Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der E GmbH in D, vertreten durch Dr. Erwin Dick, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Hilschergasse 25/15, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 17. März 1998, Zl. LGSNÖ/JUR/13117/13-1997, betreffend Feststellungsantrag gemäß § 2 Abs. 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 28. Juni 1997 beantragte der jugoslawische Staatsbürger Zoran S. die "Feststellung gem. § 2 Abs. 4 AuslBG, ob selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt". Er sei zu 50 % geschäftsführender Teilhaber der E GmbH. Er möchte selbständig Dienstleistungen im Bereich Gartenbau- Gestaltung und Pflege durchführen. Z.B. seien dies Rasen mähen, anbauen und verlegen, Bäume und Hecken schneiden etc. Er würde auch kleinere Grabarbeiten durchführen z.B. für einen Zaun oder größere Hecken oder Wurzelstöcke entfernen.
Im Verlauf des Verfahrens legte er einen Gesellschaftsvertrag vor, mit dem sein Anteil von 50 % an der gegenständlichen GmbH belegt wird. Mit Schreiben vom 29. August 1997, eingebracht durch seine nunmehr bevollmächtigte Vertreterin Dr. Strauss, wurde der Antrag auf Feststellung "insoweit verbessert, als ausdrücklich festgehalten wird, daß Zoran S. als Gesellschafter wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung tatsächlich persönlich ausübt". Mit Schreiben vom 12. November 1997 wurde der verfahrensgegenständliche Antrag durch die E GmbH gestellt, weil der Antrag nicht durch den Dienstnehmer persönlich gestellt werden könne. Die Antragstellung werde nunmehr durch die GmbH vorgenommen "und sämtliche bereits gemachte Angaben wiederholt und bestätigt". Hiebei wurde auf die genannten Schreiben vom 28. Juni 1997 und 29. August 1997 verwiesen.
Mit Bescheid vom 1. Dezember 1997 wies die Behörde erster Instanz den "Antrag der E GmbH vom 28. Juni 1997 auf Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 Z. 2 AuslBG, daß der Gesellschafter Zoran S. tatsächlich persönlich wesentlich Einfluß auf die Geschäftsführung der GmbH ausübt", ab. Sofern der Gesellschafter Zoran S. Arbeitsleistungen für die E GmbH erbringe, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, unterliege er dem Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs. 2 AuslBG und benötige er für diese Tätigkeit eine Beschäftigungsbewilligung. Diesen Bescheid richtete die Behörde erster Instanz an die E GmbH.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. März 1998 gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge und wiederholte den letztzitierten Satz aus dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl. Nr. 218/1975 in der hier anzuwendenden Fassung der Nov. BGBl. Nr. 314/1994 (AuslBG) lauten:
"§ 2 Abs. 4: Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn
1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder
2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 % Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen."
Nach herrschender Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden kommt im Verwaltungsverfahren Personen unter der Voraussetzung, daß die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich anderes bestimmen, die Berechtigung zu, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Tatsachen können nur dann Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein, wenn deren bescheidmäßige Feststellung durch ein Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Die rechtliche Qualifikation eines Sachverhaltes kann nicht Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 400 f, zitierte hg. Rechtsprechung, insbesondere E 40a und b).
Ein öffentliches Interesse an der beantragten Feststellung wurde im Verwaltungsverfahren nicht dargetan.
Der gegenständliche Feststellungsantrag erweist sich daher als unzulässig, weshalb er von der Behörde erster Instanz zurückzuweisen gewesen wäre. Indem die belangte Behörde diesen Bescheid bestätigte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit objektiver Rechtswidrigkeit.
Damit wäre jedoch noch nicht in subjektiv-öffentliche Rechte der beschwerdeführenden Partei eingegriffen. Doch hat die belangte Behörde über den Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin hinausgehend auch spruchgemäß festgestellt (und dies in der Begründung klargestellt), daß der Gesellschafter Zoran S. dem Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs. 2 AuslBG unterliege und eine Beschäftigungsbewilligung benötige, soferne er für die E GmbH Arbeitsleistungen erbringe, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden. Die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines Antrages belastet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 565, wiedergegebene
hg. Rechtsprechung). Gleiches hat zu gelten, wenn die belangte Behörde eine über die beantragte Feststellung hinausreichende Entscheidung fällt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.
Wien, am 29. September 1998
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998090139.X00Im RIS seit
25.01.2001