TE Bvwg Beschluss 2019/10/15 W171 2122609-2

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Veröffentlicht am 15.10.2019
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Entscheidungsdatum

15.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §32 Abs2

Spruch

W171 2122609-2/2E

W171 2122608-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über den Antrag von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA Russische Föderation, auf Wiederaufnahme der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Zl. XXXX und XXXX formell rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX formell rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren wird gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Wiederaufnahmewerber, Staatsangehörige der Russischen Föderation stellten am 17.10.2014 Anträge auf internationalen Schutz.

I.2. Mit Bescheiden des BFA vom 08.02.2016 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, abgewiesen und die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 55 und 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage gemäß § 55 Abs. 1 - 3 FPG zwei Wochen.

I.3. Die Wiederaufnahmewerber erhoben gegen diese Bescheide fristgerecht Beschwerde.

I.4. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.05.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der die Wiederaufnahmewerber mit ihrer gewillkürten Rechtsvertretung erschienen. Im Verhandlungsprotokoll wurde unter anderem Folgendes festgehalten: "Mit der Rechtsvertreterin wird erörtert, dass sich im Rahmen der Beschwerdeschrift ersehen lässt, dass es offenbar einen USB-Stick geben könnte, auf dem irgendetwas Relevantes sein könnte. Es wird mitgeteilt, dass sich im gesamten Akt des Erstbeschwerdeführers kein Hinweis darauf gibt, dass ein USB-Stick vorgelegt worden wäre. Der Beschwerdeführer dazu befragt gibt an, dass er einen derartigen USB-Stick einer Vertreterin der Diakonie übergeben hat. Der Beschwerdeführer gibt an: Auf diesem USB-Stick befinden sich persönliche Fotos von mir, da mir vorgeworfen wurde, dass ich keine Beweismittel vorlegen konnte, dass ich tatsächlich als Lehrer gearbeitet habe. Dann befindet sich darauf noch ein Video mit meiner Familie und meinem Bruder. Am Video ist zu sehen, dass mein Bruder festgenommen wurde. Das war nach meiner Ausreise aus Tschetschenien. Und dann gibt es noch eine Sequenz, wo Kadyrow verschiedene junge Männer als Rebellen bezeichnet. Darunter befindet sich auch mein Bruder. Unter diesen Männern ist auch mein Bruder."

Nach Schluss der Verhandlung wurden keine weiteren Beweismittel nachgereicht.

I.5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX und 13EXXXX wurden die Beschwerden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde unter anderem Folgendes ausgeführt: "Im Beschwerdeschriftsatz wurde auf einen USB-Stick Bezug genommen, welcher unter anderem Aufnahmen über Festnahmen in der Nachbarschaft des BF enthalten solle. In der Verhandlung wurde der BF1 darauf aufmerksam gemacht, dass kein USB-Stick im Akt aufliegt. Bis dato wurden keine weiteren Beweismittel nachgereicht. Im Widerspruch zur Beschwerde gab der BF1 in der Verhandlung an, ein Video auf dem Stick zeige die Festnahme seines Bruders und eine Sequenz, in der Kadyrow mehrere junge Männer, unter anderem seinen Bruder, als Rebellen bezeichnet habe. Die Bezugnahme auf angebliche Beweismittel, die jedoch nie vorgelegt wurden, untermauert die Unglaubwürdigkeit des BF1 zusätzlich."

Die Entscheidung wurde der zustellbevollmächtigen Vertretung der Wiederaufnahmewerber am XXXX zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

I.6. Am 30.09.2019 stellten die Wiederaufnahmewerber einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 32 VwGVG. Begründend wurde ausgeführt, dass in einer Einvernahme vor dem BFA am 16.09.2019 festgestellt worden sei, dass ein wichtiges Beweismittel, nämlich ein USB-Stick mit Videoaufnahmen, nicht an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet und daher nicht berücksichtigt worden sei. Die Parteienvertretung der Wideraufnahmewerber habe am 16.09.2019 Kenntnis über die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens erlangt, weshalb der Antrag innerhalb der Frist von zwei Wochen erfolge. Anschließend wurde ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht gestellt.

Dem Antrag lag eine Kopie eines Einvernahmeprotokolls vom 16.09.2019 bei. Daraus geht hervor, dass sich ein USB-Stick im Altakt befinde, der zum Zeitpunkt der Beschwerdevorlage nicht an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet worden sei. Die Wiederaufnahmewerber hätten daher die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren zu stellen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Abweisung des Wiederaufnahmeantrages:

§ 32 VwGVG lautet:

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch

Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

§ 32 Abs. 2 VwGVG sieht vor, dass ein Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen ist. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt. Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrags trägt iSd ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 69 Abs. 2 AVG der Antragsteller (zB. VwGH vom 14.11.2006, 2005/05/026, VwGH vom 12.09.2012, 2010/08/0098).

Die Wiederaufnahmewerber bringen als Wiederaufnahmegrund vor, dass ein Beweismittel, nämlich ein USB-Stick mit für das Verfahren relevanten Videoaufnahmen, durch das BFA nicht an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet und daher im Verfahren nicht berücksichtigt worden sei. Die Wiederaufnahmewerber hätten von der Möglichkeit der Stellung eines Wiederaufnahmeantrags erst im Rahmen einer Einvernahme vor dem BFA am 16.09.2019 erfahren, weshalb der Antrag innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von zwei Wochen gestellt worden sei.

Den Wiederaufnahmewerbern und deren Vertretung wurde jedoch bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.05.2018 mitgeteilt, dass dem Verwaltungsakt kein USB-Stick beigelegt war und die darauf enthaltenen Beweismittel daher vom erkennenden Gericht nicht berücksichtigt werden könnten. Auch aus dem Erkenntnis vom XXXX geht klar hervor, dass dem Gericht der USB-Stick nicht vorlag und sein Inhalt daher keinen Eingang in die Beweiswürdigung fand: "In der Verhandlung wurde der BF1 darauf aufmerksam gemacht, dass kein USB-Stick im Akt aufliegt." (Seite 58 des Erkenntnisses). Das Erkenntnis wurde dem zustellbevollmächtigten Vertreter der Wiederaufnahmewerber am XXXX zugestellt. Den Wiederaufnahmewerbern war daher der einzig vorgebrachte Grund für die Wiederaufnahme, nämlich die Nichtberücksichtigung des USB-Stick im zweitinstanzlichen Verfahren, bereits ab Zustellung des Erkenntnisses bekannt. Da die Wiederaufnahmewerber im Verfahren auch von einer Rechtsberatungsorganisation vertreten waren (der die Entscheidung zugestellt wurde) kann dem Vorbringen, die Wiederaufnahmewerber hätten von der Möglichkeit der Wiederaufnahme erst durch die Auskunft des BFA am 16.09.2019 erfahren, nicht gefolgt werden. Die zweiwöchige Frist ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrunds begann daher mit Zustellung des Erkenntnisses vom XXXX und erfolgte der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme vom 30.09.2019 jedenfalls nach Ablauf dieser Frist. Der Antrag war daher nach § 32 Abs. 2 VwGVG als unzulässig zurückzuweisen.

Aufgrund der unverzüglichen Entscheidung in der Hauptsache konnte ein gesonderter Abspruch über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht entfallen.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Rechtskraft, Wiederaufnahme, Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2122609.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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