TE Lvwg Erkenntnis 2019/11/14 VGW-141/023/13627/2019/E

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Veröffentlicht am 14.11.2019
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Entscheidungsdatum

14.11.2019

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

WMG §4 Abs1 Z1
WMG §5 Abs2 Z2
NAG §51 Abs1
NAG §51 Abs2 Z3
NAG §52 Abs1 Z2
NAG §53a Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fischer über die Beschwerde der Frau A. B., Wien, C.-straße, vertreten durch Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Sozialzentrum für den ... Bezirk, vom 01.03.2017, Zahl MA 40 - Sozialzentrum für den ... Bezirk - ..., mit welchem der Antrag vom 27.01.2017 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) in der geltenden Fassung abgewiesen wurde, nach Aufhebung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes Wien, vom 06.09.2018, Zahl VGW-141/023/5366/2017-11, durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24.09.2019, Zahl E 4241/2018-14,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 1. März 2017, wurde zur Zahl MA 40 – Sozialzentrum für den ... Bezirk – ..., das Ansuchen der nunmehrigen Beschwerdeführerin auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) abgewiesen. Begründend führte die Behörde zusammengefasst sinngemäß aus, die Beschwerdeführerin habe bislang im Zeitraum zwischen 21. April 2016 und 30. April 2016 ein Dienstverhältnis absolviert und sei weiters laut einem Gutachten des Psychosozialen Dienstes vom 25. Jänner 2017 befristet für ein Jahr als arbeitsunfähig befunden worden. Die Einschreiterin sei weiters nicht erwerbstätig und habe auch keine Nachweise dafür erbracht, dass ihre Erwerbstätigkeit gemäß § 52 Abs. 2 NAG erhalten geblieben sei oder sie das Recht auf Daueraufenthalt erworben habe. Somit seien die Voraussetzungen für eine Gleichstellung im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes nicht erfüllt.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde legte die nunmehrige Rechtsmittelwerberin auszugsweise Nachstehendes dar:

„3.1 Die Beschwerdeführer erfüllt sehr wohl die Voraussetzungen des § 5 Abs 2 Z 2 WMG, da sie Familienangehörige eines Unionsbürgers ist, zumal die Beschwerdeführerin Unterhalt von den Eltern erhalten hat und sohin als Familienangehörige im Sinne von Art 2 Z 2 lit c der UnionsbürgerRL bzw. gem. § 52 Abs 1 Z 3 anzusehen ist.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat im Urteil vom 16. Jänner 2014, Flora May Reyes, C-423/12, zur Auslegung von Art. 2 Z. 2 lit. c der Unionsbürgerrichtlinie Stellung genommen und dazu in den Rz 20 bis 23 u.a. Folgendes ausgeführt:

"Insoweit ist festzuhalten, dass das Vorliegen eines tatsächlichen Abhängigkeitsverhältnisses nachgewiesen werden muss, damit ein 21 Jahre alter oder älterer Verwandter in gerader absteigender Linie eines Unionsbürgers als Person angesehen werden kann, der von dem Unionsbürger im Sinn von Art. 2 Nr. 2 Buchstabe c der Richtlinie 2004/38 .Unterhalt gewährt wird' (vgl. in diesem Sinn Urteil Jia, Rn. 42). Diese Abhängigkeit ergibt sich aus einer tatsächlichen Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der materielle Unterhalt des Familienangehörigen durch den Unionsbürger, der von der Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, oder durch dessen Ehegatten sichergestellt wird (vgl. in diesem Sinn Urteil Jia, Rn. 35). Um zu ermitteln, ob eine solche Abhängigkeit vorliegt, muss der Aufnahmemitgliedstaat prüfen, ob der 21 Jahre alte oder ältere Verwandte in gerader absteigender Linie eines Unionsbürgers in Anbetracht seiner wirtschaftlichen oder sozialen Lage nicht selbst für die Deckung seiner Grundbedürfnisse aufkommt. ...

Der VwGH hat in der Entscheidung vom 16.03.2016, Ra2015/10/0022 ebenfalls bestätigt, dass es für die Angehörigeneigenschaft somit ausschließlich darauf ankommt, dass der über 21-jährige Verwandte in absteigender Linie auf Grund seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage nicht selbst für die Deckung seiner Grundbedürfnisse aufkommen kann und daher vom freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger abhängig ist. In einem solchen Fall wird die für Kinder typische Abhängigkeit von den Eltern, die von der Richtlinie sonst bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres vorausgesetzt wird, über dieses Alter hinaus fortgesetzt.

Eine solche Abhängigkeit ist im vorliegenden Fall aufgrund des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin gegeben.

Die belangte Behörde hat dies verkannt und den bekämpften Bescheid bereits dadurch mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

3.2 Weiters hat die belangte Behörde ausreichende Ermittlungen und Feststellungen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt es unterlassen, da sie sich nicht mit der Frage befasst hat, ob die Beschwerdeführerin als Familienangehörige im Sinn der genannten Bestimmungen zu qualifizieren ist. Hätte die belangte Behörde dies gemacht, so wäre sie zu einem, für die Beschwerdeführerin wesentlich günstigeren Ergebnis gelangt. Daher leidet der bekämpfte Bescheid auch an Rechtswidrigkeit Infolge Verletzung von wesentlichen Verfahrensvorschriften.“

Mit dieser Beschwerde wurde ein Konvolut von Unterlagen vorgelegt.

Auf Grund dieses Vorbringens und zur Abklärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes wurde nach antragsgemäß erfolgter Vertagung einer für den 22. Mai 2017 festgesetzten Verhandlung am 12. Juni 2017 vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher die Beschwerdeführerin und ein informierter Vertreter der belangten Behörde als Parteien sowie Frau D. B. als Zeugin geladen waren. Der Magistrat der Stadt Wien verzichtete ausdrücklich auf die Teilnahme an dieser Verhandlung.

Die Beschwerdeführerin erschien zu dieser Verhandlung durch ihre rechtsfreundliche Vertreterin. Frau D. B., Mutter der Beschwerdeführerin, erschien zu dieser Verhandlung trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung – diese wurde durch die Zeugin persönlich übernommen – unentschuldigt nicht.

Im Zuge dieser Verhandlung wurde durch die rechtsfreundliche Vertreterin der Einschreiterin sinngemäß dargelegt, die Beschwerdeführerin habe zu ihrer Mutter ein sehr problematisches Verhältnis. Auch habe die Einschreiterin wegen ihrer psychischen Situation nicht zur Verhandlung erscheinen können und sei sie weiters arbeitsunfähig, wobei davon auszugehen sei, dass diese im Falle kontinuierlicher Behandlung ihre Arbeitsfähigkeit wieder werde erlangen können. Nach ausführlicher Erörterung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde festgehalten, dass unter den gegebenen Umständen – Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 NAG sowie die Feststellung eines Aufenthaltsrechtes nach § 52 Abs. 1 Z 2 NAG oder § 53a NAG der Einschreiterin erschienen ohne Einvernahme der geladenen Personen als nicht möglich – die Möglichkeit der Beantragung der Ausstellung einer Daueraufenthaltsbescheinigung durch den Landeshauptmann von Wien vorliege und wurde die Möglichkeit erörtert, das anhängige Verfahren bis zur Erwirkung einer solchen auszusetzen.

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 7. Juni 2018 wurde die Einschreiterin zu Handen ihrer für das gegenständliche Verfahren bevollmächtigten rechtsfreundlichen Vertreterin zur Mitteilung des Verfahrensstandes betreffend den ehedem in Aussicht genommenen Antrag zur Ausstellung einer Daueraufenthaltsbescheinigung nach § 53a NAG aufgefordert und wurde ihr weiters u.a. zur Kenntnis gebracht, dass die Einschreiterin seit 30. April 2016 im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen ist und auch beim Arbeitsmarktservice seit zumindest 7. Dezember 2016 nicht mehr als arbeitslos gemeldet ist.

Mit daraufhin erfolgter Mitteilung vom 26. Juni 2018 legte die Einschreiterin durch ihre rechtsfreundliche Vertreterin diesbezüglich Nachstehendes dar:

„1. RA Dr. E. wurde mittlerweile zum Sachwalter für die Beschwerdeführerin bestellt. Dieser wird im Verfahren durch die ausgewiesene Rechtsanwältin vertreten.

2. Die Beschwerdeführerin bezieht nach dem am 31.12.2016 verstorbenen Vater Waisenpension.

3. Das Verfahren zur Erlangung der erhöhten Familienbeihilfe ist noch anhängig und konnte bis dato nicht abgeschlossen werden. Aufgrund der vorliegenden medizinischen Befunde ist jedoch von einer Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin auszugehen.

4. Ein Antrag auf Ausstellung einer Daueranmeldebescheinigung wurde vom Sachwalter aufgrund des laufenden Verfahrens betreffend Familienbeihilfe noch nicht gestellt, wird aber nun nachgeholt werden. Das Recht besteht jedoch unabhängig vom Vorliegen der Bescheinigung, die nur deklaratorische Wirkung hat.

5. Die Beschwerdeführerin erfüllt insbesondere auch die Voraussetzungen nach § 53a Abs 3 NAG. Sie ist seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufhältig und musste ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wie sich aus dem arbeitsmedizinischen Leistungsprofil des BBRZ ergibt. Demnach ist die Beschwerdeführerin auf dem Arbeitsmarkt nicht einsetzbar.“

Auch diesem Schriftsatz wurde ein Konvolut von Unterlagen, insbesondere ein Psychiatrisch-Neurologisches Gutachten vom 16. Juni 2017 sowie ein arbeitsmedizinisches Leistungsprofil vom 30. Mai 2017 der Berufsdiagnostik Österreich, beigelegt.

Das den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 1. März 2017 bestätigende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 6. September 2018, Zl. VGW-141/023/5366/2017, wurde in weiterer Folge durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. September 2019 zur Zahl E 4241/2018-14 wegen Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz aufgehoben. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof insbesondere Nachstehendes aus:

„2.3. Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin seit 2009 - sohin seit zehn Jahren - in Österreich aufhältig ist. Außerdem führt das Verwaltungsgericht aus, dass der Vater der Beschwerdeführerin von 1995 bis zu seinem Tod im Jahr 2016 erwerbstätig gewesen sei und daher kein Zweifel an dessen Aufenthaltsrecht bestehe. Im Hinblick auf ein etwaiges Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführerin interpretiert das Verwaltungsgericht § 52 Abs. 1 Z 2 NAG aber dahingehend, dass Kindern nur dann ein Aufenthaltsrecht zukomme, wenn ihnen ihre aufenthaltsberechtigten Eltern tatsächlich Unterhalt gewährten.

2.4. § 52 Abs. 1 Z 2 NAG erkennt besondere Umstände an, bei deren Vorliegen die für Kinder typische Abhängigkeit von ihren Eltern auch im Erwachsenenalter weiterhin angenommen wird (vgl. dazu auch VwGH 16.3.2016, Ra 2015/10/0022). Die Auslegung des Verwaltungsgerichtes spricht der in § 52 Abs. 1 Z 2 NAG geregelten Altersgrenze aber jegliche Bedeutung ab. Diesfalls käme nämlich das Aufenthaltsrecht - unabhängig vom Alter der Kinder – immer nur Kindern zu, denen tatsächlich Unterhalt gewährt wird. Auch aus systematischen Überlegungen ist die Auslegung des Verwaltungsgerichtes abzulehnen, verlangt doch § 53 Abs. 2 Z 5 NAG nur "bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres" einen Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung vorzulegen. Außerdem nimmt das Verwaltungsgericht eine unionsrechtswidrige Auslegung vor: Das Ignorieren der Altersgrenze widerspricht Art. 2 Z 2 lit. c Freizügigkeits-RL, der Familienangehörige als Verwandte in gerader absteigender Linie definiert, "die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen [...] Unterhalt gewährt wird".“

Nach Durchführung des Beweisverfahrens ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Die am ... 1998 geborene Rechtsmittelwerberin ist bulgarische Staatsangehörige und verfügt seit dem 6. Oktober 2008 über Meldeanschriften in Österreich. Seit 24. November 2009 verfügt sie über durchgehende Hauptmeldeanschriften im Bundesgebiet, wobei sie im Zeitraum zwischen 21. Juli 2009 und 13. August 2014 durchgehend in heilpädagogischen Einrichtungen hauptgemeldet war. Im Zeitraum zwischen 13. August 2014 bis 7. August 2015 war sie an der Anschrift Wien, F.-gasse, bei ihrer Mutter hauptgemeldet. Im Zeitraum zwischen 7. August 2015 und 14. Dezember 2016 war sie in zwei Einrichtungen des G. in Wien gemeldet, ehe sie an der Anschrift Wien, C.-straße, seit 14. Dezember 2016 Unterkunft nahm.

Der Beschwerdeführerin wurde am 11. November 2011 eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger nach § 52 Abs. 1 Z 2 NAG sowie am 6. Juli 2016 eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger nach § 51 Abs. 1 Z 1 NAG ausgestellt. Über eine Bescheinigung des Daueraufenthaltes von EWR-Bürgern im Sinne des § 53a NAG verfügt sie nicht.

Der Vater der Beschwerdeführerin, der am ... 1961 geborene Herr H. B., war bulgarischer Staatsangehöriger und verfügte seit zumindest 16. Juni 1995 durchgehend über einen Hauptwohnsitz in Österreich. Dieser war seit dem Zuzug der Beschwerdeführerin spätestens im November 2009 bis 13. November 2013 zeitweise unselbständig erwerbstätig, hernach bezog er bis 23. November 2014 Krankengeld und hernach bis 30. Dezember 2016 eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit. Herr H. B. verstarb am 30. Dezember 2016.

Die am ... 1966 geborene Frau D. B., Mutter der Beschwerdeführerin, ist ebenso bulgarische Staatsangehörige und verfügt seit dem 29. Dezember 2010 über Meldeanschriften in Österreich. Sie war zwischen 11. Juli 2012 und 17. August 2012 als Arbeiterin sowie zwischen 6. Februar 2014 und 28. Februar 2014, im Zeitraum zwischen 12. April 2017 und 3. Mai 2017 und ist seit Jänner 2018 nahezu durchgehend als geringfügig beschäftigte Arbeiterin unselbständig erwerbstätig.

Der Beschwerdeführerin wurde lediglich im Zeitraum zwischen 13. August 2014 und 7. August 2015 durch ihre unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten Eltern Unterhalt tatsächlich gewährt.

Die Beschwerdeführerin war im Zeitraum zwischen 21. April 2016 und 30. April 2016 als Angestellte beim G., in Wien, unselbständig erwerbstätig, dieses Beschäftigungsverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung. Daraufhin war sie am 9. Mai 2016 als arbeitsuchend gemeldet, am 19. August 2016 erfolgte sodann eine erneute Meldung als arbeitsuchend. Innerhalb der letzten sechs Monate war sie weder als arbeitslos noch als arbeitsuchend gemeldet.

Die Einschreiterin ist Mieterin einer Wohnung in Wien, C.-straße. Sie bezieht aktuell Waisenpension. Sie ist ledig, eine dauerhafte Beziehung mit einem aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger wurde nicht nachgewiesen.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführerin lediglich im Zeitraum zwischen 13. August 2014 und 7. August 2015 durch ihre Eltern Unterhalt tatsächlich gewährt wurde, gründet sich auf den Akteninhalt, insbesondere auf die eingeholten Meldeauszüge der Einschreiterin sowie ihrer Eltern. Aus diesen Unterlagen geht eindeutig hervor, dass die Einschreiterin trotz ihres mehrjährigen Aufenthaltes in Österreich lediglich im genannten Zeitraum bei ihren Eltern lebte, die restliche Zeit verbrachte sie in sozialen bzw. therapeutischen Einrichtungen. Auch geht etwa aus dem im Akt einliegenden Gutachten des Psychosozialen Dienstes Wien vom 25. Jänner 2017 hervor, dass die Einschreiterin bis zu ihrer Volljährigkeit durch den Jugendwohlfahrtsträger fremduntergebracht war, was ebenso gegen eine tatsächliche Unterhaltsgewährung durch ihre Eltern spricht. Außerdem wurde zur Abklärung ebendieser Frage, welche wiederum mit der Frage des Erwerbes eines Daueraufenthaltsrechtes nach § 53a NAG in untrennbarem Zusammenhang steht, durch das Verwaltungsgericht Wien am 12. Juni 2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher die Mutter der Einschreiterin trotz ordnungsgemäß erfolgter Ladung unentschuldigt nicht erschien und daher eine diesbezügliche Einvernahme dieser Person nicht möglich war. Auch konnten keinerlei Unterlagen betreffend eine allfällige Unterhaltsleistung durch die Eltern der Einschreiterin vorgelegt werden und war daher schlussendlich davon auszugehen, dass eine tatsächlich erfolgte Unterhaltsleistung an die Beschwerdeführerin durch ihre Eltern nur innerhalb jenes Zeitraumes erfolgte, während welchem diese bei ihren Eltern tatsächlich wohnhaft war. Da auch diesbezüglich mangels Erscheinens der geladenen Zeugin zur mündlichen Verhandlung, welche über die Frage der Unterhaltsgewährung sowie zur Frage der tatsächlichen Wohnsituation hätte Auskunft geben können, keinerlei Ermittlungen gepflogen werden konnten, und auch keinerlei sonstige Beweismittel angeboten wurden oder zur Verfügung standen, war von den Meldedaten der Einschreiterin auszugehen.

Die weiteren getätigten Feststellungen ergeben sich aus dem eingebrachten Rechtsmittel und dem insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 des Gesetzes zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz – WMG) hat Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, wer zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 dieses Gesetzes gehört.

Gemäß § 5 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes stehen Leistungen nach diesem Gesetz stehen grundsätzlich nur österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu.

Gemäß § 5 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes sind den österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern folgende Personen gleichgestellt, wenn sie volljährig sind, sich rechtmäßig im Inland aufhalten und die Einreise nicht zum Zweck des Sozialhilfebezuges erfolgt ist:

1. Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtige, denen dieser Status nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) zuerkannt wurde sowie Personen, die Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates oder der Schweiz und Opfer von Menschenhandel, grenzüberschreitenden Prostitutionshandel oder Opfer von Gewalt sind oder die über eine Aufenthaltsberechtigung als Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder als Opfer von Gewalt verfügen (§ 57 Abs.1 Z 2 und 3 AsylG 2005);

2. Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates oder der Schweiz, wenn sie erwerbstätig sind oder die Erwerbstätigeneigenschaft nach § 51 Abs. 2 Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG) erhalten bleibt oder sie das Recht auf Daueraufenthalt nach § 53a NAG erworben haben und deren Familienangehörige;

3. Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EU“ oder deren vor Inkrafttreten des NAG erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigung als solche gemäß § 81 Abs. 2 NAG in Verbindung mit der NAG-DV weiter gilt, sowie Personen mit einem vor dem 1.1.2014 ausgestellten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EG“, welche gemäß § 81 Abs. 29 NAG als Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ weiter gelten;

4. Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ eines anderen Mitgliedstaates, denen ein Aufenthaltstitel nach § 49 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 4 NAG erteilt wurde,

5. Ehegattinnen und Ehegatten, eingetragene Partnerinnen und eingetragene Partner von Personen gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 bis 4, die mit diesen in einem gemeinsamen Haushalt leben und sich rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Gemäß § 51 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) sind auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

Gemäß § 51 Abs. 2 NAG bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

Gemäß § 53a NAG erwerben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

Gemäß § 53a Abs. 2 NAG wird die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

Gemäß § 53a Abs. 3 NAG erwerben abweichend von Abs. 1 EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung haben somit u.a. Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates, wenn sie entweder erwerbstätig sind oder ihnen die Erwerbstätigeneigenschaft gemäß § 51 Abs. 2 NAG erhalten bleibt. Diese Erwerbstätigeneigenschaft bleibt u.a. dann erhalten, wenn der EWR-Bürger wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist oder sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu Verfügung stellt, wobei in diesen Fällen die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt.

Wie bereits dargestellt, war die Beschwerdeführerin während ihres gesamten Aufenthaltes in Österreich lediglich im Zeitraum zwischen 21. April 2016 und 30. April 2016 unselbständig als Angestellte erwerbstätig, wobei dieses Dienstverhältnis durch die Arbeitgeberin wegen der geringen Belastbarkeit der Einschreiterin gelöst wurde. Etwas mehr als eine Woche nach Beendigung dieses Dienstverhältnisses, nämlich am 9. Mai 2016, erfolgte eine Meldung als arbeitsuchend, welche jedoch lediglich einen Tag lang Bestand hatte. Somit steht unter Anwendung der oben wiedergegebenen Bestimmungen zwar fest, dass der Beschwerdeführerin die Erwerbstätigeneigenschaft nach Beendigung des gegenständlichen Dienstverhältnisses grundsätzlich erhalten blieb, auf Grund der Dauer des gegenständlichen Dienstverhältnisses mit weniger als einem Jahr diese Erhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft jedoch selbst mit sechs Monaten befristet war und entsprechend der ausdrücklichen Anordnung des § 51 Abs. 2 Z 3 NAG nur so lange andauerte, als sich die Einschreiterin als Arbeitnehmerin dem Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellte. Da dies lediglich für einen Tag der Fall war und eine neuerliche Meldung als arbeitsuchend erst im August 2016 erfolgte, blieb der Einschreiterin die Erwerbstätigeneigenschaft somit lediglich bis einschließlich 9. Mai 2016 erhalten und war sie österreichischen Staatsangehörigen im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ohne Entfaltung einer Erwerbstätigkeit bis zu diesem Zeitpunkt aus den Rücksichten des § 51 Abs. 2 Z 3 NAG gleichgestellt.

Allerdings steht auch fest, dass die Einschreiterin seit 6. Oktober 2008 Nebenwohnsitze in Österreich unterhält und seit 21. Juli 2009 in Österreich durchgehend hauptgemeldet ist, womit von einem ständigen Aufenthalt der Einschreiterin seit Juli 2009 in Österreich auszugehen ist. Weiters steht ebenso fest, dass während dieses Zeitraumes ihr mittlerweile verstorbener Vater in Österreich aufhältig und zeitweise erwerbstätig war und auch ihre Mutter seit 29. Dezember 2010 durchgehend in Österreich hauptgemeldet ist und sporadisch unselbständig hier erwerbstätig war bzw. aktuell ist. Dementsprechend war im Verfahren zu prüfen, ob die Einschreiterin unter Heranziehung der Bestimmungen des § 52 Abs. 1 NAG für mehr als drei Monate im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigt war und ob dieses Aufenthaltsrecht im Lichte des § 53a Abs. 1 NAG für zumindest fünf Jahre Bestand hatte. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Vater der Einschreiterin zumindest seit dem Jahre 1995 bis zu seinem Tode am 30. Dezember 2016 in Österreich aufhältig und erwerbstätig war und an dessen Aufenthaltsrecht schon auf Grund seines seit 1995 bestehenden, durch Aufenthaltstitel legitimierten Aufenthaltes kein Zweifel besteht. Dasselbe gilt grundsätzlich für die Mutter der Einschreiterin, welche ebenso seit knapp acht Jahren Hauptwohnsitze in Österreich aufweist und während ihres gesamten Aufenthaltes bis zu dessen Ableben mit ihrem Gatten eine gemeinsame Meldeanschrift hatte, womit davon auszugehen ist, dass diese jedenfalls gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 NAG ebenso aufenthaltsberechtigt war und auch – ohne einem allfälligen Feststellungsverfahren durch den Landeshauptmann von Wien vorgreifen zu wollen – ein Daueraufenthaltsrecht nach § 53a NAG erworben hat.

Gleiches hat nach der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes auch für die Beschwerdeführerin als Tochter des am 30. Dezember 2016 verstorbenen Herrn H. B. zu gelten. Wie oben bereits festgestellt, hat die Einschreiterin zwar lediglich für ein knappes Jahr mit ihren Eltern im gemeinsamen Haushalt gelebt, während sie außerhalb des Zeitraumes zwischen 13. August 2014 und 7. August 2015 durch den Jugendwohlfahrtsträger fremduntergebracht war. Dementsprechend war auch davon auszugehen, dass die Einschreiterin nur während des Zeitraumes eines knappen Jahres von ihrem Vater tatsächlich Unterhalt bezog und auch nur einen relativ geringen Zeitraum überhaupt im Familienverband mit ihrem Vater lebte. Dennoch erwerben wie durch den Verfassungsgerichtshof festgestellt Angehörige von Unionsbürger in absteigender Linie, soweit sie das 21. Lebensjahr nicht vollendet haben, unabhängig davon das Aufenthaltsrecht in Österreich, ob ihnen Unterhalt vom Unionsbürger tatsächlich gewährt wird. Die bloße faktische Übersiedelung des Verwandten in absteigender Linie des aufenthaltsberechtigten Unionsbürgers, welcher das 21. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, nach Österreich und wie hier erfolgt – die nahezu umgehende Übergabe der minderjährigen Person in staatliche Obhut - reicht somit zum Erwerb des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes dieses Verwandten aus. Die Anwendung der Anordnung des § 52 Abs. 1 Z 2 NAG, wonach zum Erwerb des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes Unterhalt durch die Ankerperson tatsächlich gewährt werden muss, auch auf minderjährige Personen, verbietet sich entsprechend dem hier gegenständlichen behebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes auch für derartige Fälle, in denen ein Familienleben mit der Ankerperson über weite Zeiträume nicht entfaltet und Obsorge durch die Ankerperson im Sinne des § 51 Abs. 1 Z 2 NAG auch nicht geleistet wurde, und erscheint deren Anwendung als gleichheitswidrig. Währt dieser Aufenthalt mehr als fünf Jahre, so erwirbt dieser Verwandte gemäß § 53a Abs. 1 NAG das Daueraufenthaltsrecht und ist sohin in jedem Falle zum Bezug von Mitteln aus der Mindestsicherung berechtigt.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 26. Juni 2018 auf die Norm des § 53a Abs. 3 Z 2 NAG verweist und darlegt, sie erfülle die dort normierten Voraussetzungen, weil sie seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältig ist und ihre Erwerbstätigkeit infolge Arbeitsunfähigkeit habe aufgeben müssen, ist festzuhalten, dass die Einschreiterin für ganze neun Tage in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachging und ihr die Erwerbstätigeneigenschaft für weitere neun Tage erhalten blieb. Auch ist ausdrücklich festzuhalten, dass das Vorliegen einer dauernden Arbeitsunfähigkeit der Einschreiterin bislang weder behauptet noch bescheinigt wurde und steht auch weiter fest, dass eine allfällige Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin erst im Jänner 2017, somit acht Monate nach Beendigung ihres letzten Dienstverhältnisses, attestiert wurde. Dass diese eben wegen dieser Arbeitsunfähigkeit ihre Erwerbstätigkeit aufgeben musste, erscheint aus diesem Grunde und auch schon auf Grund des Umstandes als nicht nachvollziehbar, als die Einschreiterin am 9. Mai 2016 und nachfolgend im Zeitraum zwischen 19. August 2016 und 3. April 2017 als lehrstellensuchend bzw. arbeitsuchend beim Arbeitsmarktservice gemeldet war, was im Falle einer tatsächlich vorliegenden Arbeitsunfähigkeit der Einschreiterin, welche sie zur Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit gezwungen habe, wohl ausscheiden würde.

Somit steht fest, dass die Einschreiterin auf Grund ihrer Eigenschaft als Tochter des Herrn H. B., welcher als bulgarischer Staatsangehöriger seit dem Jahre 1995 in Österreich rechtmäßig aufhältig war, mit ihrer dauernden Wohnsitznahme in Österreich im Jahre 2009 das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht erwarb. Nach fünf Jahren so begründetem rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich erwarb sie spätestens mit Ablauf des 23. November 2014 das unionsrechtliche Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a Abs. 1 NAG. Als daueraufenthaltsberechtigte Unionsbürgerin ist sie gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes österreichischen Staatsbürgern gelichgestellt und somit zum Bezug von Mitteln aus der Wiener Mindestsicherung berechtigt.

Eine Entscheidung in der Sache durch das Verwaltungsgericht erschien deshalb als nicht möglich, da Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der angefochtene Bescheid ist und sich dieser ausschließlich auf § 5 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes stützte. Da im fortgesetzten Verfahren nunmehr der Anspruch unter Heranziehung der §§ 4 ff des Wiener Mindestsicherungsgesetzes zu bemessen sein wird und somit andere Sachverhaltsfragen und Normen zum Tragen kommen würden, würde das Verwaltungsgericht im Falle einer Entscheidung über Bestand und Höhe des Anspruches nicht mehr in derselben Sache entscheiden wie die Verwaltungsbehörde im angefochtenen Bescheid und somit über einen anderen Prozessgegenstand (vgl. dazu sehr aktuell VwGH, 28. Mai 2019, Zl. Ra 2016/22/0011).

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anspruchsberechtigter Personenkreis; Gleichstellung; Erwerbstätigkeit; Erwerbstätigeneigenschaft; unionsrechtliches Aufenthaltsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.141.023.13627.2019.E

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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