TE Vwgh Beschluss 2019/10/24 Ra 2019/15/0097

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Veröffentlicht am 24.10.2019
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §115 Abs1
BAO §79

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger sowie Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des S in D, vertreten durch Dr. Friedrich Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schauflergasse 6, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 6. Mai 2019, Zl. RV/2101193/2016, betreffend u.a. Umsatzsteuer 2010 bis 2012 sowie Körperschaftsteuer 2010 bis 2013, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Aufwandersatz wird nicht zuerkannt.

Begründung

1 Bei der revisionswerbenden Partei, einem Verein nach dem Vereinsgesetz, erfolgte eine Außenprüfung betreffend u. a. Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2010 bis 2012; weiters eine Nachschau für den Zeitraum 2013 und 2014. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 6. Mai 2015 wurden Feststellungen u. a. über angemietete Glücksspielautomaten, Platzmiete für aufgestellte Spielautomaten, Aufzeichnungsmängel und zur Schätzungsberechtigung getroffen. Daraus ergaben sich im Bericht näher aufgegliederte Erhöhungen der Bemessungsgrundlagen für Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer. Die Mehrergebnisse seien einem Vorstandsmitglied zugeflossen.

2 Mit Bescheiden vom 20. Mai 2015 setzte das Finanzamt (zum Teil nach Wiederaufnahme der Verfahren) Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 2010 bis 2013 (neu) fest. Weiters zog das Finanzamt den revisionswerbenden Verein zur Haftung für Kapitalertragsteuer für die Jahre 2010 bis 2012 heran. Es verwies dabei im Wesentlichen jeweils auf den Bericht vom 6. Mai 2015. 3 Der revisionswerbende Verein erhob gegen diese Bescheide am 6. Juli 2015 Beschwerde und beantragte die Aussetzung der Einhebung betreffend die jeweiligen Nachforderungen. 4 Mit Erledigungen vom 10. Mai 2016 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

5 Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2016 beantragte der revisionswerbende Verein die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde hinsichtlich Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2010 bis 2012 teilweise Folge und änderte die Bescheide des Finanzamts zu Gunsten des revisionswerbenden Vereins ab (Spruchpunkt 1). Hinsichtlich Umsatzsteuer 2013 gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und änderte den Bescheid des Finanzamts ab (Spruchpunkt 2). Betreffend Körperschaftsteuer 2013 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und änderte den angefochtenen Bescheid zu Lasten des revisionswerbenden Vereins ab (Spruchpunkt 3). Betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 2010 bis 2012 gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und behob die Bescheide des Finanzamts ersatzlos (Spruchpunkt 4). 7 Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Gegen Spruchpunkte 1 und 3 dieses Erkenntnisses wendet sich die Revision. In der Revision wird - auch zur Zulässigkeit der Revision - u.a. geltend gemacht, der revisionswerbende Verein sei im Vereinsregister gelöscht worden. Die Auflösung sei freiwillig erfolgt, "Rechtskraft" sei mit 31. Jänner 2016 eingetreten. Vereinsvermögen sei nicht vorhanden gewesen, es habe auch kein Abwicklungsbedarf bestanden. Damit habe die Parteifähigkeit des Vereins geendet. Da somit der im angefochtenen Erkenntnis genannte Empfänger zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Erkenntnisses nicht (mehr) existent gewesen sei, könne dieses Erkenntnis keine Rechtswirkungen entfalten.

9 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung eingebracht. Darin wird

u. a. ausgeführt, auch aus Sicht des Finanzamts stelle das Erkenntnis mangels Rechtspersönlichkeit des aufgelösten Vereins ein Nichterkenntnis dar. Da der Verein nicht mehr existiere (Abwicklungsbedarf würde verwertbares Vermögen voraussetzen), komme dem Verein aber auch keine Revisionslegitimation zu, sodass die Revision schon aus diesem Grunde zurückzuweisen wäre.

10 Die Revision ist nicht zulässig.

11 Ein Mangel der Partei- und Prozessfähigkeit ist in jeder

Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. VwGH 28.5.2019, Ra 2018/10/0117, mwN).

12 Gemäß § 27 Vereinsgesetz 2002 (VerG) endet die Rechtspersönlichkeit eines Vereins mit der Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister; ist eine Abwicklung erforderlich, verliert er seine Rechtsfähigkeit jedoch erst mit Eintragung ihrer Beendigung.

13 Gemäß § 28 Abs. 2 VerG hat der Verein der Vereinsbehörde das Datum der freiwilligen Auflösung und, falls Vermögen vorhanden ist, das Erfordernis der Abwicklung sowie den Namen und nähere Daten des allenfalls bestellten Abwicklers mitzuteilen. 14 Stellt sich nach Beendigung des Vereins (§ 27 VerG) heraus, dass noch weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind, so lebt der Verein für die Zeit der Nachabwicklung vorübergehend wieder auf (§ 30 Abs. 6 VerG).

15 Im vorliegenden Fall gab der revisionswerbende Verein - wie auch aus den mit der Revision vorgelegten Urkunden hervorgeht - am 30. Oktober 2015 der Vereinsbehörde die freiwillige Auflösung mit 31. Jänner 2016 bekannt. Er teilte mit, Vereinsvermögen sei nicht vorhanden, eine Abwicklung daher nicht erforderlich. Im Vereinsregister wurde die Auflösung mit 31. Jänner 2016 eingetragen. Keine der Parteien macht geltend, dass abzuwickelndes Vermögen - etwa ein Rückzahlungsanspruch im Falle eines Erfolges des Vereins im vorliegenden Verfahren - bestehe.

16 Damit endete die Rechtspersönlichkeit der revisionswerbenden Partei mit Ablauf des 31. Jänner 2016 (vgl. VwGH 27.2.2019, Ra 2018/15/0081, mwN).

17 Mit dem Ende der Rechtspersönlichkeit fehlt es dem revisionswerbenden Verein aber an der Parteifähigkeit vor dem Verwaltungsgerichtshof; insbesondere ist dessen Parteifähigkeit auch nicht strittig (vgl. hiezu VwGH 30.6.1992, 92/05/0112). Die namens des revisionswerbenden Vereins erhobene Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen (vgl. VwGH 24.2.2011, 2007/15/0112).

18 Von der von der revisionswerbenden Partei beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden. 19 Mangels Vorhandenseins eines Rechtssubjektes, dem die Revision rechtlich zugerechnet werden könnte, fehlt es an der Voraussetzung für einen Abspruch über den Aufwandersatz.

Wien, am 24. Oktober 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019150097.L00

Im RIS seit

11.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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