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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art135 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des XY in Z, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. August 2019, W271 2120202-3/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte in den Jahren 2011, 2012 und 2013 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei jener aus dem Jahr 2011 rechtskräftig abgewiesen und jene aus den Jahren 2012 und 2013 rechtskräftig zurückgewiesen wurden. Den verfahrensgegenständlichen
vierten Antrag auf internationalen Schutz stellte der Revisionswerber am 11. Jänner 2019.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag des Revisionswerbers im zweiten Rechtsgang mit Bescheid vom 27. Juni 2019 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei, und sprach aus, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise bestehe. Unter einem erließ es gegen den Revisionswerber ein befristetes Einreiseverbot und erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab.
3 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 13. August 2019 insoweit statt, als es das über den Revisionswerber verhängte Einreiseverbot ersatzlos behob. Im Übrigen wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. 4 Mit Beschluss vom 30. September 2019, E 3582/2019-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 In der vorliegenden Revision wird zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend gemacht, dass nach der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts für das Jahr 2019 die entscheidende Richterin der "Kammer W" (Wirtschaft) zugeteilt gewesen sei. Diese Richterin sei durch die sachwidrige Zuteilung unzuständig. Die sachwidrige Zuteilung verletzte den Revisionswerber in seinem Recht auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter. 9 Der dem (für die Straf- und Zivilgerichtsbarkeit geltenden) Art. 87 Abs. 3 B-VG nachgebildete Art. 135 Abs. 3 B-VG statuiert auch für die Verwaltungsgerichte den "Grundsatz der festen Geschäftsverteilung". Diese Einrichtung steht (u.a.) auch im engen Zusammenhang mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter iSd Art. 83 Abs. 2 B-VG. Im Geltungsbereich des verfassungsgesetzlich geregelten Prinzips der festen Geschäftsverteilung bedeutet diese Garantie auch das Recht auf eine Entscheidung durch den gemäß der Geschäftsverteilung zuständigen Organwalter; in diesem Sinne handelt es sich bei der Geschäftsverteilung um eine zuständigkeitsbegründende Rechtsvorschrift (vgl. VwGH 21.11.2018, Ro 2018/03/0049; 29.6.2017, Ra 2017/21/0032, mwN).
10 Gemäß § 20 Abs. 2 der - entsprechend § 15 Abs. 7 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz öffentlich zugänglich gemachten - Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts für das Jahr 2019 erstreckt sich die Zuständigkeit einer Gerichtsabteilung auf den gesamten Geschäftsbereich jener Kammer, der sie angehört, sofern sich aus der Anlage 2 nichts anderes ergibt. § 20 Abs. 3 dieser Geschäftsverteilung regelt, dass in der Anlage 2 vorgesehen werden kann, dass Gerichtsabteilungen auch für Zuweisungsgruppen zuständig sind, die in den Geschäftsbereich einer anderen Kammer fallen.
11 In der Anlage 2 der Geschäftsverteilung wurde festgelegt, dass die ab 1. Juli 2019 ersten 1140 eingelangten Rechtssachen der Zuweisungsgruppe "AFR-W1" - gemäß Anlage 1 zur Geschäftsverteilung 2019 ist das der Bereich "Asyl- und Fremdenrecht betreffend den Herkunftsstaat Afghanistan" - einzeln näher genannten Gerichtsabteilungen, darunter die Gerichtsabteilung der entscheidenden Richterin, beginnend mit der Gerichtsabteilung W102, bis zu einer Höchstzahl von jeweils 20 Rechtssachen, nacheinander vorweg zugewiesen werden. Der Anlage 2 lässt sich daher entnehmen, dass diese Gerichtsabteilung im festgelegten Ausmaß für die grundsätzlich der "Kammer A" zugewiesenen Angelegenheiten der Zuweisungsgruppe "AFR-W1" zuständig war. Die Revision zeigt mit ihrem Vorbringen sohin nicht auf, dass die erkennende Richterin ihre Zuständigkeit rechtswidrig wahrgenommen hätte.
12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der Unterlassung einer Beweisaufnahme dann kein Verfahrensmangel gelegen, wenn das von der Partei im Beweisantrag genannte Beweisthema unbestimmt ist (vgl. VwGH 5.6.2019, Ra 2019/18/0192, mwN). Beweisanträge dürfen weiters dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel (ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung) untauglich ist. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 9.9.2019, Ra 2019/18/0169; 21.3.2018, Ra 2018/18/0033, mwN). Mit dem Vorbringen zur behaupteten Ablehnung der Beweisanträge zeigt die Revision nicht auf, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine derart krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre.
13 Soweit in der Revision auf eine "ungerechtfertigte Heranziehung früherer Protokolle" Bezug genommen wird, ergibt sich aus den darauf Bezug nehmenden Revisionsgründen, dass die Revision mit diesem Vorbringen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts zu bekämpfen trachtet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 29.8.2019, Ra 2019/14/0409, mwN). Es gelingt der Revision nicht, eine solche - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende - Unvertretbarkeit aufzuzeigen. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete das Fluchtvorbringen aufgrund der Widersprüche in den Angaben des Revisionswerbers als unglaubwürdig und legte seine Gründe dafür in der Beweiswürdigung dar.
14 Auf die erst in den Revisionsgründen für die Zulässigkeit der Revision vorgebrachten Argumente war gemäß § 34 Abs. 1a und § 28 Abs. 3 VwGG nicht einzugehen.
15 Soweit die Revision verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Besetzung des Bundesverwaltungsgerichts in Asylsachen geltend macht, sieht der Verwaltungsgerichtshof - auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in dem bereits erwähnten Ablehnungsbeschluss vom 30. September 2019, E 3582/2019-
5 - keinen Anlass zur Anfechtung der betreffenden gesetzlichen
Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof.
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 30. Oktober 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140494.L00Im RIS seit
11.12.2019Zuletzt aktualisiert am
11.12.2019