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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, in der Beschwerdesache des 1980 geborenen DM, vertreten durch den Vater AM, beide in Wien, letzterer vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 1996, Zl. 306.669/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandlos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte, vertreten durch seinen Vater, am 19. Jänner 1996 bei der österreichischen Botschaft in Zagreb einen als "Erstantrag" bezeichneten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, der am 6. Februar 1996 beim Magistrat der Stadt Wien einlangte.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 12. Dezember 1996 wies der Bundesminister für Inneres den Antrag gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Antrag sei nicht vor der Einreise des Beschwerdeführers gestellt worden. Zwar sei der Antrag "vom gesetzlichen Vertreter bei der Vertretungsbehörde eingebracht" worden, der Beschwerdeführer sei jedoch vor, während und nach der Antragstellung in Österreich polizeilich gemeldet bzw. aufhältig gewesen. In einem ausführlichen Schriftverkehr habe er mehrmals bestätigt, im Bundesgebiet aufhältig zu sein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte zunächst die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Mit Schriftsatz vom 2. September 1998 legte die belangte Behörde eine Durchschrift eines Bescheides der Wiener Landesregierung vom 16. Juli 1998 vor, demzufolge dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden ist. Über Vorhalt bestätigte der Beschwerdevertreter, daß dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher im folgenden davon aus, daß der Beschwerdeführer mittlerweile österreichischer Staatsbürger geworden ist. Da er gemäß § 1 Abs. 1 AufG keiner Aufenthaltsbewilligung mehr bedurfte (bzw. keiner Niederlassungsbewilligung gemäß § 7 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997), hat der Beschwerdeführer auch kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Mangels einer formellen Klaglosstellung liegen die Voraussetzungen für Kostenzusprüche gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. I Nr. 88/1997 zur Anwendung. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand nicht erfordert, waren die Kosten jener Partei zuzusprechen, die bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegt hätte:
Der Beschwerdeführer hat bereits auf seinem Antragsformular angegeben, Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina zu sein. Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde gingen übereinstimmend davon aus, daß der Beschwerdeführer bosnischer Staatsangehöriger sei. Vorgelegt wurde im Verwaltungsverfahren weiters ein Meldezettel des Beschwerdeführers, mit dem eine Anmeldung an einer Wiener Adresse am 17. Juli 1992 dokumentiert ist (vgl. OZ. 26 des Verwaltungsaktes). In einer mit dem Vater des Beschwerdeführers aufgenommenen Niederschrift beim Amt der Wiener Landesregierung vom 9. Mai 1996 (vgl. OZ. 49 des Verwaltungsaktes) gab dieser an, daß sich sein Sohn (der Beschwerdeführer) bereits seit 1992 in Österreich aufhalte. Weiters wurde in der Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Vater des Beschwerdeführers nach dem Ausbruch des Krieges in Bosnien -Herzegowina seinen Sohn (den Beschwerdeführer) und dessen Schwester noch nach Österreich habe holen können. Bei der Einreise nach Österreich im Juni 1992 seien die Einreisenden an der österreichischen Grenzkontrollstelle durchgewunken worden. Grund für die Einreise in das Bundesgebiet sei der Bürgerkrieg in der Heimat Bosnien-Herzegowina gewesen. Ausdrücklich wird in der Berufung auf die "Bosnierverordnungen" der Bundesregierung verwiesen.
Gemäß § 1 Abs. 1 der am 9. Juni 1995 ausgegebenen Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 389/1995, hatten Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina und deren Ehegatten und minderjährige Kinder, die aufgrund der bewaffneten Konflikte in ihrer Heimat diese verlassen mußten, anderweitig keinen Schutz fanden und vor dem 1. Juli 1993 eingereist waren, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, das gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung bis zum 30. Juni 1996 bestand. Gemäß § 2 der am 28. Juni 1996 ausgegebenen Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 299/1996, konnten Fremde, die aufgrund der Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 389/1995 am 1. Jänner 1996 ein Aufenthaltsrecht hatten, den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG ausnahmsweise im Inland stellen.
Träfen die im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben des Beschwerdeführers zu, so wäre es nicht ausgeschlossen, daß er als Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, der aufgrund der bewaffneten Konflikte in seiner Heimat diese verlassen mußte, anderweitig keinen Schutz gefunden hatte und vor dem 1. Juli 1993 in das Bundesgebiet eingereist war, am 1. Jänner 1996 vorübergehend zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen und hätte demnach gemäß § 2 der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 20. Jänner 1997) maßgeblichen Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 299/1996 ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt gewesen. Die auf § 6 Abs. 2 AufG gestützte Abweisung seines unbestritten im Inland gestellten Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wäre dann jedoch unzulässig gewesen. Es wäre daher Sache der belangten Behörde gewesen, im Hinblick auf die wiedergegebenen Hinweise im Verwaltungsverfahren für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Inlandsantragstellung entsprechende Feststellungen zu treffen. Derartige Feststellungen hat die belangte Behörde jedoch unterlassen. Da sie bei Vermeidung ihrer Verfahrensfehler - wie aufgezeigt - zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, wäre der angefochtene Bescheid bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben gewesen, sodaß dem Beschwerdeführer gemäß § 58 Abs. 2 VwGG die Verfahrenskosten zuzusprechen waren.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. September 1998
Schlagworte
Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997190485.X00Im RIS seit
09.11.2001