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35/02 Zollgesetz;Norm
ZollG 1988 §174 Abs3 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der K Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 4. März 1996, Zl. 3-1/K 47/1/1995/H, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt in Wien einen Großhandel mit Obst und Gemüse, wobei diese Waren auch aus dem Zollausland importiert wurden. Im Zuge finanzstrafbehördlicher Ermittlungen wurde vom Hauptzollamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz festgestellt, daß in der Zeit von 1987 bis 1992 für die Beschwerdeführerin in 162 Fällen Obst- und Gemüselieferungen bei verschiedenen Zollämtern in der Einfuhr zum freien Verkehr abgefertigt worden waren, wobei in den schriftlichen Warenanmeldungen unrichtige Angaben hinsichtlich der Art und Menge der eingeführten Waren gemacht worden waren. Grundlage dieser Angaben waren jeweils die über Veranlassung der Beschwerdeführerin durch den ausländischen Versender inhaltlich unrichtig ausgestellten Exportfakturen. Nach den in den Akten enthaltenen detaillierten Aufstellungen - denen die Buchhaltungslagen der Beschwerdeführerin zugrunde gelegt wurden - wurden regelmäßig ein zu geringes Gewicht der eingeführten Waren sowie eine andere Warenbezeichnung angeführt. Die 162 Fakten wurden in einer mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Johann Karonitsch, am 10. Dezember 1992 aufgenommenen Niederschrift angeführt.
Mit Bescheid des Hauptzollamtes Linz vom 29. Juli 1993 wurde unter Berufung auf § 174 Abs. 3 lit. a zweiter Tatbestand i.V.m. § 3 Abs. 3 ZollG 1988 festgestellt, daß eine Abgabenschuld in der Gesamthöhe von S 2,519.002,-- kraft Gesetzes entstanden und fällig geworden ist.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde beantragt, die Abgabenschuld mit S 771.084,04 festzusetzen. Da die Beschwerdeführerin die Waren bei der Einfuhr gestellt, allerdings unrichtig deklariert habe, sei nicht lit. a, sondern lit. c des § 174 Abs. 3 ZollG 1988 anzuwenden, nach welcher Bestimmung die Zollschuld nur hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Zollbetrages entstehe. Es wären die von der Beschwerdeführerin entrichteten Eingangsabgaben festzustellen und in Abzug zu bringen gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Abgabenschuld mit S 2,497.930,-- festgestellt, die Berufung im übrigen aber als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich dabei ebenfalls auf die Bestimmung des § 174 Abs. 3 lit. a zweiter Tatbestand ZollG. Nach dem Ermittlungsergebnis der Finanzstrafbehörde sei klargestellt, daß die Beschwerdeführerin die in Rede stehenden Waren an sich gebracht habe. Die Häufigkeit und die Regelmäßigkeit der festgestellten Vergehen ließen den Schluß zu, daß die Zollhängigkeit der Waren bekannt gewesen sei. Nach § 174 Abs. 3 lit. c ZollG entstehe die Zollschuld demgegenüber nur dann, wenn für eine gestellte Ware eine gemäß § 52 ZollG 1988 abgegebene Warenerklärung (Anmeldung) vorliegt und die darin gemachten Angaben unrichtig oder unvollständig sind.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß ihr "nur der unerhoben gebliebene Zollbetrag" vorgeschrieben werde.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die lit. a und c des § 174 Abs. 3 ZollG 1988 lauteten:
"(3) Die Zollschuld entsteht kraft Gesetzes
für den, der über eine einfuhrzollpflichtige zollhängige Ware erstmalig vorschriftswidrig so verfügt, als wäre sie im freien Verkehr, oder der eine solche Ware an sich bringt, obwohl ihm die Zollhängigkeit bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war;
...
für den, der durch unrichtige oder unvollständige Angaben in der Anmeldung oder in der Erklärung zur Ermittlung des Zollwertes, in den Fällen des § 52 Abs. 3 in den zur Abfertigung vorgelegten Unterlagen bewirkt, daß eine zollpflichtige Ware zollfrei oder unter Festsetzung eines geringeren Zollbetrages vom Zollamt ausgefolgt wird, hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Zollbetrages;"
Nach § 48 ZollG 1988 ist jede über die Zollgrenze eingehende Ware dem der Übertrittsstelle nächstgelegenen Grenzzollamt zu stellen. Gemäß § 52 Abs. 1 ZollG 1988 sind Waren beim Zollamt zur Durchführung des Zollverfahrens schriftlich oder mündlich anzumelden.
Nach Abs. 2 des § 52 ZollG 1988 sind in der Anmeldung für das jeweilige Zollverfahren insbesondere die Menge (Gewicht/Masse, Stückzahl, andere Maße) der Waren (lit. e) und die Art und Beschaffenheit der Waren nach sprachgebräuchlicher, handelsüblicher oder zolltarifarischer Benennung unter Angabe aller aus dieser nicht bereits erkennbaren, für die Zollbehandlung maßgebenden Merkmale (lit. f) zu erklären.
Nach den Feststellungen der belangten Behörde wurden in den in Rede stehenden 162 Fällen in den jeweiligen Anmeldungen unrichtige Angaben über die Menge (Gewicht) der eingeführten Waren und (oder) über die Art und Beschaffenheit der Waren gemacht. Damit wurde aber von der Beschwerdeführerin - wie in der Beschwerdeschrift zutreffend hervorgehoben wird - die Erklärungspflicht im Sinne des § 52 Abs. 2 lit. e und f ZollG 1988 verletzt. Durch diese unrichtigen Angaben in den Anmeldungen ist dadurch für die Beschwerdeführerin die Zollschuld gemäß § 175 Abs. 3 lit. c ZollG 1988 entstanden (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1980, Zlen. 2219, 2381/79, VwSlg. 5461/F und die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 25. April 1974, 9 Os 59/73, EvBl 38/1975). Nach dieser Vorschrift entsteht die Zollschuld aber lediglich hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Zollbetrages. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996160117.X00Im RIS seit
20.11.2000