TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/22 W105 2181464-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.07.2019
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Entscheidungsdatum

22.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W105 2181464-1/18E

W105 2182713-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX ,

2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA: Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2017 (ad 1.) und 17.11.2017 (ad 2.), Zahlen: 1.) 1075474100/150751445, 2.) 1075473800/150751459, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.05.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

I. Verfahrensgang

1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: "BF1") ist Bruder des Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: "BF2"), beide sind Angehörige der Volksgruppe der Paschtunen und sind der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam zugehörig. Die BF stammen aus der Provinz Laghman und reisten im März 2015 über Pakistan in den Iran und von dort weiter in die Türkei, von wo aus sie letztlich über Serbien in das österreichische Bundesgebiet gelangten und am 27.06.2015 die Gewährung internationalen Schutzes beantragten.

2.1. Im Rahmen der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 29.06.2015 gab der BF1 zunächst an, dass er am 05.06.1998 geboren wäre. Zu seinen Ausreisegründen befragt gab er zu Protokoll, dass sein Vater dem Militär den Stützpunkt der Taliban bekanntgegeben habe. Aufgrund dessen seien viele Taliban gefangengenommen und einige getötet worden. Daraufhin hätten die Taliban seinen Vater mitgenommen. Zuvor seien sein Bruder und er von seinem Vater versteckt worden. Nachdem sein Vater von den Taliban mitgenommen worden sei, habe seine Mutter ihn und seinen Bruder aus Angst um ihr Leben weggeschickt. Andere Fluchtgründe habe er nicht.

2.2. Im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag erstattete der BF2 idente Angaben zu seinen Fluchtgründen wie sein Bruder.

3. Aufgrund bei der Erstbefragung des BF1 aufgetretenen Zweifel bezüglich des von diesem behaupteten Geburtsdatums wurde dieser einer medizinischen multifaktoriellen Untersuchung zur Altersfeststellung zugeführt. Diese Untersuchung bestand aus einer Anamnese, einer körperlichen Untersuchung, einer ärztlichen Stellungnahme vom 14.11.2015, einer radiologischen Aufnahme der Handwurzel vom 16.07.2015, sowie radiologischen Aufnahmen vom 14.11.2015 (Orthopantomogramm, mediale Sternoclaviculargelenke).

Bei einer Gesamtschau der erhobenen Befunde wurde zusammenfassend im Gutachten der medizinischen Universität Wien vom 14.11.2015 ausgeführt, dass das höchstmögliche Mindestalter des BF1 zum Untersuchungszeitpunkt mit 18,5 Jahren anzunehmen sei, das daraus errechnete fiktive Geburtsdatum laute XXXX , es könne damit zum Zeitpunkt der Asylantragstellung am 27.06.2015 von einem Mindestalter mit XXXX Jahren ausgegangen werden.

4.1. Der BF1 gab sodann in der am 27.04.2017 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") zu seinen Fluchtgründen zusammenfassend an, dass sein Dorf komplett mit Taliban besetzt gewesen sei, diese hätten die Kontrolle über ihr Dorf gehabt. Sein Vater habe sich beim Beschwerdeamt in Laghman darüber beschwert und den Stützpunkt der Taliban verraten. Die Regierung habe daraufhin in der Früh den Stützpunkt der Taliban angegriffen. Gegen Mitternacht hätten Taliban an ihrer Türe geklopft und geschrien, dass sie diese öffnen sollten. Sein Vater habe ihn und seinen Bruder daraufhin im Garten versteckt. Er und sein Bruder hätten wenige Minuten später Schreie von seiner Mutter gehört und habe diese geschrien, dass die Taliban seinen Vater mitgenommen hätten. Sie hätten große Angst gehabt und wäre am nächsten Tag sein Onkel gekommen, dem seine Mutter alles erzählt habe. Seine Mutter habe seinen Onkel dann gezwungen, ihn und seinen Bruder an einen sicheren Ort zu bringen und wären sie am Abend sodann losgefahren.

4.2. Der BF2 gab im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 27.04.2017 bezüglich seiner Fluchtgründe zusammenfassend an, dass sein Dorf mit Taliban besetzt gewesen sei und diese von den Dorfbewohnern illegale Steuern eingetrieben hätten. Sein Vater habe sich beim Amt im Dorf Laghman darüber beschwert und ihnen die Adresse der Taliban gegeben. In der gleichen Nacht habe die Regierung den Stützpunkt der Taliban angegriffen und wären einige Taliban umgekommen. Dies sei mitten in der Nacht gewesen. In der nächsten Nacht seien die Taliban in ihr Haus eingebrochen und hätte es ihr Vater geschafft, ihn und seinen Bruder im Gebüsch zu verstecken. Danach sei ihr Vater wieder in das Haus zurückgegangen und hätten sie dann die Schreie ihrer Mutter gehört. Seine Mutter hätte ihnen dann gesagt, dass die Taliban seinen Vater mitgenommen hätten. Am nächsten Tag sei sein Onkel gekommen und hätte dieser dann die Ausreise von ihm und seinem Bruder organisiert.

5. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden die gegenständlichen Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz jeweils bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Den Beschwerdeführern wurden gemäß §§ 57 AsylG Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen jeweils gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig seien (Spruchpunkt V.). Weiters wurde innerhalb der Sprüche ausgeführt, dass die Fristen für die freiwilligen Ausreisen gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG jeweils zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen betragen (Spruchpunkt VI.).

5.1. Die Angaben des BF1 wurden im bezughabenden kämpften Bescheid als nichtglaubhaft erkannt und wurde beweiswürdigend hiezu konkret ausgeführt wie folgt:

"Soweit Sie vorbringen, aus Furcht vor Beeinträchtigung von Leib und Leben nicht mehr nach Afghanistan zurückkehren zu können, ist anzuführen, dass Sie diese Furcht nicht plausibel machen konnten. Vielmehr erweckten Sie während den Einvernahmen den Eindruck, dass Sie eine Verfolgungsgeschichte aufbauen wollten. Der Sachverhalt wurde vage geschildert und beschränkte sich auf allgemeine Beschreibungen. Bei der Schilderung der Ereignisse vermieden Sie stets Details, persönliche Eindrücke oder Emotionen zu schildern. Die Art der Schilderung lässt darauf schließen, dass Sie die vorgebrachten Drohungen nie selbst durchlebt haben, sondern vielmehr eine zurechtgelegte Rahmenerzählung wiedergaben.

Erstens wird Ihr Fluchtvorbringen als völlig unglaubwürdig betrachtet, da Sie der Behörde im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Einvernahme weder darüber berichten konnten, auf welche Weise Ihr Vater zu den Koordinaten des Stützpunkts der Taliban gelangt wäre, noch konnten Sie beantworten, woher die Taliban in Erfahrung gebracht hätten, dass Ihr Vater von deren Stützpunkt berichtet hätte, wie folgender Textausschnitt verdeutlicht:

"LA: Woher sollten die Taliban davon gewusst haben, dass ausgerechnet Ihr Vater deren Stützpunkt dem Amt preisgegeben hat?

VP: Ich weiß nicht genau."

"LA: Woher wusste Ihr Vater von dem Stützpunkt der Taliban bzw. wo sich dieser befand?

VP: Das weiß ich immer noch nicht. Wir haben nie über die Taliban gesprochen."

Bezugnehmend auf diese Aussage Ihrerseits verweist die Behörde weiters darauf, dass es auch ziemlich unglaubwürdig ist, dass Ihr Vater mit Ihnen, einem zu diesem Zeitpunkt immerhin beinahe 18-jährigen jungen Mann, nie über die Taliban gesprochen hätte, obwohl Sie doch laut Ihren eigenen Angaben alles für die Taliban hätten tun müssen und Ihr ganzes Dorf von diesen besetzt gewesen wäre.

Diesbezüglich weist die Behörde darauf hin, dass Sie dieser befragt nach etwaigen Informationen über die Taliban absolut keine Auskünfte geben konnten, was ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit Ihres Fluchtvorbringens in Verbindung mit den Taliban bedeutet. Dies wird mit folgendem Textausschnitt dargestellt:

"LA: Was wissen Sie über diese Gruppe?

VP: Genaue Infos kann ich lhnen leider nicht geben."

Weiters weist die Behörde auf einen während Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 27.04.2017 getätigten Widerspruch im Vergleich zu Ihrer Erstbefragung hin.

Während Sie im Rahmen Ihrer Erstbefragung angaben, dass Ihr Vater den Stützpunkt der Taliban dem Militär weitergegeben hätte, gaben Sie im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 27.04.2017 an, dass Ihr Vater den Stützpunkt der Taliban beim Beschwerdeamt verraten hätte.

Wie es zu solch einem Widerspruch kommt ist für die Behörde äußerst fraglich und unterstreicht dies Ihre absolute Unglaubwürdigkeit.

Auch völlig unglaubwürdig ist der behauptete Einbruch und die daraus resultierend angebliche Entführung Ihres Vaters.

Dies ergibt sich daraus, da Sie während Ihrer niederschriftlichen Einvernahme angaben, dass die Taliban bei Ihnen zu Hause angeklopft hätten und hätte Ihr Vater vor Eintreten der Taliban noch genügend Zeit gehabt sowohl Sie als auch Ihren Bruder in Ihren Garten zu bringen, um Sie dort vor diesen zu verstecken.

Die Behörde ist im Gegensatz zu dieser Schilderung fest davon überzeugt, dass die Taliban bei der behaupteten Entführung Ihres Vaters, der ihnen durch den Verrat ihres Stützpunkts großes Unheil beschert hätte, auf keinen Fall bei Ihnen zu Hause angeklopft und geduldig gewartet hätten, bis Ihr Vater Ihren Bruder und Sie im Garten versteckt hätte, sondern ist die Behörde viel eher der Meinung, dass die Taliban bei solch unbändigen Willen ihre Gefährten an Ihrem Vater zu rächen, keinesfalls angeklopft und gezögert hätten, sondern diesen jedenfalls blitzartig nach Aufbrechen der Eingangstüre gewaltsam mitgenommen hätten.

Als letztes Indiz für Ihre Unglaubwürdigkeit bezüglich des Einbruchs der Taliban erscheint für die Behörde der Fakt, dass weder Sie noch Ihr Bruder angeben konnten, wie viele Taliban denn bei Ihnen zu Hause eingebrochen wären und lediglich Ihr Bruder anführte, dass Ihre Mutter die Taliban nicht gezählt hätte. Die Behörde ist der Überzeugung, dass Ihre Mutter, die bei behaupteter Entführung anwesend gewesen wäre, doch jedenfalls erkannt hätte, von wie vielen Taliban deren Ehegatte entführt worden wäre.

Zuletzt führt die Behörde an, dass Ihre Mutter nach behaupteter Entführung noch ungefähr ein Jahr in demselben Haus verbracht hat. Die Behörde ist auf jeden Fall überzeugt davon, dass sich Ihre Mutter unter keinen Umständen ein weiteres Jahr in demselben Haus verbracht hätte, sofern tatsächlich Gefahr für Sie bestanden hätte und die Taliban Ihren Vater tatsächlich entführt hätten.

Bis auf Ihre behauptete Entführung Ihres Vaters führten Sie keine weiteren Fluchtgründe an und schilderten lediglich, dass die Taliban Sie bereits vor sieben Jahren einmal geschlagen hätten, da Sie für diese hätten kämpfen sollen. Mehr wäre Ihnen zu keiner Zeit zugestoßen und wurden Sie bis auf diese Tat auch kein einziges Mal bedroht.

Bezüglich Ihrer Rückkehrbefürchtung machten Sie geltend, dass Sie Angst um Ihr Leben hätten und gaben Sie befragt, warum Sie denn nicht nach Kabul flüchteten, an, dass die Entscheidung Ihrer Ausreise nach Europa Ihr Onkel getroffen hätte und Sie selbst nicht gewusst hätten, wohin Sie flüchten hätten sollen. Sie selbst würden denken, dass es aufgrund der Taliban auch in Kabul gefährlich sein kann.

Zusammenfassend konnte keine asylrelevante Verfolgung festgestellt werden zudem Sie auch nie eine direkte, ihre Person betreffende, Verfolgung glaubhaft machen konnten oder eine andere Bedrohung als die geschilderte angaben."

5.2. Die Angaben des BF2 wurden im bezughabenden kämpften Bescheid als nichtglaubhaft erkannt und wurde beweiswürdigend hiezu konkret ausgeführt wie folgt:

"Ihr Fluchtvorbringen wurde im Rahmen Ihrer freien Erzählung dermaßen vage und undetailliert von Ihnen wiedergegeben, sodass der zuständige Referent wiederholt nachfragen musste, um sich einen Eindruck von Ihrem Fluchtvorbringen zu machen.

Dazu darf angeführt werden, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe der Behörden ist, durch Nachfragen derartige Details zu erfragen. Vielmehr entspricht es der Erfahrung der ho. Behörden, dass Personen, die einen ins Treffen geführten Sachverhalt tatsächlich erlebt haben, aus freien Stücken bereit sind, eine Vielzahl von Details ihrer Fluchtgeschichte zu Protokoll zu geben, ohne dass seitens des Einvernehmenden immer wieder nachgefragt und der Asylwerber aufgefordert werden muss, konkrete Einzelheiten seiner Fluchtgeschichte zu erzählen bzw. diese auch unter Angaben seiner Befürchtungen und Gefühle schildert.

Soweit Sie vorbringen, aus Furcht vor Beeinträchtigung von Leib und Leben nicht mehr nach Afghanistan zurückkehren zu können, ist anzuführen, dass Sie diese Furcht nicht plausibel machen konnten. Vielmehr erweckten Sie während den Einvernahmen den Eindruck, dass Sie eine Verfolgungsgeschichte aufbauen wollten. Der Sachverhalt wurde vage geschildert und beschränkte sich auf allgemeine Beschreibungen. Bei der Schilderung der Ereignisse vermieden Sie es stets Details, persönliche Eindrücke oder Emotionen zu schildern. Die Art der Schilderung lässt darauf schließen, dass Sie die vorgebrachten Drohungen nie selbst durchlebt haben, sondern vielmehr eine zurechtgelegte Rahmenerzählung wiedergaben.

Erstens konnten Sie die Behörde schon bezüglich der allgemein behaupteten Talibanbedrohung Ihres Dorfes nicht von einer wahren Begebenheit überzeugen.

Weder konnten Sie der Behörde den Namen der Talibangruppierung noch einen einzigen Namen eines in Ihrem Dorf lebenden Talibans nennen. Darüber hinaus konnten Sie der Behörde in Bezug auf die Taliban nicht eine ansatzweise nennenswerte Information über diese geben, was mit folgendem Textauszug ersichtlich ist:

"LA: Was wissen Sie über diese Gruppe?

VP: Genaue Infos kann ich lhnen leider nicht geben, ich weiß nichts über diese Gruppe, ich hatte nichts mit den Taliban zu tun."

Somit wird Ihr Fluchtvorbringen schon alleine aufgrund der Tatsache, dass weder Ihr volljähriger (20 Jahre alt) Bruder noch Sie der Behörde im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahmen vom 27.04.2017 auch nur den Hauch einer Information über die Taliban angeben konnten als unglaubwürdig gewertet.

Hätte Ihr Vater sich tatsächlich beim "Amt" über das illegale Eintreiben von Steuern seitens der Taliban beschwert und im Anschluss dazu den der Regierung bisher unbekannten Stützpunkt der Taliban verraten - woraufhin dieser sogar angegriffen worden wäre - hätten Sie oder Ihr Bruder der Behörde jedenfalls weit mehr Informationen über diese angeben können!

Weiters wird die Unglaubwürdigkeit Ihres Fluchtvorbringens dahingehend verstärkt, indem Sie auf Nachfragen der Behörde, wem Ihr Vater denn vom Stützpunkt der Taliban erzählt hätte, plötzlich gar nicht mehr so entschlossen wirkten und auf einmal nicht mehr angaben, dass er diesen dem "Amt" verraten hätte, sondern wussten Sie plötzlich gar nicht mehr, wem Ihr Vater von diesem erzählt hätte, wie folgender Textausschnitt verdeutlicht und Ihre Unglaubwürdigkeit untermauert:

"LA: Wem genau hat Ihr Vater von diesem Stützpunkt erzählt?

VP: Das weiß mein Vater besser. Ich weiß es nicht."

Bezugnehmend auf diesen Widerspruch macht die Behörde in Zusammenhang dazu auf einen weiteren Widerspruch aufmerksam, der sich sowohl aus der Erstbefragung Ihrerseits als auch der Ihres Bruders ergibt.

Denn widersprüchlich zu ihren niederschriftlichen Einvernahmen vom 27.04.2017, wo sowohl Sie als auch Ihr Bruder behaupteten, dass sich Ihr Vater bei einem "Amt" (laut der Aussage Ihres Bruders bei einem Beschwerdeamt) über die aufgrund der Taliban herrschenden miserablen Zustände beschwerte und zeitgleich bei diesem den Stützpunkt der Taliban preisgab, haben sowohl Sie als auch Ihr Bruder im Zuge Ihrer Erstbefragung keinesfalls behauptet, dass Ihr Vater jemals bei einem Beschwerdeamt gewesen sei, sondern hätte dieser direkt dem Militär den Stützpunkt der Taliban verraten. Wie es zu solch einem Widerspruch kommen konnte bleibt für die Behörde äußerst fraglich.

Darüber hinaus erscheint es weiters als unglaubwürdig, dass die Taliban bereits am selben Tage davon erfahren hätten, dass Ihr Vater deren Stützpunkt verraten hätte. Die Behörde ist fest davon überzeugt, dass das Amt (Beschwerdeamt), welchem der Stützpunkt der Taliban verraten worden wäre, bestimmt nicht publik gemacht hätte, von wem Sie diese Nachricht immenser Bedeutung erhalten hätte. Während Sie diesbezüglich befragt lediglich antworten, dass sich diese Nachricht unter den Dorfbewohnern herumgesprochen haben könnten, gab Ihr Bruder bloß an, diese Frage nicht beantworten zu können, wie folgender Textausschnitt beweist und weitere Unsicherheiten ihres Fluchtvorbringens unter Beweis gestellt werden:

"LA: Woher sollten die Taliban davon gewusst haben, dass ausgerechnet Ihr Vater deren Stützpunkt dem Amt preisgegeben hat?

VP: Ich weiß nicht genau."

Abgesehen davon wird auch der behauptete Einbruch und die daraus resultierend angebliche Entführung Ihres Vaters von der Behörde als unglaubwürdig gewertet.

Dies ergibt sich daraus, da Sie während Ihrer niederschriftlichen Einvernahme angaben, dass die Taliban bei Ihnen zu Hause angeklopft hätten und hätte Ihr Vater vor Eintreten der Taliban noch genügend Zeit gehabt sowohl Sie als auch Ihren Bruder in Ihren Garten zu bringen, um Sie dort vor diesen zu verstecken.

Die Behörde ist im Gegensatz zu dieser Schilderung fest davon überzeugt, dass die Taliban bei der behaupteten Entführung Ihres Vaters, der ihnen durch den Verrat ihres Stützpunkts großes Unheil beschert hätte, auf keinen Fall bei Ihnen zu Hause angeklopft und geduldig gewartet hätten, bis Ihr Vater Ihren Bruder und Sie im Garten versteckt hätte, sondern ist die Behörde viel eher der Meinung, dass die Taliban bei solch unbändigen Willen ihre Gefährten an Ihrem Vater zu rächen, keinesfalls angeklopft und gezögert hätten, sondern diesen jedenfalls blitzartig nach Aufbrechen der Eingangstüre gewaltsam mitgenommen hätten.

Als letztes Indiz für Ihre Unglaubwürdigkeit bezüglich des Einbruchs der Taliban erscheint für die Behörde der Fakt, dass weder Sie noch Ihr Bruder angeben konnten, wie viele Taliban denn bei Ihnen zu Hause eingebrochen wären und Sie lediglich anführten, dass Ihre Mutter die Taliban nicht gezählt hätte. Die Behörde ist der Überzeugung, dass Ihre Mutter, die bei behaupteter Entführung anwesend gewesen wäre, doch jedenfalls erkannt hätte, von wie vielen Taliban deren Ehegatte entführt worden wäre.

Zuletzt führt die Behörde an, dass Ihre Mutter laut den Aussagen Ihres Bruders nach behaupteter Entführung Ihres Vaters noch ungefähr ein Jahr in demselben Haus verbracht hat. Die Behörde ist auf jeden Fall davon überzeugt, dass sich Ihre Mutter unter keinen Umständen ein weiteres Jahr in demselben Haus verbracht hätte, sofern tatsächlich Gefahr für Sie bestanden hätte und die Taliban Ihren Vater tatsächlich entführt hätten.

Bezüglich Ihrer Rückkehrbefürchtung machten Sie geltend, dass Sie Angst um Ihr Leben hätten und gaben Sie befragt, warum Sie denn nicht nach Kabul flüchteten, an, dass es auch in Kabul für Sie gefährlich sei.

Zusammenfassend konnte aufgrund Ihres massiven Unwissens, Ihrer lediglich völlig unkonkreten sowie undetaillierten Angaben und Ihrer Widersprüche keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht werden. Zudem machten Sie auch zu keiner Zeit eine direkte, ihre Person betreffende, Verfolgung glaubhaft und führten selbst an, noch nie persönlich bedroht worden zu sein."

6. Mit Schriftsatz vom 20.12.2017 bzw. 10.01.2018 brachten die Beschwerdeführer durch ihren Rechtsberater (ad BF1) bzw. gesetzlichen Vertreter (ad BF2) Beschwerde gegen die oben angefochtenen Bescheide ein und führten zusammenfassend begründend aus, dass ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt worden sei. Aus dem Bericht des Afghanistan Experten Dr. Antonio Giustozzi gehe vom August 2017 gehe hervor, dass die Organisation der Taliban sich verbessert habe und diese in allen Provinzen Informanten hätten. Auch gehe aus der aktuellen Kurzinformation der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 25.09.2017 hervor, dass die aktuelle dortige Sicherheitslage höchst instabil und nach wie vor volatil sei. Weiters sei diese geprägt durch den weitestgehenden Mangel an rechtstaatlichen Strukturen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul wäre ausgeschlossen, da die BF noch nie in Kabul gewesen wären und dort auch keine sozialen Netzwerke hätten. Auch wären einige Punkte in der Beweiswürdigung nicht nachvollziehbar und würden diese zeigen, dass die belangte Behörde sich nicht ausreichend mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinandergesetzt hätte. Absurd wäre etwa der Vorwurf, dass der BF1 versucht habe, sein Alter zu verschleiern, da er ein Geburtsdatum angegeben habe, das er geschätzt habe. Auch wenn sein Alter falsch geschätzt sein sollte, hätte der BF1 keine Absicht gehabt, sich durch seine Angaben etwaige Vorteile zu verschaffen. Hinsichtlich des Vorwurfes, dass der BF1 nicht gewusst hätte, woher der Vater die Information über die Taliban gehabt hätte und woher die Taliban gewusst hätten, dass sein Vater sie verraten hätte, werde angemerkt, dass sein Vater nie mit dem BF1 oder dem BF2 darüber gesprochen hätte. Es wolle an dieser Stelle lediglich berichtigt werden, dass der Vater diese Informationen an das Militär gegeben habe und sich dieser nicht erklären könne, wie es zu dem Missverständnis gekommen sei. Die Feststellung, dass es unrealistisch sei, dass die Taliban anklopfen und vor der Türe warten würden, bis der Vater aufmache, sei zynisch und hätte durch Nachfragen seitens der belangten Behörde leicht geklärt werden können, dass die Türe des Hauses sehr robust sei, ein leichtes Eindringen in das Haus für die Taliban daher nicht möglich gewesen und es dem Vater aufgrund dieser Barriere möglich gewesen wäre, die Kinder rechtzeitig zu verstecken. Auch sei der BF1 von den Taliban mehrmals geschlagen worden und hätten die Schläge Narben hinterlassen, die noch heute ersichtlich seien. All diese Punkte würden klar zeigen, dass die belangte Behörde sich mit dem individuellen Vorbringen der Beschwerdeführer nicht ausreichend beschäftigt hätte. Auch hätten die Beschwerdeführer nie in Kabul gelebt und hätten diese keine sozialen Netzwerke dort. In Bezug auf den BF2 wurde in dessen Beschwerde konkret ausgeführt, dass insofern ein Verfahrensmangel vorliege, als die belangte Behörde die Einvernahme seines Bruders, des BF1, als Beweismittel herangezogen habe, dieses Beweismittel jedoch nicht dem gesetzlichen Vertreter zur Kenntnis gebracht worden sei. Die Asylrelevanz des Vorbringens der Beschwerdeführer sei klar darin begründet, dass sich ihr Vater gegen die Taliban gestellt und so eine feindliche politische Gesinnung gegenüber den Taliban gezeigt habe. Auch sei die ausgezeichnete Integration des BF2 in Österreich betont. Nachdem dieser in Österreich die polytechnische Schule für Wirtschaft und Technik absolviert habe, besuche dieser die Tourismusschule in Wien.

7. Die gegenständlichen Beschwerden und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.01.2018 bzw. 12.01.2018 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt.

8. Hinsichtlich nachfolgender, beigeschaffter Berichte zur Situation in Afghanistan

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Länderinformationsblatt Afghanistan der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2018

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UNHCR-Guidlines-Afghanistan 30.08.2018

wurde mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.02.2019 eine Frist zur Stellungnahme binnen 14 Tagen nach Zustellung eingeräumt.

9. Mit Stellungnahme vom 20.05.2019 brachten die Beschwerdeführer durch ihren Rechtsberater vor, dass die Familie der Beschwerdeführer seit Generationen im Dorf XXXX in der Provinz Laghman, die zu den volatilsten Provinzen Afghanistan gehöre, lebe. Die Taliban würden seit Jahren die ländlichen Gebiete in der Gegend kontrollieren. Für die Dorfbewohner bedeute dies, dass die Taliban regelmäßig ihre "Steuer" in Form von Essen, Unterkunft etc. einsammeln würden. Der Vater der Beschwerdeführer habe es als seine Pflicht betrachtet, den Armen zu helfen, was zu Konflikten mit den Taliban geführt habe. So habe der Vater sich eines Tages dazu entschlossen, Hilfe vom Militär der Hauptstadt zu holen. Es sei ihm sicher bewusst gewesen, dass er mit Vergeltungsmaßnahmen zu rechnen gehabt hätte, jedoch habe er die Vorgangsweise der Taliban nicht mehr mit seinem Glauben vereinbaren können, weshalb er dem Militär den Stützpunkt der Taliban verraten habe. Wegen seines Verrates sei er von den Taliban verschleppt worden. Die Beschwerdeführer würden als Kinder eines Verräters gelten und würden ihnen somit Blutrache und Vergeltungsmaßnahmen drohen

10. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die eingebrachten Beschwerden am 28.05.2019 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Parteienvernehmung der Beschwerdeführer in Anwesenheit ihres Rechtberaters.

Die Beschwerdeverhandlung gestaltete sich wie folgt:

[...] I. Zum aktuellen Zustand des BF 1:

R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich (sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht [die Begriffe werden mit dem BF abgeklärt, sodass ihm diese geläufig sind]): Sind Sie insbesondere in ärztlicher Behandlung, befinden Sie sich in Therapie, nehmen Sie Medikamente ein?

BF1: Physisch geht es mir gut. Aber ich habe Schlafprobleme, dafür nehme ich Medikamente. Da ich sehr gestresst bin, kann ich nicht einschlafen. Ich habe die Medikamente auch mitgenommen.

II. Zum Verfahren vor dem BFA bzw. den Organen des öffentlichen

Sicherheitsdienstes:

R: Sie wurden bereits beim BFA bzw. vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizei) niederschriftlich einvernommen. Haben Sie dort immer die Wahrheit gesagt oder möchten Sie etwas richtig stellen?

BF1: wir haben dort die Wahrheit angegeben.

R: Wurden Ihnen die Niederschriften, die die Polizei im Rahmen der Erstbefragung und das BFA im Zuge Ihrer Einvernahme mit Ihnen aufgenommen haben, rückübersetzt?

BF1: Die Protokolle wurden uns nicht rückübersetzt. Der Dolmetscher hat das Protokoll flüchtig gelesen und uns gefragt, ob alles richtig war. Das war auf Paschtu..

III. Zur persönlichen Situation des BF1:

a) in Österreich:

R: Leben Sie in Österreich alleine oder leben Sie mit jemandem zusammen? Wie ist Ihre aktuelle Wohnsituation? Leben Sie in einer Flüchtlingspension?

BF1: Wir sind getrennt untergebracht. Ich lebe in einer Flüchtlingsunterkunft.

R: Sprechen Sie auch schon ein wenig Deutsch? Welches Sprachniveau haben Sie? Besuchen Sie Sprachkurse oder sonstige Kurse, Schule, Vereine oder Universität?

BF1: Ich habe Deutsch bis Niveau B1 besucht. Dann habe ich einen Kochkurs gemacht und einen Vorbereitungskurs für eine Lehre. Dann konnte ich nicht fortsetzen.

R: Habe Sie in Österreich familiäre Bindungen, außer Ihrem Bruder?

BF: Nein.

R: Wie sieht Ihr Kontakt zu Ihren Familienangehörigen aus?

BF1: Wir haben telefonischen Kontakt zu unserer Mutter und sprechen einmal im Monat mit ihr.

R: Gehen Sie in Österreich einer Beschäftigung nach?

BF1: Derzeit nicht. Ich habe mich für einen Computer-Englisch-Kurs angemeldet. Er beginnt im September und dauert 9 Monate.

R: Sind Sie in Österreich bisher strafrechtlich verurteilt worden?

BF1: Nein.

R: Das Gericht kann sich auf Grund Ihrer Angaben nunmehr ein Bild über Ihre privaten sowie familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zu Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. Ihrer Integration äußern?

BF1: Ich lege vor ein Konvolut an Unterlagen zu meinen Integrationsstand, darunter Bestätigungen zu Kursteilnahmen (Kopien zum Akt - Beilage ./1)

b) im Herkunftsstaat:

R: Im angefochtenen Bescheid des BFA wurde u.a. bereits festgestellt, dass Sie aus Afghanistan stammen. Geben Sie bitte nochmals an, welcher Volksgruppe und Religionsgemeinschaft Sie angehören? Welche Sprachen sprechen Sie?

BF1: Ich stamme aus der Provinz Laghman, vom Stamm XXXX , bin Paschtune, meine Muttersprache ist Paschtu. .

R: Erzählen Sie mir etwas von Ihrem Leben in Afghanistan: Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?

BF1: Ich bin in XXXX , im Dorf XXXX geboren und aufgewachsen. Ich habe noch einen jüngeren Bruder der noch jünger als XXXX ist. Ich habe eine Schwester. Wir haben dort gemeinsam mit unseren Eltern gelebt. Wir waren in der Landwirtschaft tätigt und haben aus dem Ertrag unseren Lebensunterhalt bestritten. Insgesamt bin ich 5 Jahre in die Schule gegangen.

R: Sie wurden bereits bei der Ersteinvernahme nach der Schulbindung gefragt, und haben dort angegeben, keinerlei Schulbildung zu haben. Können Sie das erklären?

BF1: Ich habe 5 Jahre die Schule besucht, nur mein jüngster Bruder nicht.

R: Können Sie erklären, warum sie auch bei der umfassenden Einvernahme vor dem BFA angegeben haben, gar keine Schule besucht zu haben?

BF1: Ich denke nicht, dies gesagt zu haben. Damals gab ich an, dass ich 5 Jahre lang die Schule besucht habe. Wahrscheinlich haben sie darauf vergessen, oder mich mit meinem Bruder XXXX verwechselt. Ich wüsste nicht, welchen Vorteil ich aus so einer Lüge ziehen könnte. Ich gehe davon aus, dass ich damals gesagt habe, dass ich 5 Jahre in die Schule ging. Es sind mittlerweile 2 Jahre her. Es kann aber auch sein, dass ich vieles nicht in Erinnerung habe.

R: Wo leben Ihre Familienangehörigen aktuell? Leben Sie noch im Heimatdorf?

BF1: Mein Onkel mütterlicherseits lebt in Jalalabad, meine gesamte Familie lebt bei meinem Onkel. Mein Onkel kümmert sich um meine gesamte Familie. Mein jüngster Bruder lebt in einem Waisenhaus und kommt ab und zu, sehr selten, zu meiner Mutter.

R: Wovon lebt Ihre Familie bei Ihrem Onkel mütterlicherseits? Welcher Beschäftigung geht Ihr Onkel nach?

BF1: Mein Onkel verkauft Gemüse in Jalalabad.

R: Haben Sie vor Ihrer Ausreise aus AFG gearbeitet?

BF1: Ja, in der Landwirtschaft.

R: Was war das fluchtauslösende Ereignis, dass Sie Ihren Heimatstadt AFG verlassen mussten?

BF1: In AFG, die Provinz Laghman, unser Dorf XXXX , war schon seit langem in den Händen der Taliban. Sie haben dort regiert und hatten alles unter Kontrolle. Sie hatten ihre eigenen Gefängnisse und dehnten ihre Macht überall aus. Man musste das tun, was sie vorgeschrieben haben. Sie haben z.B. einige Familie gezwungen ihnen Brot zu bringen, auch wenn die Familie dazu nicht in der Lage waren. Weiters verlangten sie einen gewissen Anteil an der Ernte.

R: Hat Ihr Vater Steuern an die Regierung bezahlt?

BF1: Ja.

Nachgefragt, gebe ich an, dass man etwa ein Zehntel des Ertrages zahlen muss.

R: Was haben die Taliban von Ihrer Familie verlangt?

BF1: Die taliban haben meine Familie gezwungen ihnen einen bestimmten Betrag des Gesamtbetrages zu geben. Mein Vater sagte, dass dies den Armen zustünde. Sie haben auch andere Familie dazu gezwungen. Es haben im Dorf XXXX auch die Versammlungen der Taliban stattgefunden. Diese Informationen wurden ans Militär weitergegeben.

R: Waren die Taliban Fremde, die ins Dorf kamen?

BF1: Es waren auch welche aus dem Dorf, es waren aber auch Fremde dabei.

R: Ihr Vater wurde aufgefordert Geld zu zahlen. Ist das richtig?

BF1: Wer hätte ihn dazu auffordern sollen?

R: Die Taliban, nach Ihren eigenen Angaben.

BF1: Nein, mein Vater sollte nicht Geld bezahlen, sondern einen Teil der Ernte den Taliban geben. Das war nicht wenig.

R: Woher wussten Sie in Ihrem Dorf, dass jemand ein Talib ist?

BF1: Sie haben so lange "Kleider" an, trugen lange Bärte, und einen Turban und sind mit Motorfahrrädern gekommen.

R: Gab es auch unter den Dorfältesten Taliban-Mitglieder?

BF1: Ja, unter den Dorfältesten gab es sehr viele Taliban.

R: Gehörte auch der "Wali", dh. der Bürgermeister auch dazu?

BF1: Nein, wie kann ein Bürgermeister ein Talib sein. Er hat für die Regierung gearbeitet. Der Dorfälteste, XXXX , namens XXXX hatte auch nicht viel zu sagen bei wichtigen Sitzungen im Dorf. Er musste immer auf die Taliban warten. Die ganze Kontrolle oblag den Taliban. XXXX konnte nicht gegen die Taliban sein, denn sonst hätte er sein eigenes Leben in Gefahr gebracht. Wenn es Probleme in den Familien gegeben hat, sind die Leute zu ihm gekommen. Die Taliban sahen sich als religiöse Gelehrten und trafen ihre Entscheidungen nach religiösen Vorschriften.

R: Vor dem BFA haben Sie angegeben, dass der Dorfälteste ebenfalls ein Talib war. Was sagen Sie dazu?

BF1: Nein, das habe ich nicht gesagt, das XXXX ein Talib gewesen ist. Ich erwähnte vorhin, dass er sehr machtlos war. Er war hauptsächlich dafür zuständig, wenn jemand z.B. eine Tazkira gebraucht hat, oder in die Stadt fahren musste. Er hat sich den Taliban unterworfen. Wenn man sich den Taliban unterwirft, was soll man dann darüber sagen.

R: Waren andere Männer, insbesondere junge Männer, auch bei diesen Taliban dabei? Oder war die Dorfbevölkerung dagegen und hat sich nur unterworfen?

BF1: Unser Dorf war schon seit langem in den Händen der Taliban. Auch die Nachbardörfer waren es. Es waren auch junge Männer dabei.

R: Sie haben vor der Erstbehörde angegeben, dass Ihr Vater einen Stützpunkt der Taliban verraten hätte. Was wissen Sie darüber?

BF1: Unser Vater hat den Ort und die Zeit der Sitzung der Taliban dem Militär verraten. Als ich meine Mutter gefragt habe, sagte sie, dass unser Vater nicht alleine war, sondern noch zwei andere Personen dabei waren.

R: Sie haben vor dem BFA weiters angegeben, dass Angehörige der Taliban sich regelmäßig in den dörflichen Moscheen aufgehalten haben. Stimmt das?

BF1: Ihre Sitzungen/Versammlungen haben in Moscheen stattgefunden, oder in Madrassa (Koranschule).

R: Jeder im Dorf kannte also diese öffentlichen Örtlichkeiten?

BF1: In unserem Dorf gab es keine Madrassa, es gab nur mehrere Moscheen.

Nachgefragt gebe ich an, dass wir ca. zwei Moscheen haben. Zwei waren in der Nähe von uns. In einer Moschee konnte man nur das Freitagsgebet verrichten. Zwei Moscheen waren bei uns in der Nähe, die anderen waren weiter weg.

R: In welcher Weise war Ihre Familie von den Aktivitäten der Taliban bedroht (keine Geldunterstützung, oder Lebensmittelforderungen)?

BF1: Vor längerer Zeit, als ich noch jünger war, wollten die Taliban mich mit in den Dschihad nehmen. Als ich gesehen habe, dass sie mit meinem Vater in einem "scharfen" Ton gesprochen haben, habe ich mich eingemischt. Ich wurde verprügelt und mit einem Messer attackiert und verletzt. Nach dem Ereignis haben sie einige Familien im Dorf angegriffen.

R: Wann hat diese Auseinandersetzung stattgefunden?

BF1: Diese Auseinandersetzung fand statt, als die Taliban mit dem Militär konfrontiert wurde. Einen Tag später fand der Vorfall statt. Es fielen Schüsse. Für uns war das Anfangs ganz normal. Dies fand dreimal pro Woche statt.

R: Ist das jener Vorfall, weshalb Sie unmittelbar danach AFG verlassen haben?

BF1: Dieser Vorfall war der Grund, weswegen ich ausgereist bin.

R: Erzählen Sie über den Vorfall, der zu Ihre Ausreise aus AFG geführt hat?

BF1: Einen Tag davor hatten wir noch eine glückliche Zeit mit unserem Vater. Mitten in der Nacht wurde fest an unsere Türe geklopft. Es war ein heftiges Klopfen. Unser Vater kam zu uns und sagte, dass wir ihm gehorchen müssten und tun was er uns sagt. Er forderte uns auf, uns im Geraten zu verstecken und uns nicht blicken zu lassen. Als unsere Mutter die kleine Türe öffnet, haben wir uns in den Garten begeben und versteckt. Ich habe meinen kleinen Bruder festgehalten. Ich war außer Fassung. Es wurde sehr laut. Ich glaube, es waren 4 bis 5 Taliban da. Wir haben uns ca. 10 bis 15 Minuten versteckt. Es wurde geschrien. Dann wurde es ruhiger. Trotzdem waren wir weitere 10 Minuten noch versteckt im Garten aufhältig. XXXX war neben mir und ich habe mich vorsichtig von XXXX Seite entfernt. XXXX war sehr müde und hatte sich hingelegt. Ich sagte ihm, er soll sich nicht bewegen und dass ich wieder zurückkommen werde. Er soll so lange dortbleiben, bis ich ihm sage, dass er kommen kann. Als ich zurückging habe ich gehört, wie meine Mutter und die Kinder geschrien haben. Meine Mutter saß und schlug sich ins Gesicht. Ich fragte sie, wo unser Vater ist. Sie sagte, dass sie ihn mitgenommen hätten. Ich fragt wer? Unsere Mutter sagte, es waren die Taliban. Ich war fassungslos und habe nach dem Grund gefragt, sowie nach dem warum. Unsere Mutter antwortete, wegen dem gestrigen Vorfall. Ich fragte unsere Mutter, was unser Vater damit zu tun hätte. Ich habe gehört, dass meine Eltern damals darüber gesprochen haben. Ich weiß bis heute nicht, ob unser Vater noch lebt, oder was die Taliban mit ihm gemacht haben.

R: Können Sie sagen, ob Sie alleine mit Ihrem Bruder auf Anweisung Ihres Vaters in den Garten gelaufen sind?

BF1: Nein, unser Vater hat uns an der Hand gehalten und dorthin geführt.

R: sind Sie dann tatsächlich, nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, alleine ins Haus zurückgekehrt oder gemeinsam mit Ihrem Bruder?

BF1: ich bin alleine gegangen und habe unsere Mutter im Dunkeln sitzen und weinen gesehen. Später ist XXXX dann nachgekommen.

R: Vor dem BFA haben Sie sagt: "Wir sind gleich ins Haus gelaufen zu unserer Mutter..... Wir hatten schon Angst, versteckten uns aber

beim hineingehen.......Wir gingen sehr vorsichtig hinein. Was sagen

Sie dazu?

BF1: Ich sagte zu XXXX , dass er mir nicht nachkommen und sich hinsetzen soll. Er machte alles, was ich gemacht habe. Er kam mir hinterher. Daraus kann man schließen, dass wir gemeinsam gegangen sind. Als ich ins Haus ging, lief er mir hinterher.

R: Wie viele Tage haben Sie nach dieser Nacht dann noch in Ihrem Elternhaus verbracht?

BF1: Wir sind dann zum Morgen daheim geblieben. Unser Mutter hat dann in der Früh den Onkel mütterlicherseits angerufen und er kam zu uns. Unsere Mutter sagte zu ihm:" Koste es was es wolle, aber bringe die beiden weg." Daraufhin sagte unser Onkel, er werde uns nach Jalalabad mitnehmen. Unsere Mutter stimmte nicht in zu, sie sollen ganz aus AFG weggehen. Die Mutter meinte, ihr Leben sei zerstört und sie wolle nicht, dass unseres auch zerstört wird.

R: Wann in etwa haben Sie Ihr Elternhaus verlassen?

BF1: Unser Onkel war bis mittags bei uns. Er hat einige Anrufe getätigt. Wir sind dann am Nachmittag mit einem Auto Richtung Kabul gefahren.

R: Wie lange waren Sie in Kabul?

BF1: Ich weiß es nicht, vielleicht 2 bis 3 Tage.

R: Gab es in Kabul irgendwelche Vorfälle?

BF1: Nein, unser Onkel hat uns zu einer Person geschickt, bei der wir geblieben sind. Diese Person hat uns nach Kandahar geschickt.

R: Wissen Sie, wieviel Ihre Reisebewegung bis EUROPA gekostet hat?

BF1: Ich weiß es nicht. Aber unsere Mutter meinte, dass es 100.000 Afghani waren. Es waren 12.000 bis 13.000 Euro.

R: Wann war nun jener Vorfall, bei dem Sie selbst mit den Taliban "gekämpft" haben? Das war nicht in dieser Nacht.

BF1: Nein, dieser Vorfall war ca. 8 Jahre früher.

R: Haben Sie Kenntnis davon, dass nach Ihrem Weggang aus AFG nach Ihnen gesucht wurde?

BF1: Wir sind gesucht worden. Sie waren einige Male bei uns zuhause. Unser Haus wurde durchsucht. Unsere Mutter hat noch ein Jahr im Heimatdorf gelebt. Sie hat gehofft, dass unser Vater zurückgebracht wird. Dies war nicht der Fall. Dann hat sie das Heimatdorf verlassen.

R: Können Sie angeben, wie oft nach Ihnen gesucht wurde?

BF1: 5- oder 6-mal. Da unsere Mutter immer noch im Heimatdorf gelebt hat und die Taliban in der Nähe warne.

RI: Vor dem BFA haben Sie angegeben, dass Ihre Mutter erzählt hätte, dass die Taliban dreimal nach Ihnen gesucht hätten. Was stimmt nun?

BF1: Nein, ich habe vor 6 bis 7 Monaten mit meiner Mutter gesprochen. Damals sagte sie mir, dass die Taliban 5- bis 6-.mal erschienen sind. 3mal haben die Taliban das Haus intensiv durchsucht. Unsere Mutter erzählte weiter, dass unser Vater nicht der einzige war der mitgenommen wurde, es waren ca. 14 Personen, die für schuldig gehalten wurden, als das Ereignis stattgefunden hat.

R: Hat Ihre Mutter in der letzten Zeit, letztes Jahr, darüber berichtet, dass sie auch in Jalalabad belästigt worden wäre oder nach Ihnen gefragt wurde? Gibt es diesbezügliche Vorfälle?

BF1: Nein, unsere Mutter wurde nicht bedroht. Aber unser Onkel mütterlicherseits wurde von den Taliban bedroht, weil er nach unserem Vater bei den Taliban nachgefragt hat. Daraufhin wurde er verprügelt und bedroht. Sie meinten, er wäre als Nächster dran.

R: Dieser Vorfall war nicht in Jalalabad?

BF1: Nein, dieser Vorfall hat in unserem Wohnort stattgefunden. Der Onkel mütterlicherseits ging mehrmals in unseren Heimatort zu den Taliban. Er wurde geschlagen und bedroht. Die Taliban sagten zu ihm sie wüssten wo unser Onkel wohnt.

R: Ist Ihnen klar, dass Sie vor der Erstbehörde nicht angeben konnten, wie viele Taliban damals bei Ihnen zuhause waren. Auch Ihr Bruder konnte das nicht angeben. Heute haben Sie jedoch eine Zahl genannt. Was sagen Sie dazu?

BF1: Wir haben die Taliban nicht persönlich gesehen oder auch nicht zählen können. Bei unserem Interview konnten wir auch die Anzahl er Taliban nicht angeben, weil wir sie nicht wussten. Erst nach dem Interview habe ich mit unserer Mutter gesprochen. Diese erzählt mir, dass es 5 bis 6 Taliban waren und unsere Mutter auch geschlagen wurde.

Ende der Befragung von BF1- BF1 wird entlassen

BF2 wird hereingebeten.

I. Zum aktuellen Zustand des BF 2:

R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich (sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht [die Begriffe werden mit dem BF abgeklärt, sodass ihm diese geläufig sind]): Sind Sie insbesondere in ärztlicher Behandlung, befinden Sie sich in Therapie, nehmen Sie Medikamente ein?

BF2: Mir geht es gut, ich nehme keine Medikamente.

II. Zum Verfahren vor dem BFA bzw. den Organen des öffentlichen

Sicherheitsdienstes:

R: Sie wurden bereits beim BFA bzw. vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizei) niederschriftlich einvernommen. Haben Sie dort immer die Wahrheit gesagt oder möchten Sie etwas richtig stellen?

BF2: Wir haben die Wahrheit angegeben.

R: Wurden Ihnen die Niederschriften, die die Polizei im Rahmen der Erstbefragung und das BFA im Zuge Ihrer Einvernahme mit Ihnen aufgenommen haben, rückübersetzt?

BF2: Ja.

III. Zur persönlichen Situation des BF2:

a) in Österreich:

R: Leben Sie in Österreich alleine oder leben Sie mit jemandem zusammen? Wie ist Ihre aktuelle Wohnsituation? Leben Sie in einer Flüchtlingspension?

BF2: Davor habe ich gemeinsam mit meinem Bruder gelebt. Jetzt lebe ich in einer WG.

R: Sprechen Sie auch schon ein wenig Deutsch? Welches Sprachniveau haben Sie? Besuchen Sie Sprachkurse oder sonstige Kurse, Schule, Vereine oder Universität?

BF2: Ich habe die Übergangsklasse der Tourismusschule besucht. Habe danach die Prüfung abgelegt. Hatte gute Noten und wurde aufgenommen. Die Schule war für mich sehr schwierig, da meine Deutschkenntnisse nicht so gut waren. Jetzt bereite ich mich für den Pflichtschulabschluss vor.

R: Es wurde schon gesagt, dass Sie Kontakt zu Ihren Verwandten in AFG haben. Können Sie nochmals zusammengefasst angeben, zu wem?

BF2: Wir haben Kontakt zur Familie in AFG. Wir telefonieren ab und zu miteinander. Unsere Mutter wohnt bei unserem Onkel mütterlicherseits in Jalalabad.

R: Was berichtet Ihnen Ihre Mutter? Können Sie etwas Wesentliches anführen?

BF2: Unsere Mutter fragt nach meinem Wohlbefinden, meinem Gesundheitszustand.

R: Erzählt sie etwas über die Situation dort?

BF2: Sie erzählt über das Leben. Sie sagt, dass die Schwierigkeiten auch vergehen.

R: Ihr Bruder hat bereits über die Vorfälle in Ihrem Elternhaus berichtet und dass ihr Vater von den Taliban entführt wurde. Stimmt es, dass Sie von Ihrem Vater seither nichts mehr gehört haben?

BF: Nein, bis jetzt haben wir keine Informationen über ihn.

R: Hat sich jemand aus der Familie die Mühe gemacht, Ihren Vater zu finden?

BF2: Ja, mein Onkel hat dies versucht. Es ist aber sehr schwierig, unseren Vater zu finden.

R: Was wissen Sie über Ihren Onkel? Wie geht es ihm grundsätzlich in AFG?

BF2: Es geht ihm gut. Er verdient so viel, dass er es auch gleich ausgibt.

R: Die Situation in Ihrem Heimatdorf dürfte so gewesen sein, dass die Taliban regelmäßig von der Bevölkerung Geld oder Waren gefordert haben. Es waren sicher nicht alle Einwohner des Dorfes begeistert. Ihr Bruder hat schon berichtet, dass auch andere Männer bzw. Familienväter Probleme mit den Taliban hatten und entführt wurden. Wissen Sie etwas davon?

BF2: Es gab sehr viele Schwierigkeiten Die Menschen hatten große Angst vor den Taliban. Es gab keine Regierung, sondern die Taliban kontrollierten alles. Gab man ihn nicht was sie forderten, haben sie einem gezwungen.

R: Wissen Sie etwas darüber, dass Ihre Familie eine große Summe aufgewandt hat, um Sie und Ihren Bruder auf die Reise nach EUROPA zu schicken?

BF2: Ja, die Reise hat sehr viel gekostet. Meine Mutter hat sie bezahlt.

RV: Ich verweise auf die bisher eingebrachte Stellungnahme zum Sachverhalt. Hiebei insbesondere auf die erweislichen Risikoprofile (EASO) sowie insbesondre darauf, dass in der Herkunftsregion meiner Mandanten die Taliban-Gruppierungen sehr mächtig sind, weshalb auch von einer sehr starken Vernetzung auszugehen ist. Ich meine damit eine landesweite Vernetzung. Ich verweise ausdrücklich nochmals auf den Bericht LandInfo in der eingebrachten Stellungnahme. Spione werden gesucht. Ein solcher war der Vater der BFs.

R: Gibt es noch ein weiteres konkretes Vorbringen dazu?

RV: Bei einer Verfolgung durch die Taliban, wovon ich ausgehe, schiedet eine IFA aus.

R: Ich verweis auf die aktualisierte Version des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation und gebe hierzu eine Frist von 2 Wochen zu einer schriftlichen Äußerung.

RV: Ich verweise des Weiteren darauf, dass die Erstbehörde auch Kabul als IFA angenommen hat. Zwischenzeitig wird dies von EASO bestritten (Guidance Notes vom Juni 2018). Ich verweise des Weiteren auf den detaillierten Bericht EASO betreffend die drei Städte Kabul, Herat und Mazar-e Sharif.

BF1: Ich möchte noch etwas sagen: Ich habe mich vom islamischen Glauben abgewandt und bin gleichsam Atheist.

R: Können Sie das jetzt genauer erklären?

BF1: Ich erhoffe mir dadurch keinen positiven Bescheid. Ich bin aus reiner Überzeugung Atheist geworden. Ich habe mit Freunden gesprochen und habe jetzt meine Zweifel. Die Religion stellt auch einen Grund dar, weswegen ich ausgereist bin.

R: Sind Sie Atheist oder Agnostiker?

BF1: Ich bin Atheist. Ich bin der Meinung es gibt keinen Gott.

R: Wann ist Ihnen das bewusstgeworden?

BF1: Seit einem Jahr bin ich Atheist. Es ist aber schon seit 3 Jahren so, dass ich mich damit auseinandersetze. Bei Sitzungen, an den ich teilnehme, gibt es jemanden der gerade seine Doktorarbeit schreibt. Er kennt sich sehr gut aus. Er konnte uns überzeugen. Das geht auch nicht von heute auf morgen.

R: Sie bringen das hier heute in dieser Verhandlung ganz neu, ohne dass Sie sich in den letzten Jahren während des Verfahrens gehalten gesehen hätten, irgendetwas darüber zu berichten. Auch sagen Sie jetzt neu aus, dass Sie Ihren Herkunftsstaat aus diesem Grund verlassen haben. Ich konkretisiere: Sie haben wörtlich gesagt, dass die Religion ISLAM der Grund war, warum Sie ausgereist sind. Können Sie jetzt konkretisieren aus welchem Grund Sie genau AFG verlassen haben?

BF1: Wenn es die Religion, den Dschihad, die Mujaheddin und die Taliban nicht geben hätte, dann wäre es nicht so weit gekommen, dass die Taliban bei uns erschienen sind und unseren Vater entführt hätten. Das Militär hat davon erfahren, und mein Vater wurde als eine Person bezeichnet, die vom Islam abgefallen ist. Aus dem Grund ist der Vorfall passiert.

R: Möchten Sie abschließend noch etwas dazu sagen?

BF1: Ich habe noch sehr vieles zu sagen. Es sind mittlerweile 3 Jahre her, dass ich hier bin. Meine Denkweise hat sich verändert. Ich bin jetzt Atheist. Wenn man das jemanden sagt, dann wir dem keine große Bedeutung zugemessen. Es sieht wie eine Kleinigkeit aus. Dabei ist es keine Kleinigkeit, wenn man sich Gedanken über den Hintergrund macht und sich die Gründe vor Augen führt, weshalb es dazu gekommen ist. Es gibt in der Afghanischen Communit

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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