TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/13 W123 2194957-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2019
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Entscheidungsdatum

13.08.2019

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W123 2194957-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX , geb XXXX , StA. Afghanistan, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2018, 1070555500-150549188, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 22.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am 23.05.2015 durchgeführten Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Burgenland brachte der Beschwerdeführer vor, dass er im Iran nicht studieren habe dürfen. Die iranische Regierung habe den Beschwerdeführer nach Afghanistan zurückschieben wollen. Der Beschwerdeführer habe sich illegal im Iran aufgehalten. Für den Beschwerdeführer sei die Lage im Iran unerträglich gewesen und daher habe er den Iran verlassen müssen. Im Falle einer Rückkehr in seinen Heimatstaat habe der Beschwerdeführer Angst, dass er in Afghanistan keine Perspektive habe. Außerdem gebe es in Afghanistan keine Sicherheit. Der Beschwerdeführer sei nie in Afghanistan gewesen. Er sei im Iran geboren. Der Beschwerdeführer werde im Falle einer Rückkehr nicht von der afghanischen Regierung verfolgt.

3. Am 21.06.2017 erfolgte die Einvernahme vor der belangten Behörde.

Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"[...]

LA: Welche Religion haben Sie?

VB: Ich bin Agnostiker.

[...]

LA: Was der konkrete Grund, warum Sie die Heimat verlassen haben? Erzählen Sie bitte möglichst chronologisch über alle Ereignisse, die Sie zum Verlassen der Heimat veranlasst haben (freie Erzählung)!

VP: Ich bin im Iran geboren und habe immer dort gelebt.

LA: Warum haben Ihre Eltern Afghanistan verlassen?

VP: Meine Eltern lebten in Daykundi und haben sich dann entschieden nach Kabul umzuziehen. Als die Taliban die Macht übernommen haben, haben Sie Afghanistan in Richtung Iran verlassen.

LA: Wann war das?

VP: Zwischen 1994 und 1996.

LA: Haben Sie sonstige Fluchtgründe?

VP: Ich bin Hip-Hop Musiker. Unsere Gruppe hat 6 Mitglieder. 2 davon waren im Iran und 4 in Herat Afghanistan. Im Moment sind wir zerstreut. Die Themen über die wir gesungen haben waren politische und die religiöse Einheit. Zuletzt hat die Gruppe auch mit einer Frau gesungen, die aber verheiratet war. Da es eine Schande ist, wenn eine verheiratetet Frau mit anderen Männern singt, hat der Ehemann und die gesamte Familie die Gruppe bedroht und auch mitgeteilt, dass egal wo die Gruppe ist, sie wird immer gefunden.

LA: Wo hat sich dieser Vorfall ereignet.

VP: In Herat.

LA: Waren Sie in Herat?

VP: Nein.

LA: Wie kann ich mir dann vorstellen, dass Sie gemeinsam gesungen haben?

VP: Wie haben im Iran gesungen und das Mädchen in Herat. Wie haben das aufgenommen und dann über das Internet ausgetauscht und zusammengeschnitten.

[...]"

4. In einer Stellungnahme vom 30.06.2017 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er Agnostiker sei, was als "Abfall vom Islam" gewertet werde. Die nichtreligiöse Einstellung des Beschwerdeführers habe sich durch den Besuch von Veranstaltungen und die Beschäftigung mit diverser "westlicher" Literatur verstärkt. Im Weiteren sei der Beschwerdeführer Mitglied einer Musikgruppe, welche sich mit politischen und religiösen Themen kritisch auseinandersetze. Der Beschwerdeführer teile seine politische und (nicht-)religiöse Einstellung auch durch diverse Einträge auf Facebook (siehe beispielhaft Facebook-Eintrag vom 03.10.2014, in welchem der Beschwerdeführer ein Zitat über die Nicht-Existenz Gottes vom Astrophysiker und bekennenden Atheisten Stephen Hawking teile).

Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass in der Niederschrift der Erstbefragung ein Fehler hinsichtlich des religiösen Bekenntnisses des Beschwerdeführers protokolliert worden sei. Da der Beschwerdeführer die Niederschrift der Erstbefragung erst im Anschluss der niederschriftlichen Einvernahme am 21.06.2017 erhalten habe, habe der Beschwerdeführer auf diesen Protokollierungsfehler nicht früher hinweisen können.

Als Musiker, noch dazu mit kritischen Inhalten der Musik und öffentlich zugängigen Songs, verstoße der Beschwerdeführer gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung durch die Taliban sowie religiös-konservativer Kräfte, was Tötungen, Angriffe und Schikanierungen als Konsequenz habe. Daraus ergebe sich die Gefahr asylrelevanter Verfolgung aufgrund der sozialen Gruppe der Musiker.

5. Am 19.12.2017 erfolgte eine weitere Einvernahme vor der belangten Behörde. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"[...]

LA: Welche Religion haben Sie?

VP: Ich habe keine Religion. Ich bin Agnostiker.

LA: Was bedeutet das für Sie?

VP: Ich kann nicht genau sagen, dass es keinen Gott gibt und ich kann auch nicht ohne Beweise sagen, dass alles von Gott gemacht wurde.

LA: Wie lange sind Sie schon Agnostiker?

VP: Ungefähr dreieinhalb Jahre.

[...]

LA: Was war das ausschlaggebende Ereignis dafür?

VP: Vor drei Jahren, es war Ramadan. Ich hab da nicht mitgemacht. Meine Familie hat dann mit mir gestritten, warum ich das nicht mache. Sie haben aus rausgefunden, dass ich Alkohol trinke. Seit dem hat mich meine Familie ausgestoßen. Es war nicht mehr wie vorher. Früher haben wir alle zusammen gegessen. Ich musste dann alleine essen und sie sagten, was sie falsch gemacht hätten um so einen Sohn zu bekommen. Seit dem habe ich nachgedacht, was es für eine Religion ist, dass nur weil man nicht fastet von der Familie verstoßen wird.

[...]

LA: Sie gaben bei Ihrer Einvernahme am 21.06.2017 an, Mitglied einer Hip-Hop Gruppe zu sein. Beschreiben Sie mir musikalische Tätigkeit.

VP: Ich schreibe den Text und ich habe einen Freund in Indonesien der macht die Musik. Ich singe auch. Der Freund macht nur die Musik.

[...]

LA: Welche Religion haben Sie?

VP: Ich habe keine Religion. Ich bin Agnostiker.

LA: Was bedeutet das für Sie?

VP: Ich kann nicht genau sagen, dass es keinen Gott gibt und ich kann auch nicht ohne Beweise sagen, dass alles von Gott gemacht wurde.

LA: Wie lange sind Sie schon Agnostiker?

VP: Ungefähr dreieinhalb Jahre.

[...]

LA: Was war das ausschlaggebende Ereignis hierfür?

VP: Vor drei Jahren, es war Ramadan. Ich hab da nicht mitgemacht. Meine Familie hat dann mit mir gestritten, warum ich das nicht mache. Sie haben auch rausgefunden, dass ich Alkohol trinke. Seit dem hat mich meine Familie ausgestoßen. Es war nicht mehr wie vorher. Früher haben wir alle zusammen gegessen. Ich musste dann alleine essen und sie sagten was sie falsch gemacht hätten um so einen Sohn zu bekommen. Seit dem habe ich nachgedacht, was es für eine Religion ist, dass nur weil man nicht fastet von der Familie verstoßen wird.

[...]

LA: Machen Sie bitte konkrete Zeitangaben zu dem Vorfall.

VP: Das war 2014 im Fastenmonat. Es war Sommer. Ich glaube es war Juni/Juli.

LA: Wann haben Sie den Iran verlassen?

VP: Im Frühling 2015.

LA: Wo haben Sie bis zu Ihrer Ausreise gewohnt?

VP: In Teheran bei meinem Onkel.

LA: Sie sagten zu Beginn, dass Sie nur ein Monat dort gelebt hätten. Wo haben Sie davor gewohnt.

VP: Ich war bei meiner Familie, habe aber ein paar Wochen bei einem Freund gelebt.

[...]

LA: Sie gaben an zu Tante XXXX keinen Kontakt zu haben. Nun findet sich aber Ihre Telefonnummer in Ihrem Mobiltelefon. Was sagen Sie dazu?

VP: Sie hat mich angerufen, aber ich habe nicht geantwortet. Sie wollte Geld von mir und ich habe ihr etwas geschickt.

LA: Sie sagten zuerst Sie hätten nicht geantwortet, nun sagen Sie hätten doch mit ihr gesprochen. Was stimmt nun?

VP: Ich hab vorhin nachgedacht und nachdem ich mich erinnert habe, habe ich mich ausgebessert.

LA: Sie gaben bei Ihrer Einvernahme am 21.06.2017 an, dass Sie Agnostiker wären und sich mit den Theorien von Stephen Hawking und Charles Darwin beschäftigt haben. Erzählen Sie mir über darüber.

VP: Ich habe über die Evolutionstheorie von Darwin gelesen. Von Stephen Hawking habe ich ein Buch gelesen, dass "Theory of everything" heißt.

LA: Welche Bücher der beiden haben Sie gelesen?

VP: 2014 hat Stephen Hawking im Fernsehen gesagt, dass es keinen Gott gibt. Ich habe das dann über Facebook geteilt.

LA: Sehen Sie das auch so?

VP: Wenn ich so denken würde, wäre ich Atheist. Ich bin aber kein Atheist.

LA: Wenn Sie zurück nach Afghanistan müssten, würden Sie öffentlich Kund tun, dass Sie mit dem Islam nicht mehr einverstanden sind?

VP: Sie werden das irgendwann selbst herausfinden.

LA: Wenn Sie in Afghanistan wären und man Sie Fragen würde welche Religion Sie haben, was antworten Sie?

VP: Ich sage ich bin Agnostiker.

[...]

LA: Sprechen Sie mit Freunden über den Glauben?

VP: Nicht mit jedem Freund.

LA: Warum nicht mit jedem Freund?

VP: Weil ich religiöse Freunde habe und ich möchte unsere Freundschaft nicht kaputt machen. Nachgefragt gebe ich an, dass es Moslems sind.

LA: Mit einem Fremden würden Sie also von Ihrem Glauben erzählen, aber Freunde nicht, um die Freundschaft nicht zu gefährden.

VP: Nein. Nicht mit jedem. Ich muss zuerst wissen was er denkt.

LA: Warum?

VP: Weil ich Angst vor den Fanatikern habe.

LA: Wenn ich Sie nun richtig verstanden habe, würden Sie es nicht sagen wenn Sie mit Konsequenzen rechnen müssten.

VP: Ja.

LA: Sie gaben bei der Erstbefragung Moslem zu sein. Wieso?

VP: Ich habe damals Moslem gesagt, weil ich Angst hatte das wenn ich Agnostiker sage, man es auf meine Karte schreibt und es meine Freunde sehen würden. Dann würde ich Probleme bekommen.

LA: Nennen Sie mir bitte noch einmal Ihre inneren Beweggründe für die Abkehr vom Islam.

VP: Das ist nicht gleich von heute auf morgen passiert. Es ist mit der Zeit gekommen. Vor drei Jahren als ich Probleme mit meiner Familie hatte, habe ich begonnen nachzudenken. Es gab dort in Mashad einen Literaturkreis über Gedichte. Ich hab dort viele Bücher gelesen. Ich habe selber auch Gedichte geschrieben, dort muss man das dann auch laut vorlesen. Danach sitzen wir zusammen und sprechen über diese Gedichte. Manche gehen und manche bleiben. Dort haben wir auch über Religion gesprochen. Ein paar von diesen Leuten waren Atheisten, wir haben dann auch darüber gesprochen. Seit dem habe ich mich auch selbst erkundigt. Seit diesem Zeitpunkt habe ich langsam entschieden vom Islam auszutreten. Ich wusste auch nicht, dass es in Europa offizielle Dokumente gibt, durch die man vom Islam austreten kann.

LA: Wann genau haben Sie nun entschieden, dass Sie kein Moslem mehr sind?

VP: Seit dem Vorfall mit meinem Eltern. Ich habe entschieden kein Moslem mehr zu sein, wusste aber nicht wie es dann weitergeht. Nachgefragt gebe ich an, nach diesem Vorfall den Literaturkreis besucht zu haben und mich dann in weiterer Folge mit Religion beschäftigt zu haben.

LA: Seit wann sind Sie nun Agnostiker?

VP: Auch seit drei Jahren.

LA: Sie sagten gerade eben, dass Sie zuerst entschieden haben kein Moslem mehr zu sein und erst nach dem Besuch des Literaturkreises und der Beschäftigung mit Religion entschieden zu haben Agnostiker zu sein. Wie war es nun?

VP: Ich kann es nicht genau sagen.

LA: Machen Sie ungefähre Angaben.

VP: Ungefähr 6 Monate nach dem Vorfall mit meiner Familie habe ich entschieden Agnostiker zu sein.

LA: Der Vorfall mit der Familie war Ihren Angaben nach im Juni/Juli 2014. Wie lange haben Sie dann noch bei den Eltern gewohnt?

VP: Ungefähr 6 bis 7 Monate.

LA: Wovon haben Sie gelebt in der Zeit?

VP: Meine Eltern haben mich versorgt.

LA: Haben Sie in der Zeit nach dem Vorfall noch die Moschee besucht?

VP: Ich musste mit meinem Vater in die Moschee gehen. Ich musste zu Veranstaltungen und manchmal auch zum Freitagsgebet.

LA: Sie waren dann ein Monat in Teheran. Haben Sie dort auch eine Moschee besucht?

VP: Nein.

LA: Was hat Ihr Onkel dazu gesagt?

VP: Mein Onkel ist nicht sehr religiös.

LA: Ist Ihr Onkel in die Moschee gegangen?

VP: Er ist nur zu bestimmten Veranstaltungen in die Moschee gegangen.

LA: Warum haben Sie den Iran verlassen?

VP: Wegen meiner Einstellung zu Religion.

LA: Wurden Sie deswegen jemals persönlich bedroht?

VP: Ja von meinen Eltern, weil sie wussten das ich diesen Literaturkreis besuche und nicht bete. Sie sagten entweder komme ich zurück zum Islam oder sie würden mich in der Moschee verraten.

LA: Beschreiben Sie mir diese Situation bitte möglichst konkret und lebensnah.

VP: Das ist lange her und ich kann nicht richtig sagen wann das war und wie das war.

LA: Die Frage wird wiederholt.

VP: Das war zuhause am Nachmittag. Meine Mutter ist zu mir gekommen, hat sich zu mir gesetzt und war sehr nett zu mir. Sie sagte mache diese Sachen nicht, dass ist nicht gut für mich. Ich solle über das Leben nach dem Tod nachdenken. Ich solle wieder zurückkommen und wir sollten wie vorhin eine Familie sein. Ich sollte nochmal beten. Nachdem dem Vorfall (das ich nicht gefastet habe) hat mich mein Vater ausgestoßen, aber meine Mutter war immer nett zu mir. Deshalb hat sie mir gesprochen, damit ich wieder zur Vernunft komme. Mein Vater hat mich bedroht. Mein Vater hat gesagt, wenn jemand von der Religion austritt, kommt dieser nicht zurück und er wird nicht zurückkommen. Deshalb hat er mir gedroht mich in der Moschee zu verraten.

Anm.: Die VP überlegt sehr lange.

LA: Bitte beschreiben Sie mir die Situation, in der Ihr Vater gedroht hat Sie in der Moschee zu verraten, möglichst konkret und lebensnah.

VP: Als meine Mutter mit mir gesprochen hat ist mein Vater auch dabei gesessen. Meine Mutter wollte mich zur Vernunft bringen. Mein Vater hat immer gesagt, dass wenn jemand austritt dieser nicht mehr zurückkommt. Mein Vater hat mir gesagt entweder muss ich die Wohnung verlassen oder er würde mich verraten. Weil mein Vater ist sehr religiös.

LA: Wieso konnten Sie dann noch 6 Monate dort leben?

VP: Das Gespräch war erst am Ende, kurz vor meiner Abreise nach Teheran.

[...]"

6. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 29.03.2019 erteilt (Spruchpunkt III.).

7. Gegen den obgenannten Bescheid der belangten Behörde richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Einvernahme der Zeugin XXXX , da diese bezeugen könne, dass der Beschwerdeführer an dem Literaturkreis teilgenommen habe. Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer keine ausreichende Frage gestellt, um beurteilen zu können, ob der Beschwerdeführer einen inneren Gesinnungswandel gehabt habe und deswegen vom Glauben abgefallen sei. Darüber hinaus habe die belangte Behörde keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Beschwerdeführer als Hip-Hop-Musiker aktiv sei.

8. Am 26.04.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentlich mündliche Verhandlung statt.

9. Mit Schriftsatz vom 30.04.2019 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er sich bereits im Iran vom Islam abgewandt habe. In Österreich habe der Beschwerdeführer sich weiter vom Islam entfernt und bezeichne sich mittlerweile als Atheist. Der Beschwerdeführer habe sich im Iran bei Literaturkreisen mit Gleichgesinnten über den Atheismus ausgetauscht und veröffentliche als Hip-Hop-Musiker Texte über religiöse und politische Themen. Es könne vom Beschwerdeführer nicht erwartet werden, dass er sich im Falle einer Rückkehr mit niemandem mehr über seine Gedanken austausche bzw. keine Musik mehr mache.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer nennt sich XXXX und ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an.

Der Beschwerdeführer ist im Iran geboren und aufgewachsen und hat sich dort - bis zu seiner Flucht nach Europa - aufgehalten. Der Beschwerdeführer war niemals in seinem Leben in Afghanistan.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan nie politisch tätig oder persönlichen Bedrohungen ausgesetzt. Er ist in Afghanistan weder vorbestraft noch war er dort inhaftiert; er gehörte nie einer politischen Partei an.

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Afghanistan aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben vor dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der belangten Behörde, in dem Beschwerdeschriftsatz und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Zunächst schließt sich das Bundesverwaltungsgericht nachfolgender Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid an:

Es ist grundsätzlich festzuhalten, dass Sie im Rahmen Ihrer Erstbefragung am 23.05.2015 zu Ihrer Religionszugehörigkeit befragt angegeben haben, dass Sie Moslem schiitischen Glaubens sind. Zu Ihrem Fluchtgrund befragt gaben Sie an, dass Sie im Iran hätten studieren wollen, aber nicht durften. Ebenso hätten Sie keine Aufenthaltsberechtigung bekommen und Ihr Vater wäre zweimal nach Afghanistan abgeschoben worden. Da die Lage im Iran für Sie unerträglich gewesen wäre, hätten Sie beschlossen den Iran zu verlassen.

Bei Ihrer Einvernahme beim BFA am 21.06.2017, gaben Sie zu Ihren Fluchtgründen befragt an, dass Sie im Iran geboren und aufgewachsen wären. Zu sonstigen Fluchtgründen befragt gaben Sie an, dass Sie Hip-Hop Musiker wären und Ihre Gruppe vom Ehemann eines weiblichen Mitgliedes bedroht worden wären. Dieses Mädchen lebt in Herat, Afghanistan und sie hätten gemeinsam über das Internet gesungen.

Bei Ihrer Einvernahme am 19.12.2017 dazu befragt warum Sie nun den Iran verlassen hätten an, begründeten Sie dies wegen Ihrer religiösen Einstellung und damit verbundenen Probleme mit Ihrer Familie gehabt hätten.

Grundsätzlich ist für die Behörde zum einem nicht verständlich, wieso Sie bei der Erstbefragung nicht bereits angegeben haben Agnostiker bzw. ohne religiöse Bekenntnis zu sein, zumal Sie dies ja schon für eine längere Zeit sein wollen. Zum anderen ist es nicht nachvollziehbar, dass Sie bei drei Behördenkontakten, drei divergierende ausreisekausale Motive vorgebracht haben. Die Behörde verkennt hierbei nicht, dass sich die Erstbefragung gem. §19 (1) AsylG nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, jedoch erscheint es nicht plausibel Ihre Religionslosigkeit zu verheimlichen, sofern diese der Wahrheit entspricht. Ebenso ist auch nicht begreiflich, dass Sie im Rahmen der Erstbefragung den Asylantrag mit der fehlenden Möglichkeit zu studieren und den schwierigen Lebensbedingungen für Afghanen im Iran begründeten, diese im weiteren Verlauf des Verfahrens jedoch nicht mehr vorgebracht haben. Stattdessen brachten Sie weitere vermeintliche Fluchtgründe vor.

In Ihrem Fall ist hervorzuheben, dass es sich bei Ihnen um einen afghanischen Staatsbürger handelt und Probleme mit dem iranischen Staat bzw. etwaige andere Probleme - wie etwa die schwierige Lebenslage und eventuell benachteiligende Behandlungen - im Iran, bei der Beurteilung eines asylrelevanten Sachverhaltes aus diesem Grund nicht zu berücksichtigen sind. Der behauptete Abfall vom Islam ist auch in Afghanistan strafbar, weshalb dieser im Hinblick auf eine eventuelle Rückkehr nach Afghanistan zu prüfen ist.

Zu dem von Ihnen vorgebrachten Abfall vom Islam ist zu sagen, dass dieser nicht glaubhaft ist. Wie bereits erwähnt ist nicht verständlich, wieso Sie diesen nicht bereits bei der Erstbefragung angeben haben, wenn Sie schon seit ca. Ende 2014 Agnostiker sein wollen. Den Abfall vom Islam begründeten Sie am 21.06.2017 mit dem Besuch von Veranstaltungen und Ihrer daraus resultierenden veränderten Einstellung, wo hingegen Sie am 19.12.2017 den Abfall vom Islam mit Problemen mit Ihren Eltern begründeten. Es ist auch festzuhalten, dass Ihre Angaben rund um die behaupteten Probleme mit Ihren Eltern nicht nachvollziehbar und nicht glaubhaft sind. So gaben Sie an, dass Ihre Eltern Sie verstoßen hätten, da Sie Alkohol trinken würden. Sollte dies tatsächlich so gewesen sein, ist es nicht verständlich wieso Sie noch weiterhin bei Ihren Eltern leben konnten und diese Sie finanziell versorgt hätten. Ebenso konnten Sie dazu aufgefordert die behauptete Bedrohung durch Ihre Eltern möglichst konkret und lebensnah zu schildern, nicht den Eindruck erwecken von tatsächlich selbst erlebtem zu berichten.

Sie konnten zwar ein paar allgemeine Sachen bezüglich Agnostizismus nennen und Ihnen ist auch der Unterschied zwischen Agnostizismus und Atheismus bekannt, jedoch vermochten Sie mit den vorgebrachten allgemeinen Angaben keinen tatsächlichen inneren Gesinnungswandel und Abfall vom Islam glaubhaft machen.

Des Weiteren ist Ihre persönliche Glaubwürdigkeit durch Ihr bisher gezeigtes Verhalten stark beeinträchtig. Wie bereits ausgeführt wurde, sind die divergierenden Sachverhalte für sich genommen schon ein Zeichen für die Unglaubwürdigkeit Ihres Vorbringens. Zusätzlich haben Sie bei Ihrer Einvernahme beim BFA am 19.12.2017 wissentlich falsche Angaben gemacht. So gaben Sie an keine Angehörigen und Freunde mehr in Afghanistan zu haben. Bei einer während der Einvernahme durchgeführten Nachschau auf Ihrem Mobiltelefon, konnte jedoch festgestellt werden, dass zumindest eine afghanische Telefonnummer auf Ihrem Telefon gespeichert war. Damit konfrontiert meinten Sie, dass dieser Freund Afghanistan vor einem Jahr verlassen, aber die afghanische Telefonnummer behalten hätte. Sie gaben auch an, mehrere Tanten und Onkel in Teheran - darunter auch eine Tante namens XXXX , jedoch keinen Kontakt zu diesen zu haben. Bei der vorhin erwähnten Nachschau konnte jedoch festgestellt werden, dass Sie einen Kontakt "Tante XXXX " mit einer iranischen Nummer eingespeichert haben. Damit konfrontiert haben Sie eingestanden mit dieser Kontakt gehabt zu haben, womit jedoch Ihre vorangegangene Behauptung unwahr ist.

Die von Ihnen vorgelegte Religionsaustrittserklärung, vermochte ebenso nicht einen tatsächlichen Abfall vom Glauben glaubhaft zu machen. Selbst bei einer hypothetischen Wahrheit, wäre aufgrund Ihre Angaben nicht mit Verfolgungshandlungen Ihnen gegenüber zurechnen. Hierbei gilt zu berücksichtigen, dass es bei Apostasie - im Unterschied zu einer Konversion - zu keinen nach außen hin erkennbaren Verhaltensmustern kommt. Dazu befragt was Sie in Afghanistan antworten würden, welche Religion Sie haben, meinten Sie, dass Sie Agnostiker sagen würden. In weiterer Folge gaben Sie aber an nicht mit jedem Ihrer Freunde über den Glauben zu sprechen. Auf Nachfrage begründeten Sie das damit, dass Sie auch religiöse Freunde haben und die Freundschaft mit diesen nicht gefährden wollen, weshalb Sie mit diesen nicht darüber sprechen würden. Damit konfrontiert warum Sie vermeintlich einem Fremden davon erzählen würden, Freunden aber nicht antworteten Sie: "Nein. Nicht mit jedem. Ich muss zuerst wissen was er denkt. (...) Weil ich Angst vor Fanatikern habe." Schlussendlich dazu befragt ob Sie es (Abfall vom Glauben) nicht sagen würden, wenn Sie mit Konsequenzen rechnen müssten, bejahten Sie dies. Daher wäre selbst im Fall einer hypothetischen Wahrheit nicht mit Verfolgungshandlungen gegen Sie zu rechnen, gerade in einer Großstadt wie Kabul.

Zu der eingebrachten Stellungnahme ist zu sagen, dass diese keine andere Entscheidung herbeizuführen vermochte. Das es sich bei Ihnen um einen Hazara handelt, begründet ebenfalls keinen asylrelevanten Sachverhalt, da die bloße Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit für sich genommen nicht ausreichend ist für die Zuerkennung von internationalem Schutz.

Bezugnehmend auf Ihre Stellungnahme sei an dieser Stelle noch auf folgenden Aspekt hingewiesen: Es ist für die erkennende Behörde gänzlich unverständlich, wieso in der Stellungnahme auf Seite 2 vorgebracht wird: "Der ASt. möchte an dieser Stelle mitteilen, dass in der Niederschrift der Erstbefragung ein Fehler hinsichtlich des religiösen Bekenntnisses des ASt. protokolliert wurde. Auf die Frage, welcher Religion der Ast. angehöre, antwortete dieser, dass er kein religiöses Bekenntnis hat." Ungeachtet der Tatsache, dass Sie die Erstbefragung - und damit auch deren inhaltliche Korrektheit - mit Ihrer Unterschrift bestätigt haben, wurden Sie bereits am 21.06.2017 und 19.12.2017 beim BFA gefragt ob Ihre bisherigen Angaben korrekt gewesen wären, was Sie bejahten. Des Weiteren darf auf Ihre eigenen Angaben vom 19.12.2017 hingewiesen werden. Befragt warum Sie in der Erstbefragung angegeben haben Moslem zu sein, antworteten Sie: "Ich habe damals Moslem gesagt, (...)." Die erkennende Behörde kann daher in diesem Aspekt der Stellungnahme, abermals nur den Versuch erkennen, dass Sie versuchen mit unwahren Aussagen Ihren Stand im Verfahren zu verbessern.

Das Bundesverwaltungsgericht führt nunmehr ergänzend aus, warum der Beschwerdeführer - über die Ausführungen der belangten Behörde hinaus - kein glaubhaftes Fluchtvorbingen erstattet hat:

1. Die belangte Behörde ging zu Recht davon aus, dass es nicht verständlich ist, warum der Beschwerdeführer im Zuge der Erstbefragung mit keinem Wort seine Behauptungen zum Abfall vom Islam bzw. der Tatsache, nunmehr Agnostiker zu sein, erwähnte. Folgte man den Behauptungen des Beschwerdeführers in den beiden Einvernahmen vor der belangten Behörde, ergibt sich zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer bereits seit ca. Mitte 2014 Agnostiker gewesen sein muss, somit lange vor dem Zeitpunkt der Erstbefragung am 23.05.2015. Warum dann aber der Beschwerdeführer einerseits angab, muslimischer Schiit zu sein und andererseits bei Angabe der Fluchtgründe bzw. der Befürchtungen der Rückkehr nicht ein einziges Mal auf die Tatsache hinwies, ein vom Islam abgefallener (bzw. seit 2014 nunmehr Agnostiker) zu sein, erschließt sich für das Bundesverwaltungsgericht nicht. Hingegen wies der Beschwerdeführer im Zuge der Erstbefragung, befragt nach seinem Fluchtgrund, lediglich darauf hin, dass er im Iran studieren habe wollen, aber nicht habe dürfen bzw. darauf, in Afghanistan keine Perspektive zu haben und Afghanistan ein unsicheres Land sei. Wenngleich zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erstbefragung noch nicht volljährig war, ist doch einer Person, die behauptet, sich im Iran bereits im Alter von 16 Jahren mit Fragen der Religion zu beschäftigen und infolgedessen selbst zur Einsicht kam, vom Islam abgefallen (bzw. nunmehr agnostisch eingestellt) zu sein, jedenfalls zumutbar, im Rahmen der Erstbefragung auf diesen Umstand (wenigstens in einem Satz) hinzuweisen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Stellungnahme vom 30.06.2017 zu den Protokollierungsfehlern und dazu, dass er das Erstbefragungsprotokoll erst im Rahmen der ersten Einvernahme vor der belangten Behörde am 21.06.2017 erhalten habe, vermag nicht zu überzeugen, da aus dem Erstbefragungsprotokoll hervorgeht, dass dem Beschwerdeführer das Protokoll rückübersetzt wurde und es keine Verständigungsprobleme gab. Zudem ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer den Inhalt des Erstbefragungsprotokolls mit seiner Unterschrift bestätigte.

2. Ferner als unglaubwürdig einzustufen waren die Aussagen des Beschwerdeführers über seine Religionszugehörigkeit bzw. Nichtzugehörigkeit:

Während der Beschwerdeführer in den Einvernahmen vom 21.06.2017 und 19.12.2017 gleichbleibend vorbrachte, "Agnostiker" zu sein, führte er in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht plötzlich aus, "seit 6/7 Monaten Atheist" zu sein und begründete diesen Wandel im Wesentlichen mit seiner Erkrankung (vgl. Seite 7 f Verhandlungsprotokoll, arg. "R: Sie haben in den Befragungen am 21.06.2017, als auch am 19.12.2017 immer angegeben, dass Sie Agnostiker seien. Wieso sind Sie nun Atheist? Was ist in der Zwischenzeit passiert? BF: Ich muss so anfangen, um anzugeben, dass ich seit 4 Jahren unter einer Art Depression leide. Voriges Jahr hat sich meine Depression verstärkt. Ich kann sagen, dass ich keine Hoffnung fürs Leben hatte, zu dieser Zeit. Deshalb habe ich versucht für mich einen Gott zu finden, damit ich diese Depression besser bekämpfen könnte. Ich habe 5 bis 6 Monate versucht, mich so zu konzentrieren, um eine Verbindung mit Gott herstellen zu können, aber ich war nicht erfolgreich. Dann war für mich alles zu Ende, ich dachte, dass es keinen Gott gebe."). Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer im Zuge von insgesamt vier Einvernahmen (Erstbefragung, zwei Einvernahmen vor der belangten Behörde, mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht) dreimal seine Religionszugehörigkeit bzw. religiöse Einstellung in sich widersprüchlich darstellte (Moslem, Agnostiker bzw. Atheist). Dass es aber einen entscheidenden Unterschied ausmacht, sich entweder als "Agnostiker" oder als "Atheist" zu bezeichnen, hat im Übrigen der Beschwerdeführer selbst in den zwei Einvernahmen vor der belangten Behörde (in durchaus nachvollziehbarer Weise) dargelegt (vgl. AS 222, arg. "LA: An Was Glauben Sie? VP: Ich bin Agnostiker. LA: Was bedeutet das für Sie? VP: Ich kann nicht sagen, dass das Universum von Gott erschaffen wurde, aber ich kann auch nicht sagen, dass es keinen Gott gibt." bzw. AS 279, arg. "LA: Welche Religion haben Sie?

VP: Ich habe keine Religion. Ich bin Agnostiker. LA: Was bedeutet das für Sie? VP: Ich kann nicht genau sagen, dass es keinen Gott gibt und ich kann auch nicht ohne Beweise sagen, dass alles von Gott gemacht wurde.").

Ferner ist nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer in einem Facebook-Eintrag vom 03.10.2014 dem "bekennenden Atheisten Stephen Hawking" (offenkundig) zustimmte (vgl. Beilage 1 der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 30.06.2017), wenn der Beschwerdeführer sich zu diesem Zeitpunkt noch als "Agnostiker" sah.

Aufgrund der offenkundigen Wandlungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine Auffassung zur Religion, erscheint es dem Bundesverwaltungsgericht daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer - nach Verstreichen eines längeren Zeitraums - seine religiöse Einstellung (insbesondere aufgrund eines persönlichen Anlassfalles) wiederum ändert.

3. Anzumerken ist weiters, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht gleichbleibend vorbrachte:

In der Erstbefragung schilderte der Beschwerdeführer im Wesentlichen "allgemeine" Probleme im Iran (etwa nicht studieren zu dürfen). In der ersten Einvernahme vor der belangten Behörde brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine Eltern Afghanistan aufgrund der Machtübernahme der Taliban verlassen hätten (vgl. AS 220 f). Befragt zu seinen "sonstigen" Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, dass er als "Hip-Hop-Musiker" besonders gefährdet sei (vgl. AS 221). Im Zuge der zweiten Einvernahme vor der belangten Behörde brachte der Beschwerdeführer - befragt, was das ausschlaggebende Ereignis der Flucht gewesen war - die Probleme mit der Familie im Zusammenhang mit seinem Alkoholkonsum vor (vgl. AS 281), um schließlich in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht als (ersten) Fluchtgrund anzugeben, dass er nicht an den Islam glaube und seit 6/7 Monaten Atheist sei (vgl. Seite 4 des Verhandlungsprotokolls). Diese divergierenden Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund sind folglich nicht geeignet, um von einem in sich konsistenten Fluchtvorbringen auszugehen.

4. Völlig unglaubwürdig war aber das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Bedrohung durch seine Eltern bzw. Familie im Iran aufgrund seines Abfalls vom Islam:

Der Beschwerdeführer gab mehrfach an, dass er nach dem Anlassfall (Verstoßen seiner Familie infolge Alkoholkonsums) noch insgesamt sechs Monate bei seinen Eltern gewohnt habe, diese den Beschwerdeführer den Schulbesuch ermöglicht und ihn weiterhin versorgt hätten (vgl. Seite 7 Verhandlungsprotokoll, arg. "R: Sind Sie in diesen 6 Monaten weiter in die Schule gegangen? bF: Ja. R:

Sie wurden grundsätzlich von Ihren Eltern weiter versorgt? BF: Ja.") Widersprüchlich dazu sprach der Beschwerdeführer von angeblichem Mobbing seitens seiner Familie bzw. Verschließens der Haustüre, um den Beschwerdeführer den Eintritt ins Haus zu verwehren (vgl. Seite 6 Verhandlungsprotokoll, arg. "R: Was ist in diesen 6 Monaten, in denen Sie noch bei der Familie gewohnt haben, alles passiert? Hat man Sie geschlagen, mussten Sie hungern etc.? BF: Ich bin immer von meiner eigenen Familie gemoppt worden. Es gab Nächte, in denen die Haustüre zugesperrt hat. Ich hatte einen Schlüssel. Es wurde etwas vor die Türe gestellt, so dass ich nicht hineinkonnte."). Es erscheint nun aber geradezu unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner neuen Einstellung zum Islam einerseits von den Eltern verstoßen und bedroht worden sein soll, andererseits diese aber den Beschwerdeführer weiterhin sechs Monate lange versorgt und ihm den Schulbesuch ermöglicht hätten. Wäre insbesondere der Vater des Beschwerdeführers tatsächlich derart wütend über den Glaubensabfall des Beschwerdeführers gewesen, so hätte der Beschwerdeführer (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) in einem viel früheren zeitlichen Stadium (nach dem Anlassfall) mit drastischen Sanktionen rechnen müssen.

Folgte man dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. Seite 4 Verhandlungsprotokoll, arg. "R: Warum haben Sie jetzt Kontakt zu Ihrer Mutter und Ihrem Bruder? BF: Ich war ca. zwei Wochen im Iran. Der Grund war, dass ich meine Tante mütterlicherseits sehen wollte. Sie lebt in Australien. Sie benachrichtigte mich, dass sie mir das Ticket kaufen würde. Sie würde in den Iran kommen und ich sollte auch in den Iran kommen. Bei diesem Besuch habe ich meine Mutter und meinen Bruder getroffen. R: Wann war dieser Besuch? BF: Es war im Jahr 2019."), dann wäre es aber seitens des Beschwerdeführers nahezu "selbstmörderisch", wiederum in jenes Land (wenngleich "nur" für einen zweiwöchigen Besuch) einzureisen, aus dem er - insbesondere aufgrund der massiven Probleme mit seiner Familie - die Flucht nach Europa antrat. Auch wenn der Beschwerdeführer vorbrachte, im Zuge dieses Besuches seinen Vater nicht gesehen zu haben, wäre der Beschwerdeführer durch diesen jedenfalls einer realen Gefahr ausgesetzt gewesen, zumal der Beschwerdeführer selbst einräumte, dass sein Vater von der Einreise des Beschwerdeführers in den Iran erfahren haben könnte (vgl. Seite 7 Verhandlungsprotokoll, arg. "R:

Hat Ihr Vater erfahren, dass Sie 2019 wieder in den Iran gegangen sind? BF: Ich weiß es nicht. Es kann sein. Ich nehme es an."). Bemerkenswert im Übrigen auch die Antwort des Beschwerdeführers auf folgende Frage des erkennenden Richters: "Hatten Sie keine Angst, wenn Sie wieder in den Iran zurückgehen? BF: Nein." (vgl. Seite 7 Verhandlungsprotokoll).

5. Schließlich kann auch im Falle einer (theoretischen) Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan keine asylrelevante Gefahr für den Beschwerdeführer erkannt werden: Der Beschwerdeführer ist im Iran geboren und aufgewachsen und war Zeit seines Lebens nie in Afghanistan. Eine exponierte Stellung aufgrund des Vorbingens des Beschwerdeführers, "Hip-Hop-Musik" zu machen bzw. Texte zu schreiben, ist schon deshalb zu verneinen, da der Beschwerdeführer nicht substantiiert darlegen konnte (etwa durch Musiktexte oder Aufsätze), dass er eine - über den Iran hinaus - öffentlich bekannte bzw. einflussreiche Person wäre, die als Gegner des Islams bzw. der islamischen Lebensweise betrachtet werden könnte, zumal der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des behaupteten Fluchtvorbringens noch minderjährig war. Weder ein einzelner Facebook-Eintrag vom 03.10.2014, in welchem der Beschwerdeführer offensichtlich ein Zitat von dem Atheisten Stephen Hawking teilte, noch die Vorlage eines Fotos, das den Beschwerdeführer beim Singen mit Mikrofon zeigen soll (vgl. Beilage zum Verhandlungsprotokoll), können an diesem Umstand etwas ändern. In diesem Zusammenhang ist überdies auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.07.2019, W163 2129734-1/15E, zu verweisen, in welcher der erkennende Richter nicht einmal im Falle von existierenden YouTube-Videos von einer asylrelevanten Bedrohung ausgegangen ist.

Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, im Iran einem sogenannten "Literaturkreis" beigewohnt zu haben, in denen auch Gedichte gegen das Mullah-Regime verfasst worden sein sollen, konnte der Beschwerdeführer nicht substantiiert (durch Bescheinigungen) darlegen. Vom Beschwerdeführer wurden jedenfalls keine eigenen Gedichte oder Texte, die sich ausdrücklich gegen den Islam richten würden und somit gegebenenfalls in Afghanistan bekannt werden könnten, vorgelegt. Daher konnte auch von der Einvernahme der beantragten Zeugin Abstand genommen werden, da selbst im Falle der Anwesenheit des Beschwerdeführers an diesen "Literaturkreisen" eine Verfolgung des Beschwerdeführers in Afghanistan allein aufgrund dieses Umstandes nahezu ausgeschlossen ist.

Letztlich verdeutlicht auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht mit jedem Freund über seine Einstellung zur Religion spricht (vgl. AS 285, arg. "LA: Sprechen Sie mit Freunden über den Glauben?

VP: Nicht mit jedem Freund. LA: Warum nicht mit jedem Freund? VP:

Weil ich religiöse Freunde habe und ich möchte unsere Freundschaft nicht kaputt machen. Nachgefragt gebe ich an, dass es Moslems sind.

LA: Mit einem Fremden würden Sie also von Ihrem Glauben erzählen, aber Freunde nicht, um die Freundschaft nicht zu gefährden. VP:

Nein. Nicht mit jedem. Ich muss zuerst wissen was er denkt. LA:

Warum? VP: Weil ich Angst vor den Fanatikern habe. LA: Wenn ich Sie nun richtig verstanden habe, würden Sie es nicht sagen wenn Sie mit

Konsequenzen rechnen müssten. VP: Ja."), dass der Beschwerdeführer offenbar kein großes Interesse an der Weiterverbreitung bzw. "Missionierung" seiner agnostischen oder atheistischen Einstellung. Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer nicht einmal in einem Land, in dem Religionsfreiheit herrscht (wie in Österreich), seine Meinung zum Glauben offen darzulegen wagt. Umso weniger ist anzunehmen, dass sich der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan plötzlich zum exponierten Gegner des Islams entwickeln könnte.

6. Allein aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer Hazara bzw. Schiite ist, kann eine Verfolgung seinerseits als nicht maßgeblich wahrscheinlich angesehen werden. Der Beschwerdeführer legte im gesamten bisherigen Verfahren nicht einmal ansatzweise dar, warum konkret er aufgrund der Volks- bzw. Religionsgruppenzugehörigkeit einer asylrelevanten Verfolgung in Afghanistan ausgesetzt sein könnte (siehe dazu auch unten, 3. rechtliche Beurteilung).

7. Soweit schließlich in der Beschwerde eine (offenbar asylrelevante) Verfolgung wegen der psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers behauptet wird, ist insbesondere auf die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu verweisen, in welcher der Beschwerdeführer zu Beginn selbst angab, psychisch und physisch in der Lage zu sein, der Verhandlung zu folgen und bei ihm auch keine sonstigen Hindernisgründe wie etwa (chronische) Krankheiten und/oder Leiden vorlägen (vgl. Seite 2 Verhandlungsprotokoll). Abgesehen davon legte der Beschwerdeführer kein aktuelles psychiatrisches Fachgutachten (seit dem "Psychotherapeutischen Kurzbericht" der CARITAS Familienzentrum Wien vom 22.12.2017) vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (vgl. insbesondere § 1 BFA-VG).

§ 28 VwGVG ("Erkenntnisse") regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[...]"

Zu Spruchpunkt A)

3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

3.3. Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627).

"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 09.05.1996, 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 28.05.2009, 2007/19/1248; 23.01.1997, 95/20/0303) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132; 13.09.2016, Ra 2016/01/0054). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233; VwSlg. 16.084 A/2003; VwGH 18.11.2015, Ra 2015/18/0220). Es ist für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass in der Vergangenheit eine Verfolgung stattgefunden hat, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn daher der Antragsteller im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, dass er im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 03.05.2016, Ra 2015/18/0212).

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt, kommt dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Vorbringens keine Glaubwürdigkeit zu. Zudem konnte entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser nach einer allfälligen Rückkehr nach Afghanistan Verfolgungshandlungen bzw. Bedrohungssituationen ausgesetzt wäre, zumal sich mögliche fluchtauslösende Ereignisse ausschließlich auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Iran beziehen. Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen besteht hier schon deshalb nicht, da sich die begründete Furcht vor Verfolgung auf jenes Land beziehen muss, dessen Staatsangehörigkeit der Asylwerber besitzt (in diesem Fall Afghanistan). Die Furcht vor Verfolgung in einem Land, das nicht das Heimatland ist, kann nämlich dadurch abgewendet werden, dass man den Schutz des Heimatlandes in Anspruch nimmt (VwGH 08.11.1989, 89/01/0338). Zudem ist eine Abweisung eines Asylantrages nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn sich die vom Asylwerber konkret geschilderten, seine Person betreffenden Fluchtgründe nicht auf eine Bedrohung in seinem Herkunftsstaat beziehen, sodass insofern keine Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat behauptet wurde (VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

Zum (lediglich allgemein gehaltenen) Vorbringen betreffend Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, die davon ausgeht, dass weder die Zugehörigkeit einer Person zur ethnischen Minderheit der Hazara noch die Zugehörigkeit einer Person zur religiösen Minderheit der Schiiten für sich alleine ausreicht, um davon ausgehen zu müssen, dass diese Person der Gefahr einer Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse bzw. einer bestimmten Glaubensgemeinschaft ausgesetzt wäre (vgl. dazu auch VwGH 31.10.2002, 2000/20/0358; vgl. zudem das rezente Judikat des EGMR: A.M. gegen NL 05.07.2016, 29.094/09, dort insbesondere Seiten 26/27, Punkt 86., wonach die Angehörigkeit zur Minderheit der Hazara nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung drohen würde, unbeschadet der schlechten Situation dieser Minderheit). Auch der Verwaltungsgerichtshof nahm in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara in Afghanistan an, zum Unterschied zur Region Quetta in Pakistan (vgl. V

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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