TE Bvwg Beschluss 2019/10/18 W165 2168054-1

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Veröffentlicht am 18.10.2019
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Entscheidungsdatum

18.10.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz 2

Spruch

W165 2168054-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 19.07.2017, GZ: Addis-Abeba-ÖB/RECHT/0022/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 08.05.2017, GZ: ET-ADD-OB-SP01-000026-2017, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Somalias, brachte am 26.01.2017 bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba (im Folgenden: ÖB Addis Abeba), einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Als Bezugsperson wurde die angebliche Ehegattin des BF genannt, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 18.01.2016, Zl. 1052319506-150197672, nach Antragstellung am 22.02.2015, der Status einer Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Dem Antrag und Befragungsformular des BF waren in Kopie die relevanten Seiten der Reisepässe der BF und der Bezugsperson, der Asylbescheid der Bezugsperson, der ZMR-Auszug der Bezugsperson, die Geburtsurkunde des BF und weiters (in Kopie) eine am 14.04.2014 von der somalischen Botschaft im Jemen ausgestellte Bestätigung über eine am 05.04.2014 im Jemen erfolgte Eheschließung des BF mit der Bezugsperson angeschlossen.

Mit Verbesserungsauftrag vom selben Tag wurde dem BF aufgetragen, die Heiratsurkunde im Original sowie die Bezugsperson betreffende Unterlagen (darunter die Kopie der Asylkarte, den Unterkunftsnachweis, die e-card) und weiters eine Reise- und Krankenversicherung vorzulegen, woraufhin der BF am 07.02.2017 die e-card, den Mietvertrag, den Bescheid über den Bezug der Mindestsicherung und eine Deutschkursbestätigung der Bezugsperson sowie eine Stellungnahme übermittelte. In der Stellungnahme wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF seine Ehefrau am 05.04.2014 im Jemen geheiratet habe und beide bei Ausbruch des Krieges geflüchtet seien. Während die Ehefrau von ihrer Familie die finanziellen Mittel erhalten habe, um über den Luftweg zu fliehen, sei der BF auf dem Landweg geflohen und dabei zwei Jahre inhaftiert worden. Er habe nach seiner Flucht den Kontakt wiederherstellen können und wolle nun das gemeinsame Eheleben mit seiner Ehefrau in Österreich fortführen.

Nachdem die Antragsunterlagen dem BFA übermittelt wurden, teilte das BFA der ÖB Addis Abeba mit Schreiben vom 22.03.2017 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen dem Antragsteller und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb der Antragsteller kein Familienangehöriger im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG 2005 sei.

In der angeschlossenen Stellungnahme wird näher ausgeführt, dass an der Echtheit der vorgelegten Urkunden massive Zweifel bestehen würden. Aufgrund der aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrrechtlich zu erlangen, könne aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinne eines vollen Beweises) anzunehmen sei und hätten sich zudem massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunde (aus den niederschriftlichen Einvernahmen, dem Akteninhalt) ergeben. Die Bezugsperson habe in ihrer Einvernahme angegeben, im April 2014 im Jemen traditionell geheiratet zu haben. Eine Heiratsurkunde darüber sei von der Bezugsperson nie erbracht worden. Bei einer Gegenüberstellung der Angaben (Antrag, Angaben im Bezugsakt der Bezugsperson etc.) hätten sich gravierende Widersprüche ergeben. Aufgrund der angeführten Widersprüche und mangels vorgelegter relevanter und unbedenklicher Beweismittel sei keiseswegs vom Nachweis im Sinne eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen.

Mit Schreiben der ÖB Addis Abeba vom 23.03.2017, übernommen am 27.03.2017, wurde dem BF die Möglichkeit zur Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA eingeräumt.

Am 30.03.2017 brachte der BF eine Stellungnahme ein und führte zusammengefasst aus, dass im konkreten Fall nicht nachvollziehbar sei, weshalb das BFA an der Echtheit der eingereichten Dokumente zweifle und dies auch in der Stellungnahme des BFA nicht näher konkretisiert werde. Bei Antragstellung seien alle relevanten Dokumente vorgelegt worden. Die Bezugsperson habe ihren Ehemann im gesamten Asylverfahren durchgehend erwähnt. Wenn die Behörde nun bemängle, dass im Rahmen der Einvernahme keine Heiratsurkunde vorgelegt worden sei, sei anzumerken, dass die Bezugsperson zu keiner Zeit hiezu aufgefordert worden sei. Als weiterer Grund der geplanten Ablehnung des Antrages werde angegeben, dass Widersprüche zwischen den Angaben des BF zur Angehörigeneigenschaft und den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben aufgetaucht seien. Es werde jedoch nicht konkret benannt, auf welche Widersprüche sich die Behörde beziehe, womit es dem BF nicht möglich sei, dazu Stellung zu beziehen und diese vermeintlichen Widersprüche aufzuklären. Dies stelle eine erhebliche Verletzung der Wahrung des Parteiengehörs dar. Das gesamte Ermittlungsverfahren sei mit gravierenden Mängeln und mit Willkür belastet. Es sei auch keine zeugenschaftliche Einvernahme der Ehefrau in Österreich durchgeführt worden und bestehe die Stellungnahme des BFA fast ausschließlich aus allgemeinen Ausführungen ohne Bezug zum konkreten Fall.

Nach Erhalt der Stellungnahme des BF vom 30.03.2017 hielt das BFA mit Schreiben vom 05.05.2017 seine negative Wahrscheinlichkeitsprognose mit der bisherigen Begründung, dass die Ehe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb der BF kein Familienangehöriger im Sinne des 4. Hauptstückes des AsylG 2005 sei, aufrecht. In der angeschlossenen ergänzenden Stellungnahme führte das BFA betreffend die Heiratsurkunde aus, dass die Bezugsperson bereits zu Beginn ihrer Einvernahme dahingehend belehrt worden sei, dass sie sämtliche Beweismittel, insbesondere Dokumente, vorzulegen habe.

Mit Bescheid vom 08.05.2017 wies die ÖB Addis Abeba den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass durch das Vorbringen des BF nicht unter Beweis gestellt werden habe können, dass die Stattgebung des Antrages auf internationalen Schutz wahrscheinlich sei.

Gegen den Bescheid richtet sich die am 06.06.2017 eingebrachte Beschwerde, worin im Wesentlichen das Vorbringen aus der Stellungnahme vom 30.03.2017 wiederholt bzw. auf diese verwiesen wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG vom 19.07.2017, zugestellt am selben Tag, wies die ÖB Addis Abeba die Beschwerde als unbegründet ab. Beim BF handle es sich nicht um einen Familienangehörigen im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005, da diese Norm ausdrücklich darauf abstelle, dass die Ehe zwischen der Bezugsperson und dem Antragsteller bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Im gegenständlichen Fall sei die Ehe im Jemen geschlossen werden, es liege jedoch die somalische Staatsangehörigkeit vor. Zudem sei die angebliche Ehe lediglich traditionell geschlossen worden und liege ein Beweis für die tatsächliche Eheschließung am 05.04.2014 im Jemen nicht vor. Es sei lediglich eine Heiratsurkunde, ausgestellt durch die somalische Botschaft im Jemen vorgelegt worden, worin eine Eheschließung am 05.04.2014 bestätigt werde.

Am 27.07.2017 brachte der BF einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG bei der ÖB Addis Abeba ein.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 16.08.2017, eingelangt am 21.08.2017, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden zunächst der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.

Im Befragungsformular zum Einreiseantrag des BF wurde das Eheschließungsdatum mit der Bezugsperson mit 05.04.2014 angegeben. Die Bezugsperson gab in ihrer Erstbefragung zum Asylverfahren unter namentlicher Nennung ihres Ehegatten an, traditionell verheiratet zu sein. In ihrer Einvernahme im Asylverfahren vor dem BFA gab die Bezugsperson an, im April 2014 im Jemen geheiratet zu haben. Laut einer von der somalischen Botschaft im Jemen am 14.04.2014 ausgestellten, in Kopie vorgelegten Heiratsurkunde sollen der BF und die Bezugsperson am 05.04.2014 im Jemen geheiratet haben.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Akt der ÖB Addis Abeba, den einliegenden Urkunden und den amtswegig beigeschafften Erstbefragungs- und Einvernahmeprotokollen des Asylverfahrens der Bezugsperson.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet:

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das

Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Die Regelung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Falle, dass die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und kommt dieser diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des BFA steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Das BFA geht in seinen Mitteilungen gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 davon aus, dass der BF nicht als Familienangehöriger im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG 2005 (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005) anzusehen sei, da die Ehe zwischen dem BF und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. So habe die behauptete Eheschließung zwischen dem BF und der Bezugsperson, die beide somalische Staatsangehörige seien, im Jemen stattgefunden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung anzuwenden (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, RS 10). Unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt des erkennenden Gerichts maßgeblichen Fassung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 in der Fassung des FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 145/2017, die, anders als die von der Vertretungsbehörde anzuwendende Vorgängerfassung, nicht mehr auf das Bestehen der Ehe bereits im Herkunftsstaat, sondern auf das Bestehen der Ehe vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten abstellt, kann das Nichtbestehen einer Ehe im Herkunftsstaat nunmehr nicht mehr zur Begründung der Verneinung der Familienangehörigeneigenschaft und in weiterer Folge zur Begründung der Ablehnung eines Einreiseantrages, herangezogen werden.

Der BF hat im verfahrensgegenständlichen Einreiseverfahren angegeben, die Bezugsperson am 05.04.2014 geheiratet zu haben. Die Bezugsperson hat in ihrem Asylverfahren angegeben, den BF im April 2014 im Jemen (traditionell) geheiratet zu haben.

Der BF hat in Kopie eine von der somalischen Botschaft im Jemen am 14.04.2014 ausgestellte Heiratsurkunde vorgelegt, worin eine Eheschließung des BF mit der Bezugsperson am 05.04.2019 bestätigt wird. Das BFA hat sich mit der vorgelegten Heiratsurkunde nicht weiter auseinandergesetzt und die Unbedenklichkeit der Urkunde vorweg damit verneint, dass es laut Kenntnis der Behörde möglich sei, in Somalia jegliches Dokument mit jedem erdenklichen Inhalt auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen.

Im Hinblick auf die seitens der Behörde sowohl generell als auch hinsichtlich der konkret vorgelegten Unterlagen geäußerten Bedenken an der Beweiskraft somalischer Urkunden ist festzuhalten, dass allgemeine Zweifel nach höchstgerichtlicher Judikatur nicht ausreichend sind, eingereichten Dokumenten generell die Beweiskraft zu versagen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083 bis 0086-12; Erkenntnis des VwGH vom 25.04.2014, Zl. 2013/21/0236 bis 0239). Das Bestehen der Familienangehörigeneigenschaft kann gegenständlich somit nicht vorweg mit dieser Begründung verneint werden. Es wäre vielmehr auf andere geeignete Beweismittel, etwa Einvernahmen des BF und der Bezugsperson zu den konkreten Umständen ihrer Eheschließung unter anschließender Gegenüberstellung und entsprechender Würdigung ihrer Aussagen zurückzugreifen. Dass Einvernahmen des BF und der Bezugsperson zur Frage der Eheschließung erfolgt wären, kann der Aktenlage nicht entnommen werden.

Das BFA bemängelt, dass die Ehe zudem lediglich traditionell geschlossen worden sein soll, hat es jedoch, wie bereits erwähnt, unterlassen, Ermittlungen zu den Umständen der (angeblich) am 05.04.2014 traditionell geschlossenen Ehe anzustellen.

Was die Beurteilung der Rechtsgültigkeit einer Eheschließung Drittstaatsangehöriger im Ausland betrifft, so entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ausländisches Recht keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage ist, wobei eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht, soweit dies erforderlich ist (vgl. VwGH 27.06.2017, Ra 2016/18/0277; 19.03.2009, 2007/01/0633). Feststellungen, ob und bejahendenfalls aus welchem Grund eine Eheschließung nach islamischem Ritus nicht als bereits im Herkunftsstaat (bzw. nunmehr vor Einreise der Bezugsperson) gültige Ehe anzusehen wäre, sind ebenfalls unterblieben. Eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Voraussetzungen einer staatlich anerkannten Ehe in Somalia im Allgemeinen sowie mit den dortigen Gepflogenheiten und der dortigen Anwendungspraxis fehlt.

Was schließlich die seitens des BFA herangezogenen gravierenden Widersprüche zwischen den Angaben des BF und der Bezugsperson zur Familienangehörigkeit betrifft, ist festzuhalten, dass diese Widersprüche dem BF nicht vorgehalten wurden und auch der Aktenlage in für das BVwG nachvollziehbarer Weise nicht zu entnehmen sind. Aus der Aktenlage geht lediglich hervor, dass die Bezugsperson in ihrem Asylverfahren angegeben hat, im April 2014 traditionell geheiratet zu haben und der BF - insoweit damit nicht im Widerspruch stehend - im Einreiseverfahren das Eheschließungsdatum mit der Bezugsperson mit 05.04.2014 angegeben hat.

Gemäß § 11 Abs. 1 letzter Satz FPG darf eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, erst dann ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

Im Sinne der Rechtsprechung des VwGH sind mögliche Widersprüche, die sich aus den Einvernahmen mit der Bezugsperson und aus den Angaben des Antragstellers ergeben können, konkret bekannt zu geben, um einem Antragsteller eine entsprechende Stellungnahme dazu zu ermöglichen (VwGH, 09.11.2010, 2007/21/0323). Im vorliegenden Verwaltungsakt finden sich keine Hinweise darauf, dass solche - von der Behörde als gravierend bezeichnete - Widersprüche dem BF überhaupt zur Kenntnis gebracht worden wären. Dem BF war es daher nicht möglich, ein konkretes und substantiiertes Vorbringen zu erstatten, welches geeignet gewesen wäre, die Zweifel der Behörde am tatsächlichen Bestehen des Familienverhältnisses zu zerstreuen.

Im gegenständlichen Fall liegen somit zur Kassation der angefochtenen Entscheidung berechtigende Ermittlungslücken im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor.

Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde daher unter Wahrung des Parteiengehörs Ermittlungen zu den konkreten Umständen der behaupteten (traditionellen) Eheschließung des BF mit der Bezugsperson, etwa durch deren Einvernahme hiezu, anzustellen haben. Allenfalls wäre auch die eine Eheschließung am 05.04.2014 bestätigende Heiratsurkunde kriminaltechnisch zu überprüfen. Je nach Ermittlungsergebnis könnten sich in weiterer Folge auch Erhebungen und Feststellungen zur Rechtsgültigkeit geschlossener Ehen nach somalischem Recht, etwa durch Zugriff auf Informationen der Staatendokumentation, erforderlich erweisen. In deren Lichte wäre dann die Rechtsgültigkeit einer im Jemen traditionell geschlossenen Ehe zweier somalischer Staatsangehöriger und damit die Familienangehörigeneigenschaft des BF im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005, einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen.

Aufgrund der Besonderheiten der verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens kann die Durchführung der notwendigen Ermittlungen zum behaupteten Angehörigenverhältnis des BF mit der Bezugsperson in Österreich nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden. Es war daher war mit der ersatzlosen Behebung des gegenständlichen Bescheids vorzugehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W165.2168054.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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