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VerwaltungsverfahrenNorm
AmtsspracheV Slowenisch 1977 §4 Abs1 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Hnatek, Dr. Stoll und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Starlinger, über die Beschwerde des Zentralverbandes slowenischer Organisationen in Kärnten Zveza slovenskih organisacij na Koro?kem in Klagenfurt vertreten durch Dr. Franz Zwitter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Paulitschgasse 5-7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 11. März 1983, Zl. 23.771/1-30/83, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.) Das Slowenische wissenschaftliche Institut in Klagenfurt beantragte durch seinen Direktor am 3. Februar 1983 beim Landesschulrat für Kärnten die Erteilung der Bewilligung zur Abhaltung einer Befragung der Schüler der 7. und 8. Klassen des Bundesgymnasiums für Slowenen in der ersten Woche des Monats März 1983 (28. 2. bis 5. 3. 1983) an der Schule außerhalb des normalen Unterrichtes und nach Absprache mit dem Direktor durch geschulte Erhebungsleute zur Gewinnung von Grundangaben zur Untersuchung der "Motivierung und Standpunkte beim Gebrauch der slowenischen und deutschen Sprache zwischen der slowenischen Mittelschuljugend in Kärnten".
2.) Der Landesschulrat für Kärnten richtete hierauf an das genannte Institut ein Schreiben folgenden Inhaltes.
"Ihre in slowenischer Sprache abgefaßte Eingabe vom 3.2.1983, Zl. 106/83, kann, da sie den Bestimmungen des Abschnittes V des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976, und der Verordnung der Bundesregierung vom 31. Mai 1977 über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird, BGBl. Nr. 307/1977, nicht entspricht, vom Landesschulrat für Kärnten nicht in Behandlung genommen werden. Es wird Ihnen freigestellt, eine den Bestimmungen der zitierten Rechtsvorschriften entsprechende Eingabe einzubringen.
Hochachtungsvoll."
3.) Die beschwerdeführende Partei, eine juristische Person mit dem Sitz in Klagenfurt, welche behauptet, Rechtsträger des unter I/1 genannten, von ihr gegründeten Instituts zu sein, betrachtete das Schreiben (I/2) des Landesschulrates für Kärnten als Bescheid, mit dem die Sachbehandlung des Antrages des Institutes abgelehnt worden sei, und erhob dagegen Berufung.
4.) Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Unterricht und Kunst (in der Folge: belangte Behörde) diese Berufung gemäß § 63 Abs. 2 und 66 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig mit der Begründung zurück, es habe sich beim Schreiben des Landesschulrates für Kärnten (I/2) nicht um einen Bescheid, sondern um einen Auftrag zur Behebung von Formgebrechen gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 und damit um eine Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG 1950 gehandelt. Die Berufung sei daher im Sinne der zuletzt zitierten Gesetzesstelle unzulässig und deshalb gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zurückzuweisen.
5.) Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht aus den §§ 13 Abs. 1 und Abs. 2, 14 Abs. 1, 16, 17, VolksgruppenG, BGBl. 1976/396, aus § 31 Minderheiten-SchulG für Kärnten BGBl. 1959/101, aus § 4 Abs. 1 Z. 1 AmtssprachenVO, BGBl. 1977/307, und, wie den Beschwerdegründen zu entnehmen ist, auch in ihrem Recht auf "Sachbehandlung", also auf meritorische Erledigung der Berufung verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
6.) Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der beantragt wird, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.) Mit den Fragen der Verwendung der slowenischen Sprache zusätzlich zur deutschen als Amtssprache vor dem Landesschulrat für Kärnten gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 AmtssprachenVO, des Weges der Durchsetzung des Rechtes auf Verwendung dieser zusätzlichen Amtssprache und des normativen Gehaltes eines Bescheides der belangten Behörde, welcher dem im vorliegenden Beschwerdefall angefochtenen vergleichbar ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 20. Juni 1983, Zlen. 83/10/0095, 0096, 0132, 0133, in einem auch die Parteien des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffenden Beschwerdefall befaßt. Auf diese Ausführungen im zitierten Erkenntnis (II/1 bis 3), die auch für den vorliegenden Beschwerdefall Gültigkeit haben, wird hingewiesen.
2.) Das Schreiben des Landesschulrates für Kärnten (I/2) war unbestrittenermaßen nicht als Bescheid bezeichnet.
Die belangte Behörde betrachtet es als Aufforderung zur Beseitigung des Formgebrechens (Abfassung in einer nach Ansicht des Landesschulrates für Kärnten als Amtssprache nicht zugelassenen Sprache).
Die beschwerdeführende Partei erblickt in diesem Schreiben einen Bescheid auf Zurückweisung des Anbringens, weil das Schreiben des Landesschulrates für Kärnten der notwendigen Einzelheiten einer Verfahrensanordnung im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 entbehre (genaue Bezeichnung des Formgebrechens, Setzung einer Verbesserungsfrist). Sie behauptet, die "Verkleidung" der Erledigung des Landesschulrates für Kärnten durch den angefochtenen Bescheid als "Auftrag zur Behebung von Formgebrechen" stelle einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des administrativen Verfahrensrechtes dar, mit dem Ziel, der beschwerdeführenden Partei die Anfechtungsmöglichkeit zu verbauen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag dieser Ansicht der beschwerdeführenden Partei nicht beizutreten:
Gemäß § 46 Abs. 2 Schulunterrichtsgesetz, BGBl. 1974/139 (in der Folge: SchUG), darf die Teilnahme von Schülern an Veranstaltungen, die nicht Schulveranstaltungen (§ 13) sind, in der Schule nur organisiert werden, wenn dies von der Schulbehörde erster Instanz bewilligt worden ist. Diese. Bestimmung findet im Hinblick auf § 1 SchUG und § 25 Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, BGBl. 1959/101, iVm § 81 Abs. 3 SchUG auch auf das Bundesgymnasium für Slowenen in Kärnten Anwendung. Es scheint nicht von vornherein denkunmöglich, die angestrebte Umfrage (I/1) als Veranstaltung im Sinne des § 46 Abs. 2 SchuG anzusehen. Es wäre daher aufgrund des Antrages des laut Behauptung der beschwerdeführenden Partei von ihr getragenen Institutes Aufgabe der Schulbehörde erster Instanz - hier also des Landesschulrates für Kärnten (§ 3 Abs. 1 Z. 1 lit. b Bundes-Schulaufsichtsgesetz) - zu prüfen, ob eine Veranstaltung im Sinne des § 46 Abs. 2 SchUG angestrebt wird und bejahendenfalls, ob die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 zweiter Satz SchUG für die Erteilung der Bewilligung vorliegen. Der Antrag (I/1) zielte daher seiner Art nach auf die Erlassung eines formellen, individuellen Verwaltungsaktes, also eines Bescheides. Auf das Verfahren hierüber hatten gemäß Art. II Abs. 2 A Zif. 7 EGVG 1950 die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes zur Anwendung zu kommen.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 berechtigen Formgebrechen schriftlicher Eingaben die Behörde noch nicht zur Zurückweisung; sie hat deren Behebung von Amts wegen zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung auftragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist nicht mehr berücksichtigt wird.
Schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ist zu entnehmen, daß der Behörde für den Weg, sich ihrer Pflicht, die Behebung von Formgebrechen von Amts wegen zu veranlassen, zu entledigen, keine engen Grenzen gesetzt sind; entsprechend dem die Verfahrensgesetze beherrschenden Grundsatz möglichst ökonomischer Gestaltung der Verfahrensabläufe ist sie daher gehalten, die Beseitigung von Formgebrechen auf zweckmäßige Weise herbeizuführen; dem Einschreiter die Behebung des Formgebrechens unter Fristsetzung aufzutragen, stellt daher nur eine der Möglichkeiten dar, die Behebung von Formgebrechen zu veranlassen. Lediglich bei fristgebundenen Anbringen ist dieser Weg zur Vermeidung einer vom Gesetz nicht gewollten Fortdauer eines Schwebezustandes unumgänglich.
Das Schreiben des Landesschulrates für Kärnten (I/2) hat die durch das Anbringen anhängig gemachte Verwaltungsrechtssache weder verfahrensrechtlich noch meritorisch erledigt, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, daß nach Ansicht der Schulbehörde erster Instanz der schriftliche Antrag nicht in der zulässigen Amtssprache verfaßt sei und deshalb nicht erledigt werden könne, dem Einschreiter jedoch die Einbringung eines formgerechten (also in deutscher Sprache verfaßten) Antrages freistehe. Die Sprache des Anbringens in einer Verwaltungsrechtssache betrifft seine Form (vgl. § 14 Abs. 2 Volksgruppengesetz).
Das Schreiben des Landesschulrates für Kärnten wurde von der belangten Behörde daher richtig als Veranlassung im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 beurteilt. Zu Unrecht erblickt die beschwerdeführende Partei in dieser Beurteilung einen Mißbrauch des Verfahrensrechtes mit dem Ziel, ihr die Anfechtungsmöglichkeit zu nehmen. Mit der Berufung gegen den Bescheid der Behörde kann nämlich die Lösung der Frage durch die Behörde erster Instanz, ob ein Formgebrechen vorliegt, bekämpft werden. § 63 Abs. 2 AVG 1950 nimmt lediglich aus Gründen der Verfahrensökonomie die Möglichkeit abgesonderter Anfechtung von Verfahrensanordnungen. Zu diesen gehört auch die Veranlassung gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950. Der Einschreiter ist nicht daran gehindert, sein Anbringen der Behörde unverbessert zur Entscheidung vorzulegen und gegen den Bescheid mit dem das Anbringen wegen des unbehobenen, vermeintlichen Formgebrechens zurückgewiesen wird, Berufung zu erheben bzw. gegen die allfällige Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Behörde erster Instanz den Rechtsbehelf des § 73 Abs. 2 AVG 1950 zu ergreifen.
3.) Da es sich beim Schreiben des Landesschulrates für Kärnten (I/2) nicht um einen Bescheid handelte, wurde die beschwerdeführende Partei durch die Zurückweisung ihrer Berufung in ihren Rechten nicht verletzt. Die Beschwerde mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden.
4.) Von der Durchführung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten Verhandlung konnte Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt (§ 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. 1982/203).
5.) Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b, 48, 49 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 12. September 1983
Schlagworte
Verbesserungsauftrag BejahungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1983:1983100167.X00Im RIS seit
13.12.2019Zuletzt aktualisiert am
13.12.2019