begriffen Schußlicht bzw. Nachtzeit zum Ausdruck bringen wollten. Überdies wurde die Einvernahme des vom Beschwerdeführer beantragten weiteren Zeugen JM unterlassen, obwohl die Behörde verpflichtet ist, alle zur Entlastung des Beschuldigten dienende Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden (vgl. § 25 Abs. 2 VStG 1950), und eine vorgreifende Beweiswürdigung unzulässig ist. Der Beschwerde kann allerdings nicht gefolgt werden, soweit damit zum Ausdruck gebracht wird, die Auskunft der Wetterwarte Innsbruck sei bezüglich des Zeitpunktes des Sonnenaufganges nicht als verläßlich anzusehen. Ist doch der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren dieser Auskunft in keiner Weise entgegengetreten, sodaß sich sein nunmehriges Vorbringen als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 unzulässige Neuerung darstellt.
Da die belangte Behörde nach den obigen Ausführungen die Bestimmung des § 44 a lit. a VStG 1950 verletzt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Im Hinblick auf diese Entscheidung erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das über den Ersatz von Stempelgebühren für die nur in zweifacher Ausfertigung erforderliche Beschwerde (je Ausfertigung S 100,--), die Vollmacht (S 100,--) und den in einfacher Abschrift vorzulegenden angefochtenen Bescheid (je Bogen S 25,--, somit S 50,--) hinausgehende Mehrbegehren war gemäß § 58 VwGG 1965 abzuweisen.
Wien, am 15. Juni 1983
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1983:1983030079.X00Im RIS seit
12.12.2019Zuletzt aktualisiert am
12.12.2019