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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §21 Abs7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch Dr. Ralph Mitsche, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. Mai 2019, W203 2197524-1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 11. April 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er damit, dass er von den Taliban mit dem Tod bedroht worden sei. Er habe als Polizist gearbeitet und gegen die Taliban gekämpft.
2 Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 24. August 2017 wurde der Revisionswerber rechtskräftig wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 2 StGB und des Vergehens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Abs. 1 Z 3 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Am 25. September 2017 wurde der Revisionswerber mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 2a 2. Fall SMG, teils blieb es beim Versuch nach 15 StGB und nach § 27 Abs. 1 Z 1 SMG) sowie des Vergehens des Diebstahles nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Vom Widerruf der mit Urteil vom 24. August 2017 bedingt nachgesehen Freiheitsstrafe wurde abgesehen, aber die Probezeit auf fünf Jahre verlängert. 3 Mit Bescheid vom 30. April 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Unter einem erkannte die Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab, legte keine Ausreisefrist fest und erließ ein mit sieben Jahren befristetes Einreiseverbot. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 3. Mai 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ohne Durchführung einer Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde, mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, das BVwG habe zu Unrecht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen. Nur durch eine mündliche Verhandlung hätte es sich ein persönliches Bild vom Revisionswerber und seinem Vorbringen machen können, um den zugrundeliegenden Sachverhalt hinreichend und vollständig zu ermitteln und die Glaubwürdigkeit der Vorbringen des Revisionswerbers zu überprüfen sowie eine ausreichende Gefährdungsprognose hinsichtlich des verhängten Einreiseverbots vornehmen zu können. Darüber hinaus sei das Parteiengehör in Bezug auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 verletzt worden.
9 Dem Revisionswerber ist zuzustimmen, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt darauf hingewiesen hat, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Allerdings kann in eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden (vgl. VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0147, mwN; grundlegend zur Verhandlungspflicht 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018). 10 Mit dem lediglich abstrakt gehaltenen und ohne einen Bezug zum vorliegenden Fall herstellenden Vorbringen zur Verhandlungspflicht unter Wiedergabe von Zitaten aus andere Fälle betreffenden Entscheidungen legt die Revision in ihrer Zulassungsbegründung allerdings nicht dar, dass kein solch eindeutiger Fall vorliege und damit das BVwG von den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, warum gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG von der Durchführung einer Verhandlung Abstand genommen werden darf. Insbesondere wird auch nicht ausgeführt, welche zugunsten des Revisionswerbers sprechenden Umstände vom BVwG hätten ergänzend festgestellt werden müssen. Angesichts der festgestellten Straftaten des Revisionswerbers, wobei er Delikte nach dem Suchtmittelgesetz bereits zwei Wochen nach einer Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe begangen hat, ist darüber hinaus von einem eindeutigen Fall sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose nach § 53 Abs. 3 FPG als auch die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG auszugehen, zumal nur ein Eingriff in das nach Lage des Falles nicht besonders ausgeprägte Privatleben vorliegt.
11 Insoweit der Revisionswerber die Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, ist auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach es nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne deren Relevanz darzulegen (vgl. etwa VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0055, mwN). Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 15.4.2019, Ra 2019/20/0110, mwN). Fallbezogen erfüllt die Zulässigkeitsbegründung diese Anforderungen nicht.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 30. Oktober 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140245.L00Im RIS seit
11.12.2019Zuletzt aktualisiert am
11.12.2019