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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz eines irakischen Staatsangehörigen; keine Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens; keine Auseinandersetzung mit der aktuellen allgemeinen Lage in MossulRechtssatz
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) stützt sich in seinem Erkenntnis zur Gänze auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen und die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides. Es trifft weder eigene (aktuelle) Länderfeststellungen im Hinblick auf die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers noch führt es eine mündliche Verhandlung durch, auf Basis deren es eigene Feststellungen bzw eine entsprechende Beweiswürdigung vornehmen hätte können.
Das BVwG hält ohne weitere Begründung (und ohne eine mündliche Verhandlung durchgeführt zu haben) pauschal fest, dass der Beschwerdeführer "keine bzw geringe Bereitschaft zeigte, wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Offensichtlich hielt [die beschwerdeführende Partei] es selbst für einen positiven Ausgang des beantragten internationalen Schutzes für abträglich hier den Tatsachen entsprechende Angaben zu machen."
Die kurz gehaltenen Ausführungen zur Unglaubwürdigkeit im Bescheid des BFA, denen sich das BVwG ausdrücklich anschließt und im Erkenntnis wörtlich wiedergibt, stellen ebenfalls keine substantiierte Begründung dar. Das BFA stützte sich im Wesentlichen darauf, dass die Angaben des Beschwerdeführers in den Einvernahmen seiner Aussage in der Erstbefragung völlig widersprechen würden. Allerdings gab der Beschwerdeführer sowohl bei der Erstbefragung als auch in den späteren Einvernahmen gleichbleibend an, vom IS gefangen genommen worden zu sein, weshalb ein "völliger Widerspruch" aus den Akten nicht erkennbar ist.
Dem Erkenntnis des BVwG sind keine näheren Länderfeststellungen zur Sicherheits- und Versorgungslage in der Herkunftsregion Mossul zu entnehmen. In der gerafften Wiedergabe der im Bescheid des BFA getroffenen Länderfeststellungen wird lediglich festgehalten, dass keine Situation willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. Demgegenüber wird es laut dem im Bescheid zitierten Länderinformationsblatt "jedoch noch lange dauern, bis in Mossul wieder so etwas wie Sicherheit herrschen wird." So würden Djihadisten hunderte Anschläge durchführen, große Teile der Stadt seien praktisch unbewohnbar und wesentliche Teile der Infrastruktur seien zerstört.
Verletzung des Art47 Abs2 EU-Grundrechte-Charta (GRC) da sich das BVwG hinsichtlich der Beurteilung der mangelnden Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens, der Möglichkeit einer Rückkehr in die Herkunftsregion Mossul sowie des Nichtvorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz ausschließlich auf die Feststellungen bzw Ausführungen des angefochtenen Bescheides stützt und keine mündliche Verhandlung zur Prüfung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers durchgeführt wurde.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Ermittlungsverfahren, Verhandlung mündliche, Entscheidungsbegründung, EU-Recht, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:E1494.2019Zuletzt aktualisiert am
06.12.2019