TE Vwgh Erkenntnis 1988/11/16 88/02/0076

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Veröffentlicht am 16.11.1988
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Index

Grundverkehr

Norm

AVG §37
AVG §45 Abs2
GVG Stmk 1983 §4 Abs3
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Stoll, Dr. Bernard und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde 1.) des E in Ö und 2.) des SA in N, USA, beide vertreten durch Dr. Harold Schmid und Dr. Kurt Klein, Rechtsanwälte in Graz, Kalchberggasse 8, gegen den Bescheid der Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 21. März 1988, Zl. 8- 23 Sa 25/7-87, betreffend Versagung einer ausländergrundverkehrsbeh ördlichen Zustimmung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 9.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Zweitbeschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem zwischen der erstbeschwerdeführenden Partei als Verkäufer und dem Zweitbeschwerdeführer als Käufer geschlossenen Kaufvertrag betreffend das Trennstück Nr. 977/3 im Ausmaß von

1.400 m2 aus der Liegenschaft EZ 256 KG 67611 X gemäß § 4 Abs. 3 des Steiermärkischen Grundverkehrsgesetzes - StGVG 1983, LGBl. Nr. 72, die Zustimmung versagt.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde machen die beschwerdeführenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 3 StGVG 1983 ist einem Rechtsgeschäft, bei dem der Rechtserwerber nicht österreichischer Staatsbürger ist, nur zuzustimmen, wenn dadurch staatspolitische Rücksichten nicht beeinträchtigt werden und für den Rechtserwerb ein kulturelles, soziales oder volkswirtschaftliches Interesse spricht.

1. Vorauszuschicken ist, daß sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, daß es bei der Beurteilung der Frage, ob eine Zustimmung nach dieser Bestimmung zu erteilen ist, nur darauf ankommt, ob der Rechtserwerb durch den Ausländer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Welche Interessen an der Veräußerung durch den Vertragspartner bestehen, ist im gegebenen Zusammenhang ebenso wie dessen Staatsangehörigkeit unerheblich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1985, Zl. 85/07/0139). Das Gesetz verfolgt erkennbar den Zweck, einen nicht den rechtspolitischen Vorstellungen des Gesetzgebers entsprechenden Rechtserwerb durch einen Ausländer zu verhindern. Die Beschwerdeausführungen über den Bedarf der erstbeschwerdeführenden Partei am Verkaufserlös und über die Absichten betreffend Verwendung dieses Erlöses gehen daher ins Leere.

2. Daß staatspolitische Rücksichten durch den Rechtserwerb beeinträchtigt würden, wurde von der belangten Behörde nicht angenommen.

3. Was die öffentlichen Interessen an dem Erwerb des Grundstückes durch ihn anlangt, bringt der Zweitbeschwerdeführer vor, er sei Wissenschaftler, der auf dem Gebiet des Internationalen Rechts forsche und publiziere. Er sei Absolvent der Harvard Universität und habe auch schon Lehrveranstaltungen an dieser Hochschule abgehalten. Es bestehe die Absicht, daß er und seine Ehefrau, die ebenfalls Lehrkraft an Hochschulen sei, auf der kaufgegenständlichen Liegenschaft ihren ordentlichen Wohnsitz begründen und ihr Haus in den USA verkaufen. Er wolle auch eine Lehrtätigkeit an der Universität Graz ausüben. Darüberhinaus hat er im Verwaltungsverfahren seine Absicht bekundet, an diesem seinem neuen Wohnsitz wissenschaftlich und publizistisch tätig zu sein.

Die belangte Behörde anerkennt im Prinzip, daß die Absicht eines prominenten ausländischen Wissenschaftlers, sich in der Steiermark niederzulassen und wissenschaftlich bzw. lehrend tätig zu sein, im kulturellen Interesse im Sinne des Gesetzes liegen kann. Auch der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß der Begriff "kulturell" jedenfalls einen solchen Sachverhalt erfaßt. Es ist daher zu prüfen, ob die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen eines kulturellen Interesses am Erwerb des Grundstückes durch den Zweitbeschwerdeführer verneint hat. Auf die Bedeutung der Ansiedlung und Tätigkeit der Ehefrau des Zweitbeschwerdeführers brauchte schon deswegen nicht eingegangen zu werden, weil das Vorliegen eines damit verbundenen kulturellen Interesses im Sinne des Gesetzes nicht behauptet worden ist.

Die belangte Behörde hat insofern die ihr gestellte Aufgabe der Wertung der Bedeutung des Zweitbeschwerdeführers als Wissenschaftler und damit das Vorliegen eines kulturellen Interesses im Sinne des Gesetzes unzulänglich gelöst, als sie auf die Zahl der seine wissenschaftliche Reputation betreffenden von ihm vorgelegten Nachweise abgestellt und diese mit der Zahl der seine Ehegattin betreffenden Nachweise in Beziehung gesetzt hat. Sie hat dabei übersehen, daß nach dem Inhalt ersterer der Zweitbeschwerdeführer eine Fülle von verschiedenen Tätigkeiten an amerikanischen Hochschulen aufzuweisen hat, die zum größten Teil in einer einzigen Bestätigung nachgewiesen werden.

Die belangte Behörde hat weiters versucht, die Bedeutung eines Wissenschaftlers und akademischen Lehrers zu beurteilen. Dies hätte sie aber ohne Einholung von Stellungnahmen hiezu berufener Stellen nicht tun dürfen. Die belangte Behörde konnte ohne solche Stellungnahmen - etwa hiefür in Betracht kommender Stellen der Universität Graz - die Bedeutung des Zweitbeschwerdeführers als Fachmann auf dem Gebiet des Internationalen Rechts und damit das öffentliche Interesse am Erwerb einer Liegenschaft zum Zwecke der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Lande durch ihn nicht einschätzen.

Soweit die belangte Behörde zur Begründung des angefochtenen Bescheides den Umstand, daß der Zweitbeschwerdeführer keine Nachweise über "Kontaktaufnahmen mit der Universität" (offenbar gemeint: Graz) erbracht hat, herangezogen hat, so dann ihm das deswegen nicht zum Nachteil gereichen, weil er von der Behörde ausdrücklich zu Beibringung bestimmter Unterlagen aufgefordert wurde, diese Aufforderung bezog sich jedoch nur auf die bisherige berufliche Tätigkeit. Er war im Verwaltungsverfahren nicht vor die Aufgabe gestellt, Nachweise über beabsichtigte, künftige Aktivitäten im Inland, insbesondere im Land Steiermark, vorzulegen.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens reichen daher insgesamt nicht aus, die Bedeutung der Person des Zweitbeschwerdeführers einzuschätzen und eine - im Rahmen des Möglichen gesicherte - Prognose über Art, Umfang und Dauer der von ihm zu erwartenden Tätigkeiten im Inland aufzustellen.

Die belangte Behörde hat Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da an Stempelgebührenersatz nur S 690,-- (S 360,-- für drei Beschwerdeausfertigungen, S 90,-- für die Kopie des angefochtenen Bescheides und S 240,-- für die beiden Vollmachtsurkunden), hingegen keiner für weitere nicht erforderliche Beschwerdebeilagen zugesprochen werden konnte.

Wien, am 16. November 1988

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete DiversesBeweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes FachgebietBeweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärterSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche BeurteilungSachverhalt Sachverhaltsfeststellung VerfahrensmangelWissenschaftlerVerwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1988:1988020076.X00

Im RIS seit

06.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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