Index
E3L E19103000Norm
AsylG 2005 §12Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Schindler, den Hofrat Dr. Himberger und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, über die Revision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 2019, W158 2001879-2/7E, betreffend Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG (Mitbeteiligter: X Y in Z, vertreten durch Dr. Martin Dellasega & Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Der aus Afghanistan stammende Mitbeteiligte stellte im März 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Ihm wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Oktober 2015 gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung mit Gültigkeit bis 5. Oktober 2016 erteilt. Soweit es den Status des Asylberechtigten betrifft, blieb sein Antrag erfolgslos (die gegen die Versagung dieses Status an das Bundesverwaltungsgericht gerichtete Beschwerde zog der Mitbeteiligte zurück).
2 Am 8. August 2016 stellte der Mitbeteiligte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag "auf Verlängerung der subs. Schutzberechtigung". Aufgrund dieses Antrages erließ diese Behörde den Bescheid vom 27. September 2016, womit dem Mitbeteiligten gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung bis 5. Oktober 2018 erteilt wurde. 3 Mit Schreiben vom 6. September 2018 brachte der Mitbeteiligte einen weiteren Antrag "auf Verlängerung der subs. Schutzberechtigung" beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein. 4 In mit 7. Jänner 2019 datierten Aktenvermerken hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass sich anlässlich der Prüfung des Antrages auf Erteilung der Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass die "Voraussetzungen für die Zuerkennung nicht bzw. nicht mehr vorliegen: infolge geänderter Verhältnisse im Herkunftsstaat" und "infolge geänderter persönlicher Umstände".
5 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl leitete daher ein Verfahren zur Aberkennung des dem Mitbeteiligten früher zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten ein. 6 Mit Schreiben vom 7. Jänner 2019 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Mitbeteiligten die Einleitung dieses Verfahrens bekannt und räumte ihm die Gelegenheit ein, zu den diesem Schreiben angeschlossenen Berichten betreffend die Situation in seinem Heimatland Stellung zu nehmen. Weiters forderte die Behörde den Mitbeteiligten auf, mehrere in diesem Schreiben an ihn gerichtete Fragen, insbesondere zu seinen persönlichen Verhältnissen sowie dazu, was er im Fall einer nunmehrigen Rückkehr in sein Heimatland zu befürchten hätte, zu beantworten.
7 Am 11. Jänner 2019 überreichte der Mitbeteiligte der Behörde eine (undatierte) Stellungnahme, mit er die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gestellten Fragen beantwortete. Zu den Länderberichten nahm er nicht gesondert Stellung. Im Rahmen der Antworten auf die ihm gestellten Fragen führte er erkennbar bezugnehmend auf die Situation im Heimatland auch aus, er habe weder Familienangehörige noch Freunde im Heimatland, die ihn unterstützen könnten. Es wäre "noch dazu" für ihn sehr schwer, "einen Job" zu finden. Die Situation im Heimatland habe sich seit seiner Abreise "nicht wirklich zum guten gewendet". Er fürchte daher auch um seine Sicherheit. Dieser Stellungnahme schloss er diverse Urkunden - betreffend die Teilnahme an Kursen und Veranstaltungen, seine Unterkunft und seine Erwerbstätigkeit sowie ein Unterstützungsschreiben - an.
8 Mit Bescheid vom 7. Februar 2019 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass dem Mitbeteiligten der ihm mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Oktober 2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die mit demselben Erkenntnis erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen werde (Spruchpunkt II.). Weiters sprach die Behörde aus, dass dem Mitbeteiligten ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt werde, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde nach § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
9 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf in diesem Bescheid Feststellungen zur Person des Mitbeteiligten sowie zur Situation in seinem Herkunftsstaat. Im Rahmen der rechtlichen Erwägungen führte die Behörde des Näheren aus, weshalb sie davon ausgehe, dass der für die Gewährung des subsidiären Schutzes maßgebliche Grund nicht mehr gegeben und dem Mitbeteiligten die Rückkehr in den Herkunftsstaat zumutbar sei. Da die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorlägen, sei dieser dem Mitbeteiligten zuvor zuerkannte Status nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abzuerkennen. Gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 sei die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Nach Rechtskraft der Aberkennung habe der Mitbeteiligte Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigten, der Behörde zurückzustellen. Demnach sei die Behörde verpflichtet gewesen, die noch bestehende Aufenthaltsberechtigung zu entziehen.
10 Im Weiteren legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch dar, weshalb es die Voraussetzungen für die übrigen Aussprüche für gegeben erachtete; im Besonderen aus welchen Gründen sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK nicht als unverhältnismäßig darstelle. 11 Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er - mit näherer Begründung - darauf verwies, dass aufgrund der Lage in seinem Heimatland sowie in seiner Person gelegener Umstände für ihn die Rückkehr in sein Heimatland weiterhin nicht möglich und nicht zumutbar sei. Weiters machte er - unter Hinweis auf die von ihm dazu gesetzten Schritte -
geltend, dass wegen seiner fortgeschrittenen Integration im Bundesgebiet die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht statthaft sei. Er beantragte (u.a.), dass das Bundesverwaltungsgericht eine Verhandlung durchführen und dem von ihm gestellten Verlängerungsantrag Folge geben möge. 12 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Beschluss behob das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG den bei ihm angefochtenen Bescheid "im Umfang seiner Anfechtung" und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück. Die Erhebung einer Revision wurde vom Verwaltungsgericht für nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig erklärt.
13 In seiner Begründung ging das Verwaltungsgericht - soweit für das Revisionsverfahren wesentlich - davon aus, dass § 19 Abs. 2 AsylG 2005 nur Asylwerber und somit nur jene Fremde erfasse, "deren Verfahren" noch nicht rechtskräftig beendet worden sei. "Im Verlängerungsverfahren" bestehe nach dem Wortlaut dieser Bestimmung "keine Pflicht zur Einvernahme". Es sei daher zu prüfen, ob insoweit eine planwidrige Lücke, die im Weg der Analogie zu schließen sei, vorliege. § 19 AsylG 2005 liege der Gedanke zugrunde, dass in Asylverfahren die Angaben des Antragstellers oftmals als einziges Beweismittel zur Verfügung stünden. Es solle ihm durch persönliche Vernehmung ermöglicht werden, Gründe anzugeben, die gegen eine Rückkehr in den Herkunftsstaat sprechen. Auch im Verfahren "zur Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten" gehe es primär um die Frage, ob dem Antragsteller nunmehr eine Rückkehr in seine Heimat möglich sei oder dem (insbesondere) Art. 2 oder Art. 3 EMRK entgegenstehe. Damit sei die Situation aber mit jener "im Asylverfahren" vergleichbar, zumal auch im Verfahren über Folgeanträge die Vorschrift des § 19 Abs. 2 AsylG 2005 grundsätzlich anwendbar sei. Weil dieselben Wertungsgesichtspunkte "zuträfen" und um eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung Fremder untereinander zu vermeiden, sei daher § 19 Abs. 2 AsylG 2005 auch "im Verlängerungsverfahren" anzuwenden.
14 Zudem komme bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Fremden in Bezug auf die für die Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 ERMK maßgeblichen Umstände besondere Bedeutung zu. Auch aus diesem Grund "scheine" eine persönliche Befragung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unumgänglich zu sein. Die Behörde habe zwar festgestellt, dass der Mitbeteiligte eine Beziehung führe, habe aber keine weitergehenden Ermittlungen dahingehend durchgeführt, ob diese Beziehung "bereits unter das von Art. 8 EMRK geschützte Familienleben" falle. Es sei nämlich nicht ermittelt worden, ob eine Abhängigkeit der Partner, wie sie nach der Rechtsprechung gefordert werde, bestehe.
15 Außerdem habe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Mitbeteiligten im Zuge der Einleitung des Aberkennungsverfahrens nicht genau mitgeteilt, worin es die dafür bestehenden Gründe gesehen habe. Die Behörde hätte dem Mitbeteiligten genauere Informationen geben müssen, weshalb sie zu dem Schritt der Einleitung dieses Verfahrens bewogen worden sei, damit dieser ein substantiiertes Vorbringen hätte erstatten können.
16 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe bei der Ermittlung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalts die Vorschrift des § 19 Abs. 2 AsylG 2005 nicht beachtet, indem der vor der Behörde unvertretene Mitbeteiligte nicht vernommen worden sei, und somit nur völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt. Es könne nicht im Sinn des Gesetzes liegen, dass das Bundesverwaltungsgericht die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts nachholen müsse. Eine ernsthafte Prüfung dürfe nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden sei.
17 Die Revision - so das Bundesverwaltungsgericht abschließend - sei zuzulassen gewesen, weil zu der Frage, ob § 19 Abs. 2 AsylG 2005 auch im "Aberkennungs- beziehungsweise Verlängerungsverfahren zum subsidiären Schutz" anzuwenden sei, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle. Auch stehe die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Entscheidung "in einem Spannungsverhältnis" zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 2018, Ra 2017/21/0253.
18 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erhob gegen diese Entscheidung die gegenständliche ordentliche Revision. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren nach § 30a VwGG, in dessen Rahmen der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, durchgeführt und sodann dem Verwaltungsgerichtshof die Revision samt der Revisionsbeantwortung sowie die Verfahrensakten vorgelegt.
19 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
20 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schließt sich in
der Revision den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit der Revision an und macht zudem geltend, dass auch zu klären wäre, ob das Unterbleiben einer Vernehmung nach § 19 Abs. 2 AsylG 2005 - selbst wenn die Ansicht des Verwaltungsgerichts, eine solche sei nach dieser Bestimmung auch im hier gegenständlichen Verfahren gesetzlich geboten, zuträfe - als bloßer Verfahrensfehler geeignet sein könnte, die Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG zu rechtfertigen. Das rechtliche Schicksal jener Spruchpunkte, die auf der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten aufbauten, hänge an sich von der darüber zu treffenden Entscheidung ab. Soweit es um den Spruchpunkt II. des beim Bundesverwaltungsgericht angefochtenen Bescheides gehe, stelle sich aber die bis dato in der Rechtsprechung unbeantwortete Frage, ob die Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 mit Wirkung ex nunc oder ex tunc erfolge. Sollte die Aberkennung mit Wirkung ex nunc ausgestattet sein, so könnte § 9 Abs. 4 AsylG 2005 wohl nur so verstanden werden, dass eine im Zeitpunkt der Aberkennung gültige Aufenthaltsberechtigung zu entziehen sei, nicht aber eine "zeitlich davor liegende". Im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei die dem Mitbeteiligten zuletzt erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung bereits abgelaufen gewesen. Dann hätte das Verwaltungsgericht, wenn man von einer ex nunc Wirkung der Aberkennungsentscheidung ausgehe, den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ersatzlos beheben müssen und insoweit das Verfahren nicht nach § 28 Abs. 3 VwGVG zurückverweisen dürfen. Eine solche Zurückverweisung wäre nur dann folgerichtig, wenn man davon ausgehe, die Entscheidung über die Aberkennung wirke ex tunc, weil dann auch die schon abgelaufenen Aufenthaltsberechtigungen rückwirkend zu entziehen wären. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vertrete die Auffassung, dass die Aberkennung ex nunc wirke. Bei dieser Sicht stelle sich zwar der Spruchpunkt II. des Bescheides als rechtlich verfehlt dar. Das rechtfertige aber nach dem Gesagten nicht die Zurückverweisung. 21 Im Weiteren wendet sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, § 19 Abs. 2 AsylG 2005 wäre auch im Verfahren betreffend die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten anzuwenden. Zudem wird in der Revision ausgeführt, aus welchen Gründen die nach der Rechtsprechung geforderten Kriterien für eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht vorlägen. 22 Der Mitbeteiligte verteidigt in seiner Revisionsbeantwortung die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts.
23 Die Revision ist zulässig. Sie ist auch begründet. 24 § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG (samt Überschrift) lautet:
"Erkenntnisse
§ 28. (1) ...
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.
der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.
die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) ..."
25 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in § 28 VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Sind (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist. Nur mit dieser Sichtweise kann ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinn einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führt doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszugs gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung.
26 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt hervorgehoben, dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung zu vervollständigen sind (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 12.8.2019, Ra 2019/20/0192, mwN).
27 Zunächst ist - im Hinblick darauf, dass das Verwaltungsgericht (vermeintliche) Fehler der Behörde in der Anwendung von Verfahrensvorschriften ins Treffen führt - darauf hinzuweisen, dass sich schon anhand der oben dargestellten Grundsätze unzweifelhaft ergibt, dass nicht jede einer Behörde unterlaufene Verletzung von Verfahrensvorschriften das Verwaltungsgericht zur Vorgangsweise nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG berechtigt (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/20/0314).
28 Da - worauf unten im Einzelnen noch zurückzukommen sein wird - das Bundesverwaltungsgericht zudem nicht aufzeigt, dass im Sinn dieser Rechtsprechung dem (oben dargestellten) behördlichen Ermittlungsverfahren krasse bzw. besonders gravierende Ermittlungslücken anhaften würden, entspricht die angefochtene Entscheidung schon deshalb nicht dem Gesetz.
29 Es liegt aber auch der dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom Bundesverwaltungsgericht zum Vorwurf gemachte Verfahrensfehler nicht vor.
30 §§ 8, 9 und 19 AsylG 2005 lauten (auszugsweise und samt Überschrift):
"Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 8. (1) ...
...
(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
(3) ...
...
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des
subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;
2.
...
3.
...
(2) ...
...
(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.
...
Befragungen und Einvernahmen
§ 19. (1) Ein Fremder, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach Antragstellung oder im Zulassungsverfahren zu befragen. Diese Befragung dient insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden und hat sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn es sich um einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) handelt. Die Befragung kann in den Fällen des § 12a Abs. 1 sowie in den Fällen des § 12a Abs. 3, wenn der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt wurde, unterbleiben.
(2) Ein Asylwerber ist vom Bundesamt, soweit er nicht auf Grund von in seiner Person gelegenen Umständen nicht in der Lage ist, durch Aussagen zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, zumindest einmal im Zulassungsverfahren und - soweit nicht bereits im Zulassungsverfahren über den Antrag entschieden wird - zumindest einmal nach Zulassung des Verfahrens einzuvernehmen. Eine Einvernahme kann unterbleiben, wenn dem Asylwerber, ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt (§ 12a Abs. 1 oder 3). Weiters kann eine Einvernahme im Zulassungsverfahren unterbleiben, wenn das Verfahren zugelassen wird. § 24 Abs. 3 bleibt unberührt.
(3) Eine Einvernahme kann unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Tonaufzeichnung dokumentiert werden.
(4) Vor jeder Einvernahme ist der Asylwerber ausdrücklich auf die Folgen einer unwahren Aussage hinzuweisen. Im Zulassungsverfahren ist der Asylwerber darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass seinen Angaben verstärkte Glaubwürdigkeit zukommt.
(5) Ein Asylwerber darf in Begleitung einer Vertrauensperson sowie eines Vertreters zu Einvernahmen vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht erscheinen; auch wenn ein Rechtsberater (§ 49 BFA-VG) anwesend ist, kann der Asylwerber durch eine Vertrauensperson oder einen Vertreter begleitet werden. Minderjährige Asylwerber dürfen nur in Gegenwart eines gesetzlichen Vertreters einvernommen werden.
(6) Das Bundesverwaltungsgericht kann in einem Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) das Bundesamt mit der Einvernahme des Asylwerbers beauftragen."
31 Art. 45 Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung) - im Weiteren: Verfahrensrichtlinie - legt fest:
"Artikel 45
Verfahrensvorschriften
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in Fällen, in denen die zuständige Behörde in Erwägung zieht, den internationalen Schutz eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen nach Maßgabe der Artikel 14 oder 19 der Richtlinie 2011/95/EU abzuerkennen, die betreffende Person über folgende Garantien verfügt:
a) Sie ist schriftlich davon in Kenntnis zu setzen, dass die zuständige Behörde den Anspruch auf internationalen Schutz überprüft und aus welchen Gründen eine solche Überprüfung stattfindet, und
b) ihr ist in einer persönlichen Anhörung gemäß Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b und gemäß den Artikeln 14 bis 17 oder in einer schriftlichen Erklärung Gelegenheit zu geben, Gründe vorzubringen, die dagegen sprechen, ihr den internationalen Schutz abzuerkennen.
(2) ...
..."
32 Zunächst ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht richtig erkannt hat, dass § 19 Abs. 2 AsylG 2005 nach seinem Wortlaut das Verfahren über die Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes nicht erfasst. Diese Bestimmung stellt auf Asylwerber ab. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005 ist ein Asylwerber ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.
33 Einen Antrag auf internationalen Schutz hatte das hier in Rede stehende Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes nicht zum Gegenstand. Dass der Gesetzgeber mit § 19 Abs. 2 AsylG 2005 nur Vorgaben für das Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz regeln wollte, ergibt sich zudem daraus, dass in dieser Bestimmung mehrfach auf das asylrechtliche Zulassungsverfahren sowie den faktischen Abschiebeschutz Bezug genommen wird. Beides kommt aber nur dann in Betracht, wenn es sich um ein Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz handelt (vgl. § 12 und § 12a AsylG 2005 sowie § 17 Abs. 4 und § 28 AsylG 2005). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass ein nach Abschluss des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz von Amts wegen eingeleitetes und geführtes Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes nicht Teil des früher abgeschlossenen Verfahrens ist (vgl. aus der zu einer früheren Fassung des AsylG 2005 ergangenen, aber mangels diesbezüglich erfolgter Änderung der Rechtslage auch auf das AsylG 2005 in der hier anzuwendenden Fassung weiterhin als maßgeblich anzusehenden Rechtsprechung VwGH 12.5.2010, 2006/20/0766).
34 Diese Aussage gilt sinngemäß auch für das Verfahren betreffend den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung. Obgleich das Bundesverwaltungsgericht - ebenso wie der Mitbeteiligte in seinen Verlängerungsanträgen - mehrfach undifferenziert von der "Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten" spricht, handelt es sich dabei lediglich um das Begehren, die bereits früher für einen bestimmten Zeitraum erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung zu verlängern.
35 Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 16 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigen das vorübergehende, verlängerbare Einreise- und Aufenthaltsrecht, das Österreich Fremden nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewährt. 36 Dass es sich beim Antrag auf Verlängerung nur um die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, nicht aber um die Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten handelt, ergibt sich ohne Zweifel schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 4 AsylG 2005, indem dort zwischen diesem Status und der zu erteilenden Aufenthaltsberechtigung unterschieden wird. 37 Anders als im Fall der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, dessen Einreise- und Aufenthaltsrecht unmittelbar kraft Gesetzes bestimmt wird, weshalb die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu erfolgen hat, ist im Fall des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zusätzlich die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung vorgesehen (vgl. VwGH 3.5.2018, Ra 2017/19/0373, 0374). Damit ist gemäß § 31 Abs. 1 Z 4 FPG ein rechtmäßiger Aufenthalt verbunden (vgl. zu einer Konstellation, in der ein Fremder zwar über den Status des subsidiär Schutzberechtigten, jedoch nicht (mehr) über eine befristete Aufenthaltsberechtigung verfügt hat, nochmals VwGH 12.5.2010, 2006/20/0766).
38 In Bezug auf die Verlängerung sieht § 8 Abs. 4 AsylG 2005 vor, dass die Aufenthaltsberechtigung im Fall des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für jeweils zwei weitere Jahre verlängert wird und nach einem Antrag des Fremden die Aufenthaltsberechtigung, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts besteht.
39 Daraus folgt, dass es sich beim Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und beim Verfahren über den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung um unterschiedliche Verfahren handelt; auch wenn diese Verfahren unter einem entschieden werden können (sh. dazu unten). Bei keinem dieser Verfahren handelt es sich jedoch um ein Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz.
40 Voraussetzung für die analoge Anwendung verwandter Rechtsvorschriften ist das Bestehen einer echten Gesetzeslücke; das heißt einer planwidrigen und daher durch Analogie zu schließenden Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Eine Lücke ist demnach nur dort anzunehmen, wo das Gesetz (gemessen an der mit der seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie) unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (vgl. VwGH 24.5.2016, Ra 2015/20/0047). 41 Da das öffentliche Recht, im Besonderen das Verwaltungsrecht, schon von der Zielsetzung her nur einzelne Rechtsbeziehungen unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zu regeln bestimmt ist, muss eine auftretende Rechtslücke im Zweifel als beabsichtigt angesehen werden. Eine durch Analogie zu schließende echte Lücke ist nur dann gegeben, wenn das Gesetz anders nicht vollziehbar ist oder wenn es in eine Regelung einen Sachverhalt nicht einbezieht, auf den - unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes und gemessen an den mit der Regelung verfolgten Absichten des Gesetzgebers - dieselben Wertungsgesichtspunkte zutreffen wie auf die im Gesetz geregelten Fälle und auf den daher - schon zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung - auch dieselben Rechtsfolgen angewendet werden müssen (vgl. VwGH 10.10.2018, Ra 2018/08/0189, mwN).
42 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 27. Mai 2019, Ra 2019/14/0153, mit den Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem - auch hier zur Anwendung gebrachten - § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 beschäftigt. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird daher insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
43 Darin wurde auch festgehalten, dass es Aufgabe der Behörde - im Beschwerdeverfahren: des Verwaltungsgerichts - ist, offenzulegen, weshalb sie davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen (Rn. 83 ff der Entscheidungsgründe zu Ra 2019/14/0153). Jene Sichtweise in Bezug auf das Vorbringen, die sonst für das Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz anzulegen ist, hat für das Aberkennungsverfahren nicht unbeschränkt Platz zu greifen, weil dieses voraussetzt, dass dem betroffenen Fremden zuvor der Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig zuerkannt wurde. Dies bringt es mit sich, dass - abgesehen von den Besonderheiten der Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Weg des nach § 34 AsylG 2005 vorgesehenen Familienverfahrens, was aber (auch) hier mangels Relevanz für den vorliegenden Fall ausgeklammert bleiben muss - die Behörde die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz bereits geprüft und bejaht hat (Rn. 94). Das gilt auch für Entscheidungen über Anträge auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung (Rn. 95). 44 Entgegen der Annahme des Bundesverwaltungsgerichts kann vor diesem Hintergrund - auch wenn in den Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sowie über den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung eine Mitwirkungspflicht der Betroffenen bestehen mag (vgl. auch dazu VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153) - nicht davon ausgegangen werden, dass in Bezug auf die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 AsylG 2005 von der Existenz einer echten Lücke gesprochen werden könnte. Da die Ausgangssituation im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz nicht mit jener im Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vergleichbar ist, ist nicht zu sehen, dass es zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung geboten wäre, auch im Verfahren zur Aberkennung die in § 19 Abs. 2 AsylG 2005 enthaltene Anordnung im Weg der Analogie zur Anwendung zu bringen. 45 Es ist aber auch nach den unionsrechtlichen Vorgaben keine andere Sichtweise geboten. Gemäß Art. 45 Abs. 1 lit. b Verfahrensrichtlinie ist einem vom Aberkennungsverfahren betroffenen Fremden Gelegenheit zu geben, Gründe vorzubringen, die dagegen sprechen, ihm den internationalen Schutz abzuerkennen. Es steht nach dieser Bestimmung der Behörde aber frei, dies durch persönliche Anhörung oder durch Einholung einer schriftlichen Erklärung des Fremden vorzunehmen.
46 Somit ist festzuhalten, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht im Sinn des § 19 Abs. 2 AsylG 2005 verpflichtet war, mit dem Mitbeteiligten zumindest einmal eine Einvernahme durchzuführen. Die anderslautende Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts vermochte daher die damit begründete Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht zu tragen. 47 Damit erweist sich aber auch der in der Revision erhobene Einwand, soweit das Bundesverwaltungsgericht die Zurückverweisung in Bezug auf die Rückkehrentscheidung mit der Erforderlichkeit einer Vernehmung durch die Behörde begründe, hänge gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 und § 52 Abs. 2 Z 4 FPG die Entscheidung über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtlich davon ab, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt werde, weshalb sich die Frage, ob insoweit ausreichend Erhebungen vorgenommen wurden, erst dann stellen kann, wenn die Aberkennung ausgesprochen wurde, als berechtigt.
48 Was aber die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts zu den von ihm gesehenen Ermittlungsmängeln betrifft, ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichthof bereits in seiner (zudem vom Verwaltungsgericht selbst zitierten) Rechtsprechung ausgeführt hat, die Einräumung von Parteiengehör durch die Behörde auf bloß schriftlichem Weg berechtige für sich genommen schon deshalb nicht zur Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG, weil es grundsätzlich immer auch Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts sei, sich vor Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung selbst einen persönlichen Eindruck vom Fremden zu verschaffen, sofern nicht ausnahmsweise ein eindeutiger Fall gegeben sei. Von dieser Verpflichtung ist das Bundesverwaltungsgericht auch dann nicht entbunden, wenn das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im erstinstanzlichen Verfahren eine persönliche Einvernahme durchgeführt hat; eine solche mag zwar in vielen Fällen zweckmäßig sein, sie kann aber den persönlichen Eindruck des im Beschwerdeverfahren entscheidenden Richters nicht ersetzen (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2017/21/0253). Im Übrigen ist ergänzend festzuhalten, dass im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - anders als im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht - der Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht gilt (vgl. VwGH 12.10.2016, Ra 2016/18/0119; dort in Bezug auf das Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz). 49 Zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides führt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in der Revision aus, dass es seine ursprünglich mit dem Bescheid zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht dahingehend ändere, als es nunmehr davon ausgehe, dieser Ausspruch wäre - auch der Sache nach - nicht als die Abweisung des vom Mitbeteiligten gestellten Antrages auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung zu verstehen. Da ein Widerruf der bereits abgelaufenen Aufenthaltsberechtigung nicht möglich sei, hätte das Bundesverwaltungsgericht diesen Spruchpunkt - im Rahmen einer Sachentscheidung ersatzlos - beheben müssen und insoweit keine zurückverweisende Entscheidung treffen dürfen. 50 Es ist der revisionswerbenden Behörde zunächst darin Recht zu geben, dass die auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gestützte Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mit rückwirkender Kraft ausgestattet ist. Es gibt anhand der gesetzlichen Bestimmungen keinen Hinweis dafür, dass dies - in Abweichung des sonst geltenden Grundsatzes, wann die Rechtswirkungen einer behördlichen Entscheidung eintreten - in Bezug auf die hier in Rede stehenden Entscheidungen anders wäre. Vielmehr gibt der Gesetzgeber mit der Anordnung des § 8 Abs. 4 letzter Satz AsylG 2005, demzufolge die Aufenthaltsberechtigung nach einem Antrag des Fremden auf Verlängerung, wenn der Antrag vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, weiter besteht, zu erkennen, dass grundsätzlich - (wenn auch) eingeschränkt auf den Fall der rechtzeitigen Antragstellung - erst mit der dem Antrag nicht Folge gebenden Entscheidung der Verlust der Aufenthaltsberechtigung eintreten soll. Dafür, dass der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG 2005 das Ziel verfolgt hätte, einen bisherigen auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gegründeten rechtmäßigen Aufenthalt mit der Aberkennung dieses Status rückwirkend als unrechtmäßig einzustufen, gibt es keine Anhaltspunkte.
51 Dies bringt es mit sich, dass § 9 Abs. 4 AsylG 2005 nur auf jenen Fall Anwendung finden kann, in dem im Zeitpunkt der Entscheidung die befristete Aufenthaltsberechtigung noch gilt. Das liegt nach dem Gesagten in Bezug auf die zuvor erteilte Aufenthaltsberechtigung zufolge § 8 Abs. 4 letzter Satz AsylG 2005 aber - entgegen der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in der Revision zum Ausdruck gebrachten Auffassung - auch dann vor, wenn ein Antrag auf Verlängerung gestellt wurde; wird doch damit von Gesetzes wegen das Weiterbestehen der befristeten Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts angeordnet. Es ist dem Gesetzgeber aber diesfalls nicht zu unterstellen, dass trotz der Anordnung des Entzuges der - infolge eines Verlängerungsantrages bis zur Entscheidung über diesen Antrag weiterbestehenden - Aufenthaltsberechtigung im Fall der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten insoweit ein drittes Verfahren - neben der Entziehung der befristeten Aufenthaltsberechtigung auch noch die separate Abweisung des Antrages auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung - zu führen wäre. Die Anordnung des § 9 Abs. 4 AsylG 2005 kann daher nur so verstanden werden, dass die dort vorgesehene Entziehung der befristeten Aufenthaltsberechtigung - selbst wenn deren weitere Existenz nur auf § 8 Abs. 4 letzter Satz AsylG 2005 zurückzuführen ist - auch die Abweisung eines allfällig gestellten Antrages auf Verlängerung dieser Aufenthaltsberechtigung mitumfasst, zumal eine solche Verlängerung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 nur in jenem Fall, in dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach wie vor aufrecht zuerkannt ist, in Betracht kommen kann.
52 Dann aber spielt es im Ergebnis für die Rechtswirkungen eines gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 erfolgten Ausspruches, der nach dieser Bestimmung mit der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zu verbinden ist und somit rechtlich von der Aberkennung abhängt, keine Rolle, ob er in seiner Formulierung an den dort enthaltenen Gesetzestext angelehnt wird oder sprachlich in der Abweisung des Verlängerungsantrages zum Ausdruck kommt. Zielt doch auch im Fall eines vor Ablauf der befristeten Aufenthaltsberechtigung gestellten Verlängerungsantrages die behördliche Anordnung darauf ab, das zuvor nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilte Recht zum Aufenthalt nicht weiter bestehen zu lassen.
53 Für eine gänzlich von der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten losgelöste Betrachtung des sich auf § 9 Abs. 4 AsylG 2005 stützenden Spruchpunktes II. des vor dem Bundesverwaltungsgericht bekämpften Bescheides bleibt somit im vorliegenden Fall - entgegen der Ansicht des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl - kein Raum.
54 Von einem solchen Verständnis ist der Sache nach im Übrigen auch der Mitbeteiligte ausgegangen, der in der Beschwerde (u.a. neben dem Begehren auf Behebung der von der Behörde ausgesprochenen Aberkennung) beantragt hat, das Bundesverwaltungsgericht möge (erkennbar gemeint: in Abänderung des nach § 9 Abs. 4 AsylG 2005 erfolgten Ausspruches) ihm die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung bewilligen. 55 Nach dem oben Gesagten lagen die Voraussetzungen für die vom Bundesverwaltungsgericht auf § 28 Abs. 3 VwGVG gestützte Zurückverweisung in erster Linie nicht vor, weil das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung in Bezug auf die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 AsylG 2005 eine nicht dem Gesetz entsprechende Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat. Der angefochtene Beschluss war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. 56 Bei diesem Ergebnis war dem Mitbeteiligten kein Ersatz seiner Aufwendungen für die Erstattung der Revisionsbeantwortung zuzusprechen, weil gemäß § 47 Abs. 3 VwGG Mitbeteiligte einen Anspruch auf Aufwandersatz nur im Fall der Abweisung der Revision haben.
Wien, am 30. Oktober 2019
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019140007.J00Im RIS seit
11.12.2019Zuletzt aktualisiert am
11.12.2019