TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/24 W124 2141344-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.10.2019
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Entscheidungsdatum

24.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W124 2141344-1/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 55, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), stellte am XXXX vor dem Bezirkspolizeikommando Wien einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde der BF von Beamten des Bezirkspolizeikommandos für Wien, Abteilung für fremdenpolizeiliche Maßnahmen und Anhaltevollzug, unter Beteiligung einer Dolmetscherin für die Sprache Punjabi ersteinvernommen. Im Wesentlichen gab der BF an, im Jahr 2013 von Indien zu seinem Vater nach Syrien gezogen zu sein. Am

XXXX habe er mit seinem Onkel, der ihn umbringen habe wollen, einen Streit gehabt. Sein Onkel habe sich die Grundstücke, welche seinen Vater gehören würden, aneignen wollen. Sein Vater habe ihn dann nach Syrien geholt, wo er bis zum XXXX mit ihm gearbeitet habe.

2. Am XXXX wurde der BF vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, unter Beteiligung eines Dolmetschers in der Sprache Punjabi niederschriftlich einvernommen. Der BF führte zu seinem Fluchtvorbringen im Wesentlichen aus, dass die älteren Brüder seines Vaters gewollt hätten, dass er bei ihnen wohne und deswegen mit seinem Onkel Streit gehabt habe. Es sei dabei um Grundstückstreitigkeiten gegangen.

Die Eltern des BF hätten ihn in Indien gelassen, damit dieser seine Schule und Studium absolvieren könne.

Am Tag des Lohri Festes hätten ihn die älteren Onkel geschlagen. Sie hätten vom BF gewollt, dass er mit ihnen zusammenwohnen solle. Wegen den Grundstückstreitigkeiten hätten dies aber seine Eltern nicht gewollt.

Die Vorfälle habe der BF bei der Polizeistation bekannt gegeben. Diese würde allerdings mit seinem Onkel zusammenarbeiten. Er glaube, dass seine Onkel die Polizei bestochen hätten, weil diese nichts unternommen habe.

Den Grund, weshalb seine Eltern seinerzeit nach Syrien gegangen seien, wisse der BF nicht genau.

Den Entschluss aus Indien zu flüchten habe der BF getroffen, als er nach dem Streit zusammengeschlagen worden sei. Er habe dies seinem Vater erzählt.

Die Frage von welchen Personen er in Indien bedroht oder verfolgt worden sei, beantwortete dieser damit, dass er Angst vor den Söhnen des älteren Onkels und von diesem selbst habe. Die Onkel vor denen er Angst haben würde, würden XXXX heißen.

XXXX würde gute Freunde haben, die ihm helfen würden. Diese würden Drogen verkaufen und mit der Mafia zusammenarbeiten. Er wisse nicht, wie diese Mafia heißen würde. Es seien aber acht bis zehn Jungs aus dem Dorf, die mit diesen zusammenarbeiten würden. Geschlagen worden sei der BF immer wieder von seinem Onkel und dessen Sohn XXXX .

In Österreich wolle der BF lernen. In Indien sei er im Nationalteam der Volleyballspieler gewesen und wolle auch hier spielen. In seine Heimat würde er gerne zurückgehen, aber würde ihm dies nicht möglich sein, da ihm sein Onkel gesagt habe, dass er ihn umbringen würde, egal wo er ihn erwischen würde. Er würde sich in Österreich sehr wohl fühlen. In Indien würde er niemanden mehr haben.

Die Nachfrage, ob es stimmen würde, dass sein Onkel XXXX geheißen habe, bei dem der BF gelebt habe, wurde von diesem bejaht. Die Nachfrage, ob es stimmen würde, dass sein Onkel XXXX geheißen habe vor dem der BF Angst gehabt habe, verneinte dieser, indem er ausführte, dass es sich dabei um seinen in Libanon lebenden Onkel handeln würde. Später führte der BF zum Namen des Onkels, vor dem dieser Angst gehabt habe aus, dass dieser XXXX geheißen habe. Im Libanon habe der BF beim Freund des Vaters XXXX gelebt.

Nach der Rückübersetzung führte der BF aus, dass sein Onkel, bei dem dieser gewohnt habe,XXXX geheißen habe.

3. Mit Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß §10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sein würde (Sprucpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG würde die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betragen (Spruchpunkt IV).

Zur Begründung führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der BF den Heimatstaat wegen Grundstückstreitigkeiten mit seinen Angehörigen verlassen habe. Dabei habe sich der BF in der Erstbefragung auf einen Onkel bezogen, während er vor dem BFA behauptete von mehreren Onkeln geschlagen worden zu sein. Die Onkel väterlicherseits hätten den BF immer wieder geschlagen und ihn aufgefordert ihnen sein Grundstück zu geben, andernfalls sie ihn sonst umbringen würden. Im Zuge der Einvernahme habe der BF den Namen der Gefährder mehrmals geändert. Der Onkel, bei dem der BF gewohnt habe, hätte XXXX geheißen. Noch im Laufe der Einvernahme wurde aus dem Onkel jedoch der Freund des Vaters im Libanon, der daraufhin zu seinem Onkel geworden sei, letztlich jedoch nur als Onkel von diesem bezeichnet worden sei.

Zwischendurch habe der BF angegeben Angst vor XXXX und dessen Sohn XXXX zu haben. Auf die Nachfrage, dass der BF ursprünglich von mehreren Söhnen gesprochen hätte, habe dieser gemeint, dass XXXX gute Freunde gehabt hätte, die ihm geholfen hätten. Dies hätte der BF so gemeint. Zuletzt habe der BF jedoch angegeben, dass er vor XXXX Angst gehabt habe. Am Ende der Einvernahme habe der Onkel, bei dem der BF in Indien gelebt hätte, schließlich XXXX geheißen.

Aufgrund der widersprüchlichen Angaben zu den dem BF angeblich bedrohenden Personen, nämlich einmal mehrere Onkel, dann nur einer mit dessen Söhnen, aus denen schließlich Freunde eines Sohnes geworden seien, erscheine das Vorbringen als nicht glaubhaft. Indien habe der BF einmal nur XXXX , dann im Jahr XXXX und letzten Endes doch XXXX verlassen. Der BF selbst habe angegeben, dass er mit seinen Eltern in Syrien ein gut gehendes Ledergeschäft betrieben habe bzw. er in diesem gearbeitet hätte.

Die vom BF vor dem Bundesamt vorgebrachte Fluchtgeschichte sei als wenig detailreich, zu oberflächlich und in sich widersprechend und daher in Folge als unglaubwürdig zu qualifizieren. Von einer Schutzbedürftigkeit der Person des BF außerhalb seines Herkunftslandes sei eindeutig abzusehen gewesen. Zudem habe der BF zu seinem gesamten Vortrag keine Beweismittel vorlegen können.

In Summe sei festzustellen, dass alleine die Furcht vor seinen Angehörigen nicht geeignet sei, eine für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorauszusetzende Bescheinigung einer konkret gegen den BF gerichteten drohenden asylrelevanten Verfolgungshandlung darzutun. Die bloße Angst vor den Angehörigen bilde im Zusammenhang mit seinen vagen, widersprüchlichen Angaben keinen ausreichenden Grund für die Asylgewährung, zumal der BF sich an einem anderen Ort fernab von seinen Angehörigen niederlassen hätte können.

In Gesamtbewertung all diese Überlegungen könne das BFA nur zum Schluss kommen, dass das Vorbringen des BF nicht geeignet sei eine Asylgewährung zu indizieren. Seinem Vorbringen nach könne keine unter die abschließende Aufzählung der GFK subsumierbaren Fluchtgründe entnommen werden. Dem BF sei es nicht gelungen seine Fluchtgeschichte dergestalt zu präsentieren, wie dies eine durchschnittliche Maßfigur tun würde, die unter einer tatsächlichen Bedrohungssituation oder Verfolgung im Heimatland stehen würde.

Weitere zu prüfende, asylrelevante Zwischenfälle, Verfolgungshandlungen oder Fluchtgründe, außer die bereits erwähnten, habe der BF nicht angeführt. Auch im amtswegig geführten Verfahren seien keinerlei derartige Hinweise aufgekommen.

Selbst bei Wahrunterstellung würde sich die vom BF behauptete Bedrohungssituation durch seine Angehörigen nicht auf das gesamte Staatsgebiet Indiens erstrecken und daher eine innerstaatliche Fluchtalternative ergeben, zumal es in Indien kein Meldewesen geben und Personenbewegungen durch nichtstaatliche Personen kaum nachvollziehbar sein würden.

Wie den dem BF zur Kenntnis gebrachten Länderinformationsblatt zu entnehmen sei, würde es in Indien kein staatliches Melde-, oder Registrierungssystem geben. Dies würde die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung begünstigen. Außerdem würde der Zugang zu gefälschten Dokumenten dadurch erleichtert, dass es in Indien die Möglichkeit geben würde Namen ohne größeren Aufwand zu ändern.

Das Bundesamt gelange zur Ansicht, dass sich die vom BF behauptet Bedrohungssituation durch seine Angehörigen nicht auf das gesamte Staatsgebiet Indiens erstrecke und daher innerstaatliche Fluchtalternative gegeben sei, zumal es in Indien kein Meldewesen geben würde und Personenbewegungen durch "nicht-staatliche" Personen kaum nachvollziehbar sein würden.

Der BF habe keine konkrete Gefahr im Falle seiner Rückkehr vorbringen können, sondern lediglich Mutmaßungen tätigen können. Diese würden nicht reichen ein Rückkehrhindernis entstehen zu lassen. Ein reales Risiko im Falle seiner Rückkehr habe nicht ermittelt werden können und sei auch nicht vorgebracht worden.

Auf Grund des Gesundheitszustandes gelange das BFA zur Feststellung, dass keine medizinischen Probleme vorliegen würden, welche im Herkunftsstaat nicht behandelt werden könnten. Der BF habe bislang sein Leben in Österreich organisieren können, weshalb davon auszugehen sei, dass der BF in seinem Heimatland ebenso dazu fähig sein würde sich in einer anderen Region niederzulassen. Die Grundversorgung mit Nahrungsmittel würden in Indien gewährleistet sein. Zum gegenständlichen Zeitpunkt würden keine Naturkatastrophen, Hungersnöte oder bürgerkriegsähnliche Zustände entgegenstehen.

In Gesamtbetrachtung würden keine Gründe vorliegen, welche zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen könnten und würden sich solche Gründe auch nicht aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben. (Spruchpunkt II.).

Eine Ausweisung aus Österreich sei, da kein Recht auf internationalen Schutz bestehe, gesetzlich indiziert und verletze auch nicht die Rechte des BF nach Art. 8 EMRK. Es liege nämlich kein Familienleben zu in Österreich dauernd aufenthaltsberechtigten Personen vor und ein Eingriff in das Privatleben des BF sei - so ein solcher überhaupt vorliege - gerechtfertigt.

Zu Spruchpunkt III. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF seit Beginn des Verfahrens seinen Lebensunterhalt durch periodische Leistungen der öffentlichen Hand bestritten habe. Er sei nicht selbsterhaltungsfähig und würde über wenig Deutschkenntnisse verfügen. Weder in einem Verein noch in einer Organisation würde er Mitglied sein. Da der BF keine Verwandte haben würde, allfällige freundschaftliche Beziehungen zu einem Zeitpunkt eingegangen worden seien, an dem er sich seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Position bewusst sein musste, sowie eine soziale Integration nicht zu erkennen gewesen sei, habe keine außergewöhnliche schützenswerte oder gar vollständige Integration erkannt werden können.

Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Beendigung des Aufenthaltes in eine derart dauerhaft aussichtlose Lage gedrängt werden würde, die ihm eine Rückkehr unzumutbar erscheinen lassen würde. Es könne auch nicht erkannt werden, dass der BF bei einer Rückkehr in das Herkunftsland emotional und praktisch betrachtet sich nicht mehr zurechtfinden würde. Der BF habe den Großteil seines bisherigen Lebens in Indien verbracht. Es könne somit nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in eine existenzielle Notlage geraten würde. Es sei vielmehr auf Grund seines Alters, Gesundheitszustandes, Sprachkenntnisse, familiärer und sozialer Anknüpfungspunkte davon auszugehen, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine Basisversorgung und Schutzwürdigkeit seines Privatlebens sichergestellt habe.

Feststellungen zu einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den alleinstehenden, gesunden und arbeitsfähigen BF bedürfe es daher nicht.

Rechtlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF eine Verfolgung seiner Person oder eine wohlbegründete Furcht vor einer Verfolgung oder die Duldung einer solchen durch staatliche Behörden, sowie von Dritten in keinster Weise glaubhaft machen habe können.

Zu seiner individuellen Situation werde ausgeführt, dass er ein gebildeter junger Mann sei. Er würde über Schulbildung verfügen und sei zuletzt als Verkäufer tätig gewesen. Es sei ihm deshalb zumutbar selbst für sein Auslangen zu sorgen. Da in diesem Punkt keine Hinweise auf eine maßgebliche Änderung der Umstände vorliegen würden, könne nicht festgestellt werden, dass den BF im Falle einer Rückkehr nach Indien die Befriedigung seiner primären Lebensbedürfnisse nicht möglich sei. Zudem sei auch darauf hinzuweisen, dass der BF an keine schwerwiegenden, nicht in Indien behandelbar Krankheit leiden würde. Es sei davon auszugehen, dass der BF sich im Falle einer Rückkehr zumindest auf bescheidenen Niveau eine neue Existenz aufbauen könne und ihm keinesfalls die völlige Entziehung seiner Existenzgrundlage drohen würde. Der BF würde die kulturellen und sozialen Gepflogenheiten in seinem Herkunftsland kennen und würde die dort verwendeten Sprachen Punjabi und Hin di beherrschen.

Zu Spruchpunkt III. wurde rechtlich im Wesentlichen ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des BF nicht davon auszugehen sei, dass dieser im Falle einer Beendigung des Aufenthaltes in Österreich in eine der dauerhaft aussichtslose Lage gedrängt werden würde, die ihm eine Rückkehr unzumutbar erscheinen lassen würde. Es könne auch nicht erkannt werden, dass der BF bei einer Rückkehr in das Herkunftsland emotional und praktisch betrachtet nicht mehr sich zurechtfinden würde. Immerhin habe der BF den Großteil seines bisherigen Lebens in Indien verbracht. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF im Falle einer Rückkehr in eine existenzielle Notlage geraten würde. Es sei vielmehr aufgrund seines Alters, Gesundheitszustandes, Sprachkenntnisse, Auslandserfahrung, Bildung, Arbeitsfähigkeit, Flexibilität, familiärer und sozialer Anknüpfungspunkte, der Zumutbarkeit der zumindest vorübergehenden Inanspruchnahme internationale Hilfe, sowie in eventu der Unterstützung durch seine Freunde und Bekannte in Österreich festzustellen, dass im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstadt seine Basisversorgung und die schutzwürdige seines Privatlebens sichergestellt sei. (Spruchpunkt III).

4. Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde vom XXXX wurde der verfahrensgegenständliche Bescheid vollinhaltlich wegen mangelhafter Verfahrensführung sowie inhaltlich falscher Entscheidung angefochten und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Eingangs wurden die verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich § 16 Abs. 1 BFA-VG erläutert.

Zum Fluchtvorbringen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF Indien im XXXX verlassen und zu seinen Eltern nach Syrien gezogen sei, nachdem er von einem anderen Onkel namens XXXX bedroht und geschlagen worden sei. Grund dafür sei gewesen, dass mit Erreichen der Volljährigkeit die Ländereien seines Vaters in Indien durch Notariatsakt in das Eigentum des BF übergegangen seien und der gewalttätige Onkel sich diese aneignen habe wollen.

Nach dem Eigentumserwerb im Jahr XXXX habe XXXX zunächst versucht den BF dazu zu bewegen bei ihm zu wohnen, um an Einfluss zu gewinnen. Nachdem der BF dies abgelehnt habe, habe der Onkel begonnen ihn zunehmend zu bedrohen. Im Jänner XXXX habe sich XXXX am Tag des Lohri Festes zusammen mit dessen Sohn und drei weiteren Freunden abends gegen 17.00 -18.00 Uhr widerrechtlich Zugang zum Haus des Onkels XXXX verschafft. Dort hätten sie ohne Vorwarnung begonnen auf den BF, dessen Tante und Onkel einzuschlagen. Nach längstens einer Dreiviertelstunde seien sie wieder verschwunden. Sie hätten dem BF gesagt, dass sie wiederkommen und ihn töten würden, soweit er nicht bereit sein würde die Grundstücke seinem Onkel XXXX zu überlassen.

Nach dem Überfall habe der BF die Polizei aufgesucht und bereits zum zweiten Mal Anzeige erstattet. Die Polizei habe sich jedoch beide Male nicht veranlasst gesehen Hilfe zu leisten. XXXX sei in seinem Distrikt ein einflussreicher Mann und Mitglied der regierenden Partei Akali Dal. Er missbrauche seine Macht, um sich durch Schlagen, Drohen und Töten persönliche Vorteile zu verschaffen.

Die genannte Partei sei in ganz Indien tätig und mit den anderen Parteien gut vernetzt. Aus Furcht davor auch in anderen Teilen Indiens gefunden und getötet zu werden, habe der BF das Land verlassen und sei zu seinen Eltern nach Syrien geflüchtet.

Der Grund für die widersprüchlichen Angaben zu den Namen der verschiedenen Onkel des BF sei auf Missverständnisse des Dolmetschers zurückzuführen. Tatsächlich habe der BF bereits in der Einvernahme versucht diese Fehler aufzuklären. Soweit bemängelt werden würde, dass zwischen Freunden und Onkel nicht genau differenziert worden sei, würde darauf aufmerksam gemacht werden, dass dies auch eine kulturelle Besonderheit sein könne, zumal auch in Österreich gute Freunde den Kindern gegenüber als "Onkel" und "Tante" genannt werden würden. Es könne keine Rede davon sein, dass die Fluchtgeschichte zu wenig detailreich und zu oberfächlich gewesen sei.

Mit den völlig veralterten Länderberichten habe sich die belangte Behörde inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Unbeachtet habe die Behörde das Vorbringen des BF gelassen, wonach seine Anzeige gegen den Onkel bei der Polizei ergebnislos verlaufen sei, weil sich die Polizei in korrupter Weise habe bestechen lassen. Die Länderberichte würden diesbezüglich massive Probleme Indiens mit der Korruption aufweisen. Das Vorbringen des BF decke sich mit den Länderfeststellungen.

Der BF habe in der vorliegenden Beschwerde bereits begründet, dass sein Vorbringen wohl glaubwürdig gewesen und eine Gefährdung seiner Person daher gegeben sei. Er würde von seinem Onkel und dessen Anhängern verfolgt und mit dem Tode bedroht, weil er sich dessen Land aneignen habe wollen. Die Bedrohung auf Grund des Merkmals der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie sei GFK-relevant.

Die Bedrohung gehe durch private Akteure aus. Es sei eine weitere Voraussetzung, dass keine Abhilfe durch den Staat erwartet werden könne. Es sei nicht mit hinreichender Sicherheit gesagt, dass der indische Staat Schutz gegen die Verfolgung des BF gewähren würde. Festzuhalten sei, dass die belangte Behörde einen Schutz durch staatliche Strukturen erst gar nicht geprüft habe, da dem Fluchtvorbringen von vornherein zu Unrecht die Glaubwürdigkeit abgesprochen worden sei.

5. Am 10.04.2019 teilte der BF nach Zustellung der Ladung für eine Verhandlung am 21.06.2019 und Aufforderung der Vorlage der Umsatz-, und Einkommenssteuerbescheide für das Jahr 2016, 2017, 2018 mit, dass die Bescheide nicht vorgelegt werden könnten, da diese noch in Bearbeitung sein würden.

6. Am XXXX teilte die den BF vertretene kirchliche Einrichtung mit, dass man die Ladung für die Verhandlung am XXXX erhalten und dem Klienten weitergeleitet habe. Trotz Fristsetzung bis zum XXXX habe sich der BF nicht gemeldet. Es würde davon ausgegangen werden, dass der BF keine weitere Vertretung wünschen würde und würde die erteilte Vollmacht vom XXXX zurückgelegt werden.

7. Am XXXX fand vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung statt. Diese wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.

8. Am XXXX wurde dem BF eine Ladung für eine neuerliche Verhandlung vor dem BVwG für den XXXX zugestellt. Gleichzeitig wurde der BF neuerlich aufgefordert die Einkommens-, bzw. Umsatzsteuerbescheide für das Jahr 2016, 2017, 2018 innerhalb einer Frist von 10 Tagen dem BVwG vorzulegen. Gleichzeitig wurden die aktuellen Länderberichte zu Indien übermittelt.

8. Am XXXX fand vor dem BVwG eine neuerliche Verhandlung im Beisein der nunmehr wieder den BF vertretenen kirchlichen Einrichtung statt, welche folgenden Verlauf nahm:

(.......)

R: Was ist Ihre Muttersprache?

BF: Punjabi.

R an die Dolmetscherin: In welcher Sprache übersetzen Sie für den Beschwerdeführer?

D: Punjabi.

R befragt den Beschwerdeführer, ob er die Dolmetscherin gut verstehe, dies wird bejaht.

R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser geistig und körperlich in der Lage ist der heutigen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen. Nun wird der Beschwerdeführer befragt, ob er gesund ist oder ob bei ihm (Krankheiten) und /oder Leiden vorliegen. Diese Fragen werden vom Beschwerdeführer dahingehend beantwortet, dass keine Hindernisgründe oder chronische Krankheiten und Leiden vorliegen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.

BF: Mir geht es gut und ich leide an keinen Krankheiten.

Dem Beschwerdeführer wird dargelegt, dass er am Verfahren entsprechend mitzuwirken hat bzw. auf die Fragen wahrheitsgemäß zu antworten hat. Andernfalls dies sich entsprechend im Erkenntnis im Bundesverwaltungsgerichtes auswirken würde.

R: Haben Sie noch neue Beweismittel, die Sie beim BFA oder bzw. bei der Polizei noch nicht vorgelegt haben?

BF: Nein, zum Fluchtvorbringen habe ich keine Beweismittel mehr.

(..........)

R: Sprechen Sie Deutsch?

BF: Nicht viel, nur ein wenig.

R (auf Deutsch): Haben Sie schon einen Deutschkurs besucht?

BF (auf Deutsch): Nein.

R (auf Deutsch): Seit wann sind Sie in Österreich?

BF (auf Punjabi): Wie lange bin ich in Österreich?

BF (auf Deutsch): Vier Jahre.

R (auf Deutsch): Seit welchem Jahr?

BF (auf Deutsch): Seit XXXX .

R (auf Deutsch): Beschreiben Sie mir einen typischen Alltag, vom Aufstehen, bis zum Zubettgehen.

BF (auf Punjabi): Was sagt er?

R (auf Deutsch): Gehen Sie in Österreich arbeiten?

BF (auf Deutsch): Ja, selbstständig arbeiten, seit XXXX .

R (auf Deutsch): Haben Sie dafür eine entsprechende Bewilligung?

BF (auf Punjabi): Ich habe einen Gewerbeschein und kann selbstständig arbeiten.

Hinweis vom R: Dieser ist ruhend gestellt.

BF (auf Punjabi): Nein, ich kann arbeiten.

R (auf Deutsch): Was verdienen Sie durchschnittlich im Monat?

BF (Punjabi): Früher habe ich ca. 2.000 EUR im Monat verdient, jetzt arbeite ich mehr und jetzt verdiene ich ca. 4.500 EUR im Monat.

R (auf Punjabi): Seit wann verdienen Sie ca. 4.500 EUR im Monat?

BF (auf Punjabi): Seit April XXXX .

R (auf Punjabi): Wann haben Sie mit dieser Arbeit begonnen?

BF (auf Punjabi): Meinen Sie von Anfang an oder das, was ich jetzt mache?

R (auf Punjabi): Was Sie jetzt machen.

BF (auf Punjabi): Ich bin Paketzusteller.

R (auf Punjabi): Seit wann?

BF (auf Punjabi): Seit dem Jahr XXXX .

R (auf Deutsch): Was haben Sie vor XXXX für eine Arbeit ausgeübt?

BF (auf Punjabi): Ich verstehe es nicht.

Fragewiederholung (auf Punjabi)

BF (auf Punjabi): Vor XXXX hatte ich keinen Führerschein und konnte auch nicht arbeiten. Ich habe Hilfe von der Caritas erhalten.

R (auf Deutsch): Was machen Sie in Ihrer Freizeit, wenn Sie nicht arbeiten gehen?

BF (auf Punjabi): Ich habe das nicht verstanden.

R (auf Deutsch): Wie viele Pakete liefern Sie denn am Tag aus?

BF (auf Punjabi): Wie ich die Pakete zustelle?

Fragewiederholung (auf Punjabi)

BF (auf Punjabi): Das ist nicht fix, manchmal 20, manchmal 10.

R (auf Punjabi): Wie kommunizieren Sie mit den Leuten oder liefern Sie nur an Inder aus?

BF (auf Punjabi): Das geht, weil ich ihnen zeige, wo sie unterschreiben müssen und das wird so erledigt.

R (auf Punjabi): Sind Sie verheiratet?

BF (auf Punjabi): Nein.

R (auf Punjabi): Leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?

BF (auf Punjabi): Nein.

R (auf Punjabi): Haben Sie Kinder?

BF (auf Punjabi): Nein.

Die Verhandlung wird in Punjabi fortgesetzt.

R: Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

BF: Ich habe keine Freizeit, ich arbeite viel.

R: Sind Sie Mitglied in einem Verein, in einer Organisation oder dergleichen?

BF: Ja, ich gehe in das Fitnesscenter und in meiner Freizeit spiele ich Volleyball.

R: In einer Mannschaft?

BF: Nein, ich gehe einfach hin, wenn ich frei habe und schaue, wer spielt.

R: Haben Sie einen Freundeskreis in Österreich?

BF: Ja, einige.

R: Gehören diesem Freundeskreis auch Österreicher an?

BF: Ja.

R: Wie heißen Ihre beiden besten österreichischen Freunde?

BF: Ich habe nur einen, Walter. Er ist mein Nachbar im Haus.

R: Wie heißt er mit Familiennamen?

BF: Ich nenne ihn nur Walter.

R: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten?

BF: Nein.

R: Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

BF: Nein.

R: Haben Sie in Österreich Verwandte?

BF: Nein.

R: In der Europäischen Union?

BF: Nein.

Belehrung über Entschlagungsrecht.

R: Läuft gegen Sie ein Strafverfahren, ist ein Strafverfahren offen.

Belehrung über Entschlagungsrecht.

R: Haben Sie eine Verwaltungsstrafe begangen, zum Beispiel, zu schnell fahren?

BF: Ja, ich habe bereits welche gezahlt.

R: Welche?

BF: Wegen schnell fahren.

R: Haben Sie jemals einen anderen Aufenthaltstitel gehabt, außer der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung in Österreich?

BF: Nein, nur als Asylwerber.

R: Die Länderberichte habe ich Ihnen geschickt. Wollen Sie dazu etwas sagen?

BF: Ja. Die Länderberichte entsprechen nicht der Wahrheit. Indien erscheint für einen Außenseiter anders, als es tatsächlich ist. Auch die Medien verfälschen das wirkliche Bild. Die Mafia kann jeden schlagen und die Polizei hilft auch nicht. Weder Frauen noch Männer sind dort in Sicherheit.

R: Wann haben Sie denn Indien verlassen?

BF: XXXX .

R: Wann genau?

BF: Im Februar XXXX .

R: Wie haben Sie Indien verlassen - legal oder illegal?

BF: Ich bin nach Syrien gereist und von Syrien nach Österreich.

R: Wann sind Sie genau von Indien weggereist?

BF: Das genaue Datum weiß ich nicht, aber im Februar XXXX .

R: Sind Sie dort legal ausgereist?

BF: Nein, ich hatte weder einen Reisepass noch ein Visum. Ich habe Indien illegal verlassen.

R: Sind Sie dann, als Sie von Indien nach Syrien gereist sind, noch einmal nach Indien zurückgereist?

BF: Nein.

R: Von wo sind Sie dann von Syrien ausgereist?

BF: In Syrien habe ich in der Stadt XXXX gelebt. Meine Eltern und mein Bruder haben in Syrien gelebt und gearbeitet. Sie hatten dort ein eigenes Geschäft. Im Mai habe ich dann Syrien verlassen.

Nachgefragt: Im Jahr XXXX .

R: In welches Land sind Sie von Syrien aus gefahren?

BF: Ich bin in den XXXX gereist.

R: Wie ist es dann weitergegangen?

BF: Ich war in XXXX , dann ich bin ich gemeinsam mit vielen anderen Flüchtlingen nach Griechenland gereist.

R: Dann?

BF: Ich bin dann mit dem Zug von Griechenland nach Österreich gereist.

R: Besitzen Sie einen Reisepass?

BF: Nein.

R: Haben Sie jemals um ein Visum in einem Europäischen Land angesucht?

BF: Nein.

BF wird auf die Vorlage der Kopie des Reisepasses mit einem für Polen ausgestellten Visum hingewiesen. Der BF gibt dazu keine Stellungnahme ab.

R: Wo sind Sie geboren - in welchem Bundesstaat Distrikt und Dorf?

BF: Im Dorf XXXX .

R: Haben Sie von Geburt an bis zu Ihrer Ausreise aus Indien dort gelebt, oder auch woanders?

BF: Ich habe immer dort gelebt.

R: Wie viele Geschwister hat Ihr Vater?

BF: Mein Vater hat zwei Geschwister.

R: Männlich oder weiblich?

BF: Mein Vater hat zwei Brüder.

R: Wie heißen diese und wo wohnen diese?

BF: Meine Onkel heißen XXXX . Ich glaube, sie wohnen in Indien, aber ich weiß nicht wo.

R: Haben Sie vor Ihrer Ausreise jemals mit ihnen Kontakt gehabt?

BF: Ja, mit XXXX .

R: Was ist mit XXXX ?

BF: Nein, mit dem hatten wir Streitigkeiten.

Fragewiederholung: Wo wohnt XXXX ?

BF: In Indien, in meinem Dorf.

R: Wie weit von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Nicht sehr weit weg, ca. einen halben Kilometer.

R: Wo wohnt XXXX ?

BF: Er hat gemeinsam mit mir in meinem Elternhaus gewohnt. Das ist ein gemeinsames Haus von uns.

R: Was heißt "gemeinsames Haus"?

BF: Das heißt, es ist ein Haus von meinem Großvater und ich habe dort mit diesem Onkel und mit seiner Gattin gelebt.

R: Von Geburt an?

BF: Ja.

R: Ihre Eltern haben auch dort gewohnt?

BF: Nein, meine Eltern haben in Syrien gelebt.

R: Haben Ihre Eltern immer in Syrien gelebt?

BF: Seit ca. 14 oder 15 Jahren leben meine Eltern in Syrien.

R: Wo haben sie vorher gewohnt?

BF: In Indien.

R: Wo in Indien?

BF: In unserem Haus im Dorf.

R: Im Haus des Großvaters?

BF: Ja.

R: Hat dieser XXXX Kinder?

BF: Ja.

R: Wie viele?

BF: Ein Kind.

R: Wie viele Geschwister hat Ihre Mutter?

BF: Meine Mutter hat drei Brüder und eine Schwester.

R: Wo wohnen diese?

BF: Ich weiß es nicht, vielleicht wohnen sie in ihren Dörfern.

R: Was heißt "in ihren Dörfern", wo in ihren Dörfern?

BF: Im Distrikt XXXX .

R: Wo genau?

BF: Das Dorf heißt XXXX .

R: Wie geht es Ihrem Onkel XXXX ?

BF: Ich habe Indien wegen ihm verlassen, weil er mit mir verfeindet ist.

R: Wie geht es XXXX ?

BF: Als ich in Indien war, ging es ihm gut, jetzt weiß ich es nicht.

R: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt mit XXXX ?

BF: Als ich in Syrien war, habe ich den letzten Kontakt mit ihm gehabt.

R: Wann haben Sie dann begonnen, im indischen Nationalteam für Volleyball zu spielen?

BF: Seit meiner Schulzeit.

R: Sie haben gesagt, Sie haben im indischen Nationalteam für Volleyball gespielt. Wann war denn das?

BF: Als ich 17 Jahre alt war, habe ich damit begonnen.

R: Wie lange haben Sie im indischen Nationalteam gespielt?

BF: Zwei Jahre.

R: Wo haben Sie sonst gespielt, in welcher Liga, wenn Sie nicht im Nationalteam waren?

BF: Nur da, sonst nirgends.

R: Sie haben nur im Nationalteam gespielt?

BF: Ich habe nur innerhalb von Indien gespielt.

R: Wo haben Sie gespielt, wenn Sie nicht im Nationalteam gespielt haben?

BF: Mit der Schulmannschaft.

R: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie?

BF: Ich habe 12 Jahre die Schule besucht und danach habe ich in der Landwirtschaft gearbeitet.

R: Wie lange haben Sie in der Landwirtschaft gearbeitet?

BF: Zwei, drei Jahre.

R: Wie haben Sie das mit dem Sport gemacht, wenn Sie im Nationalteam waren?

BF: Ich habe jeden Tag ein bis zwei Stunden trainiert.

R Wie haben Sie es sonst vereinbart, wenn Sie im Nationalteam waren, außer dem Training?

BF: Wir haben jeden Tag trainiert und wenn es Turniere gegeben hat, habe ich gespielt.

R: Wenn Sie sagen, Sie hätten trainiert, wo hat das Nationalteam der indischen Volleyballer trainiert?

BF: Unser Trainier hat uns in unserer Schule trainiert.

R: Wo trainiert das indische Nationalteam, in Ihrer Schule?

BF: Die Besten von der Schule wurden gewählt, dann wurden die Besten vom Bezirk gewählt und dann wurden die Besten vom Bundesstaat gewählt und dann haben wir zuletzt in XXXX trainiert.

R: In welchem Jahr haben Ihre Eltern Indien verlassen?

BF: Ich war damals fünf Jahre alt.

R: Bei wem haben Sie dann gewohnt, ab dem Zeitpunkt, an dem Ihre Eltern Indien verlassen haben?

BF: Bei meinem Onkel XXXX .

R: Wo hat der gewohnt?

BF: In unserem Elternhaus im Dorf.

R: Im Haus des Großvaters?

BF: Ja.

R: War der dann für Sie verantwortlich, war er der Obsorgeberechtigte?

BF: Ja.

R: Wie lange haben Sie bei dem gewohnt?

BF: Von meinem fünften Lebensjahr an, bis zum Jahr XXXX .

R: Wie alt waren Sie da?

BF: Ich bin XXXX geboren, also war ich ca. 23 Jahre alt.

R: Wie alt waren Sie, als Sie Indien verlassen haben?

BF: Ich kann mich nicht erinnern.

R: Was würden Sie befürchten, wenn Sie nach Indien zurückkehren müssten?

BF: Ich habe Indien wegen meines Onkels XXXX verlassen und ich habe Angst vor ihm. Sein Sohn heißt XXXX und ich habe auch Angst vor ihm.

R: In welchem Monat haben Sie denn Indien verlassen?

BF: Februar.

R: In welchem Jahr?

BF: XXXX .

R: Ihre RV sagt mir, dass Sie im Jahr XXXX Indien verlassen hätten.

BF: Nein, das stimmt nicht. Am XXXX gab es einen Streit und im XXXX habe ich Indien verlassen.

R: Was hat es da für einen Streit gegeben?

BF: Es gab Streit wegen eines Grundstücks. XXXX wollte mir das Land wegnehmen und daher gab es einen Streit.

R: Können Sie mir das genau beschreiben?

BF: Wie gesagt, habe ich bei meinem Onkel XXXX gewohnt, als meine Eltern nach Syrien gegangen sind. Bis zu meinem 18. Lebensjahr war alles in Ordnung. Danach wollte mein anderer Onkel, XXXX , dass ich die Grundstücksdokumente an ihn übergebe. Ich wollte das nicht unterschreiben und da fing er an, mich zu schikanieren und zu schlagen. Ich habe das meinem Vater erzählt und er holte mich zu sich nach Syrien.

R: Wann hat er denn begonnen, Sie zu schikanieren und zu schlagen, in welchem Jahr?

BF: Im Jahr XXXX .

R: Anfang oder Ende XXXX ?

BF: So genau weiß ich es nicht, aber die Lage spitzte sich XXXX zu. Er wollte mich umbringen.

R: Was ist denn da genau passiert und wann ist es passiert?

BF: Wie gesagt, XXXX fing bereits im Jahr XXXX an, mich zu schikanieren. Ich habe mich auch mehrmals an die Polizei gewandt, aber da er gute politische Kontakte zu der Akali Dal-Partei hatte, wurde er nicht zur Rechenschaft gezogen. Am XXXX gab es das Lori-Fest. Er war ziemlich betrunken und kam zu mir, mit der Absicht, mich zu umzubringen. Durch die Intervention der anderen Dorfleute wurde das verhindert. Danach bekamen meine Eltern Angst um mein Leben und holten mich zu sich nach Syrien.

R: Beschreiben Sie genau, was an dem Tag des Lori-Festes passiert ist.

BF: Es war ca. 20:00 Uhr am Abend, ich war zu Hause. Dieser Onkel, sein Sohn und weitere Handlanger des Sohnes sind zu uns gekommen. Sie hatten Schwerter und Messer bei sich. Das besagte Land, um das es ging, ist ca. 100.000 EUR wert. Das ist viel Geld in Indien. Diese Leute wollten mich umbringen, damit sie das ganze Land für sich haben können. Deswegen musste ich flüchten, um mein Leben zu retten.

R: Was ist genau passiert, als man versucht hat, Sie umzubringen?

BF: Wie gesagt, es war der XXXX . Es war das Lori-Fest. Diese Männer sind am Abend zu uns nach Hause gekommen. Sie haben auch Stöcke neben den Schwertern und Messern gehabt. Sie fingen an, mich zu schlagen und haben auch meinen Onkel und meine Tante geschlagen. Sie wollten mich umbringen, aber dann haben die Passanten interveniert und sie sind geflüchtet.

R: Wo hat sich das Ganze abgespielt, wenn Sie sagen, die Passanten hätten interveniert?

BF: Im Vorhof des Hauses.

R: Wieso hätte er vor denen Angst haben sollen, dass er damit aufhört?

BF: Die Passanten haben interveniert.

R: Hat er sich von den Passanten abschrecken lassen?

BF: Ja.

R: Wie viele Personen sind denn an diesem Tag zu Ihnen gekommen?

BF: Der Onkel, sein Sohn und noch weitere vier, fünf Personen.

R: Haben Sie die anderen vier, fünf Personen gekannt?

BF: Nein.

R: In Ihrem Schriftsatz vom XXXX schreiben Sie, dass sich der Vorfall bereits um 17:00 bzw. 18:00 Uhr ereignet hätte, und nicht, wie Sie heute sagen, um 20:00 Uhr und dass Ihr Onkel mit Ihrem Cousin und drei weiteren Personen und nicht, wie Sie sagen, vier oder fünf weiteren Personen, erschienen wäre.

BF: So genau kann ich das nicht sagen, weil das schon länger her ist. Ich weiß nur, dass ich zu Hause war, als diese Leute gekommen sind. Dann sind noch weitere Personen dazugekommen.

R: Ab wann hat denn Ihr Onkel versucht, durch Sie in den Besitz dieses Grundstückes zu kommen?

BF: Als ich 18 wurde, fing er an, mich zu schikanieren, damit ich ihm das Grundstück überschreiben soll.

R: Hat er von Anfang an versucht, Sie zu schikanieren?

BF: Nein.

R: In welchem Jahr hat er begonnen, Sie zu schikanieren?

BF: XXXX .

R: Wann sind Sie in den Besitz dieses Grundstückes gekommen, in welchem Jahr?

BF: Wenn jemand 18 Jahre alt wird, bekommt diese Person automatisch das Grundstück.

Fragewiederholung

BF: Nach dem Jahr XXXX .

R: Wann XXXX ?

BF: So genau weiß ich es nicht.

R: Anfang, Mitte oder Ende des Jahres?

BF: Mitte des Jahres.

R: Wie ist das abgelaufen, dass Sie in den Besitz dieses Grundstückes gekommen sind?

BF: Das Grundstück gehörte meinem Großvater und er hat in seinem Testament geschrieben, dass, wenn ich und mein Bruder 18 Jahre alt werden, wird das Land je zur Hälfte unter uns aufgeteilt. Da mein Bruder in Syrien war, fing mein Onkel an, mich zu schikanieren.

R: Wem gehört das Grundstück jetzt?

BF: Das Grundstück gehört nach wie vor mir.

R: Ihrem Bruder nicht mehr?

BF: Sein Teil gehört ihm und mein Teil gehört mir.

R: Wie ist es abgelaufen, dass Sie in den Besitz dieses Grundstückes gekommen sind?

BF: Mein Großvater hat zu seinen Lebzeiten bereits alle Unterlagen unterschrieben und veranlasst, dass ich Herr des Grundstückes werde, wenn ich 18 Jahre alt bin.

R: Wie ist das jetzt vor sich gegangen?

BF: Ich musste nichts machen.

R: Wie ist das dann vor sich gegangen, wenn Sie passiv waren und nichts machen mussten?

BF: Wie meinen Sie das?

R: Ihr Großvater hat ein Testament gemacht, Sie sind 18 Jahre geworden. Was ist dann passiert?

BF: Mein Onkel XXXX hat gesagt, dass das Land jetzt mir gehört und das war der Grund, warum der Onkel XXXX , mich schikaniert hat.

R: Ist Ihnen das Grundstück nur mündlich übertragen worden oder hat es dafür eine Verfügung gegeben?

BF: Mein Onkel XXXX hat alle Unterlagen.

Fragewiederholung

BF: Mein Onkel hat mir das nur mündlich gesagt und als mit der Schule fertig war, fing ich an, auf diesem Grundstück zu arbeiten.

R: Hat Ihr Onkel, bevor er versucht hat, Druck auf Sie auszuüben, vorher anderweitig versucht, in den Besitz dieses Grundstückes zu kommen? Hat er das von Anfang mit diesem Druck versucht?

BF: Er hat immer nur versucht mich unter Druck zu setzen.

R: Sie sagen im Schriftsatz vom XXXX , dass Ihr Onkel zunächst versucht hätte, Sie zu bewegen, bei ihm zu wohnen, um Einfluss auf Sie zu gewinnen. Heute sagen Sie, er hätte immer versucht, Sie unter Druck zu setzen. Was sagen Sie dazu?

BF: Als ich 18 Jahre alt geworden bin, das war XXXX , fing er an, mich unter Druck zu setzen. Davor war er lieb zu mir.

R: Hat es vor diesem Vorfall bei diesem Lori-Fest noch andere Vorfälle gegeben?

BF: Auch vor dem Lori-Fest gab es Vorfälle, wo sie mich bedroht haben bzw. auch geschlagen haben. Aber am Lori-Fest wollten sie mich umbringen.

R: Wie oft waren denn diese Vorfälle, als Sie geschlagen und bedroht wurden?

BF: Das war unzählige Male, ich kann nicht genau sagen, wie oft.

R: Was heißt Ihrer Definition nach "unzählige Male"?

BF: Ich schätze, fünf- bis siebenmal im Jahr.

R: Welche Vorkehrungen haben Sie denn getroffen, nachdem Sie jedes Mal geschlagen worden sein sollen?

BF: Ich habe nichts gemacht.

R: Haben Sie jemals vor diesem Vorfall vor dem Lori-Fest versucht, sich in irgendeiner Art und Weise zu wehren?

BF: Ich bin mit meinem anderen Onkel zur Polizei gegangen und habe versucht, eine Anzeige zu erstatten. Die Polizei hat alles aufgenommen, aber nichts unternommen.

R: War der Onkel, der Sie bedroht hat, Mitglied einer politischen Partei?

BF: Ja, Akali Dal.

R: Wie oft haben Sie eine Anzeige erstattet?

BF: Jedes Mal, als sie uns gekommen sind, waren wir danach bei der Polizei.

R: Haben Sie da jedes Mal eine Anzeige erstattet?

BF: Ja.

R: Über welchen Zeitraum ist das gegangen?

BF: Von XXXX .

R: Haben Sie außer, dass Sie bei der Polizei gewesen sein sollen, noch andere Dinge gemacht, um diesen Bedrohungen aus dem Weg zu gehen?

BF: Nein, ich habe nur von der Polizei Hilfe erbeten. Aber die Polizei stand unter dem Einfluss seiner politischen Partei. Deswegen hat es nie aufgehört.

R an RV: Haben Sie eine Frage an den BF?

RV: Nein.

R an RV: Wollen Sie eine abschließende Stellungnahme abgeben?

RV: Im gegenständlichen Fall befürchtet der BF Verfolgung aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten. Die Schutzunfähigkeit bzw. Schutzunwilligkeit der indischen Behörden ist bekannt und darüber hinaus auch aus aktuellen Länderberichten ersichtlich. Hierzu möchte ich die ACCORD-Anfragebeantwortung vom August 2017 (wird als Beilage ./G in Kopie zum Akt genommen) betreffend Informationen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten in Punjab vorlegen, laut dieser Grundstücksstreitigkeiten immer wieder zu Gewalt, auch zu Mord führen würden. Weiters lege ich eine ACCORD-Anfragebeantwortung vom September 2016 (wird als Beilage ./H in Kopie zum Akt genommen) zum Verhalten der Polizei bei familiären Grundstücksstreitigkeiten vor, aus der hervorgeht, dass die indische Polizei an gravierenden Menschenrechtsverletzungen beteiligt ist, Korruption weit verbreitet ist und polizeiliches Fehlverhalten weitgehend straflos bleibt.

(......).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person und Herkunft des BF

Der 26-jäh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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