TE Vfgh Erkenntnis 1996/10/9 V47/96

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Veröffentlicht am 09.10.1996
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art118 Abs4
Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17.12.87
Nö PlanzeichenV §1 Abs3
Nö PlanzeichenV §3 Abs2
Nö ROG 1976 §14 Abs1
Nö ROG 1976 §22 Abs1 Z2
Nö ROG 1976 §27 Abs2

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Umwidmung bestimmter Grundstücke von Bauland in Grünland im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg; kein Verstoß gegen die Verpflichtung des Gemeinderates zur Beachtung der Nö PlanzeichenV; ausreichende Grundlagenforschung; kein rechtswidriges Abweichen des Inhalts der kundgemachten Verordnung von den vom Gemeinderat beschlossenen Festlegungen durch Austausch von Planblättern; kein Verstoß gegen das Nö ROG 1976 durch die beschlossene Rückwidmung entsprechend dem Ziel der Erhaltung der Landschaft und ihres Erholungswertes sowie im Sinne des Beitritts zur "Wienerwald-Deklaration"; keine fehlerhafte Auswahl der Grundstücke für die Rückwidmung

Spruch

Die Widmung der Grundstücke Nr. 1359 und Nr. 1361, KG Klosterneuburg, als Grünland gemäß dem, einen Teil des Flächenwidmungsplanes bildenden Plan Nr. 9/1135 in Verbindung mit §3 der Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen wurde, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. Mai 1989, Z R/1-R-243/58, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. Juni 1989 bis 29. Juni 1989, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987, ZIV/1-1335-610-1/1987/II-ROP, wurde das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen. §3 dieser Verordnung lautet:

"§3 Die Widmung bzw. Nutzung der einzelnen Grundflächen des Gemeindegebietes, welche in der vom Architekten Mag. A S verfaßten Plandarstellung vorgesehen ist, wird hiemit im Sinne der in §1 genannten Gesetzesbestimmungen festgelegt bzw. wo es sich um überörtliche Planung handelt, kenntlich gemacht. Die angeführte Plandarstellung besteht aus einem Plan im Maßstab 1:10 000 mit der Plannummer 9/1083 vom 4.7.1982 und aus 133 Blättern mit dem Maßstab 1:1000 und den Plannummern 9/881, 9/883 - 9/885 vom 2.11.1979, 9/1016 - 9/1050 vom 18.8.1981, 9/1054 - 9/1081 vom 9.3.1982, 9/1082 vom 4.7.1982, 9/1084 - 9/1090 und 9/1092 - 9/1101 vom 16.7.1982, 9/1193 - 9/1126 vom 7.10.1982, 9/1128 - 9/1145 vom 17.11.1982, 9/1156 - 9/1171 vom 12.10.1983 in der Fassung vom 17.12.1987."

Die Niederösterreichische Landesregierung hat diese Verordnung mit Bescheid vom 31. Mai 1989, Z R/1-R-243/58, genehmigt. Kundgemacht wurde sie durch Anschlag an der Amtstafel von 13. Juni 1989 bis 29. Juni 1989.

2. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine zu B750/94 protokollierte Beschwerde gegen einen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung anhängig, mit dem die Vorstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen den einem Antrag auf Erklärung der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke Nr. 1359 und Nr. 1361, KG Klosterneuburg, zu Bauplätzen gemäß §12 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. 8200, (NÖ BauO 1976), nicht stattgebenden Bescheid abgewiesen wurde. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde rügt die beschwerdeführende Gesellschaft die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm, nämlich der Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen wurde, (im folgenden: Flächenwidmungsplan).

3. Am 5. März 1996 hat der Verfassungsgerichtshof zu B750/94 gemäß Art139 Abs1 B-VG beschlossen, die Gesetzmäßigkeit der Widmung der Grundstücke Nr. 1359 und Nr. 1361, KG Klosterneuburg, als Grünland gemäß dem, einen Teil des Flächenwidmungsplanes bildenden Plan Nr. 9/1135 in Verbindung mit §3 des Flächenwidmungsplanes von Amts wegen zu prüfen.

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hegte einerseits das Bedenken, daß der Flächenwidmungsplan im Widerspruch zu §1 Abs3 der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Oktober 1977 über Planzeichen, Maßstäbe und Material des Flächenwidmungsplanes sowie der Plandarstellungen der Ergebnisse der Grundlagenforschung, LGBl. 8000/2, (Planzeichenverordnung), in einem Blatt im Maßstab 1:10000, sowie zusätzlich in 133 Planblättern im Maßstab 1:1000 verfaßt wurde, sowie im Widerspruch zu §3 Abs2 der Planzeichenverordnung die Eintragung der Daten der Genehmigung und der Kundmachung des Flächenwidmungsplanes in dessen Legende fehlt.

3.2. Ferner bezweifelte der Verfassungsgerichtshof, daß zum Zeitpunkt der Beschlußfassung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg über das örtliche Raumordnungsprogramm am 17. Dezember 1987 eine raumordnungsrechtlich gebotene Grundlagenforschung vorlag, aus der sich die Rückwidmung der Grundstücke Nr. 1359 und 1361, KG Klosterneuburg, von Bauland zu Grünland erklären ließe. Er ging vorläufig davon aus, daß die einschlägigen im Erläuterungsbericht zum örtlichen Raumordnungsprogramm enthaltenen Ausführungen erst nach dem Beschluß des Gemeinderates verfaßt wurden.

Insbesondere vermutete er in diesem Zusammenhang den Austausch von 21, einen Bestandteil der beschlossenen Verordnung bildenden Planblättern im Jahre 1988 als rechtswidrig, soweit dadurch möglicherweise eine Abweichung der kundgemachten Verordnung von der am 17. Dezember 1987 beschlossenen bewirkt wurde.

3.3. Desweiteren hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß die Umwidmung der Grundstücke der beschwerdeführenden Gesellschaft aus zwei weiteren Gründen rechtswidrig sei: Zum einen bezweifelte er, daß die präjudizielle Umwidmung im Flächenwidmungsplan die raumordnungsrechtlich gebotene Korrelation zu den im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegten Planungszielen aufweist. Zum anderen hegte der Verfassungsgerichtshof vorläufig das Bedenken, daß die Auswahl der Grundstücke der beschwerdeführenden Gesellschaft unter den für eine Umwidmung in Betracht kommenden Grundstücken ohne entsprechende, auf die konkrete Situation jener Grundstücke bedachtnehmende Interessenabwägung vorgenommen wurde und dabei insbesondere keine hinreichenden Erwägungen über etwaige, durch die Umwidmung ausgelösten Entschädigungsansprüche angestellt wurden.

4. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg hat eine Äußerung im Verfahren erstattet, in der er die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes verteidigt.

Nach Ansicht des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg sei "die Verwendung des Planmaßstabes 1:1000 für den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ... eine Bessererfüllung gegenüber den im Gesetz normierten Mindeststandards".

Weiters sei die "Wienerwald-Deklaration" - auch wenn diese im §2 des Flächenwidmungsplanes nicht dezidiert enthalten ist - sehr wohl eine leitende Zielvorstellung bei der Beschlußfassung gewesen. Der "Beschluß der Wienerwald-Deklaration am 8.5.1987 und der Beschluß des Flächenwidmungsplanes am 17.12.1987 (stünden) nicht nur in zeitlichem, sondern auch in inhaltlich untrennbarem Zusammenhang". Dies ergebe sich eindeutig aus den Wortmeldungen in der Gemeinderatssitzung, die in den Protokollen "leider nur stark verkürzt dokumentiert sind".

Die von der Planungsgemeinschaft Ost dem Gemeinderat vorgelegte "Wienerwald-Deklaration" habe deutlich gemacht, wie groß der Handlungsbedarf zur Beschlußfassung eines neuen Flächenwidmungsplanes gewesen sei. Diverse Eingaben bei der Stadtgemeinde, Protestversammlungen und Medienberichte hätten schon vor der Auflage des Flächenwidmungsplans zu einer regen politischen Diskussion in der Widmungsfrage "Stegleiten" geführt.

Die eingehenden Stellungnahmen zum Entwurf des Flächenwidmungsplanes hätten in der Folge zusätzlich den Handlungsbedarf zur Erhaltung dieser charakteristischen Landschaft verdeutlicht. Eine Unterschriftenliste gegen die Baulandwidmung der gegenständlichen Grundstücke in Stegleiten sei allein von ungefähr 1000 Bürgern unterschrieben worden. Ausschlaggebend für den Gemeinderat, eine Rückwidmung der Grundstücke der beschwerdeführenden Gesellschaft durchzuführen, sei aber schließlich gewesen, daß "die Stegleitenwiese die einzige verbleibende, durchgehend grüne und unbebaute Erholungsfläche, welche vom Kierlingbach bis zum Ölberg reicht und somit den letzten zusammenhängenden Grünkeil im Kierlingtal" bilde. Dieser Grünkeil liege darüberhinaus unmittelbar neben dichtverbautem Gebiet und bilde daher die dafür notwendige Erholungsfläche. Weiters liege diese Wiesenlandschaft im Einzugsbereich der bereits naturgeschützten Wunderlallee und präge das Landschaftsbild in diesem Bereich des Wienerwaldes. In diesem Abschnitt des Kierlingtales gebe es keine andere vergleichbare naturräumliche Situation, die einen derartigen Erholungseffekt biete und gleichzeitig das Landschaftsbild charakteristisch präge.

Eine Interessenabwägung hätte daher nur dahingehend vorgenommen werden können, "ob diese für den Wienerwald charakteristische Landschaft in dieser Form erhalten bleiben soll, oder nicht". Es habe nämlich keinerlei Möglichkeit gegeben, "den gewünschten Effekt durch Heranziehung von Ersatzgrundstücken zu erreichen, da es solche Ersatzgrundstücke unbebaut nicht gibt".

Der Gemeinderat sei sich auch "voll bewußt" gewesen, "daß aufgrund der getroffenen Festlegungen erhebliche Entschädigungsansprüche entstehen" würden. Die "zwingende Folge davon war, daß der Voranschlag und Rechnungsabschluß für 1989 ATS 5 Millionen für Entschädigungen vorsah. Die Voranschläge von 1990 bis 1996 sehen durchwegs ATS 12 Millionen für allfällige Entschädigungen vor."

5. Auch die Niederösterreichische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet.

5.1. Zum Bedenken, daß der Flächenwidmungsplan im Widerspruch zur Planzeichenverordnung erlassen wurde, meint die Niederösterreichische Landesregierung, daß der im gegenständlichen Fall gewählte Maßstab 1:1000 "wegen der größeren Genauigkeit einen höheren Informationsgehalt" vermittelt. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg habe diesen Maßstab gewählt, weil es zu diesem Zeitpunkt als "das geeignetste Kartenwerk ... angesehen wurde und die Pläne überdies eindeutig les- und interpretierbar sind". Die Niederösterreichische Landesregierung gehe davon aus, daß durch §1 Abs3 der Planzeichenverordnung gewisse Mindestanforderungen hinsichtlich Präzision und Aussagekraft von Flächenwidmungsplänen festgelegt würden, die es jedoch nicht ausschließen, einen genaueren Maßstab zu benützen. Dieser Grundsatz könne aus der Verwendung des Wortes "grundsätzlich" im §1 Abs3 Planzeichenverordnung abgeleitet werden. Die gemäß §3 Abs2 Planzeichenverordnung geforderten Formvorschriften hätten weiters bloß deklarativen Charakter. Deren Nichteinhaltung könne daher keine inhaltliche Rechtswidrigkeit begründen. Die Vermerke im Text der Verordnung selbst würden nach Meinung der Niederösterreichischen Landesregierung die an sich gebotene Eintragung jener Daten in die Legende des Flächenwidmungsplanes ersetzen.

5.2. Die Niederösterreichische Landesregierung ist weiters der Meinung, daß für die vorliegende Flächenwidmungsplanänderung eine wesentliche Änderung der Grundlagen im Sinne des §22 Abs1 Z2 NÖ ROG 1976 vorliege:

Der vereinfachte Flächenwidmungsplan aus dem Jahre 1966 einschließlich der seither durchgeführten Änderungen sei durch das am 17. Dezember 1987 beschlossene örtliche Raumordnungsprogramm ersetzt worden. Allein aus der zwischen 1966 und 1987 eingetretenen Entwicklung hätten sich geänderte Beurteilungsgesichtspunkte in der Einschätzung der Siedlungstätigkeit, der Verkehrsverhältnisse, der infrastrukturellen Anforderungen, des Orts- und Landschaftsbildes und ihrer Wertigkeiten im Planungsprozeß ergeben.

Im konkreten Fall sei festzustellen, daß im gesamten Kierlingbachtal, beginnend von Gugging über Kierling bis zum Kierlinger Bahnhof in der KG Klosterneuburg, an keiner anderen Stelle ein derart großer unverbauter Bereich, der sich von der Hangzone des Ölberges bis herunter in das Siedlungsgebiet von Kierling an den Kierlingbach erstreckt, vorhanden sei. Dieser Bereich sei ohne besondere Grundlagenerhebungen augenscheinlich für jedermann nach den Erfahrungen des täglichen Lebens als freier Landschaftsraum in seiner exponierten Lage zu erkennen. Diese Gegebenheiten seien dem Gemeinderat im Zeitpunkt der Beschlußfassung bekannt gewesen und bildeten hiefür eine wesentliche Grundlage.

Gemäß §2.2.1 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987 sei es oberstes Ziel des örtlichen Raumordnungsprogrammes, das gesamte Gemeindegebiet als geeigneten Lebensraum für die ansässige Bevölkerung zu erhalten und zu gestalten, wobei die Landschaft und ihre Erholungswerte erhalten bleiben sollten. In diesem Ziel sei der Planungswille des Gemeinderates zur Erhaltung der Landschaft und ihres Erholungswertes ausdrücklich festgelegt.

Es sei davon auszugehen, daß eine "wesentliche Hintergrundüberlegung für die erfolgte Rückwidmung" die "Wienerwald-Deklaration" war. Dies ergebe sich aus dem vor der gegenständlichen Flächenwidmungsplanänderung erfolgten Beschluß des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 8. Mai 1987 betreffend den "Beitritt zur Wienerwald-Deklaration".

5.3. Zum Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf die Auswahl der Grundstücke hält die Niederösterreichische Landesregierung fest, "daß die Auswahl der Grundstücke für die Rückwidmung durch die örtlichen Gegebenheiten vorherbestimmt" war. Es handle sich bei den gegenständlichen Grundstücken um einen "letzten Grünstreifen", dessen Erhaltung zur Erreichung der beschriebenen Ziele erforderlich ist.

5.4. Weiters habe die Stadtgemeinde Klosterneuburg auch die erforderliche Interessenabwägung durchgeführt. Dies ergebe sich nach Ansicht der Niederösterreichischen Landesregierung aus einem Aktenvermerk über eine Besprechung vom 28. Oktober 1988, R/1-R-243/249, einem Schreiben der Abteilung R/1 vom 22. Dezember 1988, R/1-R-243/250, einem Schreiben der Abteilung II/1 vom 13. Dezember 1988, R/1-R-243/253, und einem Gutachten der Abteilung R/2 vom 10. Jänner 1989, R/1-R-243/255. Darin werde dokumentiert, daß sich der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg vor Beschlußfassung mit den gegensätzlichen Interessen, insbesondere mit möglichen Entschädigungsfragen, auseinandergesetzt hat.

5.5. Zum Austausch von 21, einen Bestandteil der beschlossenen Verordnung bildenden Planblättern im Jahr 1988 wird festgehalten, daß damit jedenfalls keine inhaltliche Änderung der vom Gemeinderat beschlossenen Festlegungen erfolgt sei. Es handle sich hiebei um "bloße Fehlerkorrekturen sowie Ergänzungen, die notwendig waren, weil durch den Gemeinderat am 17.12.1987 umfangreiche Änderungen aufgrund der eingelangten Stellungnahmen vorgenommen und beschlossen wurden". Die Landesregierung habe im Zuge des Genehmigungsverfahrens festgestellt, daß die vorgelegten Pläne nicht allen vom Gemeinderat vorgenommenen und beschlossenen Änderungen entsprechen. Der Austausch der Planblätter sei somit zur Kundmachung des Gemeinderatsbeschlusses erforderlich gewesen.

6. Die beschwerdeführende Gesellschaft des Anlaßverfahrens wies in einer "Mitteilung" vom 30. April 1996 darauf hin, daß "die von der Rückwidmung betroffene Fläche nicht (wie in der Beschwerde auf Seite 24 fälschlich zitiert) 133.000 m2 (betrug), sondern ... im Planungsverfahren 1987 ca. 137 ha, also 1,370.000 m2, wobei aber andererseits 59 ha (590.000 m2) von Grünland in Bauland umgewidmet wurden ...".

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat - ebenso wie die Niederösterreichische Landesregierung bei Erlassung ihres zu B750/94 angefochtenen Bescheides - bei seiner Entscheidung über die dagegen eingebrachte zulässige Beschwerde die oben angeführten Widmungsvorschriften des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg anzuwenden. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist sohin zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof vermag jedoch seine Bedenken in der Sache nicht aufrechtzuerhalten:

2.1. Zwar ist der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg gemäß Art118 Abs4 B-VG verpflichtet, bei Erlassung des örtlichen Raumordnungsprogrammes die gemäß §27 Abs2 NÖ ROG 1976 erlassene Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Oktober 1977 über Planzeichen, Maßstäbe und Material des Flächenwidmungsplanes sowie der Plandarstellungen der Ergebnisse der Grundlagenforschung, LGBl. 8000/2, (Planzeichenverordnung), zu beachten, soweit diese Verordnung einen "Rahmen" für die Tätigkeit des Gemeinderates im Sinne der zitierten Verfassungsvorschrift bildet. §1 Abs3 der Planzeichenverordnung verlangt aber lediglich "grundsätzlich", den Flächenwidmungsplan im Maßstab 1:5000 herzustellen und läßt es zu, Gebiete mit starker Differenzierung auf engem Raum auch im Maßstab 1:2000 darzustellen. Die insofern nur demonstrative Bezeichnung des für Flächenwidmungspläne erforderlichen Maßstabes in der Planzeichenverordnung verfolgt mithin den Zweck, Flächenwidmungspläne einer bestimmten Präzision und Aussagekraft erstellen zu lassen. Wenn die Stadtgemeinde Klosterneuburg ihren Flächenwidmungsplan, - offenbar um diesen gleichzeitig mit der Wirkung eines Bebauungsplanes gemäß §3 NÖ BauO 1976 auszustatten -, teilweise im Maßstab 1:1000, also in einem größeren und damit genaueren Maßstab anfertigen ließ und solcherart auch beschloß, so ist vom Zweck der diesbezüglichen Vorschriften der Planzeichenverordnung her gesehen nichts dagegen einzuwenden. Dies umsomehr, als Planblätter größeren Maßstabes technisch ohne Probleme auch im kleineren Maßstab dargestellt werden können.

Es schadet auch nicht, daß auf dem hier maßgeblichen Planblatt Nr. 9/1135 die Eintragung der Daten der Genehmigung und der Kundmachung fehlt, weil diese Daten als Bestandteil der Legende, wie §3 Abs2 der Planzeichenverordnung deutlich macht, auch an anderer Stelle nachgewiesen werden können. Die im Text der Verordnung selbst (vgl. deren letzten Absatz sowie die Vermerke "angeschlagen am: 13. Juni 1989", "abgenommen am: 29. Juni 1989") diesbezüglich enthaltenen Vermerke genügen §3 Abs2 der Planzeichenverordnung, weil auch diese Bestimmung von ihrem Zweck her so auszulegen ist, daß für den Rechtsunterworfenen die "Daten der Erlassung, der Genehmigung und der Kundmachung" nur aus dem Gesamtzusammenhang der Verordnung über das örtliche Raumordnungsprogramm erkennbar sein müssen. Es wäre verfehlt, Ordnungsvorschriften über die äußere Gestalt von Plänen formalistisch und damit streng dem Wortlaut folgend auszulegen, ohne darauf zu achten, ob Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift, auf die es maßgeblich ankommt, hinreichend beachtet wurden.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch seine Bedenken hinsichtlich einer mangelnden Grundlagenforschung, aus der sich die Rückwidmung der Grundstücke Nr. 1359 und Nr. 1361, KG Klosterneuburg, von Bauland zu Grünland erklären läßt, nicht aufrechtzuerhalten. Daß im Erläuterungsbericht im nachhinein noch Ausführungen über die "Rücknahme von gewidmeten, unbebauten Fläche(n) unter Bedachtnahme auf die jeweilige landschaftliche und örtliche Situation" (vgl. die S. 297 und 386 ff des Erläuterungsberichtes) aufgenommen wurden, ändert nichts daran, daß die grundlegende Planungssituation und -problematik gerade für die gegenständlichen Grundstücke im Gemeinderat vor dessen Beschlußfassung eingehend erörtert und diskutiert wurde. Insbesondere lag dem Gemeinderat die im Rahmen der Vorbegutachtung des Entwurfes des örtlichen Raumordnungsprogrammes abgegebene Stellungnahme des Naturschutzsachverständigen vor, (vgl. Amt der Niederösterreichischen Landesregierung II/3-8243/64-87), in der im allgemeinen Teil (Seite 4) verlangt wurde,

"im Hinblick auf die Wienerwald-Deklaration zum Schutz der Wienerwaldflächen und die Festlegung des Landschaftsschutzgebietes Wienerwald entsprechende Zielsetzungen und Maßnahmen in die Verordnung aufzunehmen ..., die generell gesehen ein weiteres Ausufern der Siedlungstätigkeit in den Wienerwald unterbinden und landschaftsplanerische Maßnahmen zur Erhaltung bestehender Wienerwaldfreiflächen ... beinhalten".

Zur konkreten Rückwidmung wurde darin (Seite 15/16) ausgeführt:

"Wie sich im Verlauf der Begutachtung und im Rahmen der dabei geführten Diskussionen gezeigt hat, soll größeres zusammenhängendes Gebiet im Bereich Stegleiten in Grünland-Landwirtschaft rückgewidmet werden. Die Baulandausweisung in diesem Bereich stellt eine Altwidmung dar und ist aus heutiger Sicht weder mit den Bestimmungen des §6 des NÖ Naturschutzgesetzes noch den Erklärungen zur Wienerwald-Deklaration vereinbar und stellt das Erbe einer übermäßigen Baulandausweitungsstrategie vergangener Jahrzehnte dar. Es handelt sich dabei großteils um eine Hanglage, die derzeit teilweise als Grünland genutzt wird, wobei jedoch aus ökologischer Sicht für diesen Raum sehr wertvolle Restbestände an Gehölz- und Strauchgruppen vorhanden sind. Auch landschaftsbildmäßig erweckt diese Zone im unmittelbaren Zbergangsbereich zwischen Klosterneuburg und Kierling den Eindruck einer weitgehend natürlich verbliebenen Randzone, deren Erhaltung aus der Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes eine überaus wichtige Maßnahme darstellt. Gerade in Talbereichen ist es aus Landschaftsgründen unbedingt erforderlich, weiträumige und größere Freiflächen bis an den Talboden heranzuführen und nicht die gesamte Tallinie durch beiderseitige Bebauung abzugrenzen."

Ohne seine mit Erkenntnis VfSlg. 8280/1978 eingeleitete Rechtsprechung zur verfahrensrechtlichen Notwendigkeit einer gehörigen Grundlagenforschung vor Erlassung eines Flächenwidmungsplanes aufzugeben, schadet es nach Meinung des Verfassungsgerichtshofs nicht, wenn der Erläuterungsbericht zu einem Flächenwidmungsplan nach dessen Beschluß ergänzt wird, sofern nur zum Zeitpunkt der Beschlußfassung die maßgebliche Planungssituation für den Gemeinderat in hinreichendem Maße geklärt war. Dies war aber gerade - wie die dazu abgegebenen widersprüchlichen Stellungnahmen, die dem Gemeinderat gleichsam zur Entscheidung vorlagen, beweisen - für die Grundstücke Nr. 1359 und Nr. 1361, KG Klosterneuburg, der Fall.

Die Stadtgemeinde Klosterneuburg weist in ihrer Äußerung zu Recht darauf hin, daß dem Gemeinderat bei seiner Planungsentscheidung die Aufgabe oblag, das Interesse an der Aufrechterhaltung der Baulandwidmung der genannten Grundstücke gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Stegleitenwiese als "einzig verbleibende, durchgehend grüne und unbebaute Erholungsfläche, welche vom Kierlingbach bis zum Ölberg reicht und somit den letzten zusammenhängenden Grünkeil im Kierlingtal bildet", abzuwägen. Nach einer in der Öffentlichkeit geführten regen kommunalpolitischen Diskussion hatte der Gemeinderat eine Entscheidung zu treffen, bei der dieser auch die am 8. Mai 1987 von ihm beschlossene "Wienerwald-Deklaration" zu berücksichtigen hatte. Der Verfassungsgerichtshof geht sohin davon aus, daß die Entscheidungsgrundlagen für die in Prüfung gezogene Widmung der beiden Grundstücke dem Gemeinderat vor seiner Beschlußfassung in einem hinreichenden Ausmaß bekannt und bewußt waren.

Auch das die Erlassung der Verordnung über das örtliche Raumordnungsprogramm betreffende weitere verfahrensrechtliche Bedenken, wonach der Austausch von 21 Planblättern eine rechtswidrige Abweichung des Inhalts der kundgemachten Verordnung von der am 17. Dezember 1987 beschlossenen bewirkt hätte, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht aufrechtzuerhalten. Er folgt vielmehr der Niederösterreichischen Landesregierung darin, daß damit keinesfalls eine inhaltliche Änderung der vom Gemeinderat beschlossenen Festlegungen erfolgte, daß vielmehr die Fehlerkorrekturen und Ergänzungen notwendig waren, gerade um den vom Gemeinderat am 17. Dezember 1987 beschlossenen Änderungen zu entsprechen. Die faktische Korrektur der Planblätter vor ihrer Kundmachung diente sohin der richtigen Wiedergabe des Gemeinderatsbeschlusses. Der Verfassungsgerichtshof kann es daher dahingestellt sein lassen, ob jener Austausch überhaupt die allein in Prüfung gezogene Widmung der Grundstücke Nr. 1359 und Nr. 1361, KG Klosterneuburg, als Grünland im Plan Nr. 9/1135 betraf.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof vermag aber auch seine inhaltlichen Bedenken gegen die Rückwidmung der Grundstücke Nr. 1359 und Nr. 1361, KG Klosterneuburg, von Bauland in Grünland nicht länger aufrechtzuerhalten.

Wenn §2 der Verordnung unter 2.1. "die Erhaltung und Gestaltung des gesamten Gemeindegebietes als geeigneten Lebensraum für die ansässige Bevölkerung bei Erhaltung der Landschaft und ihres Erholungswertes" als "oberstes Ziel dieses örtlichen Raumordnungsprogrammes" bezeichnet und der Gemeinderat am 8. Mai 1987 seinen Beitritt zur "Wienerwald-Deklaration" beschlossen hat, mit der jedenfalls die Notwendigkeit der Rückwidmung überschießender Baulandwidmungen verbunden war, so erfolgte die vorliegende Rückwidmung in Grünland jedenfalls der Vorschrift des §14 Abs1 NÖ ROG 1976 gemäß "entsprechend den angestrebten Zielen". Wird die "Erhaltung der Landschaft und ihres Erholungswertes" als oberstes Ziel der örtlichen Raumordnung vorgegeben und ist im Sinne der beschlossenen "Wienerwald-Deklaration" diese Zielvorstellung nur durch Rückwidmung bestimmter, besonders exponiert gelegener Grundstücke (mit bisheriger Baulandwidmung) möglich, so muß auch die raumordnungsrechtlich erforderliche Zieladäquanz dieser Rückwidmungen bejaht werden, mögen auch die sonstigen (Unter-)Ziele in §2 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987 andere Maßnahmen zur Konsequenz haben.

2.4. Wie bereits ausgeführt, teilt der Verfassungsgerichtshof (vgl. auch VfSlg. 13282/1992) die Auffassung der Stadtgemeinde Klosterneuburg, daß als neue Zielsetzung allgemeiner Art, welche eine "wesentliche Änderung der Grundlagen" im Sinne des §22 Abs1 Z2 NÖ ROG 1976 mit sich brachte, die "Wienerwald-Deklaration" vom 21. Jänner 1987 (, - eine von der mit Vereinbarung, NÖ LGBl. 0800-0, zwischen den Ländern Burgenland, Niederösterreich und Wien eingerichteten Planungsgemeinschaft erarbeitete Empfehlung -,) anzusehen ist, der beizutreten auch der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg am 8. Mai 1987 beschloß. Der Verfassungsgerichtshof bleibt auch bei seiner im zitierten Erkenntnis näher dargelegten Auffassung,

"daß die infolge der behaupteten Bedrohung des Wienerwaldes durch die Siedlungsentwicklung erarbeiteten neuen Planungsziele eine wesentliche Änderung der Planungsgrundlagen bedeuten und daher gemäß §22 Abs1 Z2 NÖ ROG 1976 im Einzelfall auch die Umwidmung von Bauland in Grünland rechtfertigen können".

Der Verfassungsgerichtshof kann in Anbetracht der konkreten örtlichen Situation, die der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg bei der Umwidmung berücksichtigte, nicht davon ausgehen, daß die "Auswahl" der Grundstücke Nr. 1359 und Nr. 1361, KG Klosterneuburg, (samt den Nachbargrundstücken Nr. 1360 und 1368) für die Rückwidmung in Grünland mangels Interessenabwägung rechtlich fehlerhaft war. Wie den Äußerungen der Stadtgemeinde Klosterneuburg und der Niederösterreichischen Landesregierung zu entnehmen ist, stand die Stadtgemeinde Klosterneuburg nämlich (anders als bei den vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13282/1992 entschiedenen Fall die Marktgemeinde Mauerbach) bei der vorliegenden Rückwidmung von vornherein nicht vor einer Auswahlentscheidung "der für eine Umwidmung in Betracht kommenden Grundstücke aus der Baulandreserve". Vielmehr kann der Verfassungsgerichtshof der Stadtgemeinde Klosterneuburg nicht entgegentreten, wenn diese darauf verweist, daß die Stegleitenwiese "und damit auch die in Rede stehenden Grundstücke den einzigen noch vorhandenen, bis hinauf zum Ölberg reichenden Grünkeil im Kierlingtal" bilden,

sodaß es "in diesem Abschnitt des Kierlingtales ... keine

vergleichbare naturräumliche Situation ... (gibt), die einen

derartigen Erholungseffekt bietet und gleichzeitig das Landschaftsbild charakteristisch prägt". Folgt man der Niederösterreichischen Landesregierung so handelt es sich "um einen 'letzten Grünstreifen', dessen Erhaltung zum Erreichen der ... beschriebenen Ziele erforderlich ist".

Dazu kommt, daß die Stadtgemeinde Klosterneuburg die vom Verfassungsgerichtshof vermißten Überlegungen zur rechtlich gebotenen Entschädigung der von der Umwidmung betroffenen Grundstückseigentümer jedenfalls ansatzweise angestellt hat und diese Überlegungen auch von der Niederösterreichischen Landesregierung, wie der vorgelegte Schriftverkehr zeigt, im Aufsichtswege überprüft wurden. Die Stadtgemeinde ist demgemäß nicht nur davon ausgegangen, daß allfälligen finanziellen Aufwendungen für Entschädigungen Entlastungen aus der Rückwidmung gegenüberstehen, die durch Einsparungen auf den Gebieten der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, ferner auf den Sektoren Kindergarten und Schulbau und sonstiger sozialer Einrichtungen eintreten; sondern es wurden auch in den Voranschlägen der Stadtgemeinde Klosterneuburg von 1990 bis 1996 durchwegs Ansätze für allfällige Entschädigungen vorgesehen.

Der Verfassungsgerichtshof kann somit auch das im Prüfungsbeschluß aufgeworfene Bedenken nicht aufrechterhalten, daß die Stadtgemeinde Klosterneuburg "keine hinreichenden Erwägungen über etwaige, durch die Umwidmung ausgelöste Entschädigungen" angestellt habe und dadurch ihrer Pflicht zur Interessenabwägung nicht nachgekommen sei.

3. Da die Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Widmung der Grundstücke Nr. 1359 und Nr. 1361, KG Klosterneuburg, als Grünland insgesamt nicht zutreffen, war auszusprechen, daß diese Widmung nicht gesetzwidrig ist.

Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verordnungserlassung, Abänderung (Flächenwidmungsplan)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:V47.1996

Dokumentnummer

JFT_10038991_96V00047_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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