TE Vwgh Beschluss 2019/10/24 Ra 2018/15/0011

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Veröffentlicht am 24.10.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger sowie Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der D S.A. in V, vertreten durch Dr. Manfred Sommerbauer und DDr. Michael Hermann Dohr, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Babenbergerring 5a/3. OG, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 23. Oktober 2017, Zl. RV/2101684/2014, betreffend Umsatzsteuer 2008 bis 2010, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Bei der Revisionswerberin, einem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, wurde eine u.a. die Jahre 2008 bis 2010 umfassende abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt. Die Prüferinnen stellten fest, dass die Revisionswerberin in den Streitjahren mit pharmazeutischen Produkten gehandelt habe. Die Waren seien von der Revisionswerberin in einem EU-Mitgliedstaat (z.B. Italien) bestellt und - unter Verwendung ihrer österreichischen UID-Nummer -

durch von ihr beauftragte Spediteure vom Lieferanten direkt an die Abnehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat (z.B. Deutschland) versendet worden. In Österreich habe die Revisionswerberin ausschließlich wegen der Verwendung der österreichischen UID-Nummer gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 innergemeinschaftliche Erwerbe getätigt; sie habe diese erklärt und sodann die Erwerbsteuer als Vorsteuer abgezogen; weiters habe sie steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in die jeweiligen Bestimmungsländer erklärt.

2 Die Prüferinnen stellten weiters fest, die Revisionswerberin habe dem Finanzamt mit Schreiben vom 6. November 2011 mitgeteilt, die angeführten Geschäfte irrtümlich nicht als Dreiecksgeschäfte behandelt zu haben. Nach Entdeckung dieses Fehlers seien für die Zeiträume ab 1. Jänner 2011 die Belege, Umsatzsteuervoranmeldungen und zusammenfassenden Meldungen richtig gestellt und in berichtigter Form beim Finanzamt eingereicht worden.

3 Die Prüferinnen kamen zum Ergebnis, dass der Vorsteuerabzug nicht zustehe. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 könne der Unternehmer die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen als Vorsteuer abziehen. Ein Anspruch auf Vorsteuerabzug bestehe aber nur für den echten (originären) innergemeinschaftlichen Erwerb; dem Erwerb, der im Bestimmungsland bewirkt werde. Aufgrund des Urteils des EuGH vom 22. April 2010, X u. Facet BV/Facet Trading BV, C-536/08 u. C- 539/08, sei der Vorsteuerabzug hinsichtlich jener Erwerbsteuer, die angefallen sei, weil die Revisionswerberin gegenüber ihren Lieferanten mit der österreichischen UID-Nummer aufgetreten sei, nicht möglich.

4 Das Finanzamt folgte den Prüferinnen und erließ am 13. November 2013 entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010.

5 Einer gegen die Umsatzsteuerbescheide vom 13. November 2013 gerichteten Berufung (nunmehr Beschwerde) gab das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem es eine ordentliche Revision für unzulässig erklärte, keine Folge. Das Bundesfinanzgericht stellte - wie zuvor das Finanzamt - fest, die Revisionswerberin habe in den Mitgliedstaaten der Abnehmer (Bestimmungsland) innergemeinschaftliche Erwerbe nach Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 bewirkt. Da die Revisionswerberin gegenüber ihren Lieferanten mit der österreichischen UID-Nummer aufgetreten sei, habe sie - bis zum Nachweis, dass die Erwerbe in den Bestimmungsländern besteuert worden seien - zudem innergemeinschaftliche Erwerbe in Österreich bewirkt. Solche Nachweise habe die Revisionswerberin während des gesamten Verfahrens nicht erbracht. Die Erwerbsteuer, die angefallen sei, weil die Revisionswerberin gegenüber ihren Lieferanten mit der österreichischen UID-Nummer aufgetreten sei, sei nicht als Vorsteuer abziehbar.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der sich die Revisionswerberin in ihrem Recht auf Vorsteuerabzug, welches als integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer ein grundlegendes Prinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems sei und grundsätzlich nicht eingeschränkt werden könne, beschwert erachtet.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit Folgendes vorgebracht:

"Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein Dreiecksgeschäft vorliegen und somit der Tatbestand eines kumulativen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich wegfällt. Die Beantwortung dieser Frage ist von folgenden Rechtsfragen abhängig, welche daher von grundsätzlicher und erheblicher Bedeutung sind. Zu beiden der folgenden Rechtsfragen wurde bereits ein Vorabentscheidungsantrag an den EuGH (Zl. C-580/16) vorgelegt.

Nach Ansicht der Betriebsprüfung ist für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts unter anderem Voraussetzung, dass der mittlere Unternehmer (= Erwerber im Dreiecksgeschäft) nicht im Abgangsort der Ware registriert ist. Die Revisionswerberin verfügt über eine italienische UID Nummer und könnte nach dieser Auffassung daher für Lieferungen mit Abgangsort Italien die Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte nicht anwenden. Diese Frage wurde vom VwGH zur GZ Ra 2015/15/0017 mit Beschluss VwGH-Beschluss EU 2016/0005 vom 19.10.2016 zur Vorabentscheidung vorgelegt und beim EuGH zur Zl. C-580/16 anhängig. Der Ausgang des gegenständlichen Verfahrens ist daher von der Entscheidung des EuGH abhängig.

Nach Meinung der Betriebsprüfung ist weiters Voraussetzung für das Vorliegen eines Dreieckgeschäftes, dass die entsprechenden Meldungen in der Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) und der Zusammenfassenden Meldung (ZM) fristgerecht erfolgen. Im oben zitierten Verfahren vor dem VwGH wurde auch die Frage an den EuGH vorgelegt, ob nur die fristgerecht abgegebene zusammenfassende Meldung zur Nichtbesteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs führt."

11 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

12 Gemäß § 3 Abs. 8 UStG 1994 wird die Lieferung dort ausgeführt, wo mit der Beförderung oder Versendung begonnen wird. Gemäß Art. 3 Abs. 8 erster Satz UStG 1994 wird ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Gebiet jenes Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Die Revisionswerberin hat in den Mitgliedstaaten der letzten Abnehmer (Bestimmungsland) innergemeinschaftliche Erwerbe bewirkt.

13 Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte UID-Nummer, so gilt gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist (Art. 28 Teil A Abs. 2 der 6. RL und Art. 41 der MwStSystRL). Da die Revisionswerberin gegenüber ihren Lieferanten mit ihrer österreichischen UID-Nummer aufgetreten ist, ging das Bundesfinanzgericht davon aus, dass der jeweilige Erwerb auch in Österreich als bewirkt gilt.

14 Der EuGH hat mit Urteil vom 22. April 2010, X und Facet-Facet Trading, C-536/08 und C-539/08, ausgesprochen, dass der Steuerpflichtige in dem in Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabs. 1 der

6. RL genannten Fall nicht zum Abzug der auf einen innergemeinschaftlichen Erwerb entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer berechtigt ist. Demnach ist auch im vorliegenden Fall ein Vorsteuerabzug hinsichtlich jener Erwerbsteuer, die angefallen ist, weil die Revisionswerberin gegenüber ihren Lieferanten mit der österreichischen UID-Nummer aufgetreten ist, nicht möglich.

15 Die Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses, auch der Zulässigkeit einer Revision, hat im Rahmen des Revisionspunktes zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken. Eine Revision hängt nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des vom Revisionswerber durch den Revisionspunkt selbst definierten Prozessthemas stellt (vgl. etwa VwGH 29.5.2019, Ra 2019/16/0096; 15.5.2018, Ra 2018/16/0015 bis 0017; 25.10.2016, Ra 2016/16/0057).

16 Die von der Revisionswerberin vorgetragene Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG bezieht sich auf das Vorliegen von so genannten Dreiecksgeschäften (vgl. hiezu VwGH 29.5.2018, Ra 2015/15/0017). Als Revisionspunkt formuliert die Revisionswerberin ausdrücklich die Verletzung im Recht auf Vorsteuerabzug. Der Vorsteuerabzug aus einer Erwerbsteuer stünde der Revisionswerberin aber auch nicht zu, wenn die revisionsgegenständlichen Vorgänge die Voraussetzungen von Dreiecksgeschäften erfüllten, zumal in einem solchen Fall gar keine Erwerbsteuer anfallen würde.

17 Die Revision erweist sich schon deshalb als unzulässig und war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

18 Von der von der Revisionswerberin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am 24. Oktober 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150011.L00

Im RIS seit

11.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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