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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §34 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über den Antrag des HB, derzeit in Krems/Stein, vertreten durch Dr. Klaus Dorninger, Rechtsanwalt in 4021 Linz, Figulystraße 27, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der beim Verwaltungsgerichtshof in einer Angelegenheit des Strafvollzuges eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 16. Dezember 1996, Zl. Jv 3449-16a/96, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.
Begründung
Der Beschwerdeführer brachte gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 16. Dezember 1996, Zl. Jv 3449-16a/96, in einer Angelegenheit des Strafvollzuges eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein.
Am 10. November 1997 forderte der Berichter den Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters zur Verbesserung der eingebrachten Beschwerde binnen einer Frist von zwei Wochen durch Behebung von Mängeln (Vorlage einer weiteren Ausfertigung der Beschwerde und des angefochtenen Bescheides) auf. Der Beschwerdeführer hatte die Beschwerde lediglich zweimal und anstatt des bekämpften Bescheides den des Anstaltsleiters als Behörde erster Instanz vorgelegt. Unter einem wurde dem Beschwerdevertreter mit dem vorgelegten Beschwerdeschriftsatz dieser Bescheid der Behörde erster Instanz zurückgestellt. Die Beschwerde enthält auf der Deckseite den Hinweis:
"2-fach
1 Hs
Bescheid (1-fach)"
Der Verbesserungsauftrag gemäß § 34 Abs. 2 VwGG lautete
auszugsweise:
"Es ist, sofern der Bescheid zugestellt worden ist, eine Ausfertigung, Gleichschrift oder Kopie des angefochtenen Bescheides anzuschließen (§ 28 Abs. 5 VwGG).
...
Die zurückgestellte Beschwerde (einschließlich der angeschlossen gewesenen, gesetzlich vorgeschriebenen Beilagen) ist auch dann wieder vorzulegen, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht wird.
Die Versäumung der Frist gilt als Zurückziehung der Beschwerde."
Da innerhalb der gesetzten Frist nur eine weitere Ausfertigung der Bescheidbeschwerde, hingegen anstatt des angefochtenen Bescheides neuerlich der Bescheid des Anstaltsleiters vorgelegt wurde und somit dem Mängelbehebungsauftrag nur teilweise entsprochen wurde, stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 19. Februar 1998, Zl. 97/20/0640-5, das Beschwerdeverfahren gemäß § 33 Abs. 1 und § 34 Abs. 2 VwGG ein.
Mit dem nunmehr vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag begehrt der Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Vorlage der fehlenden Ausfertigung des angefochtenen Bescheides des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 16. Dezember 1996, Zl. Jv 3449-16a/96, und einer eidesstättigen Erklärung des Konzipienten des Vertreters des Beschwerdeführers die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur (vollständigen) Mängelbehebung.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird im wesentlichen vorgebracht:
"Die Fassung des Mängelbehebungsauftrages ist insofern irreführend, als im Verbesserungsauftrag zwar auf die Bescheidausfertigung für das Bundesministerium und einer weiteren Schriftsatzausfertigung gemäß § 29 und § 28 VwGG hingewiesen wird, jedoch keine ausdrückliche Feststellung über die tatsächlich vorhandenen Mängel getroffen werden.
Im vorliegenden Fall hat mein mit dieser Rechtssache befaßter Konzipient den Verbesserungsauftrag zur Erledigung und Entsprechung erhalten und diesen auf Grund des Wortlautes für eine - wie im Verwaltungsbereich durchaus übliche - standardisierte Fassung gehalten.
So würde der Wortlaut 'zur Behebung folgender Mängel zurückgestellt' grundsätzlich die Beschreibung bzw. Feststellung dieser Mängel erwarten lassen.
Tatsächlich erfolgten aber zwei pauschale Hinweise auf Gesetzesstellen, daß generell einer Bescheidbeschwerde eine weitere Schriftsatzausfertigung anzuschließen und eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für den Bundesminister für Justiz beizubringen ist.
Die Annahme einer standardisierten Form, wie sie im vorliegenden Fall geschehen ist, ist daher auch als rein optischen Gründen durchaus nachvollziehbar.
Die Hinweise auf die weiteren Formerfordernisse nach § 28 Abs. 5 und § 29 VwGG wurden vom Konzipienten somit nicht ad hoc als tatsächliche Mängel, sondern eben als schlichte Hinweise erkannt, welche erst nach Unterziehung einer nachträglichen Kontrolle auf die tatsächlichen Mängel schließen lassen.
Da der Beschwerdeschriftsatz jedoch nicht urschriftlich zur Verbesserung zurückgestellt wurde, war der Konzipient nach Überprüfung der im Akt belassenen Kopie der Ansicht, daß der angefochtene Bescheid bereits beim ersten Mal dem Beschwerdeschriftsatz beigelegt wurde.
Zu diesem Schluß mußte der Konzipient zwangsweise kommen, da auf der ersten Seite des gegenständlichen Beschwerdeschriftsatzes unter den beigelegten Urkunden ein Bescheid als beigelegte Urkunde aufscheint.
Daß es sich bei dem angeschlossenen Bescheid um den angefochtenen Bescheid vom 16. Dezember 1996 handelt, stand für den Konzipient schon deshalb fest, weil der Bescheid auf der ersten Seite des Schriftsatzes deutlich mit dem Ausstellungsdatum (16. Dezember 1996) bezeichnet ist und der Konzipient einen Fehler der Kanzlei mangels Erfahrung von vornherein ausschloß.
Erst nachdem das Verfahren mit Beschluß vom 19. Dezember 1998 eingestellt wurde, konnte der Beschwerdevertreter auf Grund des mit der zuständigen Geschäftsabteilung des Verwaltungsgerichtshofes geführten Telefonats vom 24. März 1998 in Erfahrung bringen, daß es sich bei dem der Bescheidbeschwerde angeschlossenen Bescheid um den erstinstanzlichen Bescheid und somit um den falschen Bescheid handelt.
Sämtliche von meinem Konzipienten verfaßten Schriftstücke werden ausnahmslos von mir kontrolliert und geprüft und wurde auf Grund der besonderen Bedeutung der Angelegenheit der Schriftsatz mit meinem Konzipienten besprochen. Dieser teilte mir den Sachverhalt aus seiner Sicht mit und wurde der Verbesserung daher meine Zustimmung erteilt.
Die Fristversäumung für die entsprechende Mängelbehebung ist einzig und allein auf ein Mißverstehen des Verbesserungsauftrages zurückzuführen, welches einen minderen Grad des Versehens nicht übersteigt."
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zu § 46 Abs. 1 VwGG ausgesprochen, daß ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 17. Mai 1995, Zl. 95/01/0056).
Im Falle der Nichterfüllung des Verbesserungsauftrages innerhalb der gesetzten Frist begründet das Gesetz die Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde und es sieht die Einstellung des Verfahrens gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 VwGG vor (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 523, angeführte Judikatur). Soweit der Beschwerdeführer diese Rechtsfolgeanordnung im Wege des Wiedereinsetzungsantrages mit der Auffassung zu beseitigen sucht, der Beschwerdeführervertreter sei an der Einhaltung der Frist für die Einbringung des aufgetragenen Verbesserungsschriftsatzes an den Verwaltungsgerichtshof lediglich durch einen minderen Grad des Versehens gehindert gewesen, kann dem nicht gefolgt werden. Im Falle eines Auftrages zur Mängelbehebung im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG obliegt es dem Vertreter des Beschwerdeführers selbst, sich davon zu überzeugen, welche Erledigungen aufgetragen worden sind und ob diesen zur Gänze nachgekommen wurde. Zutreffend wird im Wiedereinsetzungsantrag diese Aufgabe als eine vom Beschwerdevertreter selbst zu verantwortende Tätigkeit angesehen, wenn es dort heißt, der Beschwerdevertreter habe seinem Konzipienten die Zustimmung zu der von diesem vorgeschlagenen Mängelverbesserung erteilt. Irrtümer und Fehler von Rechtsanwälten ermöglichen dabei dann eine Wiedereinsetzung, wenn sie trotz der Einhaltung der berufsgebotenen Sorgfaltspflicht des Anwaltes unterlaufen sind und auf eine durch die konkreten Umstände des Einzelfalles bedingte leichte, einen minderen Grad des Versehens nicht übersteigende Fahrlässigkeit zurückzuführen sind.
Es ist zwar richtig, daß es auf Seite 2 der Beschwerde heißt, diese werde "gegen den in Abschrift beiliegenden Bescheid des Präsidenten des LG Linz als Berufungsbehörde vom 16.12.1996" erhoben, doch durfte der Beschwerdeführervertreter gerade im Hinblick auf den Verbesserungsauftrag, wo es zunächst heißt, es sei eine Ausfertigung, Gleichschrift oder Kopie des angefochtenen Bescheides der Beschwerde anzuschließen, nicht davon ausgehen, daß mit dem Beschwerdeschriftsatz der angefochtene Bescheid bereits vorgelegt worden war. Gerade wegen eines bei Einbringung der ursprünglichen Beschwerde unterlaufenen Irrtums war ja der Verbesserungsauftrag an den Beschwerdeführervertreter ergangen, sodaß er sich jedenfalls davon hätte überzeugen müssen, ob diese Aussage im Beschwerdeschriftsatz der Tatsache entspricht. Die Behauptung, dem Beschwerdeführervertreter sei die ursprüngliche Beschwerde mit den Beilagen nicht zur Verbesserung zurückgestellt worden, steht mit dem Akteninhalt nicht in Einklang. Aus der kanzleiordnungsgemäßen Behandlung des Verbesserungsschriftsatzes im Verwaltungsgerichtshof ergibt sich, daß die vom Verwaltungsgerichtshof zurückgereichten Schriftstücke (zwei Beschwerdeausfertigungen und der erstinstanzliche Bescheid) wieder vorgelegt wurden. Der Vertreter des Beschwerdeführers durfte nicht ohne weitere Erhebungen davon ausgehen, daß der ihm erteilte Verbesserungsauftrag, der insoweit auch völlig klar umrissen war, irrtümlich erteilt worden wäre. Dafür hatte er keinen ersichtlichen Anlaß - selbst wenn ihm der ursprüngliche Bescheid nicht zurückgestellt worden wäre. Aufgrund des Hinweises auf dem Deckblatt der Beschwerde, wonach er eine Bescheidausfertigung dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt hatte, hätte er im Zusammenhang mit dem erteilten Verbesserungsauftrag klar erkennen müssen, daß ursprünglich der Beschwerde gerade nicht der angefochtene Bescheid angeschlossen worden war. Von einem mißverständlichen Auftrag zur Behebung von Mängeln kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Selbst wenn der Beschwerdeführervertreter am Umfang des Verbesserungsauftrages Zweifel hätte haben dürfen, wäre es seine Aufgabe gewesen, diese Zweifel (etwa durch eine Einsichtnahme in den beim Verwaltungsgerichtshof aufliegenden Akt bzw. allenfalls durch eine fernmündliche Anfrage bei der zuständigen Geschäftsabteilung) zu beseitigen und sich Kenntnis über die von ihm vorzunehmenden Verfahrenshandlungen zu verschaffen. Er hätte sich keinesfalls damit begnügen dürfen, sich darauf zu verlassen, daß seine Kanzlei bei Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ordnungsgemäß vorgegangen war und der Verbesserungsauftrag lediglich unrichtig erteilt worden sei.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die mit Verfügung vom 10. November 1997 gemäß § 34 Abs. 2 VwGG gesetzte Frist war daher nicht stattzugeben.
Wien, am 30. September 1998
Schlagworte
FristEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998200201.X00Im RIS seit
20.11.2000