TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/15 W105 2183696-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.07.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W105 2183696-1/14E

W105 2183680-1/13E

W105 2183693-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , StA: Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 06.12.2017, Zahlen: 1.) 1103770610/160148792, 2.) 1103770806/16048776, 3.) 1103770904/160148750, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.05.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

I. Verfahrensgang

1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: "BF1) ist Vater des volljährigen Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: "BF2") sowie des minderjährigen Drittbeschwerdeführers (im Folgenden: "BF3"). Die Beschwerdeführer sind Angehörige der Volksgruppe der Paschtunen und sind der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam zugehörig. Der BF1 stammt aus der Provinz Logar, ist etwa im Jahr 1985 Pakistan gereist, wo er bis 1995 etwa gelebt hat. Er hat zuletzt zusammen mit seinen anderen Familienangehörigen (hierunter der BF2 und der BF3) zuletzt in der Provinz Helmland gelebt. Der BF1, der damals noch minderjährige BF2 und der minderjährige BF3 reisten im Jänner 2016 in das österreichische Bundesgebiet ein und beantragten diese am 29.01.2016 die Gewährung internationalen Schutzes.

2.1. Im Rahmen der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 30.01.2016 gab der BF1 zentral zu seinen Ausreisegründen zu Protokoll, dass er aufgrund der Taliban seine Heimat verlassen hätte müssen. Diese hätten seinen Sohn XXXX entführt und am 3. Tag seinen Leichnam nach Hause geschickt. Einige Zeit später hätten sie seinen Sohn XXXX mitnehmen wollen. Sie hätten ihn mit einem Gewehrkolben auf den Kopf geschlagen und habe er mit 15 Stichen am Kopf genäht werden müssen. Er habe nicht noch einen Sohn verlieren wollen, deswegen habe er beschlossen, mit seinen Söhnen das Land zu verlassen.

2.2. Im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag gab der BF2 an, dass die Taliban seinen Bruder XXXX getötet hätten. Danach hätten die Taliban ihn auch mitnehmen wollen. Er sei von ihnen geschlagen worden. Daher hätten sie das Land verlassen müssen. Sonst hätte er keine Fluchtgründe.

3. Der BF1 gab sodann in der am 29.11.2017 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") zu seinem Gesundheitszustand an, dass er körperlich gesund sei, aber aufgrund psychischer Belastung Medikamente zu sich genommen habe. Er könnte auch arbeiten gehen. In Bezug auf seine familiären Verhältnisse im Herkunftsstaat gab er an, dass zum jetzigen Zeitpunkt seine Mutter, seine Ehefrau und seine Tochter in seinem Haus in der Provinz Helmland leben würden. Weiters würden in Helmland zwei Tanten sowie ein Onkel von ihm leben. In Österreich lebe einer seiner Söhne, dieser wäre subsidiär schutzberechtigt. Zwei seiner Söhne seien verschollen. Auch wäre seine Schwiegertochter verschollen. Ebenso sei seine Tochter von den Taliban entführt worden. In Bezug auf seine Fluchtgründe gab der BF1 zusammenfassend an, dass er früher in seiner Heimat keine Probleme gehabt habe. Sein Sohn XXXX sei entführt worden. Er habe zwar versucht, die Entführung zu verhindern, es sei ihm jedoch nicht gelungen. Drei Tage nach der Entführung habe er den Leichnam seines Sohnes bekommen und habe man ihm gesagt: "Gratuliere dir, dein Sohn ist Märtyrer". Er sei zusammengebrochen und habe das Bewusstsein verloren. Etwa drei Monate nach der Ermordung seines Sohnes hätten ihn die Taliban zu Hause aufgesucht und hätten diese seinen Sohn

XXXX (BF2, Anm.) mitnehmen wollen. Er habe sich dagegen gewehrt und hätten sie seinen Sohn dann mit der dem Gewehrkolben mehrmals geschlagen, sodass dieser mit 15 Nähten genäht werden habe müssen. Als sein Sohn zusammengebrochen sei, hätten die Männer gedacht, dass sie ihn getötet hätten. Er habe seinen Sohn dann in die Klink gefahren, wo dieser 5 Tage stationär aufhältig gewesen sei. Danach sei ihm bewusst geworden, dass die Taliban sie nicht mehr in Ruhe lassen würden. Danach habe er einen Mann gefunden und ihn darum gebeten, ihnen bei der Ausreise zu helfen.

3. Der BF2 gab im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 29.11.2017 bezüglich seiner Fluchtgründe zusammenfassend an, dass die Taliban seinen Bruder entführt und getötet hätten. Drei Tage nach seiner Entführung hätten sie ihn getötet. Er sei nicht zu Hause gewesen, als sie gekommen wären und seinen Leichnam gebracht hätten. Drei Tage nach dem Tod seines Bruders hätten die Taliban ihn angegriffen und ihn am Kopf geschlagen. Sein Vater habe ihn dann ins Krankenhaus gebracht. Sein Leben, das Leben seines Vaters und eigentlich jenes aller männlichen Familienmitglieder sei in Gefahr. Bezüglich seines Gesundheitszustandes gab der BF2 an, dass er ein traumatisches Erlebnis hinter sich habe, da er mit 16 Stichen genäht worden und sei. Er habe aus diesem Grund einen Termin zur psychiatrischen Begutachtung.

3. Der minderjährige BF3 gab im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA zusammenfassend an, dass sein Leben in der Heimat in Gefahr gewesen sei. Die Taliban hätten seinen Bruder getötet und seinen anderen Bruder mit dem Kolben einer Waffe auf den Kopf geschlagen. Sie hätten sie töten wollen und wären sie deswegen geflüchtet.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden die gegenständlichen Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz jeweils bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Den Beschwerdeführern wurden gemäß §§ 57 AsylG Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen jeweils gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig seien (Spruchpunkt V.). Weiters wurde innerhalb der Sprüche ausgeführt, dass die Fristen für die freiwilligen Ausreisen gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG jeweils zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen betragen (Spruchpunkt VI.).

5. Die Angaben des BF1 wurden im bezughabenden kämpften Bescheid als nichtglaubhaft erkannt und wurde beweiswürdigend hiezu konkret ausgeführt wie folgt:

"Ihrem Vorbringen zum behaupteten Fluchtgrund war zur Gänze jegliche Glaubhaftigkeit abzusprechen, umso mehr Ihre Ausführungen dazu in höchstem Maße vage, widersprüchlich und zudem in keiner Weise plausibel gehalten waren.

So waren Sie schon bei Ihren Ausführungen bezüglich Ihres in den Raum gestellten Fluchtvorbringens äußerst vage, als Sie selbst nur rudimentär erzählten, wie sich die einzelnen Vorfälle abgespielt haben sollen ließen dabei größtenteils Zeitbezüge sowie Ortsangaben vermissen. Sie stellten zwar wenige konkrete Daten in den Raum, wobei jedoch zu erwähnen ist, dass Sie ausschließlich nur die behauptete dreimonatige Zeitdifferenz zwischen dem Vorfall, als Ihr Sohn XXXX ermordet worden sein soll und dem Vorfall, als Ihr Sohn XXXX von den Taliban angegriffen worden sei, nannten und Sie im weiteren Verlauf Ihrer Geschichte jegliche Details vermissen ließen. In diesem Zusammenhang ist zudem hervorzuheben, dass sich Sie bzw. Ihre weiteren Familienangehörigen offensichtlich auf die Fragen des zur Entscheidung berufenen Organwalters vorbereitet haben und (ohne sich auf tatsächlich Erlebtes zu stützen) eine dreimonatige Zeitspanne zwischen den beiden Vorfällen in den Raum stellten, zumal vor allem dem Einvernahmeprotokoll Ihres Sohnes XXXX (vom 29.11.2017, Seite 6 & 7) zu entnehmen ist, dass die Ausführungen in Zusammenhang mit der zeitlichen Abfolge der jeweiligen Vorfälle in sich massive Widersprüche aufweisen und zudem mit Ihren Angaben nicht im Geringsten in Einklang zu bringen sind. Aufgrund dessen musste bereits von vornherein festgestellt werden, dass sich weder Sie, noch Ihre beiden minderjährigen Söhne auch nur im Geringsten an einem tatsachengetreuen Vorbringen in diesem Verfahren bedienten, umso mehr andernfalls der in den Raum gestellte dreimonatige Zeitraum nachvollziehbar erklärt werden hätte können.

Auch, dass Sie bei der freien Schilderung über die in den Raum gestellte Entführung Ihres Sohnes XXXX äußerst schnell vom Thema abwichen und sich Ihre Ausführung nur auf einen gescheiterten Versuch Ihrer Person, Ihren Sohn zu beschützen, stützte, ohne jedoch konkretere Details hervorzubringen, zeigt deutlich, dass Sie nicht von persönlichen Erlebnissen sprachen, zumal eine Person, welche tatsächliche Erfahrungen schildert, nicht ausschließlich vage Angaben von sich gibt und jedenfalls weit mehr Details und Wahrnehmungen von sich aus nennt, als Sie es getan haben. Schließlich musste festgestellt werden, dass Sie lediglich eine oberflächliche Schilderung über die vorgebrachte Entführung Ihres Sohnes XXXX in den Raum stellten, ohne dabei auch nur ansatzweise konkrete Details hervorzubringen.

Auch weitere Fragestellungen seitens der Behörde konnten Ihre vagen Behauptungen und die nicht nachvollziehbar dargestellte Geschichte nicht aufklären, zumal Sie immer wieder ausweichende Angaben zu Protokoll gaben und Ihre Antworten äußerst allgemein in den Raum stellten. So haben Sie, als Sie aufgefordert wurden, die angebliche Entführung Ihres Sohnes XXXX mit sämtlichen Details und Informationen zu schildern, zwar mehr oder weniger Details hervorgebracht, jedoch fehlten in Ihrem Vorbringen gänzlich die Ereignisse rund um die beteiligten Personen. Sie stützten sich lediglich darauf, dass Ihr Sohn von drei Männern gezerrt worden sei und Sie sich nicht wehren konnten (siehe dazu das Protokoll Ihrer Einvernahme vom 29.11.2017, Seite 8), ohne dabei auch nur ansatzweise die Ereignisse rund um die weitere Vorgehensweise der Taliban zu schildern. Im Besonderen ist in diesem Zusammenhang die erste Darstellung Ihrer Person hinsichtlich der behaupteten Entführung Ihres Sohnes XXXX hervorzuheben. Wenn Sie sich darauf stützen und andeuten, dass immer wieder junge Männer unter Zwang von zu Hause mitgenommen worden seien und damit ein allgemeines Problem in bestimmten Provinzen andeuteten, so ist bereits von vornherein der nachgeschobenen behaupteten Entführung Ihres Sohnes XXXX absolut kein Glauben zu schenken. Anstatt die angeblich erlebte Entführung zu erklären, wird damit und vor allem auch mit der Art und Weise der verwendeten Formulierung klar zum Ausdruck gebracht, dass Sie die in weiterer Folge in den Raum gestellten Schwierigkeiten offensichtlich nicht dazu veranlasst haben, Ihre Heimat zu verlassen. Hätten Sie sich mit der vorgebrachten Entführung Ihres Sohnes durch die Taliban tatsächlich in irgendeiner Weise auseinanderzusetzen gehabt, hätten Sie dies ganz sicher vorangestellt, um damit auch ganz klar Ihre Gefährdungslage zum Ausdruck zu bringen. Schließlich musste abermals festgestellt werden, dass Sie nicht im Geringsten der Wahrheit entsprechende Angaben von sich gaben, sondern ausschließlich konstruierten und die Behörde zu täuschen versuchten, andernfalls hätten Sie weit mehr Details von sich aus zu Protokoll geben können. Überdies zeigt auch die von Ihnen erwähnte Aufrechterhaltung des gewöhnlichen Alltags sowohl von Ihrer Person, als auch von Ihren weiteren Familienmitgliedern klar und deutlich, dass Sie sich keinem wahrheitsgetreuen Vorbringen bedienten, umso mehr mit Sicherheit - würde man Ihrem Vorbringen entgegen den oben genannten Gründen Glauben schenken und Ihr Sohn wäre tatsächlich von den Taliban entführt worden - (zumindest) vorerst im Leben der Angehörigen Ruhe einkehrt bzw. vor allem Vorsicht geboten ist, keinesfalls jedoch der normale Alltag gleich am nächsten Tag weitergeführt wird.

Hinzu kommt, dass es in Ihrer freien Schilderung nicht im Geringsten gelang, eine logische Verbindung zwischen den einzelnen Vorbringensteilen herzustellen, sondern stellten jedes einzelne Element trocken und so abstrakt dar, dass nicht nachvollziehbar ersichtlich wurde, dass Ihr Vorbringen ein schlüssiges Geschehen bzw. Erlebnis widerspiegeln würde.

So sprachen Sie beispielsweise davon, dass der Leichnam Ihres Sohnes XXXX nach Hause gebracht worden sei, sprangen dann unvermittelt und ohne jeglichen Hinweis auf einen Zusammenhang zur Aussage, dass das Prozedere einer Trauerzeremonie in Afghanistan ungefähr drei Monate andauern soll, um unmittelbar darauf wieder das Thema zu wechseln und den vorgebrachten Angriff auf Ihren Sohn XXXX in den Raum zu stellen, ohne dabei auch nur im Geringsten konkrete Details zu erwähnen.

Ganz wesentlich dafür, Ihr Vorbringen als viel zu vage werten zu müssen, um auch als glaubhaft angenommen werden zu können, war die Tatsache heranzuziehen, dass Sie auch in Zusammenhang mit dem vorgebrachten Angriff auf Ihren Sohn XXXX keinesfalls Details erwähnten, sondern auch diesen Vorfall lediglich oberflächlich in den Raum stellten, sodass Ihrem Vorbringen schließlich gänzlich die Glaubhaftigkeit abgesprochen werden musste.

So ist Ihren Ausführungen in der freien Schilderung zu entnehmen, dass die Taliban Ihren Sohn XXXX gefordert haben sollen, Sie sich jedoch gewehrt hätten, anschließend Ihrem Sohn mit dem Kolben der Waffe auf dem Kopf geschlagen worden sei und als dieser zusammengebrochen sein soll, die Taliban geglaubt hätten, dass dieser verstorben sei; Angaben über die weitere Vorgehensweise der Taliban fehlten in Ihrem Vorbringen offensichtlich komplett, umso mehr Sie auf diese nicht im Geringsten mehr Bezug nahmen, sondern fortan lediglich die angebliche Organisation eines Transportmittels bzw. die Versorgung Ihres Sohnes in den Raum stellten. Auch Ihren diesbezüglichen Ausführungen auf konkrete Fragestellungen musste offensichtlich entnommen werden, dass Sie keinesfalls der Wahrheit entsprechende Angaben von sich gaben, umso mehr Sie wiederum lediglich vage Angaben in den Raum stellten und keinesfalls konkrete Details hervorbrachten. So haben Sie in Zusammenhang mit dem vorgebrachten Angriff auch Ihren Sohn XXXX freilich erneut jegliche Details vermissen lassen und stützten sich wiederum lediglich darauf, dass Ihrem Sohn auf den Kopf geschlagen worden sei, ohne dabei auch nur ansatzweise die weitere Vorgehensweise der Taliban zu schildern. Dass Sie auch auf weitere Fragestellungen in diesem Zusammenhang nicht im Geringsten die Ereignisse rund um das Verhalten der Taliban, nachdem diese Ihrem Sohn auf den Kopf geschlagen hätten, erklären konnten, wird abermals klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Sie ausschließlich eine reine Konstruktion in den Raum stellten und die Behörde belogen, umso mehr sehr wohl von einer vernunftbegabten Person, welche tatsächlich Erlebtes schildert, zu erwarten ist, dass sie die einfach gestellten und auf einen konkreten Anlass bezogenen Fragestellungen detailreich schildert.

Ganz wesentlich zu bemerken ist des Weiteren, dass Ihrer freien Erzählung in keiner Weise ein Hinweis darauf zu entnehmen ist, dass Sie jemals persönlich bedroht worden sein sollen, freilich Sie jedoch dieses Detail im weiteren Verlauf Ihrer Einvernahme in den Raum stellten (siehe dazu das Protokoll Ihrer Einvernahme vom 29.11.2017, Seite 10). Aufgrund dessen konnten Sie auch die in den Raum gestellte persönliche Bedrohung gegen Ihre Person nicht im Geringsten der Behörde gegenüber glaubhaft schildern.

Wie sich obigen Ausführungen und insbesondere auch dem Protokoll der Einvernahme vom 29.11.2017 ganz klar entnehmen lässt, stellten Sie in der freien Erzählung, als Sie allerdings aufgefordert worden waren, mit möglichst vielen Details und lebensnahe zu schildern, bloß vage und zusammenhanglos einzelne Elemente dar, die selbst beim Versuch, Ihnen gutgesinnt Verständnis zukommen zu lassen, nicht zu einem schlüssigen Gesamtwerk zusammenzufügen waren.

Abgesehen von der massiven Vagheit Ihres Vorbringens ergaben sich zudem in Ihren Angaben und den Ausführungen Ihrer beiden Söhne ( XXXX ) einige gravierende Widersprüche, weshalb die Behörde Ihren Ausführungen zur Gänze keinen Glauben schenken kann.

Ihren Angaben im Rahmen Ihrer Einvernahme vor dem BFA hinsichtlich des Aufenthaltsortes Ihrer Kinder zum Zeitpunkt des vorgebrachten Erhaltens der Leiche Ihres Sohnes XXXX ist zu entnehmen, dass all Ihre Kinder zu diesem Zeitpunkt im Geschäft gearbeitet hätten, was freilich den Angaben Ihres jüngsten Sohnes XXXX gänzlich widerspricht, umso mehr sich dieser darauf stützt, mit seinen Freunden Fußballspielen gewesen zu sein (siehe dazu das Protokoll der Einvernahme Ihres Sohnes XXXX vom 29.11.2017, Seite 5). Überdies gab Ihr jüngster Sohn zu Protokoll, dass er niemals in Ihrem Geschäft gearbeitet haben soll (siehe dazu das Protokoll Ihres Sohnes XXXX vom 29.11.2017, Seite 3), was wiederum erneut Ihren Angaben gänzlich widerspricht. Diese aufgezeigten Widersprüche bekräftigen abermals die festgestellte Konstruktion Ihres Vorbringens, umso mehr diese nicht anders zu erklären ist, als dass Sie - aus welchem Grund auch immer - bewusst die Behörde zu täuschen versuchten.

Des Weiteren sind Ihre Angaben hinsichtlich des vorgebrachten Informationserhalts Ihres Sohnes XXXX über die vorgebrachte Ermordung von XXXX nicht mit den Ausführungen Ihres Sohnes XXXX in Einklang zu bringen.

So ist Ihrem Vorbringen zu entnehmen, dass Ihr Sohn XXXX sofort von den Dorfbewohnern erfahren haben soll, dass der Leichnam von XXXX nach Hause gebracht worden sei (siehe dazu das Protokoll Ihrer Einvernahme vom 29.11.2017, Seite 11), da der Bazar wenige hundert Meter von Ihrem Haus entfernt gelegen sei. Den Ausführungen Ihres Sohnes XXXX ist jedoch gänzlich widersprüchlich zu entnehmen, dass dieser erst am späten Nachmittag nach Hause gekommen sein soll (siehe dazu das Protokoll der Einvernahme Ihres Sohnes XXXX vom 29.11.2017, Seite 6) und sogar Sie ihm persönlich über den ereigneten Vorfall aufgeklärt haben sollen. Dieser gravierende Widerspruch bringt abermals deutlich zum Ausdruck, dass sich Sie und Ihre beiden Söhne nicht im Geringsten auf ein wahrheitsgetreues Vorbringen stützten, sondern ausschließlich konstruierten und die Behörde zu täuschen versuchten, ansonsten wären keine derartigen Widersprüche zum Vorschein gekommen.

Dass Sie und Ihre beiden Söhne hinsichtlich Ihres Vorbringens im Rahmen des Verfahrens ganz sicher nicht der Wahrheit entsprechende Angaben von sich gaben, sondern ausschließlich konstruierten und die Behörde belogen, musste vor allem daraus abgeleitet werden, dass Sie und Ihr Sohn XXXX in Zusammenhang mit der zeitlichen Abfolge der vorgebrachten Ereignisse gravierende Widersprüche von sich gaben.

Bereits den Ausführungen Ihres Sohnes ist ein gravierender Widerspruch zu entnehmen, umso mehr sich dieser einerseits darauf stützt, dass Sie mit Ihren beiden Söhnen ein Monat später, nachdem die Taliban XXXX angegriffen haben sollen, Ihr Herkunftsland verlassen hätten (siehe dazu das Protokoll der Einvernahme von XXXX vom 29.11.2017, Seite 6) und andererseits jedoch erwähnte, dass Ihre Heimatprovinz vier Monate nach dem Vorfall, als Ihr Sohn XXXX angeblich angegriffen worden sei, bombardiert worden sei und Sie mit Ihren beiden Söhnen erst anschließend - freilich nach einer unbekannten Zeit - aus Afghanistan ausgereist seien (siehe dazu das Protokoll der Einvernahme Ihres Sohnes XXXX vom 29.11.2017, Seite 7). Überdies stützten Sie sich im Rahmen Ihrer Einvernahme vor dem BFA auch noch darauf, dass Sie nur sechs Tage nach dem vorgebrachten Angriff der Taliban gegen Ihren Sohn XXXX mit Ihren beiden Söhnen Ihr Heimatland verlassen hätten (siehe dazu das Protokoll Ihrer Einvernahme vom 29.11.2017, Seite 10). Schließlich musste aufgrund obiger gravierender Widersprüche erneut festgestellt werden, dass Sie und Ihre beiden Söhne ein reines Konstrukt in den Raum stellten und sich nicht einmal ansatzweise auf wahre Begebenheiten stützten.

Aufgrund dessen, dass sich in Ihrem Vorbringen massive Widersprüche fanden und Sie Eckpfeiler Ihrer Geschichte nur höchste vage und ungenügend beschrieben, ist es der Behörde unmöglich, Ihnen in Bezug auf Ihre vorgebrachte Fluchtgeschichte Glauben zu schenken, umso mehr Sie bei der Schilderung Ihrer angeblichen Gefährdungslage nicht bloß vage und widersprüchlich blieben, sondern weiters auch höchst unplausibel waren.

Für die Behörde ist absolut nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Taliban - trotz ihrer Kenntnis über die Anzahl Ihrer Söhne bzw. die Kenntnis über den Standort Ihres Geschäfts - nicht gleich direkt in Ihrem Geschäft nach Ihnen bzw. Ihren Söhnen gesucht hätten, umso mehr sich der Großteil Ihrer Söhne - laut Ihren Angaben im Rahmen Ihrer Einvernahme vor dem BFA - stets im Geschäft aufgehalten haben sollen. Auch wenn bei beiden in den Raum gestellten Vorfällen jeweils einer Ihrer Söhne zu Hause angetroffen worden sein soll, so ist freilich die logische Konsequenz - würde man schließlich entgegen oben genannter Gründe Ihrem Vorbringen tatsächlich Glauben schenken und die Taliban hätten Interesse an Ihre Söhne gezeigt - , dass die Taliban in Ihrem Geschäft nach Ihren weiteren Söhnen gesucht hätten.

Besonders hervorzuheben ist zudem die Tatsache, dass Ihre beiden ältesten Söhne bzw. Ihre weiteren Familienangehörigen nicht zeitgleich mit Ihnen Ihr Herkunftsland verlassen haben sollen, was freilich abermals klar und deutlich zeigt, dass Ihre vorgebrachte Fluchtgeschichte bzw. schließlich auch das behauptete Interesse der Taliban an Ihnen und Ihren Söhnen auf eine reine Konstruktion basiert, andernfalls hätte mit Sicherheit Ihre gesamte Familie zeitgleich Ihr Heimatland verlassen. In diesem Zusammenhang ist des Weiteren zu erwähnen, dass aufgrund dessen, dass Sie die behauptete Gefährdungslage in keiner Weise glaubhaft machten, anzunehmen ist, dass Ihre Tochter - über die Sie im Rahmen Ihrer Einvernahme vor dem BFA erwähnten, dass sie entführt worden sei - nach wie vor in Ihrer Heimatprovinz lebt, umso mehr Sie die vorgebrachte Ermordung Ihres Sohnes XXXX sowie den angeblichen Angriff auf Ihren Sohn XXXX auch nicht glaubhaft machten. Überdies bringt auch Ihre Behauptung, Sie seien nicht in Kenntnis des Zeitpunktes der behaupteten Entführung Ihrer Tochter (siehe dazu das Protokoll Ihrer Einvernahme vom 29.11.2017, Seite 13), umso mehr Sie Ihre Ehefrau nicht darüber gefragt hätten, klar und deutlich zum Ausdruck, dass Sie in Zusammenhang mit der vorgebrachten Entführung Ihrer Tochter ein reines Konstrukt in den Raum stellten. An dieser Feststellung vermag auch Ihre am Ende der Einvernahme getätigte Ergänzung - Sie seien (doch) in Kenntnis des Zeitpunktes der vorgebrachten Entführung - nichts zu ändern, zumal Sie zuvor sehr wohl erwähnten, dass Sie aufgrund Ihrer Verfassung nicht einmal Ihre Ehefrau danach gefragt hätten. Mit dieser nachgeschobenen Ergänzung veranlassten Sie freilich die Behörde, Ihrem Vorbringen jegliche Glaubhaftigkeit abzusprechen, umso mehr Sie nicht nur - wie bereits oben deutlich ausgeführt - die Gefährdungslage absolut nicht glaubhaft darstellten, sondern noch dazu weiterkonstruierten und situationsbedingt Ihr Vorbringen abänderten.

In Anbetracht der Vielzahl an Ungereimtheiten (siehe dazu sämtliche obigen Ausführungen) sieht sich die Behörde in der Einstufung der Frage der Plausibilität des Vorbringens bestätigt und dazu veranlasst, Ihr gesamtes Vorbringen für nicht glaubhaft zu befinden.

Zusammenfassend ist bezüglich Ihres Vorbringens festzustellen, dass es als unglaubhaft erkannt werden musste, da Sie Ihre komplette Gefährdungs- und Bedrohungslage vage und nicht substantiiert und zudem auch widersprüchlich dargestellt haben. Somit ist auch nicht glaubhaft, dass Sie im Falle der Rückkehr einer wie von Ihnen angeführten Gefahr ausgesetzt sein würden."

6. Mit Schriftsatz vom 03.01.2018 brachten die Beschwerdeführer durch ihren Rechtsberater Beschwerde gegen die oben angefochtenen Bescheide ein und führten begründend aus, dass ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt worden sei. Die in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Länderfeststellungen hinsichtlich der Sicherheitssituation in Afghanistan im Allgemeinen und der Provinz Helmland sowie der Sicherheits- und Versorgungssituation in Kabul seien unvollständig. Außerdem sei die Befragung der Beschwerdeführer mangelhaft erfolgt worden. Die Sicherheitslage in Kabul sowie in Helmland sei nach wie vor äußerst prekär. Die UNHCR-Richtlinien zur Festlegung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender würden belegen, dass Männer im wehrfähigen Alter und auch Kinder in Gebieten unter tatsächlicher Kontrolle der Taliban unter Zwang rekrutiert würden. Aus etwa dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 19. Juni 2017 gehe hervor dass sich die Sicherheitslage im ganzen Land massiv verschlechtert habe. Aus dem (unter einem zitierten) Bericht von Al Jazeera vom 31. Mai 2017 gehe hervor, dass die Opfer meist unter der Zivilbevölkerung zu finden wären. Aus einem Bericht der NZZ vom 31. Mai 2017 gehe hervor, dass aufgrund eines Bombenanschlags im Zentrum von Kabul 80 Personen getötet und 300 verletzt worden wären. Der aktuelle Bericht des UN Generalsekretärs vom März 2017 halte die vulnerable Situation von Rückkehrern und die gravierenden Probleme infolge der schlechten Sicherheitslage und der beschränkten Aufnahmekapazitäten der Städte in allen relevanten Bereichen fest. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF1 seien überdies mangelhaft, da sie nur Aussagen darüber treffen würden, ob dieser arbeitsfähig sei oder an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leide. Diese Feststellungen seien angesichts des Vorbringens des BF1, wonach dieser unter einer psychischen Belastung stehe und Medikamente einnehme sowie beabsichtige, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben, nicht ausreichend. Die ausreichende Ermittlung seines Gesundheitszustandes sei jedoch von Bedeutung für die Frage, ob eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehe. Die Beweiswürdigung des BFA sei zudem mehrfach mangelhaft. So werde etwa das Vorbringen des BF1 als vage und detaillos kritisiert, was angesichts etwa der Aussage, dass die Wunde seines Sohnes mit 15 Nähten genäht worden sei, nicht nachvollziehbar sei. Zu den Diskrepanzen zwischen den Angaben des BF2 und des BF3 bezüglich ihres Aufenthaltes zu bestimmten Zeiten einerseits und den Angaben des BF1 andererseits sei zu sagen, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, dass Väter nicht immer genau wüssten, wo ihre Söhne seien und bzw. sei es nicht ungewöhnlich, dass die Söhne sich nicht wie vom Vater erwartet im Geschäft des Vaters aufhalten und mitarbeiten würden, sondern mit Freunden Fußballspielen würden. Diese widersprüchlichen Aussagen würden nichts über die Glaubwürdigkeit der eigentlichen Fluchtgeschichte aussagen. Zu den widersprüchlichen Aussagen es BF1 und des BF2 zum Zeitpunkt, wann der BF2 vom Tod des Bruders erfahren hätte, sei zu sagen, dass der BF1 der belangten Behörde mitgeteilt habe, dass er nachdem er die Leiche seines Sohnes gesehen habe, nichts mehr mitbekommen habe. Wann genau die Söhne schließlich nach Hause gekommen seien, und wann und von wem sie bereits hätten hätten, was mit ihrem Bruder passiert sei, habe der BF1 in seinem Schockzustand nicht wahrnehmen können, aber wäre er davon ausgegangen, dass sich die schlechte Nachricht rasch bis zu seinem Geschäft verbreitet hätte. Zudem sei in Bezug auf widersprüchliche Zeitangaben der Beschwerdeführer zu berücksichtigen, dass der BF2 und der BF3 noch minderjährig seien und dies im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden hätte müssen. Eine Abschiebung nach Afghanistan wäre für die Beschwerdeführer aufgrund der Minderjährigkeit des BF2 und des BF3 sowie aus Rücksicht auf den gesundheitlichen Zustand des BF1 jedenfalls eine Verletzung ihrer Rechte gemäß Art. 2 und 3 EMRK und bestehe auch keine innerstaatliche Fluchtalternative. Weiteres, individuell - konkretes Vorbringen, insbesondere in Hinblick auf die Beweiswürdigung im Bescheid des Erstbeschwerdeführer wurden nicht erstattet.

7. Die gegenständlichen Beschwerden und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 19.01.2018 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt.

8. Hinsichtlich nachfolgender, beigeschaffter Berichte zur Situation in Afghanistan

-

Länderinformationsblatt Afghanistan der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2018, wurde mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.03.2019 eine Frist zur Stellungnahme binnen 14 Tagen nach Zustellung eingeräumt.

9. Mit Stellungnahme vom 20.03.2019 brachten die Beschwerdeführer durch ihren Rechtsberater vor, dass Helmland eine Festung der Taliban sei und diese weite Teile der Provinz kontrollieren würden. Auch wäre die Sicherheitslage in der Hauptstadt Kabul prekär. Auch werde generell festgestellt, dass die Getreideernte in Afghanistan aufgrund der Dürre deutlich geringer ausfallen werde und 45 % der afghanischen Bevölkerung keinen gesicherten Zugang zu Lebensmitteln hätten. In Herat mangle es an Trinkwasser, medizinischer Versorgung sowie Lebensmitteln. Auch stelle sich die Wohnraumversorgung in Herat als sehr schlecht dar und seien viele Menschen lediglich auf provisorische Unterkünfte sowie informelle Siedlungen angewiesen. Zudem gebe es für vertriebene Menschen nur äußerst begrenzte Beschäftigungsmöglichkeiten. Es wäre den Beschwerdeführern richtigerweise daher der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu erteilen und eine Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären.

10. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die eingebrachten Beschwerden am 10.05.2019 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Parteienvernehmung der Beschwerdeführer in Anwesenheit ihres Rechtberaters.

Die Beschwerdeverhandlung gestaltete sich wie folgt:

[...] I. Zum aktuellen Zustand der BF:

R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich (sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht [die Begriffe werden mit dem BF abgeklärt, sodass ihm diese geläufig sind]): Sind Sie insbesondere in ärztlicher Behandlung, befinden Sie sich in Therapie, nehmen Sie Medikamente ein?

BF1: Mir geht es zwar jetzt gut, aber ich nehme dennoch Medikamente. Vor ca. einer Woche hatte ich einen Termin beim Arzt. Den habe ich aber nicht wahrgenommen, weil ich es vergessen habe. Nächste Woche habe ich einen neuen Termin. Ich habe psychische Probleme. Wie Sie vielleicht wissen, die Sicherheitslage ist in Afghanistan sehr schlecht, es herrscht dort Krieg, ich habe vieles gesehen. Es wurde mein Sohn getötet und ich habe viel durchgemacht im Leben, deshalb habe ich psychische Probleme.

R: Welcher Art sind die psychischen Probleme?

BF1: Ich denke viel nach und dann verspüre ich so einen Druck in meinem Kopf. In Afghanistan herrscht seit ca. 40 Jahren Krieg. Ich war ca. neun oder zehn Jahre alt, als der Krieg begonnen hat. Es sind Raketen geflogen, es waren unangenehme Situationen. Das hat Spuren bei mir hinterlassen.

R: Welche Medikamente müssen Sie nehmen?

BF1: ich nehme Schlaftabletten ein und auch Beruhigungstabletten.

BF2: Mir geht es gut, aber ich habe auch psychische Probleme. Ich wurde von den Taliban auf den Kopf mit einem Gewehrkolben geschlagen und hatte eine Verletzung.

R: Stehen Sie in Behandlung?

BF2: Ja, ich habe auch einen Arzttermin bekommen, den ich aber vergessen habe. Ich besuche den Deutschkurs, deshalb habe ich den Arzttermin vergessen.

R: Und Sie sind regelmäßig im Fitness-Studio?

BF2: Ja.

BF3: Bei mir ist alles gut. (auf Deutsch)

II. Zum Verfahren vor dem BFA bzw. den Organen des öffentlichen

Sicherheitsdienstes:

R: Sie wurden bereits beim BFA bzw. vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizei) niederschriftlich einvernommen. Haben Sie dort immer die Wahrheit gesagt oder möchten Sie etwas richtig stellen?

BF1: Ich habe die Wahrheit angegeben und halte alles aufrecht.

BF2: Ich habe die Wahrheit angegeben und halte alles aufrecht.

BF3: Ich habe die Wahrheit angegeben und halte alles aufrecht.

R: Wurden Ihnen die Niederschriften, die die Polizei im Rahmen der Erstbefragung und das BFA im Zuge Ihrer Einvernahme mit Ihnen aufgenommen haben, rückübersetzt?

BF1: Ja.

BF2: Ja.

BF3: Ja.

III. Zur persönlichen Situation der BF:

a) in Österreich:

R: Leben Sie in Österreich alleine oder leben Sie mit jemandem zusammen? Wie ist Ihre aktuelle Wohnsituation? Leben Sie in einer Flüchtlingspension?

BF1: Wir wohnen in einer Wohnung. Pro Person bekommen wir täglich 6€. Wir schauen, dass wir damit weiterkommen. Als wir noch im Asylheim waren, haben wir pro Person täglich 5.50€ bekommen.

R: Betreffend BF2 und BF3 wurden mir nunmehr mehrere Integrationsunterlagen vorgelegt.

R: Sprechen Sie auch schon ein wenig Deutsch? Welches Sprachniveau haben Sie? Besuchen Sie Sprachkurse oder sonstige Kurse, Schule, Vereine oder Universität?

BF1: Ich habe bis jetzt keinen Deutschkurs besucht.

BF2: Ich habe den A1-Kurs abgeschlossen und besuche jetzt den B1-Kurs. Eine Prüfung habe ich nicht.

BF3: Mein Deutsch ist nicht so schlecht (der BF3 auf Deutsch). Ich bin zwei Jahre in eine Mittelschule gegangen, im XXXX .

R: Gibt es Schulzeugnisse?

BF3: Die Zeugnisse habe ich bereits beim BFA vorgelegt. Ich habe zwei Jahre lang die Schule besucht, jetzt mache ich Deutschkurse.

R nimmt Einsicht in den Akt betreffend BF3. Schulzeuge sind nicht ersichtlich.

R: Haben Sie in Österreich familiäre Bindungen?

BF1: Zwei Brüder, zwei Schwestern, zwei Neffen, ein Cousin väterlicherseits von mir sind mit deren Familien in Österreich.

R: Gehen Sie in Österreich einer Beschäftigung nach?

BF1: Niemand von uns drei.

BF2: Wir möchten schon arbeiten, aber wir haben keine Arbeitserlaubnis.

R: Haben Sie in Österreich schon einmal Probleme mit der Polizei oder Staatsanwaltschaft gehabt?

BF1: Nein.

BF2: Ich hatte ein wenig Probleme mit der Polizei, aber die Sache ist schon erledigt.

BF3: Nein.

R an BF2: War der Vorwurf richtig, oder war es falsch?

BF2: Ich habe Drogen konsumiert. Ich wurde von der Polizei erwischt und ermahnt, dass ich das nicht mehr machen soll.

R: Würden Sie sich selbst als sehr religiös bezeichnen?

BF1 und BF2: Ja, das ist unsere Religion.

BF2: Wir dürfen auch vier Frauen haben.

R: Das Gericht kann sich auf Grund Ihrer Angaben nunmehr ein Bild über ihre privaten sowie familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zu Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. ihrer Integration äußern?

BF1: Das ist alles.

BF3: Seit ca. drei Jahren bin ich in einem Fußball-Team und mache Sport. Morgen habe ich auch ein Fußball-Match.

Die BF2 und BF3 werden um 09:49 Uhr gebeten den Verhandlungssaal zu verlassen.

R: Im angefochtenen Bescheid des BFA wurde u.a. bereits festgestellt, dass Sie aus Afghanistan stammen. Geben Sie bitte nochmals an, welcher Volksgruppe und Religionsgemeinschaft Sie angehören? Welche Sprachen sprechen Sie?

BF1: Ich möchte davor etwas sagen: Ich nehme Medikamente ein, falls ich etwas vergesse oder Wiedersprüche entstehen, dann liegt das an den Medikamenten.

R: Aus den Unterlagen ergibt sich, welche Medikamente Sie nehmen und liegen keine ärztlichen Atteste vor, wonach Sie derart psychisch beeinträchtig wären, dass Sie nicht wahrheitsgemäße Angaben machen könnten und finde ich persönlich diese Einlassung per se merkwürdig, am Anfang der Einvernahme.

BF1: Wir sind ursprünglich von der Provinz Logar, aber wir sind wegen des Krieges in die Provinz Helmand gezogen. Dort lebten wir im Distrikt XXXX . Als der Krieg begonnen hat, damals war ich neun oder zehn Jahre alt, sind wir zunächst nach Pakistan gezogen. Dort lebten wir acht bis zehn Jahre, danach sind wir in die Provinz Helmand gezogen. Wir sind Paschtunen und unsere Muttersprache ist Paschtu, ich spreche auch ein wenig Dari.

R: Über welche Schulbildung verfügen Sie?

BF1: Ein Jahr Schule.

R: Was war Ihr letzter gewöhnlicher ausgeführter Beruf?

BF1: In Afghanistan hatte ich zwei Geschäfte, in denen ich Gemüse verkauft habe. Das eine Geschäft war gemietet, das andere Geschäftslokal gehörte mir.

R: Haben Sie in einem Haus oder einer Wohnung gewohnt?

BF1: In einem eigenen Haus.

R: Wie weit weg waren die Geschäfte, oder wo, können Sie das sagen?

BF1: Die Geschäfte waren 200-400m von unserem Haus entfernt.

R: Können Sie mir etwas über Ihr Familienleben im Herkunftsstaat berichten? Sie haben in den letzten Jahren, bis zu Ihrer Ausreise, gemeinsam mit Ihrer Ehegattin und Ihren "Kindern" gelebt. Wer hat mit Ihnen in einem Haushalt gelebt?

BF1: Ich lebte gemeinsam mit meiner Ehefrau, unseren sechs Söhnen und zwei Töchtern. Einer unserer Söhne wurde getötet. Meine Mutter lebte auch bei uns.

R: Wo in Pakistan haben Sie diese acht bis zehn Jahre gelebt?

BF1: In Peshawahr.

R: Ich habe natürlich die Akten genau studiert und habe ich gelesen, dass bedauerlicherweise einer Ihrer Söhne getötet wurde. Wann war das?

BF1: Vor ca. dreieinhalb oder vier Jahren.

R: Wann haben Sie Afghanistan verlassen?

BF1: Im Jahr 2016.

R: Wie lange nach dem Tod Ihres Sohnes haben Sie sich dann noch in Afghanistan aufgehalten?

BF1: Ca. drei bis dreieinhalb Monate.

R: Habe ich das richtig verstanden, Sie haben nur eine Ehefrau in Afghanistan gehabt?

BF1: Ja, eine reicht vollkommen. Ich habe so viel verdient, dass ich eine ernähren konnte.

R: Wie lange haben Sie an Ihrem Herkunftsort unbehelligt gelebt?

BF1: Solange unser Distrikt in der Hand der Regierung war, hatten wir ein ruhiges Leben.

R: Wann ist der Distrikt gefallen?

BF1: In den letzten vier oder fünf Monaten in Afghanistan vor der Ausreise haben die Taliban die Macht in unserem Distrikt übernommen. Da bekamen wir dann Probleme.

R: Können Sie sich zurückerinnern und mir schildern, wie das Problem begonnen hat?

BF1: Die Taliban kamen zu uns nachhause und verlangten von mir, dass ich meinen Sohn mit ihnen mitschicke. Ich weigerte mich. Sie kamen drei bis vier Mal, dann nahmen sie meinen Sohn mit Gewalt mit. Drei oder vier Tage später, haben wir seine Leiche bekommen.

R: Gut, das sind so die Eckpunkte des Ablaufes. Was hat sich genau zugetragen? Versuchen Sie, wie Sie eingangs belehrt wurden, möglichst detailliert und lebensnah zu berichten.

BF1: Die Taliban wussten im Dorf, welcher Dorfbewohner wie viele Söhne hat und welcher erwachsen sind. Sie gehen dann von Haus zu Haus und verlangen von den Vätern, dass sie ihre Söhne mit ihnen in den Krieg schicken.

R: Wer ist Ihr ältester Sohn?

BF1: XXXX .

R: Hat dieser in den letzten Jahren gewöhnlich bei Ihnen im Haus gewohnt?

BF1: Ja, wir haben alle gemeinsam gelebt.

R: Wann und aus welchem Grund ist Ihr Sohn XXXX weggegangen?

BF1: Er ist damals, als wir noch in Afghanistan waren, mit meinem Bruder nach Europa gekommen. Mit den Ereignissen, weswegen wir gekommen sind, hat er nichts zu tun.

R: So, erzählen Sie nun im Detail was sich beispielsweise beim Erstkontakt mit diesen Leuten abgespielt hat.

BF1: Als sie das erste Mal zu uns nachhause kamen, sagten sie mir, ich soll meinen Sohn mitschicken, damit er auch am Jihad teilnimmt. Ich sagte ihnen, dass wir arme Menschen sind und mit unserer Arbeit Geld verdienen und damit zufrieden sind und, dass ich mit ihnen meinen Sohn nicht mitschicken möchte. Sie kamen dann ein paarmal und dann nahmen sie meinen Sohn mit Gewalt mit.

R: Gut, das habe ich soweit verstanden. Können Sie nun in die Schilderung der Detailumstände eintreten? Was ist genau bei diesen Besuchen passiert?

BF1: Das erste Mal kamen drei Taliban zu uns, die Uhrzeit weiß ich nicht. Sie verlangten von mir, dass ich meinen Sohn mit ihnen mitschicke. Dann kamen sie ein paarmal, bis sie meinen Sohn mit Gewalt mitgenommen haben.

R: Wann etwa hat dieses erste Zusammentreffen stattgefunden?

BF1: Das erste Mal sind sie im fünften oder sechsten Monat 2015 zu uns gekommen.

R: Wie haben Sie diesen "Besuch" persönlich erlebt?

BF1: Sie kamen zu uns nachhause, ich war zuhause und ich habe mit ihnen gesprochen. Die Taliban haben keine Angst vor jemanden.

R: Erzählen Sie im Detail, was passiert ist.

BF1: Sie sind ein paarmal gekommen.

R unterbricht: Bleiben wir beim ersten Mal. Erzählen Sie, was sich Schritt für Schritt zugetragen hat.

BF1: Sie kamen zu uns. Sie begrüßten mich zunächst und dann sagten sie zu mir, ich soll meinen Sohn mit ihnen mitschicken und ich sagte zu ihnen, dass ich das nicht will.

R: Können Sie dazu weitere Begleitumstände nennen?

BF1: Sonst ist nichts Besonderes passiert.

R: Ich helfe Ihnen: Wenn ich von einer Hochzeit berichten soll, an der ich teilgenommen habe als Gast, könnte ich einerseits berichten, dass die beiden Personen einander das "Ja-Wort" gegeben haben und die Ehe geschlossen wurde und wenn ich aufgefordert bin, genau zu berichten, was sich zugetragen hat, werde ich in eine genaue Ablaufschilderung eintreten und alles erzählen, was sich an diesem "Festtag" zugetragen hat und was ich erlebt habe. Verstehen Sie was ich meine?

BF1: Es ist nichts Besonderes passiert. Es waren drei Taliban. Sie haben mit mir kurz gesprochen und von mir verlangt, dass ich meinen Sohn mit ihnen mitschicke. Sie waren ja nicht auf Besuch bei mir, dass wir solange mit einander gesprochen hätten, sondern nur kurz.

R: Ich will Ihnen gerne glauben, aber kann ich das nur, wenn Sie in der Lage sind, ein genaues Ablaufbild aus einer Erlebnisperspektive heraus zu bieten.

R erklärt das näher unter Anreichung eines Beispiels, wann ein Sicherungssachverständiger den Diebstahl eines teuren Gegenstandes annimmt, den er zumindest annähernd beschreiben müsste.

BF1: Alles was ich Ihnen gesagt habe, ist die Wahrheit. Ich habe es auch nicht nötig zu lügen.

R: Dann erzählen Sie genau, was Sie an jenen traumatischen Tag bei diesem Erstkontakt genau erlebt haben. Schildern Sie alle, auch noch so kleinen Details.

BF1: Das ist das Gleiche, was ich vorher gesagt habe. Genau das ist passiert, mehr ist ja nicht passiert.

R: Was hat sich beim zweiten Vorfall zugetragen und wann war der?

BF1: Nach einigen Tagen, ich kann nicht sagen, wie viele Tage, kamen wieder drei Taliban zu uns und verlangten das Gleich von mir.

R: Wie ist es dann weitergegangen?

BF1: Sie verlangten von mir das Gleiche, dass ich meinen Sohn mit ihnen mitschicke und ich sagte zu ihnen, dass ich das nicht möchte. Es ist jedes Mal so gegangen.

R: Was ist an jenem Tag passiert, als Ihr Sohn mitgenommen wurde?

BF1: An diesem Tag ist das passiert, dass er mitgenommen wurde. Mein Herz und das Herz meiner Frau hat geblutet. Am dritten Tag bekamen wir seine Leiche.

R: Wer war bei der Entführung Ihres Sohnes im Haus anwesend, wer hat das Genau aller mitbekommen?

BF1: Ich, meine Ehefrau, meine Mutter und meine zwei Töchter. Wir haben gesehen, wie er mitgenommen wurde.

R: Wo haben sich Ihre anderen Söhne an diesem Tag aufgehalten?

BF1: Sie waren im Geschäft.

R: Und haben dort gearbeitet?

BF1: Ja.

R: Können Sie sich die Aussage Ihres jüngeren Sohnes erklären, der im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA unter anderem angegeben hat, er wisse nicht einmal, wo sich dieses Gemüsegeschäft befindet und es ist immer nur die Rede von einem Geschäft?

BF1: Wie zuvor erzählt, ich hatte zwei Gemüsegeschäfte. Meine Söhne und ich haben diese Geschäfte betrieben. Manchmal waren meine Söhne alleine dort, manchmal mit mir. Er weiß schon wo das Geschäft war.

R: Zum zweiten Sachverhaltskreis: Drei Tage nach der Entführung hat man Ihren Sohn tot zurückgebracht. Erzählen Sie möglichst detailliert darüber.

BF1: Meine Frau, meine Mutter, meine zwei Töchter und ich waren gerade Tee trinken zuhause. Mein Sohn XXXX hat vor der Moschee Fußball gespielt. Die Taliban klopften an unsere Gartentür. Als ich aufmachte sagten sie mir, dass mein Sohn gestorben ist und ich soll die Leiche übernehmen. Und sie haben gesagt, dass er ein Märtyrer sei.

R: Um welche Tageszeit war das etwa?

BF1: Das war gegen 09:00 Uhr oder 10:00 Uhr.

R: Haben Sie den genauen Wortlaut noch im Kopf?

BF1: Ja, dass mein Sohn als Märtyrer gestorben ist und ich soll die Leiche übernehmen.

R: Vor dem BFA haben Sie diesbezüglich eine andere Wendung angegeben: "Gratuliere Dir, dein Sohn ist ein Märtyrer." Da ist doch ein Unterschied zu erkennen.

BF1: Das ist das Gleiche.

R: Was ist unmittelbar nach diesem Satz passiert?

BF1: Wie ich das gehört habe, bin ich zusammengebrochen. Ich habe das Bewusstsein verloren. Meine Frau hat laut geschrien und viel geweint.

R: Drei Monate später sind die Taliban wiedergekommen. Können Sie wenigstens diesen Vorfall genau beschreiben?

BF1: Da sind sie wiedergekommen und verlangten von mir, dass ich meinen Sohn XXXX mit ihnen mitschicke.

R: Erzählen Sie im Detail darüber.

BF1: Sie sagten zu mir, dass der andere Sohn von uns ja getötet wurde und jetzt soll ich meinen anderen Sohn mit ihnen mitschicken. Ich sagte ihnen, dass ich das nicht will, es reicht schon, dass sie den einen mitgenommen haben.

R: Was hat sich dann im Detail zugetragen?

BF1: Sie kamen und klopften an unsere Gartentür.

R: Gibt es um das Haus eine Mauer?

BF1: Ja.

R: Haben Sie also diesen Talib an der Mauertür an der Grundstücksgrenze geöffnet oder war er schon an der Haustür?

BF1: Nein, ich bin zur Gartentür gegangen. Das ist jene an der Mauer, die das Grundstück begrenzt.

R: Erzählen Sie jetzt nochmal ganz Genau. Sie sind dort hingegangen, was ist unmittelbar darauf geschehen?

BF1: Als ich die Gartentüre öffnete kamen sie hinein und versuchten meinen Sohn XXXX hinaus zu zerren. Sie sagten, dass mein Sohn ihr Freund wird.

R: So, also schildern Sie jetzt diese Szenerie ganz genau.

BF1: Sie kamen hinein und versuchten XXXX hinaus zu zerren und meine Frau und ich verhinderten das und zerrten XXXX in Richtung Haus.

R: Als diese Taliban Ihren Sohn angriffen, wo hat er sich in Bezug auf Ihre Person befunden?

BF1: Ich stand bei der Gartentüre, sie kamen hinein. XXXX saß bei seiner Mutter und den anderen beim Tee trinken.

R: Vor dem BFA haben Sie gesagt:"... Sie sind herein gekommen... Sie haben nach meinem Sohn gegriffen."

R ersucht den BF1 zu einer schauspielerischen Darstellung der Szenerie und ergibt sich dabei, dass der Sohn zuerst am Boden sitzend aufgestanden ist und der Vater in der Nähe seines Sohnes stand und dieser dann - so die Darstellung von einem Taliban gezerrt wurde - und der Vater zerrte auf der anderen Seite.

BF1: Es kamen drei Taliban mit einem Auto. Einer von ihnen blieb draußen und zwei kamen mit zwei Kalaschnikow. Zwei Taliban haben an meinem Sohn gezerrt. Ich habe an der anderen Seite meines Sohnes gezerrt und wollte ihn in Richtung Haus bringen.

R: Wer hat das alles noch persönlich gesehen?

BF1: Meine Ehefrau, meine Mutter und meine zwei Töchter.

R: Wo war der jüngere Sohn?

BF1: Er war zwar auch zuhause, aber er hat sich im Zimmer versteckt, weil er Angst bekommen hat. Er hatte auch schon Angst von der Mitnahme von meinem anderen Sohn.

R: An diesem Tag oder in diesen Tagen, als XXXX angegriffen wurde, wie war die allgemeine Lage in Ihrer Straße oder in Ihrem Dorf?

BF1: Normal, die Menschen waren einfach unterwegs.

R: Ihr Sohn XXXX hat dazu ausgesagt, er wisse nicht, wie lange nach dem Vorfall sie sich alle noch im Elternhaus aufgehalten haben... es gab damals auch andere Gefechte, es wurde gekämpft, die Sicherheitslage war sehr schlecht.

BF1: Kampfhandlungen gab es immer wieder. An dem Tag, als sie versuchten XXXX mitzunehmen, war die Lage ruhig.

R: Wie alt waren zu diesem Zeitpunkt Ihre weiteren Söhne XXXX und XXXX ?

BF1: XXXX war ungefähr 22 bis 23 Jahre alt, XXXX war 18 oder 20 Jahre alt.

R: Diese Söhne sind aber nicht gemeinsam mit Ihnen ausgereist?

BF1: Nein, wir wussten nicht wo sie sind.

R: Sie haben doch vorhin gesagt, alle Ihre Söhne haben damals mit Ihnen zusammen in diesem Haus gewohnt.

BF1: Als wir nach Österreich kamen, ca. fünf, sechs oder sieben Monate nach unserer Ankunft, habe ich jemandem von hier meine Telefonnummer gegeben, um in Afghanistan in XXXX zu geben. Als wir dann telefoniert haben, erzählte mir meine Frau, dass XXXX in die eine Richtung gegangen ist und XXXX in die andere.

R: Wo haben sich diese Söhne an dem Tag oder in dieser Zeit des Entführungsversuches von XXXX aufgehalten?

BF1: Im Geschäft.

R: Hatten Sie nach diesem Vorfall in Ihrem Haus noch mit ihnen Kontakt?

BF1: Bei diesem Vorfall haben die Taliban XXXX auf den Kopf geschlagen.

Die Frage wird wiederholt.

BF1: XXXX brachten wir dann ins Krankenhaus. Dort war ich sechs bis zehn Tage. Ich habe mit meiner Frau gesprochen und ihr gesagt, dass wir von hier verschwinden wollen, weil die Taliban uns nicht in Ruhe lassen.

R wiederholt die Frage.

BF1: Nein.

R: Bis zu Ihrer Ausreise haben Sie die Söhne XXXX und XXXX nicht mehr gesehen?

BF1: Nein, ich hatte keinen Kontakt mehr.

R: Sie sind dann also mit dem BF2 und BF3 nach Österreich geflüchtet.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten