TE Dsk BescheidWissenschaftStatistikArchiv 2019/10/1 DSB-D202.238/0001-DSB/2019

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Veröffentlicht am 01.10.2019
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Norm

DSG §8 Abs2 Z1
DSG §8 Abs3
DSG §8 Abs4
SchPflG §16
StPEG 2004 §21

Text

GZ: DSB-D202.238/0001-DSB/2019 vom 1.10.2019

[Anmerkung Bearbeiter: Dieser Bescheid wird unpseudonymisiert veröffentlicht, da 1. der Antragsteller als Stadtmagistrat Organ bzw. Geschäftsapparat einer Gebietskörperschaft (juristischen Person) ist, und 2. der Antrag tw. auf steirisches Landesrecht gestützt war, und es im Land Steiermark nur eine Statutarstadt, die Landeshauptstadt Graz, gibt, in der ein Magistrat Aufgaben der Gemeinde- und Bezirksverwaltung wahrnimmt. Die Identität des Antragstellers ist daher für jeden sachkundigen Leser erkennbar. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über den Antrag des Magistrats der Stadt Graz (Antragsteller) vom 26. September 2019 auf Genehmigung der Zurverfügungstellung von Andressen zur Benachrichtigung und Befragung von betroffenen Personen (Auswahl von Erziehungsberechtigten von schulpflichtigen Kindern mit Hauptwohnsitz in Graz, die zwischen 1. September 2013 und 31. August 2014 geboren sind) gemäß § 8 Abs. 3 und Abs. 4 DSG wie folgt:

-    Der Antrag wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 8 Abs. 2 Z 1 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Vorbringen der Antragstellerin

Der Antragsteller beantragte mit Eingabe vom 6. September 2019 (ha. eingelangt am 26. September 2019) die Genehmigung der Zurverfügungstellung von Andressen zur Benachrichtigung und Befragung von betroffenen Personen gemäß § 8 Abs. 3 und Abs. 4 DSG. Zusammengefasst plane der Antragsteller am 5. Oktober 2019 die Versendung des jährlichen „Elternbriefs“ an alle Erziehungsberechtigten mit Hauptwohnsitz in Graz. Die Rechtsgrundlage zur Datenverarbeitung sei bislang in § 16 Schulpflichtgesetz 1985 geregelt gewesen, welche Gemeinden zur Führung der Schulpflichtmatrik ermächtigt hätten. Die genannte Bestimmung sei jedoch mit Wirksamkeit zum 1. September 2019 dahingehend geändert worden, dass nunmehr die LeiterInnen der Bildungseinrichtungen, sowie die Bildungsdirektionen und das BRZ als deren Auftragsverarbeiter die Schulpflichtmatrik führen.

Der genannte Elternbrief werde versendet, da die Information der Erziehungsberechtigten über die Schulpflicht im öffentlichen Interesse gelegen und der Antragsteller nach dem Tatbestand des § 21 StPEG 2004 weiterhin zur Erlassung von Bescheiden zuständig sei. Der Antragsteller habe ein öffentliches Interesse daran, dass die Kinder auf die Schulen innerhalb des Schulsprengels gleichmäßig verteilt werden würden. Aus dem lokalen Melderegister würden nach den §§ 14 und 20 Abs. 3 MeldeG folgende Daten verwendet werden: Vorname, Nachname, Geburtsdatum und Hauptwohnsitzadresse, dies bezogen auf den Personenkreis „Erziehungsberechtigten von schulpflichtigen Kindern mit Hauptwohnsitz in Graz, die zwischen 1. September 2013 und 31. August 2014 geboren sind“. Aufgrund der genannten gesetzlichen Änderung bestehe eine Unklarheit, ob die gesetzliche Grundlage im StPEG 2004 weiterhin als Kompetenz für die Zurverfügungstellung der Adressdaten iSd § 8 Abs. 1 DSG ausreiche. Daher werde ein Antrag auf Genehmigung nach § 8 Abs. 3 DSG gestellt.

B. Sachverhaltsfeststellungen

Der Magistrat der Stadt Graz ist als Geschäftsapparat der Organe des Antragstellers (darunter auch des Bürgermeisters als Meldebehörde erste Instanz) datenschutzrechtlicher Verantwortlicher des örtlichen Melderegisters.

Im Übrigen wird das Vorbringen der Antragstellerin den Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde gelegt.

Beweiswürdigung: Die Feststellungen beruhen auf der unstrittigen Aktenlage.

C. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. Anwendbare Rechtsvorschriften:

§ 8 DSG lautet samt Überschrift wie folgt: (Hervorhebungen durch die Datenschutzbehörde):

Zurverfügungstellung von Adressen zur Benachrichtigung und Befragung von betroffenen Personen

§ 8. (1) Soweit gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, bedarf die Übermittlung von Adressdaten eines bestimmten Kreises von betroffenen Personen zum Zweck ihrer Benachrichtigung oder Befragung der Einwilligung der betroffenen Personen.

(2) Wenn allerdings eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Personen angesichts der Auswahlkriterien für den Betroffenenkreis und des Gegenstands der Benachrichtigung oder Befragung unwahrscheinlich ist, bedarf es keiner Einwilligung, wenn

1. Daten desselben Verantwortlichen verarbeitet werden oder

2. bei einer beabsichtigten Übermittlung der Adressdaten an Dritte

a) an der Benachrichtigung oder Befragung auch ein öffentliches Interesse besteht oder

b) keiner der betroffenen Personen nach entsprechender Information über Anlass und Inhalt der Übermittlung innerhalb angemessener Frist Widerspruch gegen die Übermittlung erhoben hat.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor und würde die Einholung der Einwilligung der betroffenen Personen gemäß Abs. 1 einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, ist die Übermittlung der Adressdaten mit Genehmigung der Datenschutzbehörde gemäß Abs. 4 zulässig, falls die Übermittlung an Dritte

1. zum Zweck der Benachrichtigung oder Befragung aus einem wichtigen Interesse des Betroffenen selbst,

2. aus einem wichtigen öffentlichen Benachrichtigungs- oder Befragungsinteresse oder

3. zur Befragung der betroffenen Personen für wissenschaftliche oder statistische Zwecke erfolgen soll.

(4) Die Datenschutzbehörde hat auf Antrag eines Verantwortlichen, der Adressdaten verarbeitet, die Genehmigung zur Übermittlung zu erteilen, wenn der Antragsteller das Vorliegen der in Abs. 3 genannten Voraussetzungen glaubhaft macht und überwiegende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Personen der Übermittlung nicht entgegenstehen. Die Datenschutzbehörde hat die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen zu knüpfen, soweit dies zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen notwendig ist.

(5) Die übermittelten Adressdaten dürfen ausschließlich für den genehmigten Zweck verarbeitet werden und sind zu löschen, sobald sie für die Benachrichtigung oder Befragung nicht mehr benötigt werden.

(6) Sofern es gemäß den vorstehenden Bestimmungen zulässig ist, Namen und Adresse von Personen, die einem bestimmten Betroffenenkreis angehören, zu übermitteln, dürfen auch die zum Zweck der Auswahl der zu übermittelnden Adressdaten notwendigen Verarbeitungen vorgenommen werden.

2 In der Sache

Verwendet werden sollen Daten, die der datenschutzrechtliche Verantwortliche „Magistrat der Stadt Graz“, also der Antragsteller selbst, verarbeitet.

Verarbeitungszweck der Daten ist grundsätzlich die Führung des Melderegisters, jedoch sollen im Zuge der verfahrensgegenständlichen Verarbeitung Meldedaten zwecks Versendung eines Elternbriefs an eine bestimmte Zielgruppe (Erziehungsberechtigten von schulpflichtigen Kindern mit Hauptwohnsitz in Graz, die zwischen 1. September 2013 und 31. August 2014 geboren sind) ausgewählt und verwendet werden.

Eine solche Datenverwendung bedarf weder einer Einwilligung der betroffenen Personen, noch einer Genehmigung durch die Datenschutzbehörde, wenn eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Personen angesichts der Auswahlkriterien für den Betroffenenkreis und des Gegenstands der Benachrichtigung oder Befragung unwahrscheinlich ist und die Daten von demselben Verantwortlichen verarbeitet werden (vgl. § 8 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 DSG).

Da die betroffenen Personen im Zuge der geplanten Datenverarbeitung über die Schulpflicht - sowie damit im Zusammenhang stehend die Vormerkung für Schulen - informiert werden sollen und die verfahrensgegenständlichen Daten nicht anderweitig verwendet werden, ist eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Personen unwahrscheinlich.

Wenngleich § 16 Schulpflichtgesetz 1985 idgF novelliert wurde und sich die datenschutzrechtliche Rollenverteilung für die Führung der Schulpflichtmatrik offenbar verändert hat, ist dem Antragsteller weiterhin gemäß § 21 StPEG 2004 die gesetzliche Aufgabe übertragen, mit Bescheid Anordnungen über die Verteilung der schulpflichtigen Kinder auf die einzelnen Schulen treffen zu können, wenn in einer Schule die Gefahr einer Überfüllung der Klassen oder eine Minderung der Organisationsform gegeben ist oder eine solche Anordnung aus nicht behebbaren personellen Gründen notwendig ist.

Die verfahrensgegenständliche Verarbeitung der Meldedaten steht im Zusammenhang mit der gesetzlich übertragenen Aufgabe nach § 21 StPEG 2004 und dient (neben der Information über die Schulpflicht) insb. dazu, Eltern über Möglichkeit der Vormerkung für eine Schule aufzuklären. Durch eine solche Vormerkung kann der Antragsteller wiederum bereits im Vorfeld feststellen, inwiefern er von der Anordnungsbefugnis nach § 21 StPEG 2004 Gebrauch zu machen hat und kann dieser im Vorfeld auch entsprechende organisatorische Maßnahmen treffen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von jenem, der dem Bescheid der Datenschutzkommission vom 14. Dezember 2012, GZ K121.879/0014-DSK/2012, zugrunde lag.

Der Tatbestand gemäß § 8 Abs. 2 Z 1 DSG ist somit erfüllt, die geplante Datenverwendung daher gemäß § 8 Abs. 3 und Abs. 4 DSG nicht genehmigungspflichtig und in weiterer Folge auch nicht genehmigungsfähig.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Eine Aufforderung zur Gebührenentrichtung entfällt im Hinblick auf § 2 Z 2 des Gebührengesetzes 1957.

Schlagworte

Zurverfügungstellung von Adressen zur Benachrichtigung von betroffenen Personen, Magistrat, Meldebehörde, Meldedaten, Elterndaten, Elternbrief

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:DSB:2019:DSB.D202.238.0001.DSB.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2019
Quelle: Datenschutzbehörde Dsb, https://www.dsb.gv.at
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