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32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
ApG 1907 §35 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der O GmbH in L, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft
in 4020 Linz, Kudlichstraße 41, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 6. November 2018, Zl. RV/5102054/2015, betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2013 und Umsatzsteuer 2007 bis 2008, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist - nach den unbestrittenen Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts - ein Krankenhausträger, der nach den Bestimmungen des Oö Krankenanstaltengesetzes 1997 Krankenanstalten gemeinnützig betreibt (§ 46 BAO; im Streitzeitraum in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, nunmehr nach Umwandlung in jener einer GmbH). Unternehmensgegenstand ist insbesondere die medizinische und pflegerische Versorgung der Bevölkerung im stationären, ambulanten und tagesklinischen Bereich. Sie betreibt in Oberösterreich sechs Spitäler, darunter eines in X. In der Anstaltsapotheke dieses Krankenhauses werden u.a. Infusionslösungen hergestellt und neben der Deckung des Eigenbedarfs auch an Dritte, überwiegend Spitäler, verkauft. Für diese Verkäufe ist eine eigene Homepage eingerichtet.
2 In der Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Abgaben der Jahre 2007 bis 2010 betreffenden Außenprüfung vom 26. April 2013 wurde u.a. ausgeführt, die Anstaltsapotheke am Standort des Krankenhauses X diene der Eigenversorgung der Krankenhäuser der Revisionswerberin und betreibe neben dem Handel mit Medikamenten seit Mitte der 80er Jahre auch eine Produktion zur Eigenversorgung und zur Versorgung fremder Dritter. Seit 1993 werde die Anstaltsapotheke nach dem Arzneimittelgesetz und nicht mehr nach dem Apothekengesetz betrieben. Damit sei es erlaubt, auch andere Krankenhäuser und Einrichtungen mit den selbst hergestellten Produkten zu beliefern. Zur Umsatzsteuer wurde ausgeführt, die Revisionswerberin sei mit ihren Krankenhäusern eine gemeinnützige Körperschaft, deren Umsätze hauptsächlich der Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 18 iVm Z 25 UStG 1994 unterlägen. Die übrigen Umsätze würden mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z 7 UStG 1994 besteuert. Der Handel mit Waren durch einen begünstigten Rechtsträger stelle aber grundsätzlich einen begünstigungsschädlichen Handelsbetrieb dar, für den dieser ermäßigte Steuersatz nicht zur Anwendung komme. Bei der Anstaltsapotheke handle es sich um einen Handelsbetrieb (Veräußerung von Waren an externe Kunden), dem ein Produktionsbetrieb vorgelagert sei. Die Produktion und Lieferung der Medikamente an fremde Abnehmer sei Teil eines begünstigungsschädlichen Handelsbetriebes. Die Medikamentenumsätze für die Jahre 2007 und 2008 seien daher dem Normalsteuersatz zu unterwerfen; ab Anfang 2009 unterlägen Medikamente hingegen gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 dem ermäßigten Steuersatz. Betreffend Ertragsteuer sei die Anstaltsapotheke als selbständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln. Sie sei räumlich klar gegenüber dem übrigen Krankenhausbetrieb abgegrenzt. Die Mitarbeiter der Anstaltsapotheke arbeiteten ausschließlich in dieser. Nach außen hin sei die Anstaltsapotheke erkennbar, sie trete im Geschäftsleben auf. Sie nehme Bestellungen von Medikamenten entgegen und arbeite diese selbständig ab. Die Betätigung der Apotheke könne allein aufgrund des Umfangs nicht mehr als untergeordnete Tätigkeit eingestuft werden. Eine von der Außenprüfung angeforderte Gewinn- und Verlustrechnung der Anstaltsapotheke sei von der Revisionswerberin nicht vorgelegt worden, da die Kostenstellen der Anstaltsapotheke und des Krankenhauses zu sehr miteinander verbunden seien. Vom Leiter der Anstaltsapotheke sei mitgeteilt worden, dass Gewinne ohnedies nicht zu erwarten seien, da immer nur Kostendeckung angestrebt werde. Im Zuge der Außenprüfung werde daher die Mindestkörperschaftsteuer vorgeschrieben. Es werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass künftig "für die Apotheke eine eigene GuV" zu führen sei.
3 Das Finanzamt setzte in der Folge Körperschaftsteuer 2007 bis 2010 sowie Umsatzsteuer 2007 und 2008 fest und verwies hiezu in den Bescheiden jeweils auf die Ergebnisse der Außenprüfung. 4 Die Revisionswerberin erhob gegen diese Bescheide Berufung. Sie machte zusammengefasst geltend, es liege kein Handelsbetrieb vor. Die Anstaltsapotheke sei kein eigenständiger, abtrennbarer, selbständig lebensfähiger Geschäftsbereich; sie sei daher kein Teilbetrieb. Die abgabenrechtliche Beurteilung der Anstaltsapotheke habe ausschließlich im Gesamtverbund mit dem Krankenhaus X zu erfolgen. Aufgrund der Umsatzrelationen im Rahmen dieser Beurteilungseinheit liege ein unentbehrlicher Hilfsbetrieb vor. Aufgrund der dargelegten Rechtsauffassung bestehe für die Anstaltsapotheke auch keinerlei steuerliche Gewinnermittlung bzw. Buchführungspflicht, sodass der Aufforderung der Außenprüfung, dass künftig eine eigene Gewinn- und Verlustrechnung zu führen sei, widersprochen werde. Für den Fall, dass die Anstaltsapotheke als Teilbetrieb zu beurteilen wäre, werde aber geltend gemacht, dass das Vorliegen eines Teilbetriebes innerhalb der Anstaltsapotheke jedenfalls auszuschließen sei. Betreffend die Anstaltsapotheke läge sohin (allenfalls) ein Mischbetrieb vor. Entsprechend den Umsatzrelationen läge für die Jahre 2007 bis 2009 insgesamt ein unentbehrlicher Hilfsbetrieb, für die Jahre 2010 und 2011 hingegen ein entbehrlicher Hilfsbetrieb vor. 5 In der Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich einer Abgaben der Jahre 2011 bis 2013 betreffenden Außenprüfung vom 14. Dezember 2016 wurde zur Anstaltsapotheke weiters ausgeführt, diese werde in drei Kostenstellen unterteilt:
Kostenstelle Apotheke (Versorgung des Standortes X mit Handelswaren und Eigenproduktion); Kostenstelle Verkauf Gesundheit (Mitversorgung eines fremden Krankenhauses); Kostenstelle Produktion und Verkauf (Produktion für andere Krankenhäuser der Revisionswerberin und externe Kunden). Aus den erstmals im Zuge dieser Außenprüfung vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass in den Kostenstellen "Verkauf Gesundheit" sowie "Produktion und Verkauf" Überschüsse erwirtschaftet worden seien. Ein unentbehrlicher Hilfsbetrieb sei in seiner Gesamtrichtung ein ideelles Mittel zur Erreichung des begünstigten Zwecks. In der Praxis werde sich bei den Zweckverwirklichungsbetrieben ein gewisser "Verschmutzungseffekt" durch materielle Betätigungen nicht vermeiden lassen. In Fällen einer bewussten "Überdimensionierung" werde dieses Maß aber überschritten. In solchen Fällen liege kein Mischbetrieb mehr vor; es habe vielmehr eine Trennung in zwei Betriebe zu erfolgen. Der erste Teilbetrieb diene der Versorgung der eigenen Krankenhäuser und sei daher Teil des unentbehrlichen Hilfsbetriebes. Der zweite Teilbetrieb diene der Veräußerung von Medikamenten an externe Kunden und sei ein abgrenzbarer begünstigungsschädlicher Betrieb. Dieser unterliege der unbeschränkten Steuerpflicht. Der unbeschränkt
steuerpflichtige Teilbetrieb setze sich aus der Kostenstelle "Verkauf Gesundheit" sowie dem externen Umsatzanteil der Kostenstelle "Produktion und Handel" zusammen.
6 Das Finanzamt teilte daraufhin dem Bundesfinanzgericht mit, im Zuge der Nachfolgeprüfung habe sich ergeben, dass sich die Schätzung des Ergebnisses für die Jahre 2007 bis 2010 mit 0 EUR als unrichtig erwiesen habe; hiezu wurden die sich aus der Nachfolgeprüfung ergebenden Beträge mitgeteilt.
7 Weiters erließ das Finanzamt Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2011 bis 2013 und verwies zur Begründung auf die Ergebnisse der nunmehrigen Außenprüfung.
8 Die Revisionswerberin erhob auch gegen diese Bescheide Beschwerde. Sie machte neuerlich - zusammengefasst - geltend, das Krankenhaus X sei einschließlich der Anstaltsapotheke als einheitlicher, untrennbarer wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu erachten. Die Anstaltsapotheke sei mangels Vorliegens eines Teilbetriebes abgabenrechtlich nicht gesondert zu beurteilen. Das Krankenhaus stelle einen unentbehrlichen Hilfsbetrieb dar. Unter der Annahme, dass die Anstaltsapotheke als Teilbetrieb erachtet werde, sei diese als einheitlicher, untrennbarer wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehen. Die abgabenrechtliche Beurteilung könne ausschließlich für die Anstaltsapotheke in ihrer Gesamtheit erfolgen. Für die Jahre 2011 bis 2013 liege ein entbehrlicher Hilfsbetrieb vor, der nur steuerliche Verluste erwirtschaftet habe; es bestehe daher (allenfalls) Ertragsteuerpflicht in Höhe der Mindestkörperschaftsteuer.
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden als unbegründet ab und änderte die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2013 ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
10 Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die vom übrigen Krankenhausbereich örtlich abgegrenzte Anstaltsapotheke in X diene - auch im Wege der Produktion - der Eigenversorgung des Standortes sowie der übrigen Krankenhäuser der Revisionswerberin. Die Apotheke betreibe weiters neben einem Handel mit Medikamenten auch eine Produktion zur Versorgung fremder Dritter (überwiegend Spitäler, in geringerem Umfang auch Großhändler). Bei den teils in Kooperation mit einer Landesapotheke erzeugten Produkten, zu deren Ersichtlichmachung auch eine Homepage eingerichtet worden sei, handle es sich um Nischenprodukte, die in Österreich mangels Produktion durch andere Hersteller sonst nicht mehr beschafft werden könnten. Es könnten täglich, abhängig von der jeweiligen Zusammensetzung, über 1.000 Liter Infusionsflüssigkeit und Injektionslösungen hergestellt werden. Die Produktionskapazität sei insbesondere zu jenem Zeitpunkt erhöht worden, als der einzige weitere Produzent derartiger Produkte die Produktion eingestellt habe. Bis zum Jahr 2010 seien 1,3 Pharmazeuten beschäftigt gewesen, im Streitzeitraum seien 11 Mitarbeiter ausschließlich in der Anstaltsapotheke tätig gewesen, davon 2,5 Pharmazeuten. Neben dem pharmazeutischen Leiter gebe es einen Kontrollleiter oder einen Sachverständigen, welche für die Kontrolle der Chargen zuständig seien. Diese Personen arbeiteten ebenfalls in der Anstaltsapotheke, seien aber bezüglich dieser Kontrollaufgaben unabhängig tätig.
11 Die Apotheke erzeuge medizinische Produkte auch eigens für externe Besteller, es würden insoweit nicht nur Überkapazitäten genutzt. Eine Produktion für Dritte erfolge über jeweilige Bestellungen, welche direkt an das Anstaltsapothekenpersonal gerichtet würden. Die für den externen Verkauf bestimmten Handelswaren würden an dem der Bestellung folgenden Tag verschickt. Die Einnahmen aus der Produktion für externe Besteller flössen in das allgemeine Budget der Revisionswerberin. 12 Sowohl für Rohstoffe als auch für Handelswaren werde das Beschaffungssystem der Revisionswerberin genutzt. Die Lagerhaltung der Anstaltsapotheke sei bedarfsorientiert mit Mindestmengen im Bestand. Die Buchhaltung der Anstaltsapotheke sei im Buchungskreis des Krankenhauses X als eigene Kostenstelle angelegt. 13 Die Preiskalkulation erfolge durch den pharmazeutischen Leiter auf Kostendeckungsbasis. Die Auswahl, welche Produkte bzw. Medikamente produziert würden, richte sich nach Deckung der variablen und fixen Kosten. Die Letztentscheidung dafür liege beim Leiter der Apotheke. Bei freien Kapazitäten würden auch Produkte erzeugt, die lediglich die variablen Kosten abdeckten. Bei der Kalkulation der Verkaufspreise werde nicht zwischen verschiedenen Kunden unterschieden.
14 Über Verlangen des Finanzamts sei eine Gewinn- und Verlustrechnung erstellt worden, die auf Grund der Kostenarten erstellt worden sei, die auf der Kostenstelle Apotheke verbucht worden seien. In der Apotheke würden von der Revisionswerberin drei Kostenstellen geführt: Eigenversorgung, Produktion sowie Kosten und Erträge betreffend das Krankenhaus Z, welches nicht der Revisionswerberin zugehörig sei. In der Kostenstelle Produktion seien isoliert gesehen Überschüsse erzielt worden, welche im Streitzeitraum ca. 8.000 EUR (2008), 147.000 EUR (2009), 350.000 EUR (2010), 477.000 EUR (2011) bzw. 332.000 EUR (2012) ausgemacht hätten.
15 Die "Innenumsätze" der Anstaltsapotheke (Umsätze an andere Krankenanstalten der Revisionswerberin bzw. der Verbrauch am Standort X von zugekauften Medikamenten) hätten in den Streitjahren von 2,11 Mio. EUR (2007) bis zu 3,5 Mio. EUR (2009) betragen. Die externen Umsätze (an Dritte) hätten von 460.000 EUR (2007) bis zu 1,37 Mio. EUR (2012) ausgemacht. Der verhältnismäßige Anteil der "externen" Umsätze an den gesamten Umsätzen sei von 18% (2007) auf zuletzt 32% (2012 und 2013) angewachsen. Die Gewinne der Apotheke aus den Verkäufen von Medikamenten an Dritte hätten zwischen ca. 12.000 EUR (2007) bis zu 423.000 EUR (2011) betragen.
16 In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin erziele aus den von ihr geführten Krankenanstalten unstrittig Einnahmen bzw. Umsätze. Insoweit liege bzw. lägen ein oder mehrere Betriebe oder Teilbetriebe vor. Die Anstaltsapotheke stelle eine von der Funktion des Krankenhausbetriebes abgrenzbare Betätigung dar. Sie erfülle grundsätzlich den Tatbestand eines Teilbetriebes, der im eigenen Anlagevermögen und Warenlager, eigenem Personal, eigenständiger Gestaltung des Einkaufes, eigener Werbetätigkeit, eigenständigem Verkauf, aber auch - zumindest in Ansätzen - in eigener Buchführung und Kostenrechnung zum Ausdruck komme. Durch das bloße Führen einer - von internen Verrechnungen bzw. fiktiven "Innenumsätzen" abgesehen - einnahmenlosen Betätigung werde jedoch kein Betrieb begründet. Da somit hinsichtlich der Abgabe von Medikamenten an Abteilungen bzw. andere Krankenanstalten der Revisionswerberin selbst kein Betrieb vorliege, erübrigten sich Ausführungen dahingehend, ob durch die entgeltliche Lieferung von Medikamenten an Dritte ein Teilbetrieb innerhalb der Anstaltsapotheke vorliege. Die Beurteilung, ob ein Betrieb vorliege, könne sich nur auf diese entgeltliche Abgabe, nicht aber auf die Krankenhausapotheke in ihrer Gesamtheit beziehen. Somit sei in Bezug auf die Anstaltsapotheke jedenfalls nur die entgeltliche Medikamentenabgabe selbst der (Teil-)Betrieb. Die entgeltliche Abgabe von Medikamenten an Dritte hebe sich sachlich von der übrigen Tätigkeit der Revisionswerberin (Betrieb von Krankenanstalten) deutlich ab. Die daraus erzielten Umsätze seien eindeutig bezifferbar; die entsprechenden Aufwendungen hätten im Rahmen einer Schätzung ermittelt werden können. Die Produktion von Infusionslösungen für Dritte sei sohin als vom übrigen, abgabenrechtlich begünstigten Krankenhausbetrieb separierbare betriebliche Tätigkeit zu beurteilen. Sie stelle eine begünstigungsschädliche Tätigkeit dar; ihr komme keine abgabenrechtliche Begünstigung auf dem Gebiet der Umsatzsteuer und der Körperschaftsteuer zu.
17 Die Beschwerden seien daher abzuweisen bzw. entsprechend den nunmehr unstrittigen Berechnungen zum Nachteil der Revisionswerberin abzuändern gewesen.
18 Eine Revision sei nicht zulässig. Strittig sei zunächst die Frage, ob die entgeltliche Abgabe (Verkauf) von Medikamenten einer Apotheke einer gemeinnützigen Krankenanstalt, die primär der Eigenversorgung diene, als Betrieb qualifiziert werden könne. Wenn auch zu dieser Frage bislang keine Rechtsprechung vorliege, so sei die dahinter stehende abstrakte Frage, ob eine zu Einnahmen führende Tätigkeit, deren Umsätze exakt ermittelbar seien und deren Ausgaben im Schätzungsweg eruiert werden könnten, einen Betrieb darstelle, möge sie auch in eine Betätigung eingebettet sein, die zu keinen Einnahmen führe, grundsätzlich gelöst. Was den weiteren Streitpunkt betreffe, ob einem durch einen abgabenrechtlich begünstigten Rechtsträger erfolgten Medikamentenverkauf an Dritte selbst abgabenrechtliche Begünstigungen zukommen könnten, so ergebe sich aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (§ 45 BAO) ausdrücklich, dass insoweit kein abgabenrechtlich begünstigter unentbehrlicher Hilfsbetrieb vorliege. Nach der im angefochtenen Erkenntnis zitierten Judikatur des deutschen Bundesfinanzhofs zur vergleichbaren deutschen Rechtslage sei die Steuerpflicht einer derartigen Betätigung unmissverständlich klargestellt.
19 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.
20 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
21 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
22 Zur Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, es
stelle sich die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit eines grundsätzlich iSd §§ 34 ff BAO begünstigten Rechtsträgers iSd § 5 Z 6 KStG 1988 erst dann zu einem (eigenständigen) wirtschaftlichen (schädlichen) Geschäftsbetrieb führe, wenn hierfür die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Teilbetriebs iSd allgemeinen Abgabenrechts erfüllt seien. Insoweit stelle sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob eine Anstaltsapotheke einer gemeinnützigen Krankenanstalt als eigenständiger abgabenrechtlicher Teilbetrieb qualifiziert werden könne.
23 Die Revision ist zulässig (entgegen der offenkundigen Ansicht des Bundesfinanzgerichts steht das Vorliegen von Judikatur des deutschen Bundesfinanzhofs der Zulässigkeit einer Revision grundsätzlich nicht entgegen) und begründet.
24 Gemäß § 5 Z 6 KStG 1988 sind Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 KStG 1988 (also u.a. - wie hier - juristische Personen des Privatrechts, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben), die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO dienen, von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht befreit. 25 Unterhält eine Körperschaft, die die Voraussetzungen einer Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet im Übrigen erfüllt, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 31 BAO), so ist sie nur hinsichtlich dieses Betriebes abgabepflichtig, wenn er sich als Mittel zur Erreichung der gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke darstellt (§ 45 Abs. 1 BAO).
26 Die Abgabepflicht hinsichtlich des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes entfällt, wenn dieser sich als ein zur Erreichung des begünstigten Zwecks unentbehrlicher Hilfsbetrieb darstellt (§ 45 Abs. 2 BAO).
27 Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die ohne Gewinnabsicht unternommen wird, wenn durch die Betätigung Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die Betätigung über den Rahmen einer Vermögensverwaltung (§ 32 BAO) hinausgeht (§ 31 BAO).
28 In der Revision wird geltend gemacht, die Frage der Gemeinnützigkeit sei auf Ebene des Krankenanstaltsbetriebes X zu beurteilen; dieser stelle einen einheitlichen Betrieb dar. Die vom Bundesfinanzgericht als "schädliche Drittumsätze" beurteilten Umsätze seien im Verhältnis zu den Gesamtumsätzen des Krankenhauses X nur von untergeordnetem Ausmaß (2,2% bis 5,2%). Dieser einheitliche Betrieb sei als unentbehrlicher Hilfsbetrieb iSd § 45 Abs. 2 BAO einzustufen.
29 Strittig ist damit, welche Tätigkeiten zu betrachten sind, die als (ein) wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (allenfalls Teilbetrieb) zu beurteilen sind. Die Revisionswerberin geht davon aus, dass diese Eigenschaft (nur) dem Krankenhaus X in seiner Gesamtheit zukomme. Das Finanzamt ging im Rahmen der ersten Außenprüfung davon aus, dass insoweit auf die Anstaltsapotheke abzustellen sei; im Rahmen der zweiten Außenprüfung wurde die Beurteilung auf die Produktion und Veräußerung an Dritte eingeschränkt. Diese zuletzt genannte Beurteilung wurde auch vom Bundesfinanzgericht vertreten.
30 Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb setzt wirtschaftliche Selbständigkeit voraus, also einerseits ein wirtschaftliches Herausgehobensein der Tätigkeit aus der allgemeinen Tätigkeit der Körperschaft, andererseits eine sachliche Geschlossenheit der Tätigkeit gegenüber anderen sachlich geschlossenen Tätigkeiten der Körperschaft (vgl. etwa Ritz, BAO6, § 31 Tz 2; Ellinger u.a., BAO1, § 31 Anm 1). Es handelt sich dabei um eine organisatorische Zusammenfassung von Personal- und Sachmitteln, die eine wirtschaftliche Entfaltung ermöglicht und nach außen das Erscheinungsbild eines selbständigen Betriebes aufweist (vgl. Achatz/Haller in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 5 Tz 136). Sachlich selbständige Betätigungen begründen jeweils eigene wirtschaftliche Geschäftsbetriebe; ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist aber dann anzunehmen, wenn mehrere Betätigungen in wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht eine Einheit bilden (vgl. Kofler, in Achatz, Die Besteuerung der Non-Profit-Organisationen2, 102 f). 31 Unbestritten ist dabei zunächst, dass dem Krankenanstaltsbetrieb X selbst (im Rahmen des gesamten Unternehmens der Revisionswerberin) wirtschaftliche Selbständigkeit in diesem Sinne zukommt (vgl. auch § 46 BAO; vgl. weiters - zur Aufgabe der Einheitsbetrachtung bei abgabenrechtlich begünstigten Kapitalgesellschaften - Achatz/Haller, aaO, § 5 Tz 130).
32 Aus den Darlegungen des Bundesfinanzgerichts ist abzuleiten, dass auch der Anstaltsapotheke (insgesamt) wirtschaftliche Selbständigkeit (in diesem Sinne) zukommt. Diese ist vom übrigen Krankenhausbereich örtlich abgegrenzt. In ihr sind mehrere Personen beschäftigt; sie untersteht einem
pharmazeutischen Leiter. Es besteht ein eigenes Warenlager, der Verkauf und die Werbung erfolgen eigenständig, für den Einkauf wird das Beschaffungssystem der Revisionswerberin verwendet. 33 Dass die Bewilligung zum Betrieb einer Anstaltsapotheke auf andere nicht übertragen werden kann (§ 35 Abs. 1 Apothekengesetz;
auch eine Verpachtung einer Anstaltsapotheke ist unzulässig;
vgl. § 37 Abs. 2 Apothekengesetz), steht einer Beurteilung der Anstaltsapotheke als eigenständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht entgegen. Entscheidend für die Beurteilung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sind das Herausgehobensein aus den übrigen Tätigkeiten der Körperschaft und die sachliche Geschlossenheit der Tätigkeiten.
34 Auch steht es einer Beurteilung als (einheitlicher) wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht (jedenfalls) entgegen, dass die Anstaltsapotheke an sich der Versorgung der Krankenanstalt mit Medikamenten dient und in diesem Teilbereich keine Einnahme erzielt werden (vgl. auch Achatz/Haller in Achatz/Kirchmayr, KStG § 5 Tz 151).
35 Dass hingegen (nur) betreffend die Produktion und Veräußerung für Dritte wirtschaftliche Selbständigkeit gegeben wäre, kann aus den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts nicht abgeleitet werden. Es besteht insoweit keine darauf eingeschränkte Leitung. Die Produktion der Arzneimittel für Dritte erfolgt mit demselben Personal und mit denselben sachlichen Einrichtungen, mit denen auch die Arzneimittel für das Krankenhaus X oder für andere Krankenanstalten der Revisionswerberin produziert werden. Auch eine exakte Ermittlung (Abgrenzung) von Kosten erfolgt nicht, wurden doch etwa - und dies lediglich im Rahmen der Kostenrechnung - Kosten betreffend Produktion für andere Krankenhäuser der Revisionswerberin und für Externe in derselben Kostenstelle verrechnet; eine Aufteilung dieser Kosten erfolgte sodann nicht nach der tatsächlichen Beschäftigung, sondern nach einem "Umsatzschlüssel". Auch im Übrigen ist kein Umstand erkennbar, der auf eine wirtschaftliche Selbständigkeit dieses Teilbereiches schließen ließe. Das bloße Erzielen von Einnahmen begründet keinen wirtschaftlich selbständigen Geschäftsbetrieb. Auch das Vorliegen einer Bewilligung nach dem Arzneimittelgesetz, die eine Herstellung von Arzneimitteln über den Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes hinaus erst erlaubt, trägt nichts zur Abgrenzung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes bei.
36 Damit ist die Anstaltsapotheke insgesamt als einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen.
37 Dieser Beurteilung steht das vom Bundesfinanzgericht herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 2006, 2005/14/0132, VwSlg. 8171/F, nicht entgegen. Jenes Erkenntnis erging in einem Verfahren betreffend Kommunalsteuer. Der Verwaltungsgerichtshof verwies darauf, dass nach § 8 Z 2 KommStG - anders als nach § 45 Abs. 2 BAO - eine partielle Steuerbefreiung vorgesehen ist.
38 Damit erweist sich das angefochtene Erkenntnis betreffend Körperschaftsteuer als inhaltlich rechtswidrig.
39 Was die Umsatzsteuer betrifft, so ermäßigt sich die Steuer nach § 10 Abs. 2 Z 7 UStG 1994 (in der im Streitzeitraum anwendbaren Fassung; vgl. nunmehr § 10 Abs. 2 Z 4 UStG 1994) auf 10% u.a. für die Leistungen der Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 34 bis 47 BAO). Dies gilt nicht für Leistungen, die u.a. im Rahmen eines Gewerbebetriebes oder eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes im Sinne des § 45 Abs. 3 BAO ausgeführt werden. 40 Damit, ob die Voraussetzungen dieses Tatbestandes im Hinblick auf die Anstaltsapotheke insgesamt gegeben sind, hat sich das Bundesfinanzgericht (gestützt auf eine abweichende Rechtsansicht) nicht auseinandergesetzt.
41 Das angefochtene Erkenntnis war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. 42 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20
14.
Wien, am 24. Oktober 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019150060.L00Im RIS seit
11.12.2019Zuletzt aktualisiert am
11.12.2019