Entscheidungsdatum
30.09.2019Norm
AsylG 2005 §9 Abs4Spruch
W161 2152989-3/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019, Zl. 1093267505-190200559, beschlossen
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs.3, 2.Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 03.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In seiner Erstbefragung am 04.11.2015 gab er an, er sei am XXXX in XXXX , Afghanistan geboren. Er sei ledig, seine Muttersprache sei Dari. Er sei schiitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Sadat an. Er habe keine Ausbildung, sei Analphabet und habe keine Berufsausbildung. Sein Vater sei in Afghanistan vermisst, seine Mutter, seine drei Brüder und seine Schwester seien in Afghanistan wohnhaft. Er stamme aus der Provinz Maidan Wardak. Seine Familie würde in Afghanistan ein Haus besitzen, die finanzielle Situation sei schlecht. Er sei gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern ausgereist, im Iran sei seine Familie aber festgenommen und wieder nach Afghanistan abgeschoben worden.
In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 30.11.2016 gab der BF zusammengefasst an, die Erstbefragung sei ihm nicht rückübersetzt worden, es habe Fehler gegeben. Er sei ca. 2 bis 3 Jahre in der Koranschule gewesen und könne lesen und schreiben. Zudem sei die wirtschaftliche Lage nicht schlecht, sondern mittelmäßig gewesen. Seine Mutter und Geschwister würden in der Provinz Maidan Wardak leben, der Vater sei vermisst. Sonst habe er noch zahlreiche Onkel und Tanten, die in seinem Heimatdorf leben würden. Er habe über einen Onkel Kontakt zur Mutter. Die Familie würde ein Grundstück und ein Eigentumshaus in Afghanistan besitzen. Die Mutter würde sich den Lebensunterhalt durch die Bewirtschaftung ihres Grundstücks finanzieren. Seine Mutter habe auch die Flucht bezahlt. Der Familie gehe es derzeit gut, aber die Sicherheitslage sei schlecht.
Zu seinem Leben in Österreich gab er an, hier keine Verwandten zu haben, einen Deutschkurs zu besuchen und die Schule besucht zu haben. Er sei Mitglied in einem Fußballverein und trainiere in seiner Freizeit in einem Fitnessraum. Er sei - bis auf eine Verbrennung mit heißem Wasser - gesund und nehme derzeit keine Medikamente ein. Er habe im Fußballverein Freunde gefunden. Er wolle Elektriker oder Mechaniker werden.
Im Zuge der Einvernahme legte der BF folgende Unterlagen vor:
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Kopie seiner Tazkira;
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Bestätigung betreffend die Teilnahme an dem Kurs "Basisbildung für junge Flüchtlinge,
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ÖSD-Zertifikat A2 vom 28.10.2016;
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Schulbesuchsbestätigungen einer Polytechnischen Schule und einer Neuen Mittelschule für das Schuljahr 2015/16.
In weiterer Folge langten eine Stellungnahme des BF und die Übersetzung der Tazkira beim BFA ein.
Mit einem als "Bescheid" bezeichnetem Schriftstück vom 13.03.2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 13.03.2018 (Spruchpunkt III.).
Gegen Spruchpunkt I. dieser Erledigung wurde durch den gesetzlichen Vertreter des BF fristgerecht Beschwerde erhoben.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.06.2017, GZ W259 2152989-1/2Z, wurde diese Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, da das als "Bescheid" bezeichnete Schriftstück des BFA vom 13.03.2017 weder eine Unterschrift des Genehmigenden enthalte, noch mittels Amtssignatur genehmigt worden sei und daher kein Bescheid vorliege.
2. Mit Bescheid des BFA vom 26.01.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 26.01.2019 erteilt (Spruchpunkt III.).
In der Begründung zu Spruchpunkt II. stellte die belangte Behörde fest, dass aufgrund der momentanen instabilen Sicherheitslage in seiner Heimatprovinz Maidan Wardak eine Rückkehr in sein Heimatland derzeit nicht möglich sei. Eine Rückführung nach Afghanistan erscheine derzeit nicht zumutbar, da diese mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der Art. 3 EMRK darstellen würde. In der rechtlichen Beurteilung wurde dazu dann nochmals ausgeführt, es habe zwar festgestellt werden können, dass dem BF im Herkunftsland zwar nicht die Lebensgrundlage gänzlich entzogen werden würde, aber aus den Länderberichten der Staatendokumentation des BFA, eine aktuelle instabile Sicherheitslage in seiner Heimatprovinz Maidan Wardak erkennbar sei. Wegen des momentanen innerstaatlichen Konfliktes in seiner Heimatprovinz, sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, zumal für ihn als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens nicht ausreichend ausgeschlossen werden könne. Somit gehe die Behörde davon aus, dass eine Rückkehr in sein Heimatland Afghanistan eine Verletzung von Art. 2 EMRK. Art. 3 EMRK darstellen würde und daher eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung derzeit nicht zulässig sei.
Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 26.01.2018 wurde fristgerecht eine Beschwerde erhoben. Nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 17.04.2018 wurde die Beschwerde durch das mündlich verkündete Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes als unbegründet abgewiesen.
3. Am 04.12.2018 stellte der BF- vertreten durch die Abteilung Kinder- und Jugendhilfe des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung - einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 AsylG. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Lage in Afghanistan nach wie vor prekär sei und dazu auf die aktuellen UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 sowie auf Berichte zu Afghanistan von Thomas Ruttig und Friederike Stahlmann verwiesen.
Zudem wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
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ÖSD Zertifikate A1, A2 und B1;
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Teilnahmebestätigung an mehreren Lernmodulen;
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Teilnahmebestätigung/Zertifikat betreffend einen Gewaltpräventivworkshop und Suchtpräventions-Workshop.
4. Am 18.02.2019 wurde der BF von der belangten Behörde im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie seiner Vertreterin einvernommen.
Nach Belehrung des BF gab das BFA zum Gegenstand der Einvernahme wie folgt an:
"Ihnen wurde mit Bescheid des BFA vom 30.06.2017 Aufgrund des Umstandes, dass Sie zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig waren, über keine Familienangehörigen in Afghanistan verfügten und Ihnen aufgrund ihres damaligen Alters keine IFA Herat, Mazar oder Kabul zugemutet werden konnte, subsidiärer Schutz in Österreich gewährt. Sie bzw. Ihr Vertreter haben am 05.12.2018 einen Antrag auf Verlängerung Ihres subsidiären Schutzes gestellt."
Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der BF an, er sei nach wie vor ledig und habe keine Kinder. Er lebe in einer Unterkunft für Asylwerber, mache aktuell den Pflichtschulabschluss und erhalte Geld vom AMS. Er müsse noch zwei Prüfungen machen und werde in 2-4 Monaten fertig sein. Dann wolle er eine Lehre als Elektriker anfangen. Befragt, warum er schon seit dem Jahr 2017 subsidiär Schutzberechtigt sei, aktuell aber keiner Arbeit nachgehe, gab der BF an, er habe viele Bewerbungen abgeschickt, man habe aber einen Pflichtschulabschluss verlangt. Er habe sich sehr bemüht. Er sei Mitglied in einem Boxclub, freitags spiele er Fußball. Er habe schon Freunde gefunden.
Zu seinen Familienangehörigen befragt, gab der BF an, seine Familie lebe Afghanistan, in der Provinz Maidan Wardak und habe dort eine eigene Landwirtschaft. Er habe über den Onkel telefonischen Kontakt zur Familie, zuletzt habe er vor einem Monat mit der Familie gesprochen. In Afghanistan habe er ca. 2 Jahre die Koranschule besucht und in ihrer Landwirtschaft gearbeitet. Die Familie besitze das Grundstück und ein Haus. Weiters würden noch Onkel und Tanten im Heimatdorf leben. Alle Verwandten würden von den eigenen Grundstücken in der Landwirtschaft leben.
Die Vertreterin des BF führte abschließend aus, dass sich aus den Länderfeststellungen ergebe, dass es in Afghanistan eine Zunahme an sicherheitsrelevanten Vorfällen (auch für Kabul) gegeben habe. Die Sicherheitslage bleibe - auch in Maidan Wardak - volatil. Eine Rückkehr sei aktuell für den minderjährigen BF nach Maidan Wardak zu gefährlich und daher nicht zumutbar, auch eine IFA bestehe nicht.
In der Einvernahme wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
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Bestätigung betreffend die ehrenamtliche Teilnahme des BF in einem Straßenfußballprojekt;
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Empfehlungsschreiben einer Deutschlehrerin und eines Fußballtrainers;
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Pflichtschulabschluss-Prüfungspass;
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Integrationserklärung des ÖIF;
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Bestätigung über die Teilnahme an einer Informationsveranstaltung des ÖIF:
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Teilnahmebestätigung "Erlebnispädagogischer Tag der Begegnung".
5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der dem BF mit Bescheid des BFA vom 13.03.2017 (richtigerweise: 26.01.2018) zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die mit Bescheid vom 13.03.2017 (richtigerweise: 26.01.2018) erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). In Spruchpunkt III. wurde der Antrag des BF vom 04.12.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt V.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Herkunftsland zulässig sei (Spruchpunkt VI.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VII.).
In der Begründung führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorlägen, da sich seine subjektive Lage im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt - als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei - geändert habe. Er habe keine aktuelle bzw. individuelle Furcht vor Verfolgung bei einer Rückkehr nach Afghanistan darlegen können und bestehe in seinem Fall eine innerstaatliche Fluchtalternative. Er könne seinen Lebensunterhalt in Mazar-e Sharif oder Herat bestreiten und dort Arbeitsmöglichkeiten finden. Er könne auch auf Unterstützungsleistungen seiner Verwandten, die in der Provinz Maidan Wardak leben, zählen. Ihm sei mit Bescheid vom 13.03.2017 (richtigerweise 26.01.2018) der Status des subsidiär Schutzberechtigten lediglich zuerkannt worden, weil "Sie zum Entscheidungszeitpunkt ein Alter von 16 Jahren aufgewiesen haben und eine Rückkehr für Sie nicht zumutbar erschien". Die subjektive Lage habe sich jedoch geändert, zumal der BF bald volljährig werde und aufgrund seines Auftretens vor der Behörde sehr "selbstständige agiere und erwachsen wirke". Auch unter Berücksichtigung des noch minderjährigen Alters sei aber nicht ersichtlich und sei vom BF auch nicht dargetan worden, dass und weshalb sich die Rückkehrsituation als knapp 17 Jahre und 8 Monate alte Person im Hinblick auf fehlende Sicherheit und fehlende Lebensgrundlage in Afghanistan von jener etwa von 18 Jahren oder 22 Jahren alten afghanischen Staatsangehörigen mit familiären Bindungen in Afghanistan wesentlich unterscheiden würde bzw. dass und weshalb die Auswirkungen der (für alle Einwohner Afghanistans) besonders prekären Situation für ihn spürbar stärker wäre. Gemäß den getroffenen Feststellungen zur Herkunftsprovinz Maidan Wardak sei festzuhalten, dass Maidan Wardak seit einiger Zeit zu den volatilen Provinzen Afghanistans zähle. Sollte der BF dennoch nicht in der Lage sein, seinen Herkunftsort sicher zu erreichen und dort zu leben, so bestehe für ihn vor dem Hintergrund der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan und den angeführten Länderberichten in Zusammenschau mit den festgestellten persönlichen Lebensumständen eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat. Diese Städte seien vergleichsweise sicher und stabil, obwohl es dort auch vereinzelt zu Anschlägen komme. Der BF sei jung, gesund, anpassungs- sowie arbeitsfähig. Er habe schon Lebenserfahrung in Österreich gesammelt und sich hier weitergebildet, dies werde ihm bei einer Rückkehr den Einstieg in das Berufsleben erleichtern. Er spreche die Landessprache und sei mit den kulturellen Gepflogenheiten des Heimatlandes vertraut, sodass ihm die Möglichkeit offenstehe zumindest als Hilfsarbeiter tätig zu sein. Er könne sich seine primären Grundbedürfnisse sichern und sei es ihm möglich, sich eine Existenzgrundlage aufzubauen. Ihm wäre es auch ohne familiären Anknüpfungspunkte möglich, außerhalb seiner Heimatprovinz Maidan Wardak eine Existenzgrundlage selbstständig aufzubauen. Auch unter Berücksichtigung der fast erreichten Volljährigkeit könne somit auf Grund des gerade noch minderjährigen Alters nicht von einer potenzierten Gefährdungslage und einer besonders altersspezifischen Vulnerabilität, die ihm außerhalb seines familiären und sozialen Netzwerkes ein Leben im urbanen Raum verunmöglichen würde ausgegangen werden. Der BF könne darüber hinaus Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Auch gehe aus den Länderinformationen hervor, dass Kabul, ebenso wie Herat oder Mazar-e Sharif gefahrlos über den Luftweg erreichbar seien.
6. Dagegen wurde das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und der Bescheid des BFA im gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Tatsachenfeststellung, unrichtiger rechtliche Beurteilung und unrichtiger Beweiswürdigung angefochten. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der BF die prägenden Jahre in Österreich verbrachte habe, in Afghanistan nicht mehr sozialisiert sei und entgegen der Feststellungen des BFA bereits das ÖSD Zertifikat B1 erlangt habe. In Afghanistan wäre der BF einer realen Gefahr einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt. Die Lage in Afghanistan sei prekär, insbesondere in der Herkunftsprovinz des BF. Es wurde auf das EASO-Bericht-Update von Mai 2018 sowie die UNHCR-Richtlinien von August 2018 verwiesen. Die Lage in Afghanistan sei - insbesondere auch für Minderjährige - äußerst prekär und würde sich dies auch aus den Länderberichten der Staatendokumentation ergeben. Im Herkunftsstaat sei er darüber hinaus individueller Gewalt (Zwangsrekrutierung, Entführung, Ermordung durch die Taliban) ausgesetzt. Das Bundesamt verkenne die Sicherheitslage in Afghanistan und berücksichtige auch nicht die spezielle Gefährdung für Minderjährige. Kabul oder eine andere Großstadt würden als IFA nicht in Frage kommen. Der BF würde seinen Lebensunterhalt nicht sichern können. Das BFA habe insgesamt die Minderjährigkeit des BF nicht hinreichend berücksichtigt. Bei richtiger Tatsachenfeststellung, Berücksichtigung der Länderberichte und richtiger rechtlicher Beurteilung wäre das BFA zu einem anderen Entscheidungsergebnis gelangt und hätte dem BF subsidiären Schutz zuerkennen müssen. Aufgrund seiner Drogenabhängigkeit sei der BF nicht dazu in der Lage, in Afghanistan am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Eine Ausweisung würde darüber hinaus auch nicht dem Kindeswohl entsprechen. Zudem wurde ausgeführt, dass der BF zwei Monate bedingt auf drei Jahre verurteilt worden wäre
7. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 04.04.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan, wurde am XXXX geboren und stellte noch als Minderjähriger am 03.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Sadat und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari.
Der BF ist in der Provinz Maidan Wardak geboren und aufgewachsen. Er hat dort bis zu seiner Ausreise nach Europa gemeinsam mit seiner Familie gelebt. Seine Familie lebt nach wie vor in der Provinz Maidan Wardak in einem Eigentumshaus und bewirtschaftet dort Grundstücke.
Der BF ist unverändert gesund.
Der BF ist nunmehr volljährig. Er ist arbeitsfähig, ledig und hat keine Kinder. Der BF macht in Österreich gerade den Pflichtschulabschluss und hat Deutschprüfungen bis zum Niveau B1 absolviert.
Der BF ist nicht straffällig geworden.
Dass sich die individuelle Situation des BF sowie die humanitäre Lage bzw. die Sicherheits- und Versorgungslage seit dem 26.01.2018 (Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) nachhaltig und wesentlich verändert bzw. verbessert hat, kann nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des BF (Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Muttersprache), seinen Lebensumständen, seinem Lebenswandel sowie zu seinen familiären Verhältnissen beruhen auf den gleichbleibenden Angaben des BF im Laufe des Asylverfahrens, die auch seitens des BFA im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurden.
Die Feststellung, dass der BF unverändert gesund ist, ergibt sich daraus, dass er im Laufe des Verfahrens kein anderslautendes Vorbringen erstattet hat und auch keine medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder Erkrankung des BF nachweisen würden. Soweit in der Beschwerde ausgeführt wurde, dass der BF nicht arbeitsfähig sei, weil er drogenabhängig sei, so wurde diese Behauptung lediglich unbegründet in den Raum gestellt und handelt es sich dabei wohl um einen fälschlicherweise eingebauten Textbaustein, zumal sich im Akt oder aus en Aussagen des BF keine Hinweise dafür finden lassen.
Die Feststellungen zum aktuellen bzw. unveränderten Aufenthalt der Angehörigen des BF ergibt sich aus den Angaben des BF während des Verfahrens, wobei den beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist, dass sie grundsätzlich ebenso davon ausgeht, dass der BF über Verwandte im Herkunftsstaat verfügt.
Die Feststellungen zum Bildungsweg des BF ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen.
Die Feststellung, dass der BF strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug. Bei der Behauptung in der Beschwerde, wonach der BF bereits verurteilt worden wäre, handelt es sich wohl ebenso um einen fälschlicherweise eingebauten Textbaustein.
Die Feststellung, dass sich die Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des BFA vom 26.01.2018 nicht wesentlich geändert und nachhaltig verändert bzw. verbessert haben, folgt zum einen aus der Begründung des angefochtenen Bescheides und konnte zudem im Lichte eines Vergleichs der individuellen Situation des BF zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Zuerkennung des subsidiären Schutzes und zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides getroffen werden. Dabei erfolgt insbesondere eine Gegenüberstellung des Inhalts der dem Bescheid vom 26.01.2018 zugrundeliegenden Begründung mit der, die die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogen hat, sowie auch mit der zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bestehenden individuellen Situation des BF (siehe dazu wie folgt in der rechtlichen Beurteilung).
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).
Zu Spruchpunkt A):
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Nach § 28 Abs. 2 leg.cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, § 28 VwGVG, Anm. 11 mwN).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet (vgl. auch VwGH 30.06.2015, Ra 2014/03/0054):
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht kommt nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Der Verfassungsgesetzgeber hat sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 leg.cit. verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das in § 28 leg.cit. insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist in § 9 AsylG geregelt, der wie folgt lautet:
"§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;
2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder
3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn
1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;
2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder
3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
[...]"
Vorauszuschicken ist, dass die sich belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides lediglich auf "§ 9 Abs. 1 AsylG 2005" beruft, aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach "die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden", ergibt sich, dass die Aberkennung auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gestützt wurde.
Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. nicht mehr vorliegen.
§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 und Art. 16 Statusrichtlinie sind verfassungsmäßig in der Weise zu interpretieren, dass dem Grundprinzip "Rechtskraft" der Rechtsordnung entsprechend nur bei wesentlichen Änderungen der Sachlage eine Durchbrechung der Rechtskraft der Entscheidung zulässig ist. Auch Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie ist in der Weise zu lesen, dass nur bei dauerhafter und wesentlicher Veränderung im Herkunftssaat kein subsidiärer Schutz mehr gebührt.
Nach ständiger Judikatur verlangt der "Wegfall der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status" im Sinne der zweiten Variante ("nicht mehr" vorliegen) eine substanzielle und nachhaltige Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts, der zu eben dieser Zuerkennung geführt hat. Ob man denselben Sachverhalt (allenfalls) bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Statusgewährung rechtlich anders hätte beurteilen können, ist hingegen ebenso ohne Relevanz wie der Verweis auf eine Änderung (höchst-)gerichtlicher Entscheidungstendenzen. Die Beweislast für den Wegfall der Voraussetzungen sowie die Darlegung des substanziell und nachhaltig geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalts trifft aufgrund der Amtswegigkeit des Verfahrens zur Gänze das Bundesamt.
Wie das Bundesverwaltungsgericht schon mit Erkenntnis vom 22.03.2019, GZ. W137 1424715-2 ausgeführt hat, ist bei der Beurteilung einer Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten hinsichtlich der Beurteilung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts und des Wegfalls der Voraussetzungen nicht nur der ursprüngliche (Zuerkennungs-)Bescheid oder eine entsprechende gerichtliche Entscheidung zu berücksichtigen, sondern auch die Begründung allfälliger bereits erfolgter Verlängerungen des Status. Das Bundesamt ist in diesem Zusammenhang aber nicht bei jeder neuerlichen Verlängerungsprüfung gänzlich frei in seiner Beurteilung des Sachverhalts, sondern an seine bisherigen rechtskräftigen Entscheidungen und allenfalls solche des Gerichts gebunden. Insbesondere kann eine Aberkennung von subsidiärem Schutz ohne zusätzliche entscheidungsrelevante Faktoren nicht auf Veränderungen des entscheidungsrelevanten Sachverhalts (gegenüber jenem bei erstmaliger Zuerkennung) gestützt werden, die - obwohl dem BFA bereits bekannt - einer bisherigen Verlängerung des Status nicht entgegengestanden sind.
Im konkreten Fall hat das BFA die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten vom 26.01.2018 auf die Feststellung gestützt, dass dem BF aufgrund der momentanen instabilen Sicherheitslage in seiner Heimatprovinz Maidan Wardak eine Rückkehr in sein Heimatland derzeit nicht möglich sei.
Die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des BF (Maidan Wardak) wurde aber auch im gegenständlichen Bescheid als nicht sicher eingestuft. Der BF wurde jedoch im angefochtenen Bescheid - unter Bezugnahme auf das Länderinformationsblatt vom 29.06.2018 (Stand: 23.11.2018) - auf eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e Sharif verwiesen. Die Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative begründete die belangte Behörde maßgeblich damit, dass sich die subjektive Lage des BF geändert habe, er nunmehr bald volljährig werde und aufgrund seines Auftretens vor der Behörde sehr "selbstständige agiere und erwachsen wirke"; er auf Unterstützungsleistungen seiner Verwandten in Maidan Wardak zählen könne; in Österreich Lebenserfahrung gesammelt und sich weitergebildet habe; er die Landessprache spreche und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut sei und Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könne.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes im Bescheid vom 26.01.2018 geführt haben, nicht dargetan:
Im Hinblick auf die Ausführungen der belangten Behörde, wonach der BF auf die Unterstützungsleistungen seiner Verwandten in Maidan Wardak zählen könne, ist auszuführen, dass die Verwandten des BF bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiären Schutz in Maidan Wardak aufhältig waren und dort von der Bewirtschaftung ihrer Grundstücke lebten. Eine Sachverhaltsänderung ist somit in diesem Punkt nicht ersichtlich. Vermeint das Bundesamt, dass der BF nun auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könne, so ist auch dadurch keine wesentliche Änderung im Vergleich zum Bescheid vom 26.01.2018 zu erkennen, zumal Rückkehrhilfe (international und national) bereits seit Jahren gewährt wird und nicht erst kürzlich etabliert wurde. Wenn die Behörde ausführt, dass der BF die Landessprache spreche und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut sei, so hat die belangte Behörde nicht dargelegt, inwiefern darin eine Sachverhaltsänderung liegt, zumal der BF die Sprache Dari wohl schon bei seiner Einreise nach Österreich gesprochen hat und zum damaligen Zeitpunkt auch schon mit den herrschenden Gepflogenheiten in Afghanistan vertraut war. Eine Neuerung liegt somit nicht vor.
Soweit die belangte Behörde sich auf die "baldige Volljährigkeit" des BF stützte, so ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, wie die Behörde zu der Erkenntnis gelangte, dass der BF "erwachsen wirke" bzw. die Behörde auch nicht darlegte, inwiefern der BF "selbstständig agiere". Das Bundesverwaltungsgericht verkennt diesbezüglich auch nicht, dass der BF mittlerweile volljährig geworden ist und in Österreich - wie festgestellt - Bildungsangebote wahrgenommen hat und somit zweifellos Lebenserfahrung gewinnen konnte. Allerdings stellt die belangte Behörde damit auf Umstände ab, die - wie sich dem Zuerkennungsbescheid vom 26.01.2018 entnehmen lässt - für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht maßgeblich waren. Anders als in dem der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, zugrundeliegenden Fall erfolgte die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gegenständlich nicht aufgrund der Minderjährigkeit und der sich daraus ergebenden spezifischen Vulnerabilität des BF, sondern aufgrund der instabilen Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion Maidan Wardak. Dieser Aspekt hat - wie bereits oben dargelegt - keine entscheidungswesentliche Änderung erfahren.
Soweit im Aberkennungsbescheid des BFA behauptet wurde, ihm sei mit Bescheid vom 13.03.2017 (richtigerweise 26.01.2018) der Status des subsidiär Schutzberechtigten lediglich zuerkannt worden, weil er "zum Entscheidungszeitpunkt ein Alter von 16 Jahren aufgewiesen habe und eine Rückkehr nicht zumutbar" sei, so ist dies eindeutig nicht mit dem Akteninhalt vereinbar. Tatsächlich wird die Minderjährigkeit des BF in der Bescheidbegründung vom 26.01.2018 nicht einmal ansatzweise erwähnt.
Zur unveränderten Sicherheits- und Versorgungslage bzw. humanitären Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass sich den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zur Lage im Herkunftsstaat (Gesamtaktualisierung am 29.06.2018) nicht entnehmen lässt, dass es zu einer wesentlichen und nachhaltigen Verbesserung der Lage im Herkunftsstaat gekommen ist. Im Wesentlichen wird von einem unverändert anhaltenden innerstaatlichen Konflikt berichtet, von unveränderten Aktivitäten von Aufständischen, von hohen Armuts- und Arbeitslosenraten etc. Wie bereits erwähnt, lässt sich für die Herkunftsregion des BF den Länderfeststellungen der belangten Behörde entnehmen, dass Maidan Wardak unverändert zu den volatilen Provinzen gehört (Bescheid S. 42). Insbesondere lässt sich in den Feststellungen er belangten Behörde zur allgemeinen Rückkehrsituation kein Hinweis auf eine Entspannung der Lage entnehmen, sondern wird von begrenzten Aufnahmekapazitäten und besorgniserregenden Zuständigen hinsichtlich der Sicherheits- und Versorgungslage in den informellen Siedlungen - in denen zahlreiche Rückkehrer leben - berichtet. Der Vollständigkeitshalber ist noch auszuführen, dass sich gestützt auf die neuesten Berichte des EASO sowie unter Heranziehung der UNHCR-Richtlinien vom August 2018 jedenfalls auch nicht festgestellt werden kann, dass sich die Lage im Herkunftsstaat Afghanistan im Allgemeinen wesentlich und nachhaltig verändert und verbessert hat.
Zu der von der belangten Behörde zitierten aktuellen Judikatur zum Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative für junge, gesunde, arbeitsfähige Männer auch ohne familiären Rückhalt, ist darauf zu verweisen, dass der VwGH jüngst im Zusammenhang mit der Refoulement-Beurteilung nach § 52 Abs. 9 FPG ausgesprochen hat, dass eine maßgebliche Sachverhaltsänderung nicht schon per se in der neueren Judikatur zu vergleichbareren Fällen erblickt werden kann (VwGH 24.01.2019, Ro 2018/21/0011).
Für eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund geänderter Umstände liegt somit keine tragfähige Sachverhaltsermittlung seitens der ersten Instanz vor.
Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen und der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG, wonach explizit der Wegfall entscheidungsrelevanter Sachverhaltselemente vorausgesetzt wird, erweist sich der angefochtene Bescheid im Hinblick auf die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Zusammenschau mit der Aktenlage als rechtswidrig.
Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 liegen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderungen der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.
Da der angefochtene Bescheid wie dargelegt grob mangelhaft geblieben ist und die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im gegebenen Fall mit keiner erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, war gemäß 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG mit Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde vorzugehen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, zumal aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich zudem als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W161.2152989.3.00Zuletzt aktualisiert am
11.12.2019